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1.1 Besonderheit für Handelsvertreter und andere Absatzmittler ohne vertrags- und marktspezifische Risiken
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Wie bereits oben angesprochen, gibt es auch Beschränkungen in vertikalen Vereinbarungen, denen die Europäische Kommission sowie das Bundeskartellamt, bestätigt durch die Gerichte, eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung gänzlich absprechen, da sie für das Zustandekommen einer kartellrechtlich neutralen Vereinbarung objektiv notwendig sind.192
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Ein Beispiel für derartige Beschränkungen im Kontext vertikaler Vereinbarungen sind Handelsvertreterverträge.193 Handelt ein Handelsvertreter – oder ein in diesem Punkt mit einem Handelsvertreter vergleichbarer Absatzmittler, wie z.B. ein Kommissionär – ohne vertrags- und marktspezifische Risiken für die von ihm oder dem Prinzipal vertriebenen Produkte, bildet er mit dem Geschäftsherren eine wirtschaftliche Einheit und infolgedessen sind alle Beschränkungen, die ihm im Hinblick auf diese Produkte auferlegt werden (wie z.B. eine Preis- oder Kundenbindung, Gebietsbeschränkungen etc.) vom Anwendungsbereich des Kartellverbots ausgenommen. So stellen die Kommission und die Gerichte sicher, dass diese Vertragsform, die letztlich durch eine vollständige Steuerungsmöglichkeit der Absatzpolitik des Handelsvertreters durch den Prinzipal gekennzeichnet ist,194 überhaupt gelebt werden kann. Die Folgen eines „verunglückten“ Handelsvertretervertrags in kartellrechtlicher Hinsicht sind gravierend: Die in Handelsvertreterverträgen vorgenommene Absatzsteuerung mittels Preis-, Kunden- und Gebietsbeschränkungen führt unweigerlich zu Kernbeschränkungen, sollte der Absatzmittler wegen der von ihm zu tragenden Risiken doch als Händler anzusehen sein.
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Die richtige Ausgestaltung von Handelsvertreterverträgen und die dort enthaltene vollständige Risikoübernahme durch den Prinzipal ist deshalb in der Praxis stets genau zu überprüfen.