Читать книгу Das Seller- Handbuch - Kai Berke - Страница 10

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Nachdem man ein Gewerbe angemeldet hat, wird man schnell Post vom zuständigen Finanzamt mit einem Erfassungsbogen bekommen. Wichtig ist dabei vor allem die Frage, ob man als Kleingewerbler mit einem Umsatz von weniger als 17500 Euro im Jahr von der Umsatzsteuer befreit werden möchte oder ob man auf die Anwendung dieser Regelung verzichtet und sich freiwillig der Umsatzsteuer unterwirft.

Normalerweise sind Unternehmen umsatzsteuerpflichtig, das heißt, dass man auf alle Umsätze die man erzielt, die entsprechende Umsatzsteuer (in der Regel 19%) abführen muss.

Im Gegenzug darf man die Umsatzsteuer, die man beim Einkauf von Waren oder Dienstleistungen verauslagt hat, als so genannte Vorsteuer geltend machen, bekommt diese also vom Staat zurück, bzw. verrechnet diese mit der Umsatzsteuer auf den eigenen Umsatz.

Da man als Unternehmer normalerweise Gewinn machen sollte, wird man Waren immer teurer verkaufen als man sie eingekauft hat, d.h. die Umsatzsteuer wird im Regelfall höher sein als die Vorsteuer, die man abziehen kann.

Um Existenzgründungen steuerlich ein bisschen zu entlasten, wurde die Kleinunternehmer- Regelung eingeführt, nach der man sich mit diesem Steuer- Krimskrams eben nicht befassen muss. Man zahlt also keine Umsatzsteuer, bekommt aber auch keine Vorsteuer erstattet.

Was eigentlich nach einem guten Deal klingt, ist für den Online- Händler in der Anfangsphase oft ein Minusgeschäft, denn der Aufbau eines gewissen Warenbestandes, ggf. Anschaffung neuer Soft- oder Hardware, Verpackungs- und Verbrauchsmaterialien kosten in der Anfangsphase oft mehr Geld als durch Verkäufe reinkommt, so dass man steuerlich als Kleingewerbler ein Minusgeschäft machen würde.

Speziell im Online- Handel kommt hinzu, dass man meist Geschäftskunde bei einem Versandunternehmen wird und daher auf das fällige Porto ebenfalls Umsatzsteuer zahlt. Das ist bei einem Versandhändler einer der größten Ausgabe- Posten und daher nicht zu unterschätzen.

Viele werden aus natürlicher Abscheu gegenüber dem Finanzamt und steuerlichen Angelegenheiten dazu tendieren, den leichten Weg als Kleinunternehmer zu gehen, doch ich empfehle, dies vorher sehr genau zu überlegen.

Vorsteueranmeldungen sind kein Hexenwerk und die Ersparnis kann möglicherweise enorm sein. Man kann sich im Übrigen auch noch im Nachhinein bei der Abgabe der nächsten Steuererklärung rückwirkend der Umsatzsteuer unterwerfen.

Man kann also nach dem ersten Kalenderjahr errechnen, wie viel Vorsteuer man für Betriebsausgaben gezahlt hat und dem gegenüberstellen, wie viel Umsatzsteuer man auf seine Verkäufe bezahlt hätte. Ist die Vorsteuer höher als die Umsatzsteuerschuld, ist es sinnvoll, sich rückwirkend der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Da man im Online- Versandhandel sehr schnell über den Schwellenwert von 17500 Euro Umsatz im Jahr kommen wird (bzw. 50000 Euro im zweiten Kalenderjahr der Geschäftstätigkeit), ist die Frage für die Folgejahre ohnehin beantwortet. Wenn man das Gewerbe ernsthaft betreibt, wird man in der Regel schon im zweiten Jahr über 50000 Euro Umsatz haben.

Umsatzsteuer- Identifikationsnummer beantragen

Wenn man den oben schon erwähnten Erfassungsbogen vom Finanzamt zugeschickt bekommt, gibt es dort auch ein Feld, das man ankreuzen muss, um eine Umsatzsteuer- Identifikationsnummer zugeteilt zu bekommen.

Diese benötigt man, um im EU- Ausland Waren und Dienstleistungen steuerfrei zu erwerben. Dies kann je nach Sortiment für den Wareneinkauf interessant sein; es ist aber auf jeden Fall extrem wichtig für den Handel auf Ebay und Amazon, denn diese Unternehmen haben ihren Sitz in Luxemburg. Hat man keine USt- ID addieren Ebay und Amazon die luxemburgische Umsatzsteuer auf die Verkaufsgebühren- Rechnung. Dies kann schnell ein vierstelliger Betrag im Jahr werden, den man durch ein einfaches Kreuz im Erfassungsbogen einsparen kann.

UPDATE: Ebay wickelt sein Deutschland- Geschäft seit 2018 über die deutsche Tochter- Gesellschaft ab. Hier fällt also keine Umsatzsteuer nach §13 b UStG („Reverse- Charge- Verfahren“) mehr an.

Man kann die Umsatzsteueridentifikationsnummer auch später noch online beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen (www.bzst.de) .

In der Vorsteuer- Anmeldung, die man zunächst meist monatlich, später oft auch nur noch vierteljährlich, online über ELSTER abgeben muss, muss man die imaginäre Umsatzsteuer auf die „Leistungen eines im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmens“ (§ 3a, Abs. 2 UStG) übrigens angeben, um sie ein paar Seiten später dann als Vorsteuer wieder abzuziehen- ein Nullsummenspiel also.

Umsatzsteuer- Voranmeldung

Steuerangelegenheiten sind in etwa so beliebt wie Zahnschmerzen. Tatsächlich sind viele Regelungen im deutschen Steuerrecht einigermaßen sinnfrei und etliche Ausnahmetatbestände erfordern Insiderkenntnisse. Trotzdem gibt es viele steuerliche Angelegenheiten, die man selbst erledigen kann.

Da man gerade in der Gründungsphase versucht ist, jede unnötige Ausgabe zu vermeiden, sollte man sich das Geld für den Steuerberater, jedenfalls was die Abgabe der Umsatzsteuer- Voranmeldung angeht, sparen und diese selbst erledigen.

Wie oben bereits erwähnt, wird bei der monatlichen Voranmeldung die Umsatzsteuer auf die Einnahmen mit der Umsatzsteuer auf die Ausgaben verrechnet. Für die Erfassung von Einnahmen und Ausgaben trägt man diese in einen Kontenrahmen ein. Für Jungunternehmer tut es ein einfacher Kontenrahmen. Ich empfehle hierfür das kostenlose kleine Programm Jes, in dem man die einzelnen Buchungen unkompliziert in einen vorgegebenen einfachen Kontenrahmen eingeben kann.

Jes berechnet aus den eingegebenen Beträgen die Umsatzsteuer, erstellt einem dann ein Buchungsjournal, Saldenlisten und alle notwendigen Daten für Vorsteueranmeldungen und sogar für die jährliche Einkommensteuererklärung.


Für die Voranmeldungen legt man sich dann ein Konto bei Elster, dem Onlineportal der Finanzbehörden (https://www.elsteronline.de/) an, da diese nur elektronisch und nicht mehr in Papierform abgegeben werden können.

In seinem Elster- Konto klickt man dann links auf „Formulare“ und dann geht man zur Umsatzsteuer- Voranmeldung. Es öffnet sich- nicht erschrecken- ein Online- Formular mit 13 Seiten. Keine Angst, die meisten Punkte sind für kleine Online- Händler uninteressant.

Tatsächlich müssen die meisten neben der ersten Seite mit den persönlichen allgemeinen Angaben nur zwei Felder ausfüllen: auf Seite 4 „Umsätze zum Steuersatz von 19%“; hier trägt man seine Netto- Einnahmen ein, das Programm addiert dann die Umsatzsteuer automatisch und auf der vorletzten Seite „Vorsteuer aus Rechnungen anderer Unternehmen (…)“.


Elster zieht dann die eingegebene Vorsteuer von der errechneten Umsatzsteuer ab, man bestätigt die Summe und fertig. Das Finanzamt bucht dann die verbliebene Umsatzsteuer von deinem Konto ab bzw. überweist dir einen möglichen Überschuss an Vorsteuern zurück auf dein Konto.


Es müssen für die Vorsteueranmeldung, die bis zum 10. des Folgemonats abgegeben werden muss, keinerlei Belege eingereicht werden. Es muss lediglich angegeben werden, wie viel ihr eingenommen und wie viel ihr ausgegeben habt. Dabei kommt es nicht auf das Rechnungsdatum an sondern auf den Tag des Ein- oder Ausgangs auf deinem Konto.

Auch wenn die Belege nicht eingereicht werden müssen, so müsst ihr sie natürlich trotzdem zehn Jahre lang aufbewahren.

Tatsächlich müsst ihr noch bei Ziffer 48 die Dienstleistungen anderer in der EU ansässiger Unternehmen aufführen. Hier kommen neben den Amazon- Verkaufs- und Fulfilment- Gebühren z.B. noch Werbekosten von Facebook oder Google in Frage, die in Irland sitzen.

Unter Ziffer 58 (siehe oben) müsst ihr den gleichen Steuerbetrag wie in 47 als Vorsteuer wieder abziehen.


Während die Vorsteueranmeldung also kinderleicht selbst erledigt werden kann, ist bei der jährlichen Einkommensteuererklärung die Zuhilfenahme eines Steuerberaters gerade für Anfänger im Steuergeschäft zu empfehlen. Aber wenn ihr mit JES oder irgendeinem anderen Buchungsprogramm eure Belege für die Umsatzsteuererklärung alle regelmäßig eingetragen habt, ist der Arbeitsaufwand für den Steuerberater am Jahresende deutlich geringer.

Exkurs: Geschäftskonto erforderlich?

Hartnäckig hält sich der Glaube, es gäbe eine Verpflichtung für Gewerbetreibende, ein Geschäftskonto bei einer Bank zu eröffnen. Diesen Zwang gibt es nicht und für den Anfänger im Online- Handel hat das Geschäftskonto sogar mehr Nachteile als Vorteile.

Man kann seine geschäftlichen Zahlungen auch über ein ganz normales kostenloses Girokonto durchführen. Was man der Übersichtlichkeit halber tun sollte, ist den privaten Zahlungsverkehr von dem geschäftlichen zu trennen, also zwei Girokonten zu führen.

Der einzige echte Vorteil eines Geschäftskontos ist die Möglichkeit, Lastschriften darüber zu ziehen und damit eine populäre Zahlungsmethode in seinem Shop anbieten zu können. Dies funktioniert nur mit einem Geschäftskonto (oder über einen Zahlungsdienstleister wie Paypal, mehr dazu später).

Doch Vorsicht: Nicht alle Geschäftskonten bieten diese Möglichkeit. Vielmehr ist der Lastschrifteinzug mit den allermeisten kostenlosen Geschäftskonten auf Online- Basis nicht möglich. Auch bei den kostenpflichtigen Konten der großen Filialbanken ist die Einrichtung des Lastschrifteinzugs nicht selbstverständlich.

Die Nachteile eines Geschäftskontos liegen auf der Hand. Für den gleichen Leistungsumfang eines normalen Girokontos verlangen die Banken beim Geschäftskonto Gebühren- und das nicht nur in Form einer monatlichen Gebühr sondern auch für einzelne Transaktionen. Man zahlt also für jede Kontobewegung irgendetwas rund um 10 Cent. Wer seine Vorkasse- Zahlungen für preiswerte Artikel unter zehn Euro auf sein Geschäftskonto überweisen lässt, zahlt also Gebühren wie bei Paypal.

Auch die Annahme, man würde von der Bank leichter einen Investitionskredit bekommen, wenn man dort ein Geschäftskonto führt, ist ein Irrglaube. Die Sicherheiten, die die Banken für eine Kreditvergabe verlangen, sind exakt dieselben; egal, ob ich als Neukunde oder als langjähriger Gebührenzahler dort anfrage.

Will man Waren aus China importieren und muss daher häufiger Geldüberweisungen in das Nicht- EU- Ausland tätigen, ist das leichter mit einem Geschäftskonto. Man kann solche Überweisungen dann aber auch gegen einen geringen Aufpreis von der Agentur durchführen lassen, die den Import für einen durchführt.

Fazit: Ein separates Girokonto für den geschäftlichen Zahlungsverkehr ist zumindest für den Anfang vollkommen ausreichend.

Wer aber unbedingt selbst Lastschriften ziehen will, der sollte sich mal bei der Fidor- Bank informieren, der nach meiner Kenntnis einzigen Bank mit einem kostenlosen Geschäftskonto, kostenlosen Buchungen und dem Angebot für Lastschrifteinzug.

Kleine Ergänzung für Fortgeschrittene: Wer sich entscheidet, am FBA- Programm von Amazon teilzunehmen und dabei auch Warenbestand in Frankreich lagert, um auf diesem attraktiven Marktplatz präsent zu sein, wird in Frankreich umsatzsteuerpflichtig und der französische Staat akzeptiert für den Lastschrifteinzug der Umsatzsteuer nur SEPA- Fimenlastschriftmandate. Hier benötigt man also tatsächlich ein Geschäftskonto. Aber die wenigsten Online- Händler werden gleich mit FBA- Lagerbestand in Frankreich anfangen…

Ich selber nutze seit ein paar Jahren ein Geschäftskonto bei der Skatbank, das bei einem monatlichen Mindestumsatz von 500 Euro ohne monatliche Grundgebühr daherkommt, dafür aber eben 10 Cent pro Buchung berechnet und die monatlichen Kontoauszüge zwangsweise per Post verschickt.

Das eigene Ziehen von Lastschriften ist ebenfalls möglich, muss aber nach einem Beratungsgespräch frei geschaltet werden. Da Lastschriften vom Kunden zurückgebucht werden können, handelt es sich streng genommen, bei jeder Lastschrift um einen kleinen Kredit, den die Bank dir gewährt, denn es besteht ja das Risiko der Rückbuchung.

Ihr solltet deshalb bei der Frage, mit wie vielen Lastschriften ihr monatlich denn so rechnet, eher tiefstapeln, denn je höher die Summe, die ihr nennt, desto höher der „Kredit“, den die Bank dir einräumen muss. Wie bereits erwähnt, tun sich Banken mit Krediten und anderen Ausfallrisiken erstmal schwer.

Das Seller- Handbuch

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