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2. Informationsaustausch im Vertikal-Verhältnis

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Auch der Informationsaustausch im Vertikal-Verhältnis kann zu kartellrechtlichen Problemen führen. Dies gilt insbesondere in der Situation des dualen Vertriebs, in der Lieferant und Abnehmer auf der Vertriebsebene miteinander im Wettbewerb stehen. Über Art. 2 Abs. 4 Vertikal-GVO ist diese Vertragskonstellation zwar nicht vom Schutzbereich der Vertikal-GVO ausgenommen. Allerdings wird von der Vertikal-GVO nur der Informationsaustausch freigestellt, der zur Durchführung der vertikalen Vereinbarung notwendig ist. In einem Liefer- bzw. Vertriebsverhältnis betrifft dies neben den Einkaufsbedingungen der Vertragsprodukte bzw. -dienstleistungen auch Informationen, die notwendig sind, um die Einhaltung der – kartellrechtskonformen – Vertragsverpflichtungen des Händlers überprüfen zu können. Da eine Verhaltenskoordinierung zwischen Anbieter und Abnehmer, die über Beschränkungen hinausgeht, die der vertikalen Vereinbarung zwischen den Parteien geschuldet sind, nicht mehr von der Vertikal-GVO freigestellt ist,231 gilt dies auch für einen Informationsaustausch, der einer Verhaltenskoordinierung zwischen Anbieter und Abnehmer auf der Vertriebsseite dient.232

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Das Bundeskartellamt hat im Dezember 2012 zudem ein Verfahren gegen die Lufthansa gegen eine Verpflichtungszusage eingestellt, dass das Unternehmen sein Rabattprogramm gegenüber Firmenkunden abändert. Die Teilnahme am Rabattprogramm sah vor, dass Firmenkunden der Lufthansa auch Informationen zu Verkaufsdaten von Flügen übermittelten, die diese mit Wettbewerbern der Lufthansa durchgeführt hatten.233 Das Bundeskartellamt sah in dieser instiutionalisierten bzw. systematischen Nutzung von Kunden für Wettbewerberinformationen eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs und einen Verstoß gegen das Kartellverbot sowie – aufgrund der starken Stellung der Lufthansa – einen Missbrauch von Marktmacht.

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Wie bereits unter Rn. B 137 dargestellt, ist zudem sorgfältig zu prüfen, ob das Erlangen von Wettbewerberinformationen im Vertikal-Verhältnis Teil eines Hub-and-spoke-Kartells sein könnte, bei dem das im Vertikal-Verhältnis stehende Unternehmen (d.h. der Kunde oder Lieferant) genutzt wird, um einen Informationsaustausch „über Eck“ zwischen zwei Wettbewerbern zu koordinieren.

Compliance-Handbuch Kartellrecht

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