Читать книгу In diesem und im anderen Leben - Jutta Simon - Страница 5

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Kapitel 1

Fliegen? Nein danke! Marokko? Erst recht nicht! Diese Riesenvögel da oben am Himmel machten mir Angst, und der sogenannte Orient ging mir sonst wo vorbei. Aber wer fragte mich schon? Dieses Ding, was sich Schicksal nennt oder gelegentlich auch unter dem Namen Universum sein Unwesen treibt, hatte anscheinend beschlossen, mich in so einem schwebenden Ungetüm in die Welt der fliegenden Teppiche, Harems und Dschinn zu katapultieren. Letztere waren sicher auch dafür verantwortlich, dass im ‚Land des Sonnenuntergangs‘ mein schönes, ruhiges und sicheres Leben völlig auf den Kopf gestellt wurde und sonderliche Ereignisse meinem Verstand den Krieg erklärten. Aber als wäre das noch nicht genug, brachten sie mein Herz und meine Seele auch noch dazu, völlig aus den Fugen zu geraten. Vier Buchstaben waren daran schuld – Azim …

Nicht unschuldig an dieser Geschichte war meine langjährige, äußerst hartnäckige Freundin Katja.

Wir lernten uns in der Ausbildung kennen und standen gemeinsam diese harte Zeit durch. Damals floss der Rotwein, um den Wahnsinn der Prüfungen besser durchstehen zu können. Mit den letzten trockenen Krümeln Tabak drehten wir mit ungeahnter Kreativität noch Zigaretten und wenn wir dann auf Tisch und Bett Tanzeinlagen zum Besten gaben, während wir aus voller Kehle unter Zuhilfenahme sämtlicher falschen Töne ´Lili Marleen` von Lale Andersen grölten, dann waren wir schon auf der Schwelle zum Irrsinn …

Solche Erlebnisse schweißen zusammen und so beschlossen wir, einmal im Jahr ein paar Tage Kurzurlaub miteinander zu verbringen. Nordsee in Deutschland, Nordsee in Holland, dann wieder in Deutschland, dann wieder Holland. Für Abwechslung sorgte ein Trip an die Ostsee und der waghalsige Ausflug in die ‚Metropole Straßburg‘. Alles ruhig und beschaulich, genau richtig so, mir gefiel es! Dies sah meine liebe Freundin Katja anders! Sie versuchte schon lange, mir einen Flug schmackhaft zu machen, damit wir in kurzer Zeit auch mal entferntere Ziele erreichen konnten. Aber ich beharrte stur auf meine Flugangst und kam damit auch einige Jahre durch. Dann aber näherte sich unser zehnjähriges Freundschaftsjubiläum, und dummerweise hatte ich ihr im Anflug des Leichtsinns versprochen, dann mit ihr auch mal in den Urlaub zu fliegen - in der irrigen Annahme, sie könne es vergessen. Natürlich war das nicht der Fall und so erinnerte sie mich daran, dass nun der Zeitpunkt gekommen war, mit einem dieser Blechvögel in die Ferne zu schweben, wo es schön warm war.

Und ehe ich mich versah, fand ich mich gemeinsam mit Katja im Reisebüro wieder und war höchst erstaunt über meinen Ideenreichtum, jede angebotene Pauschalreise schlecht zu reden. Aber ich hatte die Rechnung ohne Katja gemacht, sie brauchte mich gar nicht erst zu durchschauen, da sie schon im Vorfeld meine Strategie erahnte. So geschah es, dass einige Minuten später die Buchung für eine Woche Tunesien bestätigt war. Puh!

Katja war hellauf begeistert. So exotisch! Sie war schon einmal nach Istanbul geflogen, hatte somit Basare erlebt, das Handeln kennen gelernt und Geschmack an anderen Kulturen bekommen. Ich dagegen hatte damit so gar nichts am Hut, Holland war doch schön! Das Einzige, was mir an der Sache gefiel war, dass dort garantiert die Sonne schien, es schön warm war, und während andere hier noch froren konnte ich mich in die Fluten werfen.

Dann war dieser unheilvolle Tag der Abreise tatsächlich da. Nur weil Katja es geschafft hatte, bei ihrer ersten Flugreise gleich mal den Flieger zu verpassen, befand sie sich nun im Ausnahmezustand, damit uns nicht das gleiche Schicksal ereilte. Was dazu führte, dass wir durch den Köln-Bonner Flughafen hetzten, als wären wir nach einem Banküberfall auf der Flucht. Ich hatte null Orientierung und lief ihr wie ein Hündchen, dessen Zunge fast schon auf dem Boden schleifte, hinterher. Dies aber hatte wiederum den Vorteil, dass ich mich nicht allzu sehr mit meiner Flugangst beschäftigen konnte und die Gedanken an dieses ferne, befremdliche Land verdrängt wurden.

Irgendwann standen wir dann, auch unter Belustigung so manches Flughafenpersonals, hechelnd und schweißnassgebadet vor dem richtigen Check in. Nun gab es kein Zurück mehr!

Als ich später die Treppe zum Flieger bestieg, glaubte ich, diese müsse vibrieren, so stark klopfte mein Herz. Um mich zu beruhigen, streichelte ich beim Einstieg den Flieger und sprach ihm gut zu, mich und alle anderen nur ja gut zu unserem Ziel zu bringen. Dieses Ritual habe ich bis heute beibehalten, es hat sich bewährt.

Der Flug war der Horror! Also eigentlich war alles gut! Die Technik funktionierte, der Pilot machte seinen Job gut, ebenso die Flugbegleiterinnen. Selbst das Wetter spielte mit und die Turbulenzen hoben sich für spätere Flüge auf. Zu meiner Rettung sei gesagt, man muss sich ja auch erst einmal daran gewöhnen. Man muss lernen, dass sich Tragflächen bewegen und das nicht heißt, dass das Flugzeug abstürzt! Genauso sollte man keine Panik schieben, wenn das Flugpersonal einfach nur geschäftig ist.

Ankunft! First time in einem arabischen Land, einer anderen Kultur, Kulturschock inklusive.

Es begann damit, dass Katjas Koffer nicht ankam, die Reiseleitung leider nicht sehr hilfsbereit war, da alle anderen Gäste warten mussten und sie dadurch genervt war. Sie ließ uns freundlicherweise alles selbst regeln. Easy wenn man weder Französisch noch Arabisch spricht und die Angestellten kein Englisch. Daraus sollte sich noch eine nette kleine Story entwickeln, aber für den Anfang fühlte es sich alles andere als nett an!

So weit, so gut. Ab in den Bus! Uns empfingen die bösen Blicke der Mitreisenden, da sie auf uns warten mussten. Doch dies war noch vertrautes Terrain. Als wir vor dem Hotel ausgesetzt wurden - so kamen wir uns vor - ging es erst richtig los. Ich glaubte, Tunesien bestünde nur aus Männern! Und davon nicht zu wenige! Aber immerhin waren sie mehrsprachig. Es empfingen uns Ausrufe wie „La gazelle”, „Frischfleisch”, „Madame, look, look”. Wir hechteten ins Hotel, wo uns, wie sollte es auch anders sein, nur Männer empfingen. Nur fünf Minuten später hatten wir schon mehrere Angebote zu einem Date. Ich wollte nur noch schnell auf unser Zimmer - Sicherheitszone! Aber nur, wen man nicht über die Balkonbrüstung hinausschaute, der Blick aufs Meer herrlich, doch da unten - ein Pulk Tunesier. Hatten Tunesier Fledermausohren? Sie riefen schon hoch, als wir nur in Erwägung zogen, aus der Zimmertür herauszutreten, sehen konnte man uns nicht.

Es dauerte nicht lange und ich wurde stinksauer auf Katja, die mir diese Reise quasi eingebrockt hatte. Ich zog mir ein Laken um, als Zeichen der Verschleierung und knatschte lautstark, dass ich nur noch so aus dem Hotel treten würde. Hatte ich so viel Geld und wertvolle Urlaubstage investiert, um in so einem Land Urlaub zu machen, wobei ich mir nicht vorstellen konnte, dass dieser Aufenthalt je urlaubsähnlichen Charakter bekommen würde.

Und siehe da! Es wurde ein Urlaub. Und was ich nie glaubte, es keimte etwas auf, das ich damals noch nicht benennen konnte, die Liebe zum ‚Arabischen‘ …

Nachdem ich mich vom ersten Schock erholt hatten, schleppte Katja mich direkt in den Souk. Die engen Gassen, die zahlreichen bunten Läden und die vielen Menschen, nein Männer, nahm ich nur verschleiert wahr, weil meine Angst nichts Anderes zuließ. Ich ging sehr verhalten hinter ihr her, als ich plötzlich von einem Mann - was sonst - angesprochen wurde. Und bevor ich wusste, wie mir geschah, war Katja verschwunden. Panik! Der Mann tätschelte an meinem Arm rum, ich versuchte ständig, seine Hand wegzuwischen. Wo war Katja? Hilfe! Ich ging weiter, späte in die Läden, mein Herz hämmerte. Endlich! Da saß meine liebste Freundin seelenruhig auf einem Hocker, verhandelte lautstark mit dem Verkäufer einen Preis für eine Schale und begrüßte mich lapidar mit den Worten: „Ach, da bist du ja.“ Ja, da war ich, wurde auch auf so ein Höckerchen niedergedrückt und bekam ebenfalls ein Gläschen Tee. Was die da wohl reingetan hatten? Ich hörte schon die mahnenden Worte meiner Mutter. Ich betrachtete meine Freundin, sie lebte noch, hatte keine glasigen Augen, fiel nicht vom Hocker. Also nahm auch ich vorsichtig ein Schlückchen. Es schmeckte gut, verdammt, es schmeckte himmlisch. War das noch ich, die Frau, die nie Tee trank?

Es war eines solcher Erlebnisse, wodurch ich mich - vorerst noch unfreiwillig - auf den Orient einließ.

Schon am nächsten Morgen ging es weiter. Es kam die Meldung von der Rezeption, Katjas Koffer sei nun am Flughafen von Monastir abzuholen. Schön! Aber wie? Todesmutig kämpften wir uns durch diverse Hotels, um endlich unsere deutschsprachige Reiseleitung zu finden, mit mäßigem Erfolg. Denn es gab nur einen Kollegen, der damit leider so gar nichts zu tun hatte und meinte, seine Kollegin sei erst morgen wieder da. Gut, was tun? Da Katja, was ich durchaus verstehen konnte, gerne ihren Koffer so bald als möglich haben wollte, stimmte ich zu, dass wir das Ding eben eigenhändig holten. Ach, was bin ich eine nette Freundin! So begab es sich, dass wir zwei erst einmal die Taxikosten aushandelten, weder der Sprache noch der örtlichen Eigenarten mächtig. Aber wir schafften es und fanden uns nach zähen Verhandlungen im Fond des Taxis wieder. Als der - nun - doch etwas schmuddelige zahnlose Taxifahrer anfuhr, war ich mir nicht mehr so sicher, ob wir mit der alten, qualmenden und stotternden Kiste je irgendwo ankommen würden. Zumal der Flughafen in einer anderen Stadt war und Monsieur fröhlich und teetrinkend vor sich hinfuhr und nur er wusste wohin. Denn schon am Anfang der Fahrt beschlichen uns Zweifel, ob er uns wohl richtig verstanden hatte. So fragte er des Öfteren mit Gesten wohin? Wir versuchten es mit „Airport” oder „Aeroport”. So viel konnten wir dann doch sprachlich beisteuern und zusätzlich mit Gesten und Geräuschen, wie man das von Kindern kennt, wenn sie mit ausgebreiteten Armen Flieger spielen, unser Ziel zu formulieren. Als Antwort für unsere Anstrengungen ernteten wir ein fröhliches, zahnloses Lächeln und ein Achselzucken. Na prima!

Doch damit nicht genug! Bildete ich es mir etwa ein, dass diese Karre plötzlich mehr als zuvor stotterte? Nein, denn schon rollte das Vehikel langsam hüpfend an den Straßenrand und Monsieur Taxifahrer zeigte einfach auf die Tankanzeige - leer! Tief durchatmen! Einmal, zweimal und - nein zum dritten Mal kam es nicht, denn unser Fahrer deutete auf eine in der Ferne erkennbare Tankstelle, und zudem machte er uns klar, dass wir nun schieben müssten. Katja und ich sahen uns an und fingen prustend an zu lachen! Das war wie im Film! Nun, wir schoben artig und Monsieur saß am Steuer und lenkte. Muss ich erwähnen, dass es in Tunesien um die Mittagszeit recht heiß sein kann? Endlich die rettende Tankstation erreicht, wollte uns unser Taxifahrer mit einem Schlückchen Tee aus seinem gebrauchten Gläschen anbieten. Die gute Absicht zählt, aber dann doch lieber nicht und vielen Dank!

Immerhin kann ich berichten, dass wir dann doch am richtigen Ziel ankamen und dazu, wenn auch nicht freiwillig, weil aus mangelnder Ortskenntnis des Fahrers, eine Stadtrundfahrt inklusive hatten. Unsere Zurufe wegen der Beschilderung ‚Aeroport‘ ignorierte er mal so ganz gelassen. Um sicherzustellen, dass unser Fahrer auch auf uns wartete, bezahlten wir ihn vorsichtshalber nicht und deuteten ihm, hier zu warten, worauf er natürlich eine gewaltige und lautstarke Flut von Wörtern über uns ergoss, welche wir nun höflichst unsererseits überhörten. Im Flughafen wurden wir dann von A nach B nach C und so weiter gescheucht, bis wir endlich Katjas Koffer wohlbehalten in Empfang nahmen.

Den Koffer fest umarmt verließen wir den Flughafen, bestiegen das vollgetankte Taxi mitsamt dem überaus freundlichen Fahrer, der nun ganz theatralisch tat, als sei er unser Privatchauffeur und uns auch ohne große Umstände wohlbehalten am richtigen Hotel absetzte.

In diesem ganzen Gewusel kam ich gar nicht dazu, über diese Situation nachzudenken. Ich handelte und so ganz, ganz allmählich gewöhnte ich mich ein ganz kleines bisschen an das fremde Land.

Am darauffolgenden Morgen gingen wir wieder ins Städtchen und trotz der immer noch teils aufdringlichen Zurufe merkte ich, wie ich mich doch schon etwas sicherer bewegte. Als wir uns in einem kleinen Laden umschauten, sprach mich der Verkäufer auf Deutsch an und meinte, hätte ich nicht die grünen Augen, könnte ich mit meinen hennaroten Haaren und meinem dunklen Teint als Araberin durchgehen. Was für ihn möglicherweise eine Floskel war, um ins Gespräch zu kommen, löste bei mir etwas aus. Wie konnte es sein, dass mir diese Vorstellung gefiel? Ich zählte mich doch nicht zu den Touristinnen, die auf Geplänkel hereinfielen, ich war verwirrt!

Dieses Gefühl vertiefte sich noch, nachdem wir abends nach dem Essen auf das Dach des Hotels gelangen wollten, da man von dort sicher eine grandiose Sicht über die Stadt hatte. Wir stiefelten also heimlich durch die Dienstbotengänge und gelangten tatsächlich auf das Dach, auf dem, wie so typisch, die Wäsche in der lauen Abendluft flatterte. Der Ausblick war großartig. Die Lichter der Stadt, herrlich! Doch es war etwas ganz Anderes, eine Stimmung, die mich erwischte. Dieses Gefühl, das kenne ich, hier bin ich richtig! Ich schwöre, ich war nüchtern! Ich konnte dies alles nicht wirklich benennen, aber ich wäre am liebsten einfach dort auf diesem nüchternen, wäschebehangenen Hoteldach geblieben.

Die Tage in Tunesien wurden doch noch richtig schön. Nie hätte ich am Anfang unseres Aufenthaltes gedacht, dass ich mich ein paar Tage später mit Spaß und Neugier durch die Stadt bewegte. Wir schlichen uns des Nachts heimlich in die Diskotheken der anderen Hotels, obwohl man sich ja als Frau damals um diese Tageszeit nicht allein draußen bewegen sollte.

So landeten wir eines Abends auf einer Animationsveranstaltung. Darauf hatte ich echt keine Lust, aber meine liebe Katja wollte sich so was unbedingt mal anschauen. Da ich kein Spielverderber sein wollte, blieben wir also dort. Zielsicher steuerte ich einen Stuhl in der hintersten Reihe an, doch Katja wollte alles richtig mitbekommen und zerrte ich ganz nach vorne. Mich langweilte die Show und ich driftete mit meinen Gedanken ab, ließ die letzten Tage Revue passieren. Plötzlich stand ein Mann vor mir und ehe mich versah, zog der mich auch schon an der Hand von meinem Stuhl hoch. Meine Körperspannung nahm den Abwehrmodus ein, mein Kopf drehte sich in Richtung Katja und mein flehentlicher Blick, mit Bitte um Rettung, wurde von ihr mit einem breiten, zufriedenen Lächeln quittiert. In dieser Sekunde war mein einziger Gedanke, dies würde ganz bestimmt unser letzter gemeinsamer Urlaub sein! Ich wurde im Stich gelassen und vorgeführt!

Auf der Bühne erklang fremdländische Musik und dieser, zugegeben attraktive, Tunesier fing an zu tanzen. Ja, so etwas hatte ich schon einmal im Fernsehen gesehen. Orientalischer Tanz. Und nun sollte ich es ihm gleichtun! Ein Blick - versehen mit Dolchen - traf Katja, aber die war anscheinend resistent dagegen und mit einer Geste ermunterte sie mich, weiterzumachen. Ich würde ihr später die Gurgel umdrehen! Um mich nicht vollends vor dem gut gelaunten Publikum, welches kräftig im Takt klatschte, zu blamieren, begann ich die Bewegungen des Animateurs nachzumachen. Es fühlte sich holprig an, aber er ermunterte mich weiter, diese Menschen im Publikum auch und siehe da, plötzlich fanden die Töne einen Weg in meinen Körper. Meine Bewegungen wurden runder und auf einmal verselbstständigte sich mein Bewegungsapparat. Mein Bewusstsein schien raus zu sein und es machte richtig Spaß. Die Menge applaudierte, Katja grölte und ich? Ich wusste mal wieder nicht, was da mit mir los war … Der Tunesier führte mich galant von der Bühne und hauchte mir ein: „Respekt Madame, merci“ ins Ohr. Auch Katja fand mich sensationell und da ich verwirrt war, vergaß ich ihr die Gurgel umzudrehen und nur so konnten wir auch einen Ausflug mit dem Jeep ins Hinterland machen, der mir besonders gefallen hat.

Die Berberdörfer hatten es mir angetan. Ich war fasziniert, die Menschen zu beobachten und wünschte mir so sehr, eine von ihnen zu sein. Als ich abends im Hotel Katja davon erzählte, tat sie dies verständlicherweise als Urlaubsromantik ab. Sie meinte, ich wolle doch nicht allen Ernstes kilometerweit laufen, um Wasser zu holen, meine Wäsche von Hand an einem Bach waschen und Esel und Ziegen vor mir hertreiben. Nein, wollte ich nicht wirklich und doch … Nun, ich redete mir auch ein, dass es einfach nur so ein Urlaubsgefühl war.

Ich fing an diese Atmosphäre in diesem Land immer mehr zu mögen. Das Geschrei der Händler, der Duft des Tees, die Farben, der Geruch der Lederwaren. Auf dem Souk, diesem riesengroßen Markt konnte ich mich nicht satt riechen an den Gewürzen und mochte diese kräftige Farbe der unglaublichen Orangenmengen.

Ein letztes merkwürdiges Gefühlsereignis hatte ich dann nach dem Besuch einer Straußenfarm. Es war eine deutsche Frau, die uns führte. Am Ende des Besuches erzählte sie uns ein wenig aus ihrem Privatleben. Wie sie sich so verrückt in einen Tunesier verliebte, ihr Leben in Deutschland zurückließ und nun glücklich hier lebte und arbeitete, obwohl die äußeren Bedingungen wesentlich schlechter waren als in Deutschland. Warum war da schon wieder so ein Gefühl? Diesmal erzählte ich meiner Freundin nichts davon und versuchte, das Ganze zu vergessen.

Die Tage gingen vorbei und tatsächlich befiel mich am Abreisetag Wehmut. Eine so andere, als die normale Heimreise - der Urlaub ist zu Ende - Wehmut.

Ich hatte das Gefühl, irgendetwas hat an meinem Seelchen gezerrt, ein ganz kleines Stückchen Herz herausgeschnitten, um es zumindest schon mal in Nordafrika zu deponieren.

In diesem und im anderen Leben

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