Читать книгу Anschwellendes Geschwätz - Jürgen Roth - Страница 24
Das Planf in Kunst und Kultur
ОглавлениеIm Herbst 2003 führte die Frankfurter Rundschau ein wöchentliches, nur in Hessen beiliegendes Veranstaltungsmagazin mit dem Titel plan.F ein – Anlaß genug für ein Gespräch mit Eckhard Henscheid über diesen bedeutenden Schritt für die deutsche Sprache.
Es gab im Deutschen bisher nur vier Wörter mit der Endung »nf«: Senf, Genf, fünf, Hanf. Jetzt gibt es ein fünftes: plan.F bzw. planf, mit oder ohne Punkt. Oder auch als Substantiv: Planf.
Ja, man hat planf erfunden, damit fünf selbstreferentiell wird. Jetzt sind’s fünf Wörter, mit dem Wort fünf. Vorher stimmte das irgendwie nicht. Fünf stand ja für vier Wörter. Was die Reimbarkeit betrifft, sieht’s natürlich furchtbar aus. Es reimt sich bisher eigentlich nur Genf auf Senf – »Genf? / Was soll der Senf?!« –, im Unterschied zu Bern: »Bern? / Aber gern!« Im Stepulat, dem Reimlexikon, kommt die Endung »nf« gar nicht vor.
Die phonetische Einheit »nf« ist nicht reimfähig?
Nein, weder die Silbe »anf« noch die Silbe »enf« kommt vor. Das »nf« ist offenbar eine Quantité négligeable. Das ist schade, denn es ist doch eine sehr charakteristische, eindrucksvolle Schlußwendung. Auch mehrsilbige Wörter würden gut damit fahren. Um so notwendiger ist es deshalb, daß nun planf auf uns gekommen ist.
Du begrüßt also seine Einführung?
Ja, im Gegensatz zu Fraport [für: Frankfurter Flughafen, äh: Frankfurt Airport]. Planf wird sich aber noch besser durchsetzen als Fraport. Die Reime, die sich anbieten, sind natürlich noch nicht gar zu zahlreich. Aber in der Stadt Goethes, der ja auch etwas unrein gereimt hat – Neige auf Schmerzensreiche im Faust –, kann man planf, je nachdem, wie man will, auch gut reimen: »Planf / macht Dampf.« Oder wenn man ein Feind von plan.F ist: »Planf / ist ein Krampf.«
Würdest du der Rundschau den ersten Reim für Werbezwecke zur Verfügung stellen?
Für fünf Euro ist die Rundschau dabei.
Für mich klingt planf ein bißchen morastig, nicht sehr einladend.
Nein, das muß ich ablehnen. Morastig klingt eher Sumpf, so daß also plumf morastig klänge. Planf ist ein außerordentlich einleuchtendes Wort. Im ersten Teil tritt eindeutig der Plan hervor – es geht um einen Wochenplan, es steht zur Sicherheit auch noch drüber –, und mit dem »F« ist ganz offenbar Frankfurt gemeint, davon bin ich überzeugt. Wenn nicht sogar die Frankfurter Rundschau.
Du empfindest planf also nicht als fünftes Wort am Wagen der deutschen Sprache?
Ich lasse es durchgehen, fast ohne Zögern.
Deine Werkausgabe, die letztes Jahr gestartet wurde, ist mit den gerade erschienenen zwei Bänden Erzählungen auf fünf Bände angewachsen.
Das wurde quasi synchronisiert. Im Zuge dieser Synchronisation hat sich jedoch, um aufs Reimproblem zurückzukommen, noch nicht ganz der Gleichklang bzw. fast reine Reim »Henscheid / Menschheit« durchgesetzt. Henscheid ist das einzige Wort, das sich auf Menschheit reimt. Darauf haben mich die Bürger draußen im Lande hingewiesen, die noch weiter denken als ich.
Werden wir die planf-Reime in der Werkausgabe wiederfinden, die ja bei Zweitausendeins erscheint, in einem Haus, das auch etliche Hanfbücher verlegt?
Das kongruiert mit meinen Plänen. Ich hab’ aber noch einen Grund, meine zwei Reime zu verwenden. Der für den nächsten Herbst vorgesehene Band »Lyrik/Drama« kann noch etwas Stoff gebrauchen. Und wenn man das mit der beliebten Publikumsbetrügerei verbindet, daß man mit einem Zweizeiler eine ganze Seite vollmacht, wären mit den zwei Reimen schon zwei Seiten völlig gefüllt. Das tut der Werkausgabe sehr gut.
Das Wort planf hat sich als lyrikfähig erwiesen. Wäre eine Romanfigur vorstellbar, die Planf hieße?
Bei Böll nicht. Der war mehr für einen Namen wie Holzpuke zuständig. Der späte Thomas Mann hat vor keinem Namen zurückgeschreckt, bei dem wär’s drin gewesen. Plan.F ist trotzdem eher ein Beckettscher Name, aber dann vielleicht doch ohne den Punkt. Und zu Ror Wolf würde er gut passen. Ror Wolf schätzt Namen wie Wurbs, Wumpf, Klomm und Klamm. Man sollte ihn darauf aufmerksam machen. Ich trete Planf dann gerne ab.
Meines Wissens kommt das Wort Genf in deinem Werk nur einmal vor, in »Spitzentelefoneur Möllemann«.
Nein, ich war sogar mal in Genf, um den Platz zu studieren, wo Sisi ermordet wurde und später Barschel zugrunde ging. In einem kleinen Text dazu kommt dann Genf tatsächlich vor, also immerhin zum zweitenmal. Der Senf ist allerdings auch noch ein bißchen mager vertreten, was sich vielleicht ändern könnte. Der Dichter Martin Mosebach, den ich ab und zu treffe, nimmt gerne Senf zu seinen Snacks. Das könnte Folgen haben für meine Arbeit. Während ich von der Hanfkultur, trotz verlaglicher Koinzidenzen, nicht so sehr tangiert bin.
Es steht ja fast zu vermuten, daß die Rundschau mit plan.F eine Planfkultur begründen könnte.
Auch dagegen ist nichts zu sagen, wo die Witwe Unseld-Berkéwicz jetzt als neueste Kultur und anstelle der »Suhrkamp-Kultur« die »Unseld-Kultur« ausgerufen hat. Da kann die Planfkultur ruhig auch noch kommen.
Welche Zukunft prophezeist du dem Wort planf?
Eine planvolle Zukunft, aber mit »f« geschrieben. Eine planfolle Zukunft.