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II.

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Mein Wagen stand im Parkhaus ziemlich weit oben und ich nutzte die Gelegenheit, die Stufen zu Fuß hoch zu rennen und so ein kleines Training einzulegen. Auf diese Art und Weise konnte ich die Kalorien des Mittagessens wieder abbauen.

Als ich die Fahrertür aufschloss, bemerkte ich auf dem Beifahrersitz mehrere Briefe, die wieder irgendein Witzbold durch den schmalen Spalt des Fensters eingeworfen hatte. Ich ärgerte mich, vergessen zu haben, das Fenster richtig zu schließen, aber wieso gab es selbst hier oben in den höchsten Etagen des Parkhauses irgendwelche Spaßvögel, die ihre Witzchen nicht unterlassen konnten?

Ich dachte an den kommenden Samstag und meinen Termin im Autohaus und spürte eine gewisse Zufriedenheit in mir. Leider achtete ich vor lauter Vorfreude nicht so genau auf die Enge Abfahrt und schrappte ein kurzes Stück an der Wand entlang. Hoffentlich wurde dieser Teil der Abfahrt nicht videoüberwacht!

Christine sah mich böse an, als ich in ihr Büro trat. „Verdammt, Jonathan, wo hast du gesteckt?“, warf sie mir entgegen. „Ich hatte eine Verabredung zum Mittagessen, die geplatzt ist, weil ich auf Bingo aufpassen musste. Konntest du nicht wenigstens Jennifer Bescheid sagen?“

Sie musterte meine Jacke und verdrehte die Augen. „Oh nein“, stöhnte sie, „du warst wieder bei diesem ekelhaften Schmuddel-Erwin!“

Ich blickte an mir herunter und fragte mich, wieso sie die kaum sichtbaren Fettflecken überhaupt bemerkt hatte. Aber Frauen schienen einen Sinn für so etwas zu haben. „Curry-Erwin“, korrigierte ich leise, um sie nicht noch mehr zu verärgern. „Entschuldige bitte.“ Dann sah ich auf meine Uhr. „Ich muss los, der Lehrgang beginnt gleich. Komm Bingo, jetzt ruft die Arbeit ...“

Während ich mit dem Hund an der Leine das Büro verließ, grummelte Christine hinter mir her. Das mit dem Termin hätte sie mir aber auch sagen können, vielleicht wären wir ja dann alle zusammen zu Curry-Erwin gegangen.

Der Bauernhof, auf dem die Hundeschule residierte, lag außerhalb Rheindahlens mitten zwischen Wiesen und Feldern. Trotz bester Wegbeschreibung verfuhr ich mich zweimal, doch letztlich bog ich auf den Platz vor einer Scheune und kam in einer Staubwolke zum Stehen. Mehrere Fahrzeuge parkten dort bereits und es schien, als hätte der Kurs schon begonnen.

Eine schmale Tür in dem Tor der Scheune stand offen und ich trat hinein. In dem Raum herrschte ein Dämmerlicht, doch meine Augen gewöhnten sich rasch daran. Insbesondere, nachdem ich meine Sonnenbrille abgenommen hatte. Ich sah mehrere Reihen von Bierzeltgarnituren mit schmalen, wackeligen Tischen und unbequemen Bänken davor. Fünf Personen saßen gut verteilt in den ersten Reihen und blickten mir neugierig entgegen. Eine wahnsinnig dicke Frau mit strohgelben, ungepflegten Haaren, die am Halsansatz endeten, stand hinter einem Rednerpult. Sie blickte mir aus zugequollenen Schweinsäuglein entgegen und ihr Gesichtsausdruck konnte beim besten Willen nicht freundlich genannt werden.

„Oh, ein Nachzügler“, gab sie von sich und ihre Stimme troff vor Hohn. Demonstrativ sah sie auf ihre Armbanduhr und hob den rechten Zeigefinger. „Wir wissen aber wohl, dass Pünktlichkeit das oberste Gebot in der Hundeausbildung ist“, grunzte sie und ich sah einige der Kursteilnehmer schmunzeln. „Pünktlichkeit und Disziplin sage ich immer!“ Sie klopfte mit einem Fingerknöchel auf das Pult und ich hörte Bingo leise knurren. Ihm war die Frau vermutlich genauso unsympathisch, wie mir.

Es entstand eine kurze Pause, dann trompetete die Dicke mit dem unvorteilhaften Haarschnitt: „Würden sie uns denn bitte verraten, wer sie sind? Leider haben sie ja die Einführungsvorstellung verpasst. Mein Name ist Sophie Fengeler und ich bin die Inhaberin der Hundeschule ‚Lucky Buddy‘.“

Sie holte einen Moment Luft und ich wollte mich schon vorstellen, als sie fortfuhr: „Unsere Hundeschule ist zertifiziert und führt Kurse in Verhaltens- Alltags- Leinen- und Mantrailing durch. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von neun bis zwölf und von fünfzehn bis siebzehn Uhr. Dieser Kurs begann“, sie blickte wieder auf ihre Uhr, „um vierzehn Uhr.“

„Das ist ja schön“, grinste ich. Was sie da sagte, interessierte mich nicht besonders. „Ich bin Jonathan Lärpers.“

„Dann setzen sie sich mal, Herr Lärpers.“ Sie hakte irgendetwas auf einer Liste ab und warf einen Blick auf Bingo. „Dann sind wir ja endlich vollständig. Aber wieso haben sie einen Hund mitgebracht, Herr Lärpers?“

Jetzt erst fiel mir auf, dass sich in dem Raum keine Tiere befanden und ich zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, das ist eine Hundeschule hier und wir machen Mantracking, desw...“

„Wenn sie die Unterlagen zu diesem Kurs durchgelesen hätten, Herr Lärpers“, unterbrach sie mich, „dann wüssten sie, dass die erste Stunde allein dem Kennenlernen und der Theorie gewidmet ist. Sie haben die Unterlagen doch bekommen? Außerdem heißt es ‚Mantrailing‘ und nicht ‚Mantracking‘!“

Ich nickte und lächelte gewinnend. „Ja, die habe ich bekommen. Das mit der Theorie muss ich irgendwie übersehen haben ...“

„Jetzt setzen sie sich endlich hin, Herr Lärpers. Der Hund soll sich aber ruhig verhalten und darf den Unterricht nicht stören! Sonst muss er im Wagen warten.“

Ich nickte erneut und setzte mich auf eine Bank, die hart und unbequem war. Hoffentlich mussten wir hier nicht stundenlang ausharren. Bingo legte sich zu meinen Füßen hin und sah bedauernd zu mir auf. Er schien mich zu verstehen.

„Nachdem Herr Lärpers nun doch noch eingetroffen ist“, begann die Dicke wieder, „können wir mit unserem Kursus endlich beginnen. Ich begrüße sie zu dem Mantrailing Kurs der Hundeschule ‚Lucky Buddy‘ und freue mich, dass sie so zahlreich erschienen sind. Die Hundeschule ‚Lucky Buddy‘ ist zertifiziert und führt Kurse in Verhaltens- Alltags- Leinen- und Mantrailing durch. Die Öffnungszeiten sind montags bis freitags von neun bis zwölf und von fünfzehn bis siebzehn Uhr.“

Irgendwie kannte ich das schon und verstohlen sah ich mich um. Drei junge Frauen, die sich zu kennen schienen, nickten zu den Worten der Dicken. Ein Jugendlicher mit militärisch kurzem Haarschnitt und gelangweiltem Gesichtsausdruck tippte auf seinem Smartphone herum und ein älterer Mann im besten Rentenalter blickte unentwegt auf Bingo und mich. Ich würde seinen Gesichtsausdruck als eher ängstlich beschreiben und ich fragte mich, ob er vor dem Malinois oder vor mir Angst hatte.

„Mantrailing erfordert sowohl für den Hund, als auch für das Herrchen ein Höchstmaß an Disziplin“, begann die dicke Frau mit den gelben Haaren ihren Vortrag und schon nach kurzer Zeit war ich nicht der Einzige, der ihr nicht mehr zuhörte.

Wir mussten wirklich volle drei Stunden auf den Bänken ausharren und hin und wieder drangen Worte wie ‚Duftmoleküle‘, Hautpartikel‘, ‚metabolische Abbauprodukte‘ und immer wieder ‚Disziplin‘ an mein Ohr. Regelmäßig wurden Fotokopien verteilt, so dass niemand selber mitschreiben oder sich Notizen zu machen brauchte. Schon nach eineinhalb Stunden begannen die meisten der Lehrgangsteilnehmer unruhig auf ihren Bänken herumzurutschen.

„Wer von ihnen kann mir sagen“, unterbrach die Dicke plötzlich ihren monotonen Vortrag, „was das Geruchsbild des Menschen gemein hat mit seinem Fingerabdruck oder der DNA?“

Die Lehrgangsteilnehmer schwiegen durchweg und starrten auf den Tisch vor sich. Bingo war unruhig und ich wusste, dass er kurz vor die Tür wollte, um sein Geschäft zu erledigen.

Ein Hundeführer spürt so etwas.

Die Gelegenheit für eine kurze Unterbrechung war günstig und ich meldete mich.

„Herr Lärpers“, nickte die Dicke erfreut, „sie überraschen mich.“

„Bingo“, lächelte ich sie an, „wir müs...“

„Bingo?“, unterbrach sie mich. „Herr Lärpers, wir sind hier bei keiner Rentnerveranstaltung. Können sie auf meine Frage antworten oder was soll ihre unqualifizierte Antwort?“

Ich schüttelte den Kopf. „Bingo - so heißt mein Hund - muss einmal. Ich gehe kurz mit ihm vor die Tür ...“ Schon erhob ich mich und der Malinois folgte mir dankbar.

Ich trödelte vor der Scheune herum und besah mir den Bauernhof ein wenig. Der Tag war zu schön, um auf der harten Bank in der halbdunklen Scheune zu sitzen und das Gequatsche von der Dicken anzuhören. Wenn der gesamte Kurs so weiterging, dann hatte ich definitiv meine Zeit verschwendet. Der einzige Trost war, dass es am Ende des Lehrgangs das von Bernd so heiß begehrte Zertifikat geben würde.

Kurz bevor der Kurs zu Ende ging, schlich ich an meinen Platz zurück und fand zahlreiche neue Kopien auf dem Tisch vor.

„Ich danke ihnen für ihre Aufmerksamkeit“, klangen endlich die erlösenden Worte. Sophie Fengeler sah mich strafend an und fuhr fort: „Wir sehen uns dann morgen um vierzehn Uhr. Bitte seien sie pünktlich und bringen sie ihren Hund mit. Wir werden uns nach einer kurzen Theoriestunde den Tieren widmen, die sich auch untereinander kennenlernen sollen. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Feierabend.“ Sie suchte die Unterlagen auf ihrem Pult zusammen, dann blickte sie erneut auf und hob eine Hand. „Eine Sache noch: Bitte vergessen sie auch ihre dog waste bags nicht. Ich danke ihnen.“

Ich sah die Dicke fragend an, doch die war damit beschäftigt, ihre Unterlagen zusammenzupacken und in eine Plastiktüte zu packen. Ich wandte mich zum Gehen und dachte über dog waste bags nach, als ich eine der Frauen zu ihren Freundinnen sagen hörte: „Weiß eine von euch, was diese bags sein sollen?“

„Ja sicher“, lachte ihre Freundin und man sah ihr an, dass sie den Triumph über ihr geballtes Wissen auskostete. „Hundekotbeutel.“

„Ach so“, meinte die erste enttäuscht. „Die habe ich doch sowieso immer dabei. Ihr etwa nicht?“

Sie entfernten sich und ich bekam die Antwort nicht mehr mit, wurde mir aber plötzlich bewusst, dass ich solche Tüten nicht bei mir trug. Rasch beeilte ich mich zu meinem Wagen zu kommen, bevor die dicke Sophie die übergroße Tretmine neben der Scheune entdecken würde, die Bingo dort hinterlassen hatte.

Am nächsten Morgen befand ich mich frühzeitig im Büro. Christine, Bingo und ich waren wieder zusammen um Schloss Wickrath herum gejoggt und diesmal hatte ich peinlich genau auf den Weg geachtet. Das ersparte mir die dämliche Putzerei des Treppenhauses. Da ich nachmittags wieder zu dem Mantrailing - Lehrgang musste, bildeten Chrissi und ich momentan auch keine Fahrgemeinschaft.

Sie traf kurz nach mir in unserer Privatdetektei ein. „Willst du auch einen Kaffee, Jonathan?“, fragte sie, im Türrahmen zu meinem Büro stehend. Ich nickte. Anders als bei Birgit, die mir jetzt ein schnippisches ‚dann koch dir doch einen‘ hingeworfen hätte - jedenfalls tat sie das damals noch - lächelte Christine mich an. „Ich brühe einen auf. In fünf Minuten kannst du ihn dir in der Küche abholen.“

Die Kleine war doch wirklich Gold wert.

Ich ließ mich in meinem Bürosessel zurücksinken und dachte über den Lehrgang nach. Wir waren eine bunt gemischte Truppe und ich fragte mich, ob die Ausbildung bei der dicken Sophie Fengeler überhaupt einem anerkannten Standard entsprach. Irgendwie stellte ich mir die Sache ganz anders vor, als ich an Polizei oder Zoll, meinetwegen auch Grenzschutz, dachte. Ich seufzte und blickte auf Bingo, der zufrieden an einem Knochen kauend neben mir lag. Bingo hatte bei unserem letzten Auftrag bewiesen, dass er über eine hervorragende Nase verfügte und ich machte mir keine Sorgen, dass er den Lehrgang oder jedwede anfallende Prüfung nicht schaffen würde.

Jedenfalls würde ich heute streng darauf achten, pünktlich zu erscheinen.

Ich musste ein wenig eingenickt sein oder war zu sehr in meine Gedanken versunken, denn ein Klopfen an meiner Tür und ein anhaltendes Räuspern ließen mich erschreckt hochfahren.

„Guten Morgen, Jonathan“, grinste Bernd und trat an meinen Schreibtisch. „Schon so früh so tief in Gedanken versunken? Ich kann doch davon ausgehen, dass du nachgedacht - worüber auch immer - und nicht geschlafen hast?“

Ich unterdrückte es, mir die Augen zu reiben und warf einen verstohlenen Blick auf die Uhr an der Wand. Gut, es war noch nicht allzu spät, erst kurz nach halb Neun. „Ich war gerade dabei, die einzelnen Punkte des Lehrgangs noch einmal zu überdenken“, erklärte ich und im Grunde log ich ja noch nicht einmal. Zum Glück lagen die Unterlagen, die wir im Kurs bekommen hatten, noch auf dem Schreibtisch und ich hob jetzt einige Blätter davon an. „Der gestrige Tag war angefüllt mit Theorie“, ließ ich Bernd wissen, „und ich habe alles noch einmal verinnerlicht. Dieses ganze Mantracking und die frei herumschwebenden Duftpheremone und ...“ ich überlegte, was die dicke Sophie noch gesagt hatte. „DNA - Moleküle. Du weißt schon, Bernd.“

Mein Freund verdrehte die Augen und sah mich prüfend an. „Jonathan: Mantrailing, Duftmoleküle und es heißt Pheromone, nicht Pheremone.“ Er stöhnte leise und fügte hinzu: „Hoffen wir, dass du keine theoretische Prüfung machen musst!“ Dann überlegte er einen Moment und sah mich strafend an: „Und beim Nachdenken solltest du weniger laut schnarchen ...“

Mein Blick blieb starr auf die vor mir liegenden Blätter gerichtet, als ich vorsichtig nickte. Vielleicht sollte ich meine Tür abschließen, wenn ich wieder einmal nachdenken musste. „Bernd, was führt dich überhaupt her?“, fragte ich und hoffte, damit das Thema geschickt zu wechseln. „Oder ist das nur ein Höflichkeitsbesuch?“ Ich vermied es ‚Kontrolle‘ zu sagen, obwohl der Ausdruck mir eher zu passen schien.

Bernd lächelte mich an: „Da du ja mit dem Lernen sehr gut voranzukommen scheinst, wird es dir doch sicher nichts ausmachen, einen kleinen Teilzeitjob anzunehmen?“

„Teilzeitjob?“ Ich wurde skeptisch. Bernd wollte mir doch wohl nicht noch zusätzliche Arbeit aufbrummen? Als wenn ich mit diesem dämlichen Lehrgang nicht schon genug zu tun hätte.

Mein Chef nickte. „Keine große Sache. Es wird dir - und Bingo - auch bestimmt Spaß machen.“

Bingo, der seinen Namen hörte, spitzte die Ohren und plötzlich wurde der Kauknochen uninteressant. Er erhob sich träge, streckte die Vorderläufe und reckte sich kurz, dann ging er zu Bernd und ließ sich vor dem auf den Rücken fallen. Bernd verstand die Aufforderung und kraulte dem Malinois ausgiebig Brust und Bauch.

„Bernd?“, erinnerte ich meinen Freund daran, dass ich auch noch vorhanden war, „von was für einem Teilzeitjob sprichst du? Du hast doch nicht vergessen, dass ich mit dem Lehrgang schon voll ausgelastet bin?“

Bernd richtete sich wieder auf und Bingo ließ ein enttäuschtes Fiepen hören. Wenn ich es nicht besser wusste, so würde ich diesen Malinois ausschließlich für einen Schmuse- und Schoßhund halten, doch Bingo hatte auch andere, gefährliche Seiten. „Es geht um eine ...“, er suchte nach dem richtigen Ausdruck, „... Testreihe quasi. Der Verkehrslandeplatz Mönchengladbach ist der größte Flugplatz des Landes Nordrhein-Westfalen für die Allgemeine Luftfahrt und besitzt damit einen hohen Stellenwert.“

Ich nickte lächelnd und fragte mich, wer das eigentlich wissen wollte. Mir schwirrten mit den ganzen Mantracking-Molekülen schon genug unnötige Daten im Kopf herum.

Bernd unterbrach seinen Monolog und sah mich an. „Das hast du gewusst? Dann kannst du mir sicher auch sagen, welches der bedeutendste General-Aviation-Airport Deutschlands ist.“

Ich sah Bernd an und versuchte meinen Gesichtsausdruck möglichst wissend erscheinen zu lassen. Wenn aber jemand schon drei mir unbekannte Fremdworte in einem Satz benutzt und dies auch noch mit einer Frage verknüpft, dann wird mir aber wohl gestattet sein, ein wenig nachzudenken. Doch das fiel mir nicht sonderlich schwer: General kannte ich und auch Airport. Dieses Aviäschon konnte ich getrost streichen, blieb also noch der Airport, als der Flughafen, auf dem der General landen würde. Die Frage war jetzt lediglich, welcher General? Und: Was hatte Bernd ursprünglich gefragt?

Ich grinste meinen Freund an: „Natürlich. Ich soll bei der Ankunft des Generals auf dem Flugplatz Mönchengladbach dabei sein.“ Dann sah ich ihm tief in die Augen und fügte hinzu: „Bernd, das ist mir eine Ehre!“

Als er die Augen nach oben verdrehte, musste ich ein Lachen unterdrücken. „Oh Jonathan“, grollte mein Chef dann, „machst du das absichtlich, oder bist du so dumm? Und unterlass doch endlich dieses blöde Grinsen! Der bedeutendste Flugplatz der Allgemeinen Luftfahrt, nämlich ‚General Aviation Airport‘, ist der in Frankfurt-Egelsbach und gleich danach, an unbestrittener zweiter Stelle, steht Mönchengladbach. Worum es nun aber geht, ist die Tatsache, dass die Sicherheitsgesellschaft des Flughafens ihr Konzept erweitern möchte. Und zwar um die Kontrolle mittels eines Spürhundes. Jetzt rate doch einmal, wer da nun schon wieder seine Finger im Spiel hat?“

Bernd verlangte mir an diesem Vormittag allerhand ab. Ich dachte sehnsüchtig an den Kaffee, den Christine aufgebrüht und den ich bei all meinem Nachdenken vergessen hatte. Ein Becher davon würde mir jetzt guttun.

„Der Präsident?“, riet ich auf gut Glück.

Bernd sah mich irritiert an. „Der Präsident? Jonathan, welchen Präsidenten meinst du? Den Bundespräsidenten?“

Ich nickte. Mir spukte zwar eher der französische, amerikanische oder irgendein nicaraguanischer Präsident im Kopf herum, doch der Bundespräsident war auch nicht schlecht. „Genau der, Bernd.“

Mein Freund stöhnte vernehmlich und ließ sich zu einem ‚du wirst aber auch immer blöder‘ hinreißen, das ich freundlicherweise ignorierte. „Eberson, Jonathan. Oberstaatsanwalt Eberson und das bestenfalls zusammen mit dem NRW Ministerpräsidenten.“

Ich grinste. Der also. „Na, habe ich doch gesagt“, rechtfertigte ich mich. Ministerpräsident war auch nicht schlecht. Präsident ist halt Präsident. Und Eberson hatte ja sowieso überall die Finger drin.

Bernd winkte ab und es sah für mich ein bisschen nach Resignation aus. Er zog eine zusammengefaltete Seite aus der Tasche und schob sie mir über den Schreibtisch zu. „Jedenfalls erwartet man dich und Bingo um zehn Uhr am Flughafen. Auf dem Zettel stehen alle wichtigen Informationen. Es wird so eine Art Testlauf für kommende Sicherheitsstandards, wobei du eine beratende Funktion ausüben sollst. Das Ganze ist keine große Sache und gilt auch zunächst nur für diese Woche. Gegebenenfalls wird der Zeitraum noch verlängert, doch das bleibt abzuwarten. Noch Fragen?“

Ich unterdrückte ein Stöhnen. Ich steckte doch jetzt schon bis über beide Ohren in Arbeit. „Bernd, da ist doch der Lehrgang ... also, ich muss doch lernen und mich auf die Prüfung vorbereiten. Kann denn Birgit nicht dieses Airport-Sache übernehmen?“

Bernd lächelte mich an: „Hat Birgit so eine Spürnase, wie Bingo? Nein, Jonathan, der Job lässt sich bequem neben dem Lehrgang bewältigen. Du musst ohnehin nur von acht bis dreizehn Uhr dort sein. Danach kannst du noch pünktlich zu deinem Kurs gelangen.“

Ich blickte auf die Uhr und grinste: „Für acht Uhr ist es aber schon ein wenig zu spät, Bernd. Das schaffe ich nicht mehr ...“

Wieder stöhnte mein Freund. „Ja, leider hat mich Eberson auch erst vorhin angerufen. Heute bist du um zehn Uhr dort und ab morgen um Acht. Und ...“ Bernd fixierte mich mit den Augen und ich merkte, dass es ihm bitterernst war: „Sei pünktlich!“

Nachdem mein Chef und Freund sich mit einigen Tipps zu Mitteln, die die Durchblutung im Gehirn und damit das Denken anregen würden, verabschiedet hatte, warf ich einen Blick auf die zerknitterte Seite. Viel war dort nicht zu lesen, lediglich die Uhrzeit, eine Büronummer und der Name der Person, an die ich mich wenden sollte. Als ich ihn las, stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen. ‚Claire Rouyer‘ stand dort und mir war sofort klar, dass dieser französischklingende Name nur einer wunderhübschen, jungen Dame zuzuordnen war. Einer Dame, die mich in absehbarer Zeit zu einem gemeinsamen Essen begleiten würde!

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