Читать книгу Fettnäpfchenführer Norwegen - Julia Fellinger - Страница 12
Kilometer 30
Оглавление»Mann, habe ich einen Hunger«, sagt Stefan laut. »Ich könnte glatt einen ausgewachsenen Elch verdrücken.«
Er ist zu Fuß unterwegs in der Osloer Innenstadt. Seine Gastgeber Cecilie und Henrik haben am frühen Morgen gemeinsam mit ihren Kindern Linn und Trygve das Haus verlassen. Stefan hat beschlossen, erst einmal auszuschlafen und dann ein bisschen Sightseeing zu machen, bevor er sich bei seinem Chef melden wird.
Jetzt ist er zunächst mal auf der Suche nach einem Frühstückscafé. Auf der Karl Johans gate, nicht weit entfernt vom Schloss, lockt ihn schließlich das Angebot der Kaffebrenneriet. Als er das Café betritt, riecht es verlockend nach Zimt und Kaffee, denn in Norwegen serviert man einen Kaffee mit aufgeschäumter Milch gerne mit einer Prise Zimt und/oder Kardamom. Stefan studiert das Angebot an einer Tafel hinter der Bar und entscheidet sich neben einem Caffe latte enkel (enkel = einfach) noch für einen rosinbolle aus der Auslage. ›Das ist ja total easy hier‹, denkt er. Wenn man sich das Norwegische laut vorliest, dann versteht man ziemlich viel. Und dann sind ja viele Dinge mittlerweile so global, dass man einen Milchkaffee von Palermo bis Hammerfest wohl überall auch als Caffè latte bekommen kann. Nur die Preise sind ziemlich heftig. Der kleine Kaffee kostet vier Euro, das Hefestück sogar 5,30 Euro. Das muss er darum jetzt umso mehr genießen, beschließt er und testet, während er isst, seine noch frischen Norwegischkenntnisse sogleich an einer dort liegenden Zeitung.
Gleich auf der ersten Seite ist ein Bild von einem Mann hinter Gittern abgedruckt, die Überschrift lautet »Sitter i fengsel«. Stefan schließt daraus folgerichtig, dass es sich bei Fengsel wohl um das Gefängnis handeln muss. Niedlich, diese Sprache. Er muss fast unweigerlich vor sich hin schmunzeln. Und dann auch noch diese komischen Buchstaben: ein A mit einem Kringel obendrauf, ein durchgestrichenes O und so ein A und ein E, die unnatürlich zusammenkleben. Nee, so ganz ernst kann man die ja nicht nehmen, mit dieser Sprache. Das klingt alles so ein bisschen wie smörrebröd, smörrebröd, röm, pöm, pöm, pöm, wie beim dänischen Koch aus der Muppet Show.
Bevor er sich wieder auf den Weg macht, will er sein Norwegisch gleich mal am lebenden Objekt testen: »Rosinenboller var en Knüller«, sagt er zu der Frau, die neben ihm gerade ein Kind stillt. Dann legt er gut gelaunt noch zwei Kronen Trinkgeld auf den Tisch und verlässt das Café. Hätte er sich vor dem Gehen noch einmal umgedreht, wäre ihm nicht entgangen, dass die junge Mutter ihm entgeistert hinterherschaut.