Читать книгу Die Stadt unter dem Meere (Roman) - Joseph Delmont - Страница 18
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ОглавлениеDer Sommer 1918 war vergangen. Mit Riesenschritten eilte der Herbst ins Land.
Hertha von Zöbing stand vor einem Briefkasten an der Ecke von Graf-Adolf-Straße und Königsallee und schob nach kurzem Überlegen ihren Brief in die Öffnung. Langsam ließ sie den Deckel über den Schlitz fallen. Sie strich mechanisch mit der Hand über den Briefkasten und entfernte sich dann eiligen Schrittes.
Nun nahm das Schicksal seinen Weg.
Seit zwei Jahren hatte sie ihren Verlobten nicht mehr gesehen. Lange Briefe hatte sie Woche für Woche abgesandt und doch niemals Antworten auf die Fragen erhalten, die ihr Innerstes aufwühlten.
Mader schrieb stets von Pflichtbewußtsein, von der Liebe zum Vaterlande, immer wieder von der Heimat, und daß er – erst nach Kriegsende zur Braut zurückkehren könne.
Es waren, nach Herthas Ansicht, ausweichende Antworten.
Sie verbiß sich in ihre Gedanken, und als Mader auf ihr letztes Schreiben offen mitteilte, daß er ihren Wunsch, der Offizierskarriere zu entsagen, nicht erfüllen könne, reifte in ihr der Gedanke, dem Verlobten sein Wort zurückzugeben.
Der Entschluß wurde ihr nicht leicht. Acht Tage kämpfte sie einen schweren Kampf. Sie liebte Mader. Liebte ihn wie eine Frau, die zum ersten Male im Leben liebt. Aber nie könnte sie mit einem Manne zusammen sein, der sie stündlich an den grausamen Krieg erinnerte und dessen äußere Gewandung ihn als Krieger kennzeichnete.
Sie lebte in dem Wahn, daß die Feinde keine Feinde wären, daß man »drüben« längst Frieden wünschte und daß nur die Häupter der Heimat den Krieg weiter führen wollten.
Obwohl sie wenige Zeitungen las, konnte sie es nicht verhindern, bei Tisch von dem Dienstpersonal und anderen manches zu hören.
Nun lag der »Feldpostbrief« im Kasten. Die Würfel waren gefallen.
Vielleicht war es besser so. Sie würde nie einem anderen Manne angehören.
Krüppel begegneten ihr. Ketten von Menschen, vor Bäcker-, Fleischer- und Gemüseläden in Geduld stundenlang harrend, sahen vielfach der elegant gekleideten jungen Dame haßerfüllt nach und riefen ihr häßliche Worte zu.
Hertha ging rascher.
Wer helfen könnte! Sie senkte den Kopf, als ob die Schuld am Kriege auf ihrem Haupte laste.