Читать книгу SAOMAI - June A. Miller - Страница 4
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Sie erwachte aus einem erholsamen Schlaf und zum ersten Mal seit vielen Monaten galt ihr erster Gedanke nicht Lamom Benjawan. Stattdessen dachte sie an Neill Ferguson und errötete bei der Erinnerung daran, was er mit ihr getrieben hatte. Es war unglaublich gewesen! Trotz des Schocks, den sie am Ende erlitten hatte. Oder gerade deswegen? Saomai wollte sich den Abend noch einmal in Erinnerung rufen, da fiel ihr Blick auf eine silberne Standuhr neben dem Bett. Oh je, schon so spät?
Sie würde es nicht rechtzeitig ins Krankenhaus schaffen! Andererseits, dachte sie und ließ sich zurück in die Kissen sinken, mache ich Überstunden wie verrückt! Da durfte sie sich auch einmal eine Verspätung gönnen.
Saomai konnte sich nicht erinnern, jemals in einem so prächtigen Bett aufgewacht zu sein. Es war in jedem Sinne ausladend und schien alles dafür zu geben, dass sie noch liegen blieb. Doch als die Uhr Viertel vor Sieben anzeigte, gab es kein Entkommen mehr. Seufzend schwang sie die Beine aus dem Bett und machte sich auf den Weg ins Bad. Dabei sah sie sich neugierig um. Wie hatte Neill gesagt? Ich habe ein sehr gemütliches Gästezimmer. Er hatte nicht übertrieben. Ein hochfloriger Teppich ließ sie durch das Zimmer schweben, das in warmen Beigetönen gehalten war. Es gab ein Schminktischchen mit lederbezogenem Hocker und einen Schreibtisch aus massivem Tropenholz. Eine Chaiselongue am Fenster fing den spektakulären Blick über die Stadt ein! Den scheint hier jedes Zimmer zu haben, dachte Saomai und erinnerte sich, dass die Penthouse-Suite das gesamte Stockwerk einnahm. Staunend betrat sie das Bad. Es war dreimal so groß wie ihr eigenes und mit dunklem Marmor ausgelegt. Von der Zahnbürste bis zum Shampoo in Miniaturausgabe stand alles bereit. …mit allem, was man braucht. Saomai lächelte, als sie verstand, was Neills gemeint hatte. Am Spiegel steckte ein Zettel.
Ich würde mich freuen, dich heute Abend zu sehen.
20 Uhr, wenn es für dich passt?
Neill
Er wollte sie also wiedersehen! Sehr gut.
Saomai betrachtete sich in dem wandgroßen Spiegel. Heute Abend würde sie sich beweisen müssen, soviel war klar. Doch die Vorstellung, sich mit dem Partner des Mörders ihres Vaters einzulassen, trieb ihr kalte Schauer über den Körper. Was wusste sie schon von Ferguson? Vielleicht steckte er mit Lamom Benjawan unter einer Decke, war genauso skrupellos wie er?
Nun, sie würde es herausfinden.
Rasch duschte sie, schlüpfte in ihre Kleider vom Vorabend, die sie zusammengefaltet auf der Chaiselongue fand, und beeilte sich, das Apartment zu verlassen, bevor sie Neill begegnete. Sollte er ruhig im Ungewissen darüber bleiben, ob sie kommen würde! Unten auf der Straße winkte Saomai ein Taxi heran. Sie ließ sich in ihre Wohnung bringen, sprang in ihre Ärztekleidung und nahm die wenigen Straßen zum Krankenhaus zu Fuß.
Der Tag zog wie in Trance an ihr vorüber. Sie war unkonzentriert und antwortete auf Fragen von Patienten und Kollegen nur mit Verzögerung. Zum Glück stand heute keine Operation an! Und auch Direktor Wong ließ sich nicht blicken. Nur Nadee bedachte sie mit Befremden im Blick, wann immer sich ihre Wege kreuzten. Ein paar Mal setzte er zu einer Frage an, doch Saomai eilte ihm stets davon. Was sollte sie ihm erzählen?
Um Punkt sechs Uhr verließ Saomai zur Überraschung der diensthabenden Schwester Tuk die Station und hastete nach Hause. Sie packte ein paar Kleidungsstücke, wählte mit Bedacht Schuhe, die sexy wirkten, ohne ihrem Fuß zu sehr zuzusetzen und sprang in das nächste Taxi. Um halb Acht betrat sie das Gebäude, in dem Neills Apartment lag, ließ den Fahrstuhl kommen und drückte auf den Knopf für das fünfzigste Stockwerk. Als die Fahrstuhltüren auseinander glitten, fand sich Saomai im wohlduftenden Empfangsbereich des „Delight Clubs“ wieder. Chandra persönlich stand hinter dem teakhölzernen Tresen.
„Saomai, Liebes!“, rief sie überrascht und eilte ihr entgegen, so schnell es ihre glitzernden Plateauschuhe zuließen. Die beiden Freundinnen fielen sich in die Arme. Doch schon im nächsten Augenblick schob Chandra Saomai von sich und hielt sie am ausgestreckten Arm auf Abstand.
„Du hast dich den ganzen Tag nicht gemeldet!“, schimpfte sie vorwurfsvoll. „Dabei platze ich vor Neugier! Wie ist es gelaufen?“
„Gut“, Saomai grinste. „Ich denke, ich bin jetzt seine persönliche Masseuse.“
Die letzten Worte setzte sie in Anführungszeichen, indem sie Zeige- und Ringfinger beider Hände krümmte.
„Was heißt das denn?“
„Dass ich dein bestes Massageöl brauche!“, lachte Saomai.
„Na, du machst mir Spaß“, gab Chandra lakonisch zurück. „Ich brauche mehr Details! Was ist da gestern passiert?“
„Das erzähle ich dir ein andermal, in Ruhe“, wehrte Saomai ab.
Sie wollte pünktlich bei Neill auftauchen. Wenn er schon nicht sicher sein konnte, ob sie überhaupt kam.
Chandra versorgte sie mürrisch mit allem, was sie brauchte.
„So einfach kommst du mir nicht davon“, nörgelte sie, als Saomai ihr zum Dank einen Kuss auf die Wange drückte. „Ich will alles ganz genau wissen. A-L-L-E-S, hörst du?“, rief sie Saomai hinterher, die längst im Fahrstuhl verschwunden war.
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„Chandra hat nicht übertrieben“, stöhnte Neill.
Saomai kniete auf seinem Rücken und traktierte die Muskulatur seiner unteren Lendenwirbel.
„Womit?“ Sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
„Sie sagt, du bist eine Meisterin der Thaimassage!“
„Das hat sie gesagt, ja?“, freute sich Saomai.
„Ja. Man hätte fast meinen können, sie wollte dich mir aufdrängen.“
Er lachte.
Saomai schickte ihrer Freundin ein stummes Dankgebet und wechselte das Thema.
„Nun ja, ich habe in einer der besten Massage-Schulen Thailands gelernt.“
Genau genommen hatte sie dort studiert, die traditionelle thailändische Massage war Teil ihres Medizinstudiums gewesen. Doch Neill ließ sie besser in dem Glauben, eine einfache Masseurin zu sein.
„Ach und wo ist diese Schule?“, fragte er.
„Hier in Bangkok. Kennst du den alten Königspalast?“
„Wat Pho? Da bin ich vor Jahren mal gewesen. Wie alle Touristen, schätze ich“, antwortete Neill.
„Ja, aber was die wenigsten Touristen wissen, ist, dass der Palast eine renommierte Universität beherbergt. Und eben die Massage-Schule. Das medizinische Wissen von dreitausend Jahren wird dort gelehrt.“
„Und da bringen sie euch bei, so hart zuzupacken, ja?“, stöhnte Neill erneut auf, als sie eine besonders verspannte Muskelpartie bearbeitete.
„Wenn du dich nicht so verkrampfen würdest, könntest du es sogar genießen“, entgegnete Saomai amüsiert.
Sie war froh über die ungezwungene Art, mit der Neill sie vorhin empfangen hatte. Immerhin, nach gestern Nacht! Dennoch fühlte sie sich nicht wohl in ihrer Haut. Ihr war nur allzu klar, was er heute von ihr erwartete und noch immer war sie nicht sicher, ob sie diese Rolle tatsächlich spielen konnte. Auf Befehl einem Mann zur Verfügung stehen – das taten doch nur ‚leichte‘ Mädchen!
Rasch schob sie den Gedanken beiseite. Eine Weile arbeitete Saomai schweigend vor sich hin. Gekonnt turnte sie auf Neill herum, um ihn zu kneten, zu dehnen und in die tiefliegenden Muskelschichten vorzudringen. Dabei studierte sie ausgiebig seine Anatomie. Arme und Beine waren muskulös, das breite Kreuz verschmälerte sich zur Taille hin zu einem fast perfekten V. Er fühlte sich samtig und gepflegt an. Nicht unattraktiv für sein Alter, musste sie zugeben. Im Vergleich zu ihren olivbraunen Händen war er nur furchtbar blass. Europäer halt.
Wann immer sich Neill bewegte, traten die Muskeln kraftvoll unter der glatten Haut hervor. Eigentlich ist er sogar ganz schön sexy, dachte Saomai und ein Kribbeln entflammte in ihrer Mitte. Bilder vom Abend zuvor drängten in ihr Bewusstsein. Sie versuchte, sich abzulenken, indem sie das Gespräch wieder aufnahm.
„Wie bist du nach Bangkok gekommen?“
Neill drehte den Kopf, um besser sprechen zu können.
„Ich hab‘Architekur studiert und ging nach dem Studium nach Singapur“, begann er. Als müsste er das näher erklären, setzte er nach: „Die Architektur dort war damals ziemlich neu und beeindruckend. Ist sie eigentlich immer noch.“
„Ja“, gab ihm Saomai zu verstehen, dass sie wusste, wovon er sprach.
Sie war oft mit ihrem Vater dort gewesen.
„Dort verliebte ich mich dann in eine Thailänderin. Sie war die Tochter eines sehr erfolgreichen Architekten hier in Bangkok und überredete mich, für ihren Vater zu arbeiten. Also zog ich nach Bangkok.“
Er machte eine Pause und Saomai dachte bereits, er hätte seine Geschichte beendet, als er mit Wehmut in der Stimme fortfuhr: „Bei Arun habe ich alles gelernt, was ich über das Bauen weiß.“
„Und was ist dann passiert?“
„Die Kurzform? Seine Tochter hat mich betrogen, ich verließ die Firma und gründete meine eigene.“
„Hm“, machte Saomai. „War es sehr hart?“
Ihre Frage ließ offen, ob sie die Trennung oder die Gründung seines Unternehmens meinte. Neill wählte letzteres.
„Ich hatte Glück und startete durch, als hier der große Bauboom losging. Ein paar thailändische Freunde verhalfen mir zu den ersten Grundstücken, die ich ziemlich lukrativ verkaufen konnte. Was ich in Singapur gesehen hatte, entwickelte ich mit thailändischem Einschlag weiter und machte mir mit diesem Baustil schnell einen Namen.“
„Ein Norweger, der die Architektur Singapurs ins Thailändische übersetzt. Alle Achtung!“, scherzte Saomai.
„Du weißt, dass ich Norweger bin?“, fragte Neill überrascht.
Saomai hielt in ihrer Bewegung inne. Ich muss aufpassen, was ich sage! Sie konnte kaum zugeben, dass sie alles über ihn wusste, was in Zeitungen und Internet zu finden war. Daher antwortete sie das Nächstbeste, das ihr einfiel und setzte die Massage mit noch mehr Druck fort.
„Chandra hat es mir erzählt.“
„Aha“, presste Neill gequält hervor, schien sich mit der Antwort jedoch zufrieden zu geben.
„Hast du Angestellte?“, fragte Saomai weiter in dem Ansinnen, das Gespräch irgendwie auf Lamom zu lenken.
„Ja, ein ganzes Gebäude voll. Zwei Blocks weiter. Ich bin aber nur gelegentlich drüben, arbeite lieber von hier“, gab Neill Auskunft.
Also doch introvertiert, dachte Saomai, zufrieden mit der Diagnose, die sie ihm in der Sky Bar ausgestellt hatte.
„Solltest du über Nacht bleiben“, Neill wählte seine Worte offenbar mit Bedacht, denn er zögerte kurz, „wirst du Howard kennenlernen. Meinen Privatsekretär. Er ist meine rechte Hand, denkt an alles, plant meinen Tag…“
„Ok.“
Mehr schien Neill über Howard nicht sagen zu wollen und so nahm Saomai den Gesprächsfaden von vorhin wieder auf. „Wie ist das Immobiliengeschäft heute?“
„Was meinst du?“
„Na, wie kommst du zum Beispiel an Baugrund?“
„Dafür habe ich Partner.“
„Und wo nehmen die ihn her?“
„Die sind gut vernetzt, kennen Leute, die wieder Leute kennen…“, gab Neill wage zur Antwort.
…und bringen auch mal jemanden um, der nicht freiwillig verkauft!, vollendete Saomai in Gedanken seinen Satz.
Bedrückt widmete sie sich einer Muskelverklebung in seiner Schulter. Es entstand eine Pause.
„Das tut so gut“, raunte er kurz darauf wohlig.
Diese Stimme!
Saomai ballte ihre Hände zu Fäusten und strich mit den Knöcheln von Neills Schultern bis zu seinem Hintern. Dort angekommen, ließ sie die Handgelenke rotieren, um die Muskelschicht entlang der Hüftbeuger zu stimulieren. Diesen Vorgang wiederholte sie dreimal. Dann arbeitete sie sich Millimeter um Millimeter seinen Rücken hinauf.
„Was machst du da nur?“
Sein Tonfall war Leiden und Genuss zugleich und ließ Saomais Phantasie Pirouetten drehen. Dennoch schaffte sie es, ihm mit sachlicher Stimme zu erklären: „Ich lockere mit den Ellenbogen deine Rippen und biege sie auseinander. So komme ich an die Muskeln, die dich quälen.“
Beeindruckt hob Neill das Gesicht aus seinem Kissen.
„Du hast in deinen Ellenbogen mehr Gefühl, als die meisten Masseure in ihren zehn Fingern, weißt du das?“
Schlagartig setzte das Kribbeln wieder ein. Vielleicht fällt mir die Rolle doch gar nicht so schwer, dachte Saomai. Sie beugte sich vor, brachte ihren Mund an Neills Ohr und flüsterte: „Stell dir nur mal vor, was meine Finger dann erst können!“
„Uh“, machte Neill und rutschte unruhig auf der Massagebank hin und her.
Wissend, welche Wirkung ihre Bemerkung gehabt haben musste, gab Saomai die Anweisung: „Umdrehen!“
Neills Kopf, den er gerade wieder abgelegt hatte, fuhr hoch. Er drehte den Oberkörper, bis er sie ansehen konnte und sagte mit gespielter Entrüstung: „Aber ich bin nackt!“
Saomai fand langsam Gefallen an diesem Spiel. Sie lächelte süß, entgegnete aber im strengen Tonfall einer Krankenschwester: „Keine Ausreden!“
Wie ein paar Tage zuvor richtete sich Neill auf, sah langsam an sich herab und zeigte ihr ein breites Grinsen.
„Oh nein!“, wies Saomai sein Ansinnen zurück, obwohl der Anblick seiner Blöße ihre Glut weiter anfachte. „Eine Thaimassage wird bis zum Ende durchgeführt. Sonst“, sie nickte ernst in Richtung seiner Lenden, „geraten die Lebenssäfte durcheinander.“
„Oh, das wollen wir natürlich nicht“, antwortete Neill und legte sich folgsam auf den Rücken.
Saomai bedeckte seine Mitte mit einem Tuch, wobei ein Zelt entstand, dessen tragende Säule Neills steil aufragendes Glied war.
Während sie ihre Massage fortsetzte, beobachtete Neill sie aus halb geöffneten Lidern. Der konzentrierte Ausdruck in ihrem Gesicht faszinierte ihn. Er bemerkte eine feine Stirnfalte, die sich immer dann glättete, wenn Saomai eine Muskelverspannung aufgelöst hatte. Bis sie die nächste aufspürte. Wie zufällig fuhren ihre Hände immer wieder unter das Tuch, das über seinen Hüften spannte, und berührten ihn dort für den Bruchteil einer Sekunde. Dann blickte sie ihn an, tat überrascht, um ihm gleich darauf ein honigsüßes Lächeln ihrer schön geschwungenen Lippen zu schenken. Ihre Blicke trafen sich immer öfter, wurden intensiver, verschlangen einander irgendwann. Die Zeit schien sich zu dehnen, bis Saomai endlich mit beiden Händen über Neills Brust, an seiner Mitte vorbei bis hinunter zu den Füßen strich. Das Tuch, das seine Lenden bedeckte, glitt dabei zu Boden. Der Anstand gebot ihr, den Blick abzuwenden, doch Saomai konnte nicht. Mit vor Lust geweiteten Augen besah sie Neills prachtvolles Glied. Sie biss sich auf die Unterlippe, als in ihrem Inneren tausend kleine Champagnerperlen explodierten und wohlige Schauer durch ihren Körper rasten.
So schlimm ist der Job wirklich nicht!
Schließlich wandte sie die Augen ab und blickte ihn an. Ein süffisantes Lächeln umspielte ihre Lippen.
„Ich bin fertig. Du müsstest jetzt geschmeidig sein wie Currybutter.“
„Nicht überall!“, protestierte Neill.
Sein Penis zuckte.
„Stimmt“, korrigierte sich Saomai und ließ den Blick wieder an ihm herabgleiten. „Den habe ich wohl übersehen.“
Genussvoll betrachtete sie Neills Schaft. Dann nahm sie ihn in beide Hände und fuhr mit wohl dosiertem Druck daran hinab.
Atemlos kam er auf die Ellenbogen. Sein Blick verriet ihr den Grad seiner Erregung.
„Wenn du auch für ihn noch etwas tun könntest“, sagte er mit belegter Stimme, „wäre ich sehr glücklich.“
Er sah sie an. Nicht fordernd. Auch nicht bittend. Aber mit einer entwaffnend attraktiven Offenheit.
„Hmm, da kenne ich eine ganz spezielle Technik“, raunte Saomai und beugte sich über ihn.