Читать книгу Der Mustang unterm Himbeerbusch - Julia Meumann - Страница 7

..•. Wie alles
begann .•..

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WUMM, WUMM – WUSCH, sausten die Autos unter Nedas Füßen hindurch. Jeden Tag lief sie über diese Brücke. Jeden Morgen zur Schule hin und am Nachmittag wieder zurück.

Sie sprang hoch, um sich die Träger ihrer großen Schulmappe zurück auf die Schultern zu rücken. Manche Autos hatten Fahrräder auf dem Dach, andere waren beladen mit weißen Booten oder grauen Dachkoffern.

„Die Autos mit den Booten fahren wahrscheinlich ans Meer“, flüsterte Neda. „Die Autos mit den Fahrrädern vielleicht irgendwo hin, wo es ganz flach ist und man nicht so viel strampeln muss. Bestimmt irgendwohin, wo alles sehr grün ist und wo überall bunt gefleckte Kühe auf langen Grashalmen kauen.“

Und wer weiß, überlegte sie noch. Vielleicht waren in den Dachkoffern sogar fliegende Teppiche oder Zaubermaschinen, mit denen man echte Menschen zersägen und wieder zusammensetzen konnte. Oder hin und wieder auch ein paar freche Kinder, die im Auto beim Keksessen gekrümelt hatten.

Sie kickte einen kleinen Stein vor sich her und blickte dann hinauf zu ihrem Zimmerfenster. Sie konnte es tatsächlich von der Brücke aus sehen, es war das allerschönste Fenster im ganzen Haus. Weit oben im neunten Stock.

Ganz alleine hatte sie es beklebt, mit bunten Blumen und Schmetterlingen. Heute früh hatte sie es dann einen Spalt weit geöffnet, denn sie liebte es, wenn die Luft so wundervoll nach Sommer duftete wie heute, am letzten Schultag vor den großen Ferien.

Am Ende der Brücke musste sie den Stein scharf nach links kicken, damit er nicht vom Bordstein sprang. Aber, ach nein, das war zu scharf links. Der Stein landete unter der Himbeerhecke, die ihr die stacheligen Arme entgegen streckte, als wollte sie sagen: „Jetzt ist es meiner, bäh!“

Aber so etwas konnte Neda überhaupt nicht leiden. Außerdem war es auch noch ein besonders schöner Stein gewesen, grau wie eine Maus und kugelrund.

Sie beugte sich vor, packte vorsichtig die langen Himbeerarme zwischen den Dornen und bog sie zur Seite um. „Steinchen, Steinchen, wo kannst du nur seinchen“, flüsterte sie ... aber was war das? Direkt vor ihr unter der kratzigen Himbeerhecke stand ein kleiner, knallschwarzer Mustang.

„Zuckerhagel und Windbeutel“, staunte Neda.

Der Mustang schnaubte leise und scharrte mit seinem kleinen Vorderhuf in der Erde. Dabei schüttelte er den zierlichen Kopf, sodass seine rabenschwarze Mähne wild aufflog und hoch durch die Luft wirbelte.

Neda kniete sich vorsichtig hin, um ihn nicht zu erschrecken, doch er war überhaupt nicht scheu! Er wieherte hell und kam in kleinen, tänzelnden Schritten auf sie zu getrabt. Die Sonnenstrahlen spiegelten sich auf seinem glatten Fell, es glänzte so schwarz wie Lakritze. Ebenso die lange Mähne. Einfach alles an ihm, sogar die wild funkelnden Augen und die langen Wimpern waren so tiefschwarz wie die Nacht. Nur auf der Nase hatte er einen winzigen, weißen Fleck, der aussah wie eine einzelne, verlorene Sommersprosse.

Zaghaft schnupperte er an Nedas Hand und versuchte, an ihren Fingern zu knabbern. Sie spürte seine zarten Nüstern und den warmen Atem.

„Du bist ja ein neugieriger, kleiner Naseweis!“, lachte Neda.

Sie beugte sich vor und flüsterte:

„Naseweis ist ein schöner Name für dich. Meine Mutter nennt mich manchmal so, weil ich immer zu allem etwas zu sagen habe. Das behauptet sie auf jeden Fall.“

Neda lächelte und ihre Sommersprossen huschten über Nase und Wangen.

„Komm mit, Naseweis, du musst nicht alleine sein. Komm mit, zu mir nach Hause!“

Brav trabte ihr der kleine Mustang hinterher und rieb seinen kleinen Kopf an ihrem Bein. Er ging ihr gerade mal bis zum Knie und die winzigen Hufe klapperten lustig auf dem warmen Asphalt.

„Gut, dass du so klein bist, sonst würdest du gar nicht in den Aufzug passen.“ Ihre Augen funkelten dunkelgrün vor Glück. Ein richtiges kleines Pferd hatte sie gefunden!

Die Aufzugtür quietschte wie ein alter Esel und Neda musste dem kleinen Mustang etwas Mut zusprechen, bis er ihr auch hier vorsichtig hinterher trabte: „Na los, du kleiner Feiner, alles ist gut. Vertrau mir!“

Seine Hufe pochten auf dem hohlen Boden wie Trommelschläge. Leise wiehernd versteckte er sich zwischen ihren Beinen.

„Das machst du sehr gut. Ja, ein mutiger, kleiner Kerl bist du.“

Neda beugte sich vor und klopfte ihm sanft den Hals unter der langen Mähne. Sie drückte auf den runden Knopf mit der Neun, bis er leuchtete und dann setzte der Aufzug sich rumpelnd und polternd in Bewegung.

Naseweis rollte wild mit den Augen und verdrehte die kleinen Ohren. Dann ruckte es und mit einem RUMMS öffnete sich die Tür. Naseweis stürzte so schnell heraus, dass ihm auf dem glatten Steinboden alle vier Beine durcheinander rutschten.

Neda lachte und rief: „Ach Naseweis!“

Der Mustang unterm Himbeerbusch

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