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Im Gewöhnlichen
ОглавлениеUnerheblich wie Herrn Außenminister Fischers Frankfurter Vandalenrandalenvergangenheit ist die Frage, welchen Anteil Raymond Carvers früher Lektor Gordon Lish an der mit höchstem – pressenden Überdruß erzeugendem – Feuilletoneinverständnis gepriesenen »Lakonie« des »minimalistischen Avantgardisten« (Frankfurter Rundschau, 18. November 2000) Raymond Carver hat. Oder hatte. Noch überflüssiger und entbehrlicher ist Ingo Schulzes vorwortliche Salbung des erstmals vollständig auf deutsch erschienenen zweiten Erzählungsbandes des »Minimalisten« (Klappentext), Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden (Berlin 2000). Und noch törichter plärrt der hiesige Verlag »die lähmende Ausweglosigkeit und innere Leere der Existenz« an, die Carvers Short stories so, wäre werbetechnisch nicht schlecht »gekommen«, »atemberaubend«, »schockierend« auf »den Leser«, arrrgh, »wirken lassen«.
Carver zählt, unabhängig von einstiger verlagsseitiger Einflußnahme und heutiger Verkaufspropaganda, zu den schon erschütternd zeitlos Lesenswerten. Und entgegen der wahrscheinlich wieder modischen kafkaiden Axtfunktion seiner »Texte« (Klaus N.) vermochte er im Ganzgewöhnlichen eine ruhige Anspannung auszumachen, die den Alltag adelt; zuungunsten des herrschenden Remmidemmis. Deshalb könnten, ohne gleich den Talar überzustreifen, die Exegeten vielleicht ausnahmsweise die Klappe halten. »Ich hab’ so einiges gesehen. Ich wollte zu meiner Mutter und ein paar Nächte bei ihr in der Wohnung bleiben. Aber als ich oben am Treppenabsatz ankam, guckte ich, und sie saß auf dem Sofa und küßte einen Mann. Es war Sommer. Die Tür stand offen. Der Fernseher lief. Das ist eine von den Sachen, die ich gesehen hab’«, beginnt Mr. Coffee und Mr. Fixit. Und darin liegt nicht nur eine Welt, sondern die Poetologie des Genauguckers Carver.
»Ich dachte einen Moment lang an die Welt außerhalb meines Hauses, und dann dachte ich gar nichts mehr, außer daß ich nun wirklich schlafen mußte«, schließt Ich konnte die kleinsten Dinge erkennen. Oder heimelt uns die wohlige Leere, die wohlige Wahrheit einer solchen Passage noch zarter an? »Er fuhr schneller durch die Straßen, als er hätte fahren sollen. Bisher war es ein gutes Leben gewesen. Er hatte Arbeit gehabt, war Vater geworden, hatte eine Familie. Der Mann war glücklich und zufrieden gewesen. Aber jetzt hatte er Angst und wollte ein Bad.«