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1.3 Lernen mit digitalen Medien: Historischer Abriss
ОглавлениеDigitale Technologien wie etwa der Computer, das Internet oder auch das Smartphone haben mittlerweile einen festen Platz in unserer Gesellschaft gefunden und sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Nach wie vor findet sich bisweilen die Bezeichnung »Neue Medien«, wenn digitale Technologien zum Einsatz kommen. Gerade im Bildungsbereich gibt es für sie damals wie heute die verschiedensten Einsatzmöglichkeiten. Die Nutzung sogenannter Bildungstechnologien ist dabei nicht neu, sondern geht eng einher mit der Entwicklung von Computern und anderen digitalen Technologien. Lernen mit digitalen Medien beginnt mit dem Computereinsatz für Lehr- und Lernzwecke. Dieser Einsatz schreibt bereits eine über 50-jährige Geschichte, denn schon in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die damaligen Großrechner auch in der (universitären) Lehre verwendet (einen Überblick über die historischen Entwicklungen und zugrunde liegenden Paradigmen geben etwa van Merriënboer & de Bruin, 2014; oder Tulodziecki, Herzig & Graf, 2019). Im vorliegenden Buch soll weniger die historische Entwicklung im Vordergrund stehen, sondern vielmehr der aktuelle Stand der Forschung hinsichtlich des Lernens mit Informations- und Kommunikationstechnologien beleuchtet werden. Diese Ausführungen verdeutlichen, dass es weniger die Technologie ist, die digitale Medien für Lehr- und Lernzwecke attraktiv macht, sondern vielmehr andere Ursachen und Wechselwirkungen zu beachten sind, die dabei eine Rolle spielen. Dies betrifft in erster Linie die Art und Weise, in der Lehr-Lernszenarien in Kombination mit Informationstechnologien genutzt werden. Gerade diese Wechselwirkung zwischen der Technologie, der Gestaltung von Lernumgebungen und deren Nutzung charakterisiert das Lernen mit digitalen Technologien. Folglich besteht hier eine Vielfalt an Begriffen, wie das E-Learning (für »electronic learning« als Überbegriff) oder das M-Learning (»mobile learning«) neben weiteren Bezeichnungen. Gegenwärtig lassen sich verschiedene Trends und Schwerpunkte skizzieren, die in diesem Buch aufgegriffen werden und in den jeweiligen Kapiteln näher erläutert werden:
• Lernen mit Multimedia ( Kap. 3)
• Lernen mit Simulationen ( Kap. 4)
• Game-Based Learning ( Kap. 4)
• Gestaltung spezifischer computerunterstützter oder computerbasierter Lernumgebungen ( Kap. 5)
• Kollaboratives Lernen mittels computervermittelter Kommunikation ( Kap. 5)
• Blended Learning bzw. Hybrides Lernen ( Kap. 6)
• Mobiles Lernen ( Kap. 6)
• Lernen mit erweiterter Realität/Augmented Reality (AR) ( Kap. 7)
• Lernen mit virtueller Realität (VR) ( Kap. 7)
Diese Bereiche sind nicht ganz trennscharf, zumal gerade die Gestaltung spezifischer computerunterstützter oder computerbasierter Lernumgebungen wie auch das Hybride Lernen verschiedene der zuvor genannten Elemente kombinieren können. Grob lassen sich diese Bereiche dennoch wie folgt darstellen:
Lernen mit Multimedia bedeutet, dass das (digitale) Lernmaterial aus einer Kombination von Worten (geschriebener oder gesprochener Text) und Bildern (Diagramme, Illustrationen, Fotos, Videos, Animationen etc.; vgl. Mayer, 2014a) besteht. Entsprechend hat sich der Begriff des multimedialen Lernens als Sammelbegriff für verschiedene Theorien und Ansätze des multikodalen und multimodalen Lernens etabliert. In diesem Sinne kann multimediales Lernen auch das Lernen mit gedrucktem Material (Text und Bild), das Lernen am Bildschirm mittels Animationen oder Videos, oder das Lernen in einer Vortragssituation mit Präsentation umfassen.
Lernen mit Simulationen stellt einen wesentlichen Ansatz zur Verdeutlichung komplexer Zusammenhänge und zum Einüben komplexer Verhaltensmuster dar. Mit Hilfe von Simulationen können die Lernenden selbst den Einfluss verschiedener Variablen aufeinander oder auch auf andere Variablen erkunden; dies in zeitlich geraffter oder auch zeitlich ausgedehnter Form (z. B. das Verhalten eines Ökosystems im Falle des Eindringens umweltbelastender Stoffe). Es können aber auch die Reaktionen eines Systems auf verschiedene Aktionen durch die Lernenden in Echtzeit simuliert werden, bzw. Lernende können sich darin üben, auf die Vorgaben einer Simulation zu reagieren (wie etwa beim Flugsimulator). Simulationen zeichnen sich im Wesentlichen durch ihre Interaktivität und Adaptivität aus: Einerseits können Lernende mit diesen Systemen in Interaktion treten. Dabei passt sich andererseits die Simulation in der Regel adaptiv den Handlungen der Lernenden an.
Eng verbunden mit dem Lernen mit Simulationen ist das Game-Based Learning. Hier geht es in erster Linie darum, Computerspiele so zu entwickeln, dass im Rahmen des Spiels auch bestimmte Lernziele erreicht werden. Sehr häufig kommen dabei simulationsartige Spiele zur Anwendung. Bei manchen Anwendungen steht der Spielcharakter tendenziell im Hintergrund. Dabei ist häufig von Serious Games, also »ernsten Spielen«, die Rede. Gerade hier werden zumeist Simulationen verwendet.
Ein »Klassiker« des E-Learning umfasst die Gestaltung spezifischer computerunterstützter oder computerbasierter Lernumgebungen. Insbesondere didaktische Planung und Umsetzung spielen eine zentrale Rolle. Auch die Frage der Einsatzmöglichkeiten hinsichtlich Interaktivität und Adaptivität sind zentral.
Die Nutzung des Internet als kollaboratives Lernmedium findet sich insbesondere beim sog. Computer Supported Collaborative Learning (CSCL) wieder. Hier arbeiten Lernende mithilfe der computervermittelten Kommunikation miteinander.
Blended Learning bzw. Hybrides Lernen bezeichnet alle Mischformen, bei denen »analoges« und »digitales« Lernen kombiniert werden.
Beim mobilen Lernen wird zunehmend auf stationäre Technologie verzichtet. Mithilfe von Tablets, Notebooks oder Handheld-Technologien können Lernende in nahezu allen Situationen ihres täglichen Lebens auf Lerninhalte zurückgreifen. Dies wird häufig auch beim Lernen mit erweiterter Realität/Augmented Reality (AR) verwendet, bei dem analoge Inhalte durch digitale Inhalte erweitert werden.
Das Lernen mit virtueller Realität (VR) spielt in der großen Breite derzeit noch keine wesentliche Rolle, wobei in spezifischen Bereichen (z. B. in der Medizin) bereits breitere Anwendungen von VR bestehen. Dennoch handelt es sich hier um eine Technologie, die das Lernen mit digitalen Medien mit großer Wahrscheinlichkeit nachhaltig beeinflussen wird.
Zusammen weisen alle diese Ansätze auf einen besonderen Aspekt von Lernen hin: Lernen ist ein aktiver Prozess, der in weiten Teilen selbstgesteuert erfolgt. Digitale Medien unterstützen sowohl diese aktive Tätigkeit als auch den Aufbau eigener Wissenskonstruktionen. Diese Auffassung über Lehr- und Lernprozesse ist nicht selbstverständlich, insbesondere dann, wenn man die Entwicklung von Lehr-Lernparadigmen über die vergangenen Jahrzehnte hinweg betrachtet.