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ANN`S HAUS
ОглавлениеBevor ich in das einzige Haus auf der kleinen Insel einziehen konnte, musste ich noch ein paar Tage auf dem Festland verbringen, da mein Boot noch kurze Zeit gewässert werden musste, welches mich zur Insel und zurück bringen sollte. Mein zukünftiger Nachbar John Rose hatte es generalüberholt. Danach hatte es lange trocken gelegen. Im Wasser dehnt sich das Holz etwas aus und es zeigt sich ob es seetauglich ist oder nicht. Kleinere Löcher schließen sich dabei eventuell von alleine.
In diesen ersten paar Tagen konnte ich bei Ann und Didi wohnen, die während der vielen Besuche vorher zu guten Freunden geworden waren.
Das Haus gehörte Ann. Didi besaß ein Haus auf einer Insel, draußen in der großen Bucht vor der Stadt.
Ann`s Haus war schon immer Herberge für viele junge Leute aus aller Herren Länder. Es hatte eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Bad, das bestimmt mindestens so kalt wie der Kühlschrank war (auch im Sommer). Die Treppe hoch gab es vier kleine Schlafzimmer. Davon waren meistens zwei oder drei vermietet. In einem schliefen natürlich Ann und Didi.
Die Wände waren ziemlich dünn. Hatten die beiden tagsüber Sex und man war gerade in der Küche, bekam man lautstark das Tempo der beiden bis zum Höhepunkt mit.
Dabei wackelte die Decke und man hörte die ausgeleierte Matratzen und Bettfedern ächzen. Saß der Rest der Mitbewohner gerade am Küchentisch, musste gegen Ende hin, die letzten Sekunden, kurz innegehalten werden, und die Unterhaltung konnte erst wieder fortgesetzt werden, wenn Stille eintrat.
Meistens trabte Didi kurz danach im Bademantel die Treppe herunter und drehte sich eine Zigarette, machte sich einen Tee und ging wieder hoch ins Bett. Ann ging normalerweise duschen, ohne sich in der Küche blicken zu lassen.
Viele Musiker, Schriftsteller und Hippies haben im Laufe der Jahre hier gewohnt. Da diese Untermieter auch Besuch hatten, war immer ein Kommen und Gehen. Auch unter der Woche wurde hier Anfang der 1990er Jahre bis tief in die Nacht gefeiert.
Eines Abends kam ich mit Ann und Didi vom Pub zurück und eine ungeplante Party mit 15 Leuten war in vollem Gange. Einige waren so abgekämpft, dass sie schon auf dem Boden schliefen. Als wir eintraten mussten wir laut loslachen, so chaotisch war der Anblick. Wenn Ann nicht zu Hause war, hing der Schlüssel außen an der Tür, damit man ins Haus konnte.
Besonderen Besuch gab es so etwa alle drei Monate. Dann kam John Gallagher von Clare Island, der größten Insel in der Bucht. Er schlief immer ohne Decke auf einer Couch, die neben der Eingangstür stand, und blieb drei oder vier Tage. Er kam ohne Tasche. Das Wichtigste, seine Ziehharmonika, hatte er aber dabei. Er zog durch die Pubs und spielte bei den täglichen Musiksessions mit.
Da er intensiv dem Whiskey zusprach und die Ausdünstung in den Kleidern, die er ja nicht wechseln konnte, hängen blieb, setzte sich mit seiner Ankunft bald ein stickiger, kräftiger Whiskeygeruch im ganzen Haus fest. Dem war mit keinem Raumspray beizukommen. Lüften brachte auch nichts, so lange er im Haus war.
Er war Mitte fünfzig, sehr schüchtern und sprach meistens nur in sehr kurzen Sätzen. Sein Aussehen gab einem das Gefühl, dass er nie jung gewesen war. John war Insulaner der älteren Kategorie und hatte sein Haus und sein Fischerboot, ein traditionelles Curragh, mit dem er auf dem Meer fischte, selbst gebaut und hielt einige Schafe. Seine Welt war eine andere. Er führte das traditionelle Leben eines Inselbewohners. Er kam und ging immer per Taxi, da er der staatlichen Buslinie misstraute, obwohl dies viel billiger gewesen wäre. Was ihn noch zusätzlich auszeichnete, war die Angewohnheit, die Asche seiner Zigarette, egal wo er gerade war, auf dem Boden zu hinterlassen. Meist kümmerte er sich gar nicht darum und sie fiel einfach ab. In seinem Haus auf Clare Island mit Kamin und Betonboden war das für ihn normal. Er kannte es nicht anders. Ann hatte aber Teppiche im Haus. Wenn ich Ann und Didi mit kleinem Besen und Kehrblech bewaffnet, gebückt durchs Haus fegen sah, wusste ich dass sich John wieder auf den Nachhauseweg gemacht hatte. Ann verlor nie ein Wort darüber, schon gar nicht John gegenüber.
Ihr Häuschen stand in der sehr steilen High Street, die ihren Namen wirklich nicht zu unrecht bekommen hat. Strategisch aber überaus günstig, da das nächste Pub gerade mal hundert Meter die Straße hinunter lag. Nachteilig war nur, dass das Pub nicht oberhalb des Hauses zu finden war. Dann hätte man sich in größter Vorfreude den Berg hoch kämpfen und danach gemütlich die Straße wieder hinunter treiben lassen können. Umgekehrt war es je nach Zustand ein ziemlicher Kraftaufwand. Man musste sich regelrecht gegen den Berg stemmen.
Es gab aber keinen Grund etwas zu bereuen. Man kam nämlich aus John Mc Ging`s Pub.