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1.3.1 Amtliche Statistik in Deutschland
ОглавлениеGrundlagen amtlicher Statistik
Die „verordnete“ Erhebung, Aufbereitung und Veröffentlichung amtlicher Statistiken durch staatliche Behörden (z.B. Statistisches Bundesamt) auf der Basis von Gesetzen (z.B. Gesetz zur Neuordnung der Statistik über die Beherbergung) wird als ausgelöste Statistik bezeichnet. Dagegen werden die im Rahmen der Arbeit staatlicher Behörden (z.B. Agentur für Arbeit) generierten Statistiken (z.B. Arbeitslosenstatistik) als nichtausgelöste Statistik bezeichnet.
Säulen der amtlichen Statistik
|15|Die amtliche Statistik zum Tourismus wird in der Bundesrepublik Deutschland durch das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bereitgestellt und basiert auf zwei Säulen:
• der Monatserhebung im Tourismus (Beherbergungsstatistik) und
• der Statistik über die touristische Nachfrage.
Für beide Quellen gilt, dass sie ausschließlich den übernachtenden Tourismus erfassen, der Tagestourismus wird nicht berücksichtigt (vgl. Kap. 2.3.6). Die Ergebnisse der Monatserhebung im Tourismus werden halbjährlich vom Statistischen Bundesamt als Fachserie 6, Reihe 7.1 für Sommer- und Winterhalbjahr sowie in der seit 1988 jährlich erscheinenden Veröffentlichung „Tourismus in Zahlen“ publiziert. Seit dem Berichtsjahr 2012 werden die Daten vom Statistischen Bundesamt auch im EXCEL-Format bereitgestellt. Ab dem Berichtsjahr 2011 werden die Daten der Statistik über die touristische Nachfrage vom Statistischen Bundesamt nicht mehr veröffentlicht, sondern nach Prüfung an das Statistische Amt der Europäischen Union weitergeleitet und können dort abgerufen werden (vgl. DESTATIS 2014a).
Monatserhebungim Tourismus
Die Monatserhebung im Tourismus enthält sowohl Informationen zum touristischen Angebot als auch zur touristischen Nachfrage. Kern der Statistik bildet die Erfassung der Beherbergungsbetriebe. Erfasst werden nur Beherbergungsbetriebe, die mindestens zehn Betten anbieten (bei Campingplätzen mindestens zehn Stellplätze). Dies wird häufig als gravierende Schwäche dieser Statistik bemängelt, denn gerade in kleinbetrieblich strukturierten Regionen kommt es durch die untere Abschneidegrenze zur Untererfassung der Beherbergungskapazitäten sowie weiterer Informationen (z.B. Herkunftsland der Gäste). Die Beherbergungsbetriebe werden nach der Betriebsart (z.B. Hotels oder Hotels garnis) differenziert ausgewiesen (vgl. Tab. 1.2). Die Beherbergungsbetriebe mit mindestens zehn Betten melden ihre Angaben an die Statistischen Landesämter, die die Ergebnisse für die Bundesländer aufbereiten und veröffentlichen. Das Statistische Bundesamt fasst die Länderergebnisse zusammen und veröffentlicht sie als Bundesergebnis. Folgende Informationen werden für die Beherbergungsbetriebe erfasst:
Erhebungsmerkmale
• die Beherbergungsbetriebe nach Betriebsart und Betriebsgrößenklassen,
• die Zahl der Betten (bzw. Stellplätze bei Campingplätzen),
• die Zahl der Gästeankünfte,
• die Zahl der Gästeübernachtungen,
• das Herkunftsland der Gäste.
Mehr als zwei Drittel der Ankünfte im Jahr 2013 entfällt dabei auf die Hotellerie, während der Anteil an den Übernachtungen lediglich 54 % erreicht. Hieraus resultiert die im Vergleich zum Bundesergebnis (2,7 Tage) unterdurchschnittliche Aufenthaltsdauer von 2,1 Tagen (vgl. Tab. 1.2).
Wieder erfasst werden seit dem Jahr 2012 für Betriebe der Hotellerie mit 25 Betten und mehr die Zahl der angebotenen Gästezimmer und ihre Auslastung (diese Erfassung fand bereits kurzzeitig zwischen 2002 und 2005 statt).
Aus den erfassten Angaben lassen sich weitere Informationen berechnen, die ebenfalls monatlich veröffentlicht werden. Dabei handelt es sich um
• die durchschnittliche Aufenthaltsdauer (DA) und
• die durchschnittliche Bettenauslastung (BA).
Räumliche Erfassung
|16|Diese wenigen Erhebungsmerkmale sind für verschiedene regionale Einheiten und Merkmale verfügbar. Auf regionaler Ebene werden die Informationen sowohl nach administrativen Einheiten (Bundesländer, Stadt- und Landkreise, Gemeinden) als auch nach nichtadministrativen Abgrenzungen (Reisegebiete) aufbereitet. Bei den Reisegebieten handelt es sich um Raumeinheiten, die sich weitgehend an den Zuständigkeitsbereichen der regionalen Tourismusverbände orientieren (vgl. auch Kap. 1.2.3, Abb. 1.3).
Die Daten der Beherbergungsstatistik werden sowohl nach Betriebsart als auch nach Gemeindegruppen bereitgestellt. Die Gemeindegruppen werden aus prädikatisierten Heilbädern (Mineral- und Moorbäder, Heilklimatische Kurorte, Kneippkurorte) sowie Seebädern, Luftkurorten, Erholungsorten und sonstigen Gemeinden gebildet (vgl. Tab. 1.2). Hinsichtlich der Betriebsarten und Gemeindegruppen zeigen sich deutliche Konzentrationen bezüglich der Ankünfte und Übernachtungen der Touristen in Deutschland. Die Anteilsunterschiede an Ankünften und Übernachtungen schlagen sich in unter- bzw. überdurchschnittlichen Aufenthaltsdauern nieder. Ein methodisches Problem kann bei der Umrechnung statistischer Informationen aus anderen Quellen auf die nichtadministrativen Einheiten oder Kategorien zur Ermittlung von Bezugsgrößen auftreten.
Tab. 1.2: Ankünfte, Übernachtungen und durchschnittliche Aufenthaltsdauer nach Betriebsart und Gemeindegruppen in Deutschland 2013 (nach DESTATIS 2014b)
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Statistik über die touristische Nachfrage
Die Statistik über die touristische Nachfrage erfasst das touristische Reiseverhalten in Deutschland und konzentriert sich daher auf die reisenden Personen des nationalen Tourismus (vgl. Kap. 1.4.2). Sie wird seit dem Jahr 1999 als Stichprobenerhebung durchgeführt und umfasst jährlich vier Erhebungswellen mit je 2.500 Haushalten. Diese Erhebung dient insbesondere dazu, die Statistiklieferverpflichtungen Deutschlands gegenüber der EU zu erfüllen (vgl. DESTATIS 2014b). Hierbei werden folgende Angaben für alle Reisen mit mindestens einer Übernachtung erfasst:
Erhebungsmerkmale
• der Monat des Beginns der Reise,
• die Anzahl der Übernachtungen,
• das Ziel der Reise (Inland: Bundesland;Ausland: Staat),
• die Veranstaltung der Reise (nur für längere Privatreisen),
• das hauptsächlich benutzte Verkehrsmittel,
• die Hauptunterkunftsart,
• die Reiseausgaben,
• die Personen des Haushalts, die an der Reise teilgenommen haben,
• die prozentuale Aufteilung der Kosten auf die beteiligten Personen.
Seit dem Jahr 2007 wird die Erhebung im Auftrag des Statistischen Bundesamtes von einem anderen Unternehmen als zuvor durchgeführt. Auf Grund anderer methodischer Ansätze des neuen Unternehmens bei der Datenaufbereitung sind die Ergebnisse aus den Jahren vor 2007 nur bedingt mit jenen der Folgejahre vergleichbar.
Kapazitätserhebung
Als überwiegend angebotsorientierte Statistik wurde bis zum Jahr 1999 die Kapazitätserhebung im sechsjährigen Rhythmus durchgeführt, dann jedoch eingestellt, da ein Bedarf an qualitativen Daten zur Ausstattung der Beherbergungsbetriebe nach Ansicht der damaligen Bundesregierung nicht mehr in ausreichendem Maße bestand (vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG 2003, S. 3).
Tourismusstichprobe
Als Basis für die Dokumentation und Analyse der Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern wurde im Jahr 1992 als einmalige Erhebung die Tourismusstichprobe durchgeführt.
Allen amtlichen Statistiken ist gemein, dass sie retrospektiv quantitative Informationen erheben. Es fehlen also die von Unternehmen der Tourismuswirtschaft |18|häufig benötigten qualitativen und zukunftsorientierten Daten (z.B. zu Motiven, Einstellungen oder Reiseabsichten). Diese Informationen werden vornehmlich durch die nichtamtliche Statistik bereitgestellt.