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2. Feststellung von Zahlungsunfähigkeit
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Die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit sind durch eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder zu beschaffenden Mittel (Liquiditätsbilanz bzw. Liquiditätsstatus) festzustellen.[59] Da ebenfalls im Rahmen von § 283 StGB bloße Zahlungsstockungen, wie gesehen, nicht genügen,[60] ist zusätzlich eine prognostische Beurteilung der Zeitraumilliquidität anhand eines Finanzplans erforderlich, um auch zukünftige, innerhalb des mindestens sechswöchigen Prognosezeitraums zu erwartende Liquiditätszuflüsse und fällig werdende Verbindlichkeiten zu erfassen.[61] Zu berücksichtigen sind auch kurzfristig veräußerbare Vermögensgegenstände bzw. sonst liquide Mittel, die kurzfristig, ggf. auch durch Kredite, beschafft werden können.[62]
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Darüber hinaus hat die Rechtsprechung gebilligt, Zahlungsunfähigkeit (alternativ) allein anhand wirtschaftskriminalistischer Beweisanzeichen – die auch im Rahmen von § 17 Abs. 2 InsO Indizien einer Zahlungsunfähigkeit sind – festzustellen.[63] Dies relativiert die praktische Bedeutung einer eigenständigen Auslegung des Merkmals Zahlungsunfähigkeit im strafrechtlichen Kontext.[64] Zu den insoweit relevanten Indizien zählen etwa Mahnungen, die Zustellung von Mahn- oder Vollstreckungsbescheiden, Scheck- und Wechselproteste, der Verzicht auf Skonti, die erkennbare Suche nach Kreditgebern oder erhebliche Ausweitung der Kreditlinie, ein Wechsel der Hausbank oder Kontenpfändungen.[65] Zudem ist insbesondere eine längerfristige bilanzielle Überschuldung Indiz dafür, dass eine Zahlungsunfähigkeit nicht nur vorübergehenden Charakter besitzt. Die durch eine andauernde Überschuldung belegte, manifeste negative Eigenkapitalbilanz erschwert die Beschaffung von zusätzlichem, liquiditätssicherndem Fremdkapital nicht selten erheblich oder schließt diese aus.[66] Die Kumulation derartiger Beweisanzeichen, die eine Zahlungsunfähigkeit belegt, erfolgt anhand eines chronologischen Warnzeichendiagramms.[67]
Teil 3 Anwendungsbereich des Bankrotts in der Krise des Bankkunden – Schutzzweck und Reichweite der Krisenmerkmale › B › III. Drohende Zahlungsunfähigkeit