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GESUNDHEIT!
27. JULI, ANN ARBOR, MICHIGAN
Torsten | Heute wollten wir unsere mitgebrachten Euros umtauschen gehen. Also machten wir uns auf den Weg ins Stadtzentrum. In der Main Street hatten wir gestern beim Vorbeifahren mehrere Banken entdeckt und da wollten wir zuerst einmal die Umtauschkurse vergleichen.
Als wir in die Bank of America reinmarschierten, wurden wir auch freudig begrüßt. Ich hielt nach einem Schild mit dem Umtauschkurs Ausschau, konnte aber keines entdecken. Die Frau hinter dem Schalter schüttelte den Kopf, als ich ihr unsere Euros zeigte und sie meinte, dass sie diese nicht umtauschen würden. Merkwürdig. Also gingen wir zur Chase Bank auf der anderen Straßenseite. Die wollten auch keine Euros! Der Mann hinter dem Schalter sagte uns aber, dass wir zu einem Reisebüro bei der Uni gehen sollten. Er schrieb die Adresse auf und malte sogar eine kleine Skizze. Wir machten uns also auf den Weg.
Die Fußgängerampeln sind hier in den USA übrigens etwas anders als zu Hause. Ein weißes Männchen zeigt an, dass man die Straße überqueren darf und eine orange Hand bedeutet, dass man warten muss. Bevor die Ampel auf Gehverbot umschaltet, blinkt die Hand aber erst einmal für einige Sekunden, damit man weiß, dass man sich beeilen muss. Bei einigen Ampeln laufen auch wie bei einem Countdown die Sekunden rückwärts, die man noch Zeit hat, um sicher über die Straße zu kommen. Viele Leute kümmern sich jedoch überhaupt nicht um die Ampeln und gehen einfach rüber, wenn kein Auto kommt. Susanne und ich haben uns da beinahe in aller Öffentlichkeit in die Haare gekriegt, denn sie wollte sich unbedingt an die Anordnung der Ampel-Hand halten und warten, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen war. Susannes uneingeschränkter Respekt vor der Staatsmacht ist manchmal wirklich nicht normal und schließt auch Ampeln nicht aus.
Nachdem wir die Liberty Street hoch gelaufen waren, und dabei drei weiteren Ampeln unsere Unterwürfigkeit beweisen mussten, kamen wir an einem großen Buchladen vorbei und gingen dort rein, um nach einem Reiseführer für Chicago zu schauen. Es gab mindestens zehn verschiedene Bücher, von denen wir das billigste kauften, da wir ja nur ein paar Tage in Chicago bleiben werden. Was mir in dem Buchladen besonders auffiel, waren die vielen Preisreduzierungen.
Gleich beim Eingang gab es ein Regal mit den aktuellen Bestsellern, die allesamt 40 Prozent im Preis gesenkt waren. Susanne meinte, dass es in den USA keine Buchpreisbindung wie bei uns gebe.
Der Reiseführer für Chicago kostete 10,95 Dollar, so stand es jedenfalls auf dem aufgeklebten Sticker auf der Rückseite. An der Kasse wollten sie dann aber plötzlich 11,63 Dollar. Ich dachte erst, das sei ein Fehler, aber der Verkäufer bestand auf den Preis. Mir war heute nicht nach Diskutieren zumute und ich hatte auch irgendwie das Gefühl, dass das wahrscheinlich seine Richtigkeit hatte, denn der Verkäufer war sich ganz sicher gewesen, dass alles stimmte. Ich hatte ihm ja den Preis auf dem Buch gezeigt und er hatte genickt und dann etwas gesagt, was ich nicht verstand.
Am Ende war ich froh, dass ich nicht weiter rumdiskutiert habe, denn ein Blick auf den Kassenzettel verschaffte Aufklärung: Zum Preis des Buches wurden noch sechs Prozent Verkaufssteuer hinzugerechnet. Bei uns in Deutschland ist das besser, finde ich. Wenn die Mehrwertsteuer schon im Preis mit drin ist, weiß man wenigstens, was etwas wirklich kostet und wird nicht an der Kasse überrascht.
Die nächste Überraschung kam, als wir aus dem Buchladen heraustraten und ich plötzlich laut niesen musste – das war aber auch wieder kalt gewesen in dem Laden! Ein glatzköpfiger Mann, der uns entgegen kam, sagte freundlich »Gesundheit!«, worauf ich ein fröhliches »Danke« erwiderte und fragte, ob er wüsste, wo das Reisebüro sei, das wir zum Geldwechseln suchten. Der Mann lachte und sagte: »I’m sorry, Sir, I don’t speak German!«
Aber hatte er nicht gerade »Gesundheit!« gesagt? Nun gut, ich erklärte ihm mein Anliegen dann eben noch mal auf Englisch und er zeigte uns auf unserer Skizze, wo wir hinmussten. In dem Reisebüro haben sie dann auch unser Geld umgetauscht, aber irgendwie war das alles doch sehr umständlich. Falls wir noch einmal hierher kommen, werden wir alles schon zu Hause umtauschen oder einfach Geld am Automaten abheben.
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Grundsätzlich enthalten Preisangaben in den USA, sowohl bei Waren als auch bei Dienstleistungen, noch nicht die Verkaufssteuer. Diese wird erst an der Kasse dazugerechnet und ist je nach Bundesstaat unterschiedlich hoch. Meistens liegt sie bei sechs Prozent, in manchen Staaten beträgt sie jedoch nur drei und in anderen wiederum bis zu neun Prozent. Fünf Staaten, nämlich Alaska, Delaware, Montana, New Hampshire und Oregon, kommen ganz ohne Verkaufssteuer aus. In Hawaii werden nicht die Kunden direkt, sondern die Unternehmen besteuert. Manche Staaten erheben eine relativ geringe Verkaufssteuer, wie New York mit vier Prozent, aber dazu kommen dann noch von den Lokalverwaltungen erhobene Verkaufssteuern, sodass diese bei Kunden in New York City beispielsweise am Ende fast neun Prozent betragen. In einigen Staaten werden Lebensmittel besteuert, in anderen nicht. In Michigan z. B. sind Nahrungsmittel aus dem Laden steuerfrei, im Restaurant wird die sales tax jedoch erhoben, weil hier theoretisch nicht das Essen, sondern der Service besteuert wird.
BARGELD UND KREDITKARTEN
Bargeld brauchen Sie hauptsächlich für Parkuhren, Getränkeautomaten und mitunter auch für Cafés und Kneipen. Die meisten Geschäfte und Restaurants akzeptieren jedoch auch Kreditkarten aller Art. Beim Mieten eines Autos oder beim Buchen eines Hotelzimmers sind diese sogar unverzichtbar. Mit Visa und Mastercard können Sie praktisch überall bezahlen, bei American Express und Discover gibt es Einschränkungen. Falls ein Restaurant nur Bargeld akzeptiert, was z. B. in New York City oft der Fall ist, weist normalerweise ein Schild mit der Aufschrift cash only darauf hin. Umgekehrt gibt es aber auch schon vereinzelt Cafés und Geschäfte, in denen man nur mit Kreditkarte zahlen kann.
Und wenn jemand niest, sagen die Amerikaner entweder »Bless you!« oder »Gesundheit!«, und der Nieser wird sich dann in der Regel dafür bedanken. Viele Amerikaner sagen »Gesundheit«, ohne zu wissen, was dieses von den deutschen Einwanderern mitgebrachte Wort bedeutet. Falls Sie niesen müssen, sollten Sie unmittelbar nach dem Niesen »Excuse me!« sagen.
Andere häufig verwendete Wörter deutschen Ursprungs sind: angst, blitzkrieg, doppelganger, hausfrau, hinterland, kindergarten, kitsch, rucksack, schadenfreude, wanderlust, weltschmerz, wunderkind und zeitgeist.