Читать книгу Ordo Templi Magica - Karin Bachmann - Страница 8

Kapitel 3

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Im Lehrerzimmer ging es heute sehr lebhaft zu, erst dachte Paul, es läge am vergangenen Wochenende und man erzählte sich die neuesten Erlebnisse, doch dann wunderte er sich doch, denn die meisten Kollegen machten ernste Gesichter. So sprach er einen Kollegen darauf an: „Was ist denn hier los? Ist etwas passiert?“

„Ja hast du es denn noch nicht in den Nachrichten gehört? Es sind schon wieder zwei Mädchen spurlos verschwunden. Eine davon besucht unsere Universität!“ Paul war nun auch geschockt, was ging da vor sich?

Nach dem Unterricht rief er Melissa zu sich: „Hast du noch mal etwas von Andrea gehört?“ Melissa schüttelte müde den Kopf.

„Nein, leider nichts!“ Paul zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen und sagte: „Pass auf dich auf, Melissa!“ Das Mädchen nickte bang, denn natürlich hatten alle von den vermissten Mädchen gehört. Dann drehte sich Paul um und verließ den Unterrichtsraum.

Am späten Nachmittag untersuchte er alle Reliefs, Bilder und alle zwölf Apostel im Kölner Dom. Nichts. Aber dann unter dem Erzengel Raphael wurde er fündig. Es war nur ein sehr kleines Zeichen, aber es war eindeutig vorhanden, wieder war es unten am Sockel angebracht. Wie nach dem alten Glauben, oben ist der Himmel und unten die Hölle.

Zu Hause vergrub er sich wieder in seine Aufzeichnungen und nahm die Pfarrkirche St. Gereon, eine von zwölf romanischen Basiliken in der Altstadt Kölns, näher unter die Lupe. Die Geschichte von St. Gereon reichte bis in die römische Zeit zurück und war eines von mehreren Doppelklöstern der Prämonstratenser. Der Doppelorden war schwer umstritten gewesen, denn weibliche und männliche Brüder und Schwestern waren unter einem Dach untergebracht, das wurde nicht gerne gesehen. Gegründet wurde der Orden etwa 1121, und 1141 siedelten die Schwestern in ein anderes Kloster um.

Außerdem rankten sich Legenden um den heiligen Gereon von Köln und die Blutsäule. Der untere Teil der Säule steht in einer fast drei Meter hohen Nische. Die Säule ist seit 1794 nicht mehr vollständig, französische Revolutionstruppen sollen sie nach Paris gebracht haben, auf dem Transportweg zerbrach sie und wurde am Wege liegengelassen. Nur der Stumpf wurde in die Pfarrkirche zurückgebracht, mehrere, kleinere Bruchstücke hatten sich mit der Zeit verloren.

Die Säule trägt eine lateinische Inschrift mit folgendem Wortlaut:

„Adde fidem, fuit hic pridem fusus cruor idem

Ad lapidem, si dem me male, punit idem.”

Nach einer alten Übersetzung lautet die Inschrift:

„Schenke mir Glauben, vor langer Zeit wurde hier eben dieses Blut an dem Steine versprengt, zeig’ ich mich übel, er straft.“

Oder in einem Reim ausgedrückt:

„Glaub es:

Rein an diesem Stein soll einst das Blut geflossen sein.

Sollt ich schuldig sein, so ist hier die Strafe mein.“

Also besagte die Säuleninschrift, dass die Stätte als ein Gottesurteil zu sehen war. Wer eine Blutschuld auf sich geladen hatte, der trat vor diese Säule und erwartete seine Strafe oder Rehabilitation. Man brachte Verdächtige oder Beschuldigte vor die Säule, und hier beschworen sie ihre Unschuld.

Doch welches Blut war laut der Inschrift geflossen? War es das Blut der Soldaten der Kölner Abteilung der Thebäischen Legion und ihrem Anführer Gereon, oder wurde die Säule mit dem Blut der Märtyrer durch deren Hinrichtung bespritzt?

In der Sage galt die Säule auch als „die Schreckliche“, da der merowingische König Theuderich II. bei einem Besuch von St. Gereon auf geheimnisvolle Weise ums Leben kam, nachdem er seinen Bruder Theudebert und dessen kleinen Sohn hatte ermorden lassen.

Sein Kopf brummte ob der Gedanken, die ihm parallel zu den Legenden durch den Kopf zogen. Die Kirche St. Gereon wurde im Krieg zerstört und bei einem Wiederaufbau nach dem Krieg wäre es denkbar gewesen, unterirdische und geheime Bauten anzulegen. Ähnlich wie unter dem Kölner Dom, jedoch nicht zugeschüttet, sondern nachträglich angelegt. Aber das war alles spekulativ.

Kurz bevor er müde sein Bett sank, dachte er noch mal an Andrea. Vielleicht sollte er deren Haus beobachten? Irgendetwas lief da schief, nur was?

Eine Studentin von Paul, sie war im letzten Semester und studierte Archäologie und Geschichte, hatte es ihm besonders angetan. Er fand ihre Augen so faszinierend und überhaupt ihre ganze Ausstrahlung. Er mochte sie gerne, sie war eine der Besten und würde einen guten Abschluss machen. Doch er hütete sich, ihr in irgendeiner Weise zu nahe zu kommen, obwohl er schon einige Male in Versuchung gewesen war sie zum Essen einzuladen. Vielleicht konnte er sie einmal nach den Abschlussklausuren treffen. Ihr Name war Susann und er hatte den Eindruck, dass auch sie ihn mochte.

Er schüttelte leicht seinen Kopf, um die Gedanken an Susann abzustellen und schweren Herzens konzentrierte er sich wieder auf den Unterricht. Er musste aufpassen, dass er von seinen Studenten nicht beim Träumen erwischt wurde, denn so etwas bekamen diese gleich spitz. In der Mittagspause ging er zu seinem Wagen und fuhr zum Haus von Andreas Eltern. Er parkte gegenüber und beobachtete das Haus, während er in sein belegtes Brötchen biss, welches er sich mitgebracht hatte. Eine Nachbarin kam vom Einkaufen, ein kleiner Junge mit einem Roller fuhr ständig die Straße auf und ab, aber sonst passierte überhaupt nichts. Seufzend startete er den Motor und fuhr zurück zur Universität. Er nahm sich vor, es noch mal nach dem Unterricht zu versuchen.

Schon seit zwei Stunden saß Paul wieder in seinem Auto und beobachtete das Haus. Diesmal hatte er ein wenig weiter vom Haus entfernt geparkt, er wollte schließlich nicht entdeckt werden. Es dämmerte bereits und er wollte gerade aufgeben, als sich die Haustür öffnete. Er sah das Ehepaar herauskommen und der Vater von Andrea hatte ein unförmig eingepacktes Paket auf dem Arm, welches die Form eines Menschen hatte. Paul stutzte, was war das? Schaute da ein Arm aus der Ummantelung? Die Mutter sah sich ziemlich auffällig nach allen Seiten um und öffnete hektisch die rückwärtige Tür des Autos. Der Vater legte seine eingewickelte Last auf dem Rücksitz ab und schloss die Autotür. Wie der Blitz saßen beide im Auto und preschten los. Paul hatte alle Mühe schnell seinen Wagen zu starten und hinterherzukommen.

Er merkte, dass Andreas Vater den Weg zur Pfarrkirche St. Gereon einschlug. Das wiederum erstaunte ihn sehr und gab ihm erneut Rätsel auf.

Das Ehepaar fuhr um die Kirche herum. Anschließend trugen sie ihr Paket durch einen von Büschen verdeckten, engen Durchgang zur rückwärtigen Kirchenwand. Paul konnte nicht erkennen, was vor sich ging, nur, dass sie ohne das Paket wieder zu ihrem Auto zurückkamen und wegfuhren. Paul stieg aus und ging ebenfalls durch den von der Straße aus nicht einzusehenden Durchgang. Kurz darauf stand er vor einer Mauer, von dem Paket keine Spur. Romanische Bögen verzierten die rote Wand, doch nirgends war ein Eingang. Paul lief an der Mauer entlang und kam wieder zum Ausgangspunkt zurück, irgendwas war hier doch faul. Es wurde inzwischen dunkel und er konnte kaum noch etwas erkennen. So ging er zurück zu seinem Auto und holte eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach. Er hoffte, dass die Batterien noch eine Zeitlang halten würden. Der Lichtkegel seiner Lampe fuhr jede Ritze und jeden Stein ab und fast übersah er das Zeichen, er schwenkte den Lichtstrahl zurück und ging näher. In einer Mauerritze fand er wieder das keltische Symbol mit dem Satanskreuz in der Mitte. Paul konnte es nicht fassen, durch einen Riesenzufall war er nun hierhergekommen und entdeckte dieses magische Zeichen an einer Stelle, an der er niemals danach gesucht hätte. Er fasste es an, rüttelte und klopfte, es bewegte sich nicht, doch irgendwo musste hier ein Eingang sein. Er suchte weiter und nach wenigen Minuten entdeckte er ein zweites Zeichen, auf gleicher Höhe, nur in einer etwa ein Meter entfernten Mauerritze.

Er steckte sich die Taschenlampe in die Tasche seiner Jacke. Mit beiden Händen gleichzeitig berührte er nun die Zeichen und lautlos glitt ein Teil der Steinmauer wie von Geisterhand zur Seite. Schnell nahm er seine Taschenlampe wieder zur Hand und ging vorsichtig ins Innere, hinter ihm schloss sich automatisch die Steinmauer.

Vor ihm verzweigten sich verwirrend viele Gänge und es gab mehrere Treppen, die nach einem kleinen Bogen einfach an einer Wand endeten, ein Labyrinth wie im alten Ägypten. Paul folgte der einzigen Treppe, die weit nach unten führte, etwas anderes wäre baulich auch nicht möglich gewesen. Er fragte sich jetzt schon, wie er hier je wieder herausfinden würde. Da hörte er plötzlich ein Summen und er folgte dem schmalen Gang, der sich wiederum gabelte. Paul ging nun nach seinem Gehör, das Summen stellte sich als Gesang heraus, ähnlich wie in einer Kirche, aber irgendwie unheimlich. Ganz entfernt, am Ende des Ganges, sah er eine brennende Fackel an der Wand hängen, aber er sah auch einen maskierten, breitschultrigen Mann, vermutlich eine Art Türsteher. Er schlich sich vorsichtig näher, doch an diesem riesigen Koloss kam er nicht vorbei, er musste sich etwas anderes überlegen.

Für so ein unterirdisches Labyrinth war es nötig eine richtige Belüftung zu haben, also versuchte er sich die Gänge nochmals ins Gedächtnis zu rufen. Er ging eine Biegung zurück und da hörte er das Brummen eines Lüftungsschachtes. Er suchte den Lüftungsdeckel und nahm ihn aus seiner Verankerung. Der entstandene Durchlass war gerade groß genug um hineinzukriechen, was er dann auch tat. Er robbte einige Meter und kam an einen weiteren Lüftungsschlitz. Die Geräusche und der Gesang waren hier deutlich zu hören, er machte seine Taschenlampe aus, sah durch die Schlitze hindurch und erstarrte.

Unter ihm war eine riesige Säulenhalle, ringsum waren die Säulen bestückt mit brennenden Fackeln. Einige in Stein gehauene Figuren standen in dafür vorgesehene Nischen und waren durch den Fackelschein gespenstisch beleuchtet. Genau in der Mitte des Raumes stand ein Steinaltar, und dieser war in eine Wolke aus Rauch gehüllt.

Paul schluckte mehrmals und musste sich sehr zusammenreißen, denn er meinte, er wäre mitten im finsteren Mittelalter, die Geschichte selbst holte ihn ein. Er sah rings um den Altar maskierte Gestalten in schwarzen Roben. Ihre Augen konnte man hinter den Masken nur erahnen, nur dunkle Löcher starrten einen an. Er zählte die Personen, die kreisförmig um den Altar standen und kam auf die Zahl dreizehn.

Die Dreizehn galt als eine magische Zahl und auch Masken wurden zu magischen und kultischen Zwecken benutzt.

Die dreizehn Maskierten sangen monoton und durch die hohe Deckenwölbung hallten die Stimmen laut und ergreifend wider. Paul zog eine Gänsehaut über die Arme, als der Rauch sich langsam verzog und er auf dem Altar einen Menschen liegen sah. In verschiedenen Religionen wird der Rauch auch heute noch als Reinigungsritual angewandt.

Doch dann gefror ihm das Blut in den Adern, als er erkannte, wer auf dem Altar lag. Es war Andrea, sie war nur noch ein Häufchen Haut und Knochen. Über ihrem Körper lag ein großes Tuch. Er konnte durch die Lüftungsschlitze nicht sehr viel mehr erkennen, doch er sah, dass Andreas Augen geschlossen waren. Nun trat ein Maskierter, vermutlich, wenn man von einem Orden ausging, der Großmeister zum Altar. Das Tuch wurde von Andreas Körper weggezogen und ihr Körper war völlig nackt. Dann nahm der Großmeister ein Schwert in die Hand, in der anderen hatte er einen lebenden Hahn. Andrea riss nun die Augen auf und auf ihrem Gesicht zeichnete sich Angst und Entsetzen ab. Ihre Augen waren riesig in ihrem hageren Gesicht und sie wollte sich aufsetzen, doch dazu fehlte ihr die Kraft. Nun traten vier Maskierte hinzu, jeder hielt eine Gliedmaße von Andrea, um sie festzuhalten. Der Großmeister ging nun dreimal um den Altar herum und murmelte Formeln und Beschwörungen. Plötzlich war es ganz still in der Säulenhalle und er schlug mit dem Schwert dem Hahn den Kopf ab. Das Blut spritzte er über Andreas Körper und Andreas Mund formte sich zu einem schrillen, entsetzlichen Schrei. Doch damit noch nicht genug, mit dem Schwert trennte der Großmeister eine Hahnenkralle ab und fuhr damit über Andreas Körper, er verteilte das Blut mit der Kralle.

Paul wurde es schlecht, vor allem, weil er Andrea nicht helfen konnte. Gegen all die Personen hätte er nicht die geringste Chance. Andrea hörte nicht auf zu schreien, Paul sah nicht genau, was vor sich ging, denn der Rücken des Großmeisters verdeckte einen Teil von Andreas Körper. Ihre Schreie wurden immer leiser und endeten schließlich in einem Wimmern. Der Großmeister trat in den Kreis der Maskierten zurück und Paul konnte nun Andrea sehen und erstarrte. Der Großmeister war mit der Kralle in Andreas Haut gefahren und hatte darin herumgerissen. Paul hielt sich die Hand vor den Mund und unterdrückte mit großer Mühe einen Würgereiz. Er schloss die Augen um die Quälerei nicht mehr sehen zu müssen. Andrea lag leblos da, ihre Augen waren starr an die Decke gerichtet und ihre Gliedmaßen hingen seitlich herab. Er kniff die Augen zusammen um mehr zu erkennen, doch er hatte den Eindruck, dass Andreas Brustkorb sich nicht mehr hob und senkte. Hatte sie aufgehört zu atmen?

Paul rutschte rückwärts aus dem Lüftungsschacht und montierte mit zitternden Fingern das Lüftungsgitter an seinen Platz. Er hörte vereinzelt Stimmen nahen und versuchte sich schnellstmöglich durch das Labyrinth zum Ausgang zu kämpfen. Die Steinmauer ging durch eine Lichtschranke automatisch auf, was sein Glück war, und er rannte nach draußen. Er bog um die Ecke der Kirchenmauer und erbrach sich jämmerlich. Dann atmete er einige Male tief durch und ging dann langsam zu seinem Auto.

Noch einige Zeit beobachtete er den „Eingang“ dieser grauenvollen Stätte. Immer wieder sah er vereinzelt, noch immer Maskierte, den engen Durchgang benutzen und im Dunkel der Nacht verschwinden. Das Einzige, was er erkennen konnte war, dass es sich ausschließlich um Männer handelte.

Doch Andrea wurde nicht wieder herausgebracht. Er musste unbedingt wissen, was mit ihr geschehen war. So wartete er noch eine weitere Stunde ab, und als sich nichts mehr regte, ging er zurück zur rückwärtigen Kirchenmauer und öffnete die Geheimtür. Er schlich sich durch die Gänge, immer wieder blieb er stehen und lauschte. Es brannte keine Fackel mehr und das Licht seiner Taschenlampe wurde immer schwächer. Er war wieder an dem Punkt angekommen, an dem er durch den Lüftungsschacht gerobbt war. Nun ging Paul den Gang weiter und stand wieder vor der Frage, welcher von drei Gängen wohl in Frage kommen könnte. Er entschied sich für die Mitte und hatte auf Anhieb Glück. Treppen führten in mehreren Ebenen nach unten und schließlich war er in der großen Säulenhalle angekommen. Es war ein gigantischer Raum und an Prunk und Pracht war nicht gespart worden, doch Paul hatte im Moment andere Sorgen und beachtete den feudalen Raum nicht.

Er war am Altar angekommen, doch Andrea war, wie zu erwarten, nicht mehr da. Alles war gesäubert worden, vom Blut war nichts mehr zu sehen. So schaute sich Paul um und sah eine große Nische, in der eine Säule stand. Es erinnerte ihn sehr an die Blutsäule einige Meter über ihm in der Pfarrkirche St. Gereon. Diese sah genauso aus und wurde anscheinend verehrt, wenn man die vielen Kerzen und Schalen betrachtete, die ringsum standen. Er tauchte einen Finger in eine Schale mit einer dunklen Flüssigkeit, dann nahm er den Finger wieder heraus und schüttelte sich. Es war rot wie Blut. Doch was auch immer die maskierten Brüder hier unten abhielten, zuerst musste er Andrea suchen, sie brauchte ärztliche Hilfe, wenn es nicht schon zu spät war.

In der großen Säulenhalle waren hinter den Säulen geschickt kleine Nischen angeordnet, im inneren Bereich der Nischen fühlte man sich unbeobachtet. Paul war in eine solche Nische hineingegangen und konnte die große Halle nicht mehr sehen, stand man jedoch vor der Säule, konnte man alles im Inneren der Nische genauestens beobachten. Paul durchsuchte jede Ecke, konnte Andrea jedoch nirgends entdecken. Er sah noch eine Treppe, die wohl auf die Galerie führte, die ringsum oberhalb der Säulenhalle auskragte. Er nahm zwei Stufen auf einmal und sah sich oben um. Auch hier gab es mehrere kleine Kammern, die aber alle leer waren. Paul war verzweifelt, er wusste genau, niemand hatte Andrea wieder nach draußen gebracht. Wo war sie? Gab es noch mehr Geheimgänge und Verstecke? Er irrte noch lange durch die Gänge und musste schließlich aufgeben, seine Taschenlampe wurde zusehends blasser und würde ihm bald nicht mehr nützlich sein.

Als er auf die Uhr sah, da war es schon drei Uhr in der Nacht, er beeilte sich, dass er aus diesem Labyrinth wieder herauskam, bevor an seiner Taschenlampe das Licht ausging.

Paul fuhr nach Hause und ließ den heißen Strahl der Dusche hart auf seinen Körper prasseln. Er hatte das Gefühl, er müsse den ganzen Schmutz von sich abwaschen. Danach ging er, nur bekleidet mit einem Handtuch um seine schlanken Hüften, an den Kühlschrank und holte sich eine Flasche Bier, die er fast in einem Zug austrank.

Er ging ruhelos durch den Raum, konnte sich nicht beruhigen. Auf alle Fälle musste er zur Polizei gehen, und er wollte noch genauere Erkundigungen über diesen Orden oder diese Sekte einziehen, wer wusste schon, was da sonst noch so alles bei Nacht passierte. Und er war enttäuscht und wütend, er fragte sich, was wohl aus Andrea geworden war.

Außerdem hatte er nur noch Ekel und enormen Abscheu für Andreas Eltern übrig. Wie konnte man sein Kind nur so behandeln? Er konnte es nicht verstehen. Er dachte daran, was Andreas Eltern ihrer Tochter angetan hatten. Sie hätten ihre Tochter lieber zu einem Psychiater bringen sollen, wenn das überhaupt nötig gewesen war, denn er hatte von Andrea nicht den Eindruck gewonnen, dass sie von irgendetwas besessen gewesen wäre. Sie hatte immer einen ganz normalen Eindruck auf ihn gemacht.

Durch die typische Durchführung von Ritualen sollte die befallene Person von fremdem Bewusstsein befreit, also die sogenannten Dämonen ausgetrieben werden.

So war auch das kirchliche Amt des Exorzisten in der katholischen Kirche zu finden. Doch sicher nicht auf solch brutale Weise.

Doch etwas Gutes hatte diese Aktion gehabt, er hatte einen enorm guten Orientierungssinn und hatte sich alles gut eingeprägt, er würde gleich morgen noch eine Skizze anfertigen. Er sah auf die Uhr und schüttelte den Kopf, morgen war schon längst heute, denn in zwei Stunden musste er schon wieder zum Unterricht. Also zog er sich an und ging erst einmal zur Polizei.

Ordo Templi Magica

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