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Louise Penny Mein Lieblingskrimi

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Es dauerte unverschämt lang, bis ich das Buch las, das mein Lieblingskrimi werden sollte, und der Grund dafür ist äußerst beschämend.

Ich hatte bereits sämtliche Bücher von Josephine Tey gelesen – bis auf eines –, und liebte sie alle. Mit Ausnahme von The Daughter of Time (Alibi für einen König), das ich nicht nur liebte, sondern geradezu vergötterte, weil es Spannung und Historie, Verbrechen und Bizarrerie vereinte. Zweifellos ein Meisterwerk. (Tatsächlich hat die Crime Writers’ Association The Daughter of Time zum besten Kriminalroman aller Zeiten gewählt, zurecht.) Aber eines von Teys Büchern reizte mich gar nicht. Es stand unangetastet in meiner Bibliothek. Nicht einmal den Umschlagtext hatte ich gelesen.

Warum ich dieses Buch mied?

Der Titel. Grundgütiger, ja, aber es ist wahr. Es lag am Titel.

Auf Englisch lautet er The Franchise Affair.

Natürlich wusste ich, dass der Krimi unmöglich in irgendeiner Fastfood-Kette spielen konnte, aber ich wurde den Verdacht nicht los, dass das Buch vielleicht irgendwie …

Keine Ahnung, warum ich es schließlich doch aufgeschlagen habe: Vielleicht war es Langeweile oder Neugier oder irgendeine höhere Macht, die meine Kleinlichkeit durchschaute. Wie in allen Büchern von Josephine Tey ist auch hier jedes Wort ein Juwel, perfekt gesetzt. Teys Prosa ist kristallklar, scharfsinnig und facettenreich, wie Prismen auf Papier, und mit diesen klaren Worten erschafft sie ebenso facettenreiche Figuren. Aber was ich an ihren Romanen am meisten bewundere, ist deren Ambivalenz. Als Leser weiß man nie, welche Figur die Wahrheit sagt, wer zu den Guten gehört und wer nicht. Man möchte bestimmten Figuren Glauben schenken, aber es bleibt doch immer ein leiser Zweifel.

Es ist verstörend.

Aufgefallen ist mir das sofort, und das Gefühl ließ mich während der zunehmend berauschenden und angsteinflößenden Lektüre nicht mehr los.

Ich sage angsteinflößend. Dabei sollte man aber nicht an messerschwingende Psychopathen oder sadistische Serienkiller denken. Es tauchen keine Ghule oder Vampire auf, keine hinter Türen lauernden, geistesgestörten Mörder.

Aber Geister. Die Vergangenheit erhebt sich, nimmt Gestalt an und wandelt über die Seiten: in Form von Erinnerungen, Wahrnehmungen und den von ihnen geschürten Ängsten.

Worum geht es also in dem Buch?

Die Geschichte spielt in einem Kentucky Fried Chicken … Nein, Spaß: Sie spielt in einem Dorf in Großbritannien kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Mittelpunkt steht ein Anwalt namens Robert Blair: ein biederer, behäbiger Mann mittleren Alters. Eines Tages erhält er einen Anruf von einer ihm unbekannten Frau. Marion Sharpe bittet um seine Hilfe. Sie und ihre Mutter leben noch nicht lange im Dorf; vor einigen Monaten sind sie in das Haus namens »Franchise« gezogen.

Das Leben dort ist trostlos. Die Einwohner haben sich eingeigelt und interessieren sich nicht für Fremde, schon gar nicht für das genauso zurückgezogen lebende Mutter-Tochter-Gespann.

Als Blair den Anruf entgegennimmt, erfährt er etwas Sonderbares, Rätselhaftes: Den beiden Sharpe-Frauen wird vorgeworfen, ein Schulmädchen entführt zu haben. Die Polizei und ein Beamter von Scotland Yard sind im Franchise und ermitteln. Die Frauen behaupten, sie hätten das Schulmädchen nie zuvor gesehen. Das Mädchen behauptet, es sei tagelang von den beiden festgehalten worden und hätte nur mit Mühe entkommen können. Zum Beweis beschreibt sie das gesamte Innere des Franchise, samt dem Zimmer, in dem sie angeblich gefangen gehalten wurde.

Und jedes Detail stimmt.

Nun soll Robert Blair, ein unwahrscheinlicher Ritter in der Not, die Wahrheit herausfinden und die beiden asketischen, unfreundlichen Frauen, die sich mit ihrem Verhalten in keiner Weise einen Gefallen tun, entlasten. Aber als er beginnt, nach Hinweisen zu graben, kommen auch ihm Zweifel.

Warten Sie nicht so lange wie ich mit der Lektüre dieses meisterlichen Kriminalromans über die menschliche Natur. Wie alle guten Krimis stellt er nicht das Delikt, sondern die Figuren in den Vordergrund. Und wie The Daughter of Time basiert er auf einer wahren Begebenheit: dem Fall Elizabeth Canning aus dem 18. Jahrhundert.

Josephine Tey ist das Pseudonym der schottischen Schriftstellerin Elizabeth MacKintosh. Sie schrieb auch unter dem Namen Gordon Daviot. Bedauerlicherweise, für uns wie für sie, starb Ms MacKintosh 1952 bereits im Alter von 56 Jahren. Acht Kriminalromane schrieb sie unter dem Namen Josephine Tey: acht wunderbare Geschichten, die mich inspiriert haben und die beweisen, dass weniger mehr ist – dass das Grauen weit mächtiger ist, wenn es nicht ausbuchstabiert wird, sondern nur angedeutet.

Nur der Mond war Zeuge

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