Читать книгу Tourismusgeographie - Jürgen Schmude - Страница 15
1.2.3 Nachfrageseitige Kennziffern
ОглавлениеZur Erfassung der Nachfrage für ein touristisches Angebot – in Bezug auf den übernachtenden Tourismus – lassen sich folgende standardisierte Kennziffern jeweils für bestimmte Raumeinheiten (administrative und nichtadministrative wie z.B. Reisegebiete) und bestimmte Zeiträume (meistens Monate oder Kalenderjahre) berechnen:
Wichtigste nachfrageseitige Kennziffern
• die Zahl der Ankünfte (A) in Beherbergungsbetrieben,
• die Zahl der Übernachtungen (Ü) in Beherbergungsbetrieben,
• die durchschnittliche Aufenthaltsdauer (DA), die dem Quotienten aus der Zahl der Übernachtungen und der Zahl der Ankünfte für einen bestimmten Zeitraum entspricht.
Die Auslastungen der Beherbergungsbetriebe sind sowohl nachfrageseitigen als auch angebotsseitigen Einflüssen ausgesetzt. Im Regelfall kann ab einer Auslastung von etwa 30 % und weniger für eine größere räumliche Einheit (z.B. Landkreis) von einem kritischen Zustand gesprochen werden. Für Einzelbetriebe ist die kritische Auslastung vom jeweiligen Betriebskonzept abhängig. So benötigen beispielsweise Betriebe der Systemhotellerie in der Regel eine höhere Bettenauslastung, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, als ein einzelner inhabergeführter Hotelbetrieb der gehobenen Klasse. Allgemein wird bei der Auslastung wie folgt unterschieden:
• Die Bettenauslastung (BA), bzw. die Auslastung der Bettenkapazität, ergibt sich aus dem Quotienten der Übernachtungen (nachfrageseitig) und der Bettentage (angebotsseitig;Zahl der Betten multipliziert mit den betrieblichen Öffnungstagen, in der Regel 365 Tage;je nach Quelle wird die BA auch mit den tatsächlichen betrieblichen Öffnungstagen gerechnet). |11|Die BA wird in Prozent angegeben, der errechnete Wert also mit 100 multipliziert.
• Die Zimmerauslastung (ZA), bzw. die Auslastung der Zimmerkapazität, errechnet sich analog zur BA aus dem Quotienten der belegten und der angebotenen Zimmer für einen bestimmten Zeitraum. Auch die ZA wird in Prozent angegeben.
Weiterhin eignen sich folgende Kennziffern zur nachfrageseitigen Erfassung und Analyse des Tourismus:
• Die Saisonalität (S) berechnet sich aus dem Quotienten der Zahl der Übernachtungen des übernachtungsstärksten Monats eines Jahres und der Zahl der Übernachtungen des übernachtungsschwächsten Monats desselben Jahres. Es ist zu beachten, dass die Saisonalität weder über den Zeitpunkt der „extremen“ Monate (Maximum, Minimum) noch über weitere relative Maxima bzw. Minima im Jahresverlauf Auskunft gibt. Die Saisonalität gibt keinen Hinweis auf den Zeitraum der Haupt- bzw. Nebensaison. Somiteignet sich die Berechnung der Saisonalität lediglich für die Untersuchung zeitlicher Entwicklungen einer Raumeinheit (z.B. zunehmende bzw. abnehmende zeitliche Konzentration) bzw. zum Vergleich zweier oder mehrerer vergleichbarer Räume (z.B. skitouristische Destinationen).
• Die Tourismusintensität (TI) berechnet sich aus den Übernachtungen pro 1.000 Einwohner. Die TI liefert Hinweise auf den Beitrag der Tourismuswirtschaft zur gesamten Wertschöpfung und somit zur ökonomischen Bedeutung des Tourismus für einen bestimmten Raum. Ab einem Wert von mehr als 5.000 Übernachtungen je 1.000 Einwohner wird von einer Situation der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Tourismus gesprochen (vgl. NEUMANN 2005, S. 46). Hierbei wird allerdings nur der übernachtende Tourismus berücksichtigt. Durch Umrechnung der Tagesreisen in Übernachtungsäquivalente anhand der Tagesausgaben kann analog zur TI die Intensität des Tagestourismus berechnet werden (vgl. SCHMUDE/HEUMANN 2009, S. 339). Durch Addition beider Intensitätswerte ergibt sich die Gesamtintensität des Tourismus (vgl. für Deutschland Abb. 1.3). Die TI eignet sich als relatives Maß sowohl für Zeitreihenanalysen (z.B. zum Nachweis der Zu/Abnahme der Bedeutung des Tourismus) als auch zum Vergleich räumlicher Einheiten gleicher Aggregationsstufen (z.B. Landkreis A im Vergleich zu Landkreis B).
• Die Reiseintensität (RI) misst den Anteil der Bevölkerung, die in einem bestimmten Zeitraum, meistens innerhalb eines Kalenderjahres, mindestens eine Reise unternommen hat. Die RI beinhaltet auch die Geschäftsreisen. Werden nur Urlaubsreisen berücksichtigt, handelt es sich um die Urlaubsreiseintensität (URI).
• Die Reisehäufigkeit (RH) gibt die Anzahl der Reisen pro Reisendem für einen bestimmten Zeitraum an, meistens für ein Kalenderjahr. Bei der RH werden auch Geschäftsreisen berücksichtigt. Fließen nur die Urlaubsreisen in die Berechnung ein, handelt es sich um die Urlaubsreisehäufigkeit (URH).
• Mit den regelmäßig Reisenden (RR) wird der Anteil an der Bevölkerung erfasst, die in einem definierten Zeitraum (z.B. drei Jahre) jährlich mindestens eine Urlaubsreise getätigt haben.
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Abb. 1.3: Tourismusintensität nach Reisegebieten in Deutschland 2006 (SCHMUDE/HEUMANN 2009, S. 340)
|13|Tabelle 1.1 fasst im Überblick ausgewählte Kennziffern zusammen, zeigt deren Berechnung und führt jeweils ein Beispiel aus Deutschland bzw. für die deutsche Bevölkerung an. Zweck der Beispiele ist es, die Größenordnung und Einheiten der entsprechenden Kennziffer zu veranschaulichen. Einzelne Kennziffern variieren je nach Quelle, da sie unterschiedliche Berichtskreise verwenden bzw. mit unterschiedlichen Abschneidegrenzen operieren (vgl. Kap. 1.3.1). So werden beispielsweise in der amtlichen Statistik seit dem 1. Januar 2012 nur Beherbergungsbetriebe mit zehn und mehr Betten erfasst (zuvor lag die Abschneidegrenze bei neun Betten). Bei der Statistik der F.U.R (Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V.) werden nur Reisen ab fünf Tagen Dauer der Bevölkerung ab 14 Jahren berücksichtigt.
Tab. 1.1: Ausgewählte touristische Kennziffern, deren Berechnung und Beispiele für das Jahr 2013 (nach DESTATIS 2013 bzw. F.U.R 2014a u. F.U.R 2014b)