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Wieder in Berlin - Abnehmen

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Berlin is ne Scheiß Stadt geblieben, das merke ich gleich, ich muss mich wieder daran gewöhnen beim Straßeüberqueren nach links und rechts zu schauen. Is eben kein Mittelalterkaff, wo man sein Fahrrad an nem Baum anlehnen kann. Hier in Berlin isses gleich weg. Der Baum ist dann übrigens auch weg. Wie ich feststellen muss, sägen sie hier neuerdings die Bäume ab, da muss man aufpassen dass man keinen Ast zwischen die Brillengläser gestemmt kriegt. „440.000 Bäume gibt’s an den Straßen von Berlin“, ruft mir über meinem Kopf der Mann mit der Kettensäge zu, als er da so in dem Astgestrüpp hängt, „und die Stadt ha kein Yeld um jefällte Bäume zum ersetzen!“ „Zum was?“ „Yeld, keen Yeld!“ Aber warum denn immer gleich alles weghauen? „Na damit nich wo uff de Jeparkten ruffknallt“, grinst der und wirft die Kettensäge an. Ich frag noch, wie ist denn das? So ne Säge? Schlägt die nicht aus? „Nee, wennste se mit beede Hände hälst...“ Aber geht das Ding nicht einfach von selber los? Da macht der große Augen, lacht ein kehliges „hoch hoch, hoch“ und steigt von der Leiter, schwenkt mit diesem Sägeblatt vor mir rum. Ich denke, jetzt kommt der auf mich zu mit dem Ding wie in nem Rob Zombie Film, „The Devil`s Rejects“, aber er zeigt mir einen kleinen Schalter an der Oberseite der Säge. „Das Ding hat nen Choke“, sagt er freundlich, selbst seine Stimme stinkt nach Benzin, seine schweren Sicherheitsschuhe mit den Metallplatten vorne in den Spitzen, stapft er die ganze Zeit auf der Stelle. „Wenn du diesen kleinen Sicherungshebel unter dem Hauptdrücker nicht löst, passiert gar nüscht.“ Ach? Wenn man das nicht weiß, sagen wir mal, das Ding partout nicht ankriegt, alle Hebel mal so, naja ausprobiert…? „Ha“, lacht er: „Vagiss it…gloob mir, dit brauchste fürt Lehm“ - und da weiß ich noch nicht, der Mann hat verdammt recht. -- Der steigt wieder auf seinen Ast, ruft noch: „05 bis 11 ham wa über 10.000 jeschafft(13).“ Wie geschafft? „Na Bäume!“ Er winkt nochmal und versenkt die Säge im Baumstamm, als wär`s ne Pizza zum Kleinschneiden. Tatsächlich fährt mich dann hinterrücks fast n Fahrrad an. Seit die hier die Bürgersteige auf Straßenniveau tiefer legen versteht keiner mehr, nich Fußgänger, nich Radfahrer, wo er gehen oder fahren soll. Selbst auf der Moabiter Brücke mit den Bären drauf… Wann kapiert das endlich mal einer, dass wir die Städte neu einrichten müssen. Stadt heißt nicht Krach und Autos, Stadt bedeutet Menschen. Aus Frust geh ich los Bier kaufen, da läuft mir dieser Horst über den Weg, er trödelt so vor sich hin, ich näher mich von hinten, er erschrickt: „Mensch Leo!“ Mensch Horst. Ich war bei Carl. Horst lacht über das ganze Gesicht: „Und? Hat er dir wieder eine ausgespannt?“ Genau, sag ich, hab jetzt die Faxen dicke. „Komm, wir gehen einen trinken.“ In der Kneipe schick ich Carl eine Sms, dass ich wieder da bin. Er zurück, ich hätte nicht zu fahren brauchen, wär schön ich vertrüge mich wieder mit Alex. Ich denk, die Schlampe seh ich nie wieder. Aber vielleicht, weil die Autofahrt zu lang war oder das Wiedersehen mit dem fröhlichen, immer in seiner Welt wandelnden Horst ein Labsal ist, vielleicht, weil ich mit nem Bier dasitze, entschließe ich mich, eine liebe Sms an Alex über Carls Nummer zu senden: Sei nicht böse Alex, ich kann nicht anders, bist ne Liebe, bitte weiterleiten. Carl schickt ein okay und wenigstens die haben jetzt ihre Ruhe. Horst lacht sich kaputt: „Jaja, du und der Carl…“ „Dieser Idiot hat gerade nen Totalschaden verursacht, sage ich, den lass ich am höchsten Mast baumeln, bis er mal von seinem Carl-der-Gönner-Kurs wieder runter kommt. „Eu jeu jeu“, macht Horst und arrangiert seine drei Biere für den Abend zum Dreieck. Dann nippt er von jedem den Schaum ab. „Hach, dit is ne Wohltat, aber jetzt mal ehrlich Leo, der Carl is ja ooch n Pfiffikus. Weeste noch? Mit die Apfelbäume wo wa ruff sollten? Keenen von uns hat die Frau da uff de Leiter jekricht. Dit war der Carl.“ Ja, ja, sage ich. „Und dit mit die Stühle?“ Jetzt romantisier mal nicht auf alte Zeiten. „Mensch, ne Frau ausjespannt, Leo, dazu jehörn immer zwei.“ Was? frage ich, hab dir doch gar nichts erzählt. „Leo, Leo. Ick kenne dein Gesicht, jetzt haste gerade dein Ick-bin-ausgespannt-Gesicht. Die Kleene hat dit eben spitz jekricht, der Carl prahlt ihr den Carl.“ Sagt die Schnalle auch noch in der Fußgängerzone, hi, hi, der Carl hat doch Geld, das soll er mal schön für uns ausgeben, als ob ich kein Geld hätte. „Mensch Leo, du baust ja hier ne richtige Konkurrenz uff.“ Mensch Horst, der Carl weckt in mir Gefühle, die ich nicht mehr haben will – versteh doch. „Wie? Ick wär dankbar wenn der in mir Gefühle wecken würde, die ick haben will.“ Nein, Horst, Nein. Gier, Neid, Competition, das war alles so schön weg und, scheiße Horst – hier werde ich weinerlich - jetzt sind sie alle wieder da. „Wie, Leo, weinst du jetzt um den Carl? Is ja niedlich. Is bei mir ooch so. Denkste die schnieken Kellnermädchen in meinen Steakhäusern machen mir Dickem schöne Oogen, weil ich nett bin? Mensch die riechen dit doch, der Horst, dem jehört dit janze, der hat die janze Kette. Da machen die uff Klette, den schnall ick mir uffs Bette. Naja, nur dit der Horst nich blöde is. Denk mal, mit die Stühle, im Umweltgarten und dit war doch immer so heiß da. Wir stehen wie die Angewurzelten zu acht, stell dir mal vor, acht Gehirne ohne Planung. Vor der offenen Garage und die Stühle sind bis zur Decke gestapelt eingeklemmt. Und keiner kommt drauf wie wir die da rauskriegen, nur der Carl.“ Was hat er denn gemacht? Ich war nich dabei. „Na klar warst du dabei, du wärst da auch nicht drauf gekommen. Der Carl geht rein in die Garage, sieht dit halb offene Garagentor, misst dit mit m Ellenbogen aus und sagt: Ich hab`s, wir machen das Garagentor zu. Dann entsteht Platz, genau der Platz, den das unters Dach geschobene Tor den Stühlen raubt, und wir räumen die Stühle von oben ab, da aus dem Stapel. Oder der Kleinbus. Da hat der Carl alles wieder rausgenommen und noch mal von vorne reingestapelt, so viel haben die noch nie mit einer Fuhre transportiert, ne, ne, Leo, der Carl is n pfiffiger. Musste schon mal zugeben.“ Mir reicht Horstens Geseiere. Ich sehe dem jetzt nicht weiter den ganzen Abend zu, wie er jedes der drei Gläser immer im gleichen Höhenspiegel abtrinkt, klopfe ihm auf die Schulter, war gut mit dir zu reden, Horst. „Ja, Leo, kühl dich ab, isses doch nicht Wert in unserer kleinen Schlampenwelt den Beleidigten zu spielen.“ Nach dem Bier geh ich noch mal los, kauf dann aber trockenen Weißwein, und beschließe: Mit Bier ist Schluss, weniger Kalorien, wenn schon saufen, dann eben dieses geschmacklose Zeug, du bist zu fett. Trotzdem stehe ich am nächsten Morgen sehr, sehr früh auf und wandele mit Donald Duck durch den Tiergarten. Beim anschließenden Kaffeetrinken denke ich: Was ist nur mit mir los? Stimmt es wirklich, dass die Einen die ganze Zeit nur an Sex denken und die Anderen nicht? Und die Anderen bin ich? Und weil die das alle so machen, isses gut und ich bin der Idiot? Verdammt, die ganze Welt jammert, erst recht in Berlin, jammer, jammer, jammer, alle sind so kalt, so schroff, so unnahbar - aber da draußen sitzen sie wie die gekrönten, als würd nur ich das merken. Habe ich mir das geil sein auf der Straße etwa abgewöhnt? Um nicht von den wesentlichen Dingen abgelenkt zu sein? Das muss doch furchtbar sein, nur noch auf den Kontakt mit anderen Weibchen zu lauern, seine ganze Zeit danach auszurichten, statt mal den Himmel betrachten, die Fassaden der Häuser, Krähen beim Ausräumen der Mülleimer. Aber noch mehr Kopfzerbrechen bereitet mir das Grübeln. Dieses nicht aufhören wollende Nachdenken über diesen einen Abend, diesen Vorfall. Diese Idioten haben mich blockiert, immer wieder sehe ich dieses Bild vor mir, wie die zwei da seelenruhig im Bett nebeneinander liegen. Ich werde tagelang, wochenlang, keinen klaren Gedanken mehr fassen können, vielleicht jahrelang, das darf nicht geschehen. Ich steigere mich da noch rein, und langsam denke ich: Ich will das auch, aber warum nur? Dann kommt schon wieder Horst vorbei: „Du Leo, der Michi macht Wohnungsauflösung, dem helfen wa jetzt und stauben da wat ab.“ „Aber Horst, du besitzt ne Restaurantkette, du bist schon wieder drauf wie im Umweltgarten!“ „ Ach, dit macht doch so nen Spaß“, klagt Horst, „kaufen kann doch jeder Arsch.“ Also ziehen wir los. Ich kenn diesen Michi gar nicht. „Is genau so n kleiner wie du.“ „Danke, Horst.“ „Bitte, Leo. Einmal am Tach muss ma ooch ehrlich sein.“ Aber doch nicht zu mir. „Na klar Leo, gerade zu dir, ick spann dir keinen aus, bin doch dein Freund.“ Dieser Michi räumt seinen Kleiderschrank leer, lauter Hemden. Achtlos fetzt er jedes vom Bügel, nie getragen, immer nur gekauft, wirft sie auf’s Bett, schimpft in tiefer Brummestimme: „Ick hau ab hier, hab die Schnauze voll von die Berliner, diese Brennnesseln: kann ick ooch, kann ick besser, die spinnen doch. Hier Leo, nimmste - allet Markenware, Himmelblau, Seidenschwarz.“ „Mir stehen keine Hemden.“ „Stell dich nich quer, du ziehst n T-Shirt an und Hemd offen drüber, gleich isser schick.“ Genauso mach ich’s. Da Schwarz keine Farbe ist, nehme ich Weiß, dazu Hosen in beige, gehe noch zum Frisör für Kurzhaar und siehe da, Leo sieht schick aus. Und wenn außen gut ist, sortiert man sich auch von Innen wieder. Und plötzlich weiß ich, was ich will, das hau ich denen jetzt vor den Kopf, alles nur ficki ficki, die spinnen wohl.

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