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Kapitel 6

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„Amathi! Würdest du die Güte haben, zu mir zu kommen?“ Yal bemühte sich, seiner Stimme einen freundlichen Klang zu geben. Doch die Feuerkatze hatte ihn bereits durchschaut. Seine Begleiterin, ein Geschenk Varruk Erasants, hob den Kopf, sah ihn gelangweilt aus goldenen Augen an und gähnte. Er konnte die nadelspitzen Zähne in ihrem Mäulchen sehen. Dann rollte sie sich zusammen, um weiterzuschlafen.

Yal bedachte das riesige Tier mit einem ärgerlichen Blick. Launisch war sie, wie eine Magierin! Aber es war kein Wunder, wenn ihr die Lust vergangen war, ihm zu helfen. Er hatte ihre Kraft in den letzten Mondumläufen über Gebühr beansprucht. Ihre Energie half ihm, das magische Zeichen herzustellen, das die Abbilder der Elementsteine verbinden sollte. Nur wenn dieses Zeichen intakt war und die magischen Ströme ungehindert durchfließen konnten, tat sich das Portal auf, der Zugang zu anderen Sphären, in denen er nach dem Abbild von Myn Fantrix suchen konnte.

Mit einer ärgerlichen Handbewegung wischte er die vier Elementsteine vom Tisch zurück in den Lederbeutel. Es hatte keinen Sinn. Wenn Amathi ihm ihre Energie nicht zur Verfügung stellen konnte, brauchte er sich nicht weiter zu bemühen. Er hatte erst vor kurzem herausgefunden, dass seine Kraft alleine nicht mehr reichte, um das Zeichen herzustellen. Zu sehr hatte er sich bereits verausgabt, im Bemühen, Varruk zufrieden zu stellen. Eine Tatsache, die den großen Feuermagier wenig kümmerte. Yal wusste nur zu gut, wie unbarmherzig Varruk sein konnte, wenn es um seine Interessen ging.

Geistesabwesend rieb er über das Mal auf seiner Schulter und erhob sich mit einem tiefen Seufzer.

Vielleicht sollte er Xarga einen Besuch abstatten, um sich ein wenig abzulenken. Sie hatte am Ende Neuigkeiten, die ihn interessierten. Und die alte Erdmagierin machte das beste Konfekt, das er jemals hatte kosten dürfen.

Vorsichtig verstaute er den Beutel mit den Elementsteinen in einer der unzähligen Schubladen seines Arbeitstisches. Yal nahm den Umhang vom Haken neben der Tür, legte ihn um die Schultern und warf Amathi noch einen forschenden Blick zu. Sie schien keine Notiz von seinem Weggang zu nehmen. Vielleicht war es wirklich besser, ihr ein wenig Erholung zu gönnen.

Er öffnete die Tür und trat ins Freie. Es dämmerte schon. Ein kalter Luftzug brachte die letzten Erinnerungen an den Winter und den scharfen, salzigen Geruch des Meeres mit.

Yal sog ihn tief ein, um seinen Geist von all den dunklen Gedanken zu reinigen und stülpte hastig die Kapuze über den Kopf. Er wandte sich um und blickte zurück auf sein kleines Haus. Seine Zuflucht.

Weit lagen die vom Winter ausgebleichten Hügel vor ihm, ein welliges Auf und Ab, wie das Meer, nur sanfter. Er starrte auf den Horizont, spürte eine Ahnung von Gefahr.

Noch immer gab es das Loch in seinen Erinnerungen. Manchmal, in diesem Zustand zwischen Wachen und Schlafen, bevor sein Geist losließ, blitzten Gedankenfetzen durch sein Bewusstsein. Aber er konnte sie nicht einordnen. Und noch immer glaubte er, ein schneidendes Messer jage durch seinen Kopf, wenn er versuchte, diese vagen Eindrücke festzuhalten.

Jemand hatte gründliche Arbeit geleistet. Derjenige musste ein Meister der Magie gewesen sein, denn es war kaum möglich, die Erinnerung an nur ein bestimmtes Ereignis zu löschen. Meist verschwanden große Teile von Wissen und das Opfer fiel nicht selten zurück in die Phase der Kindheit.

Aber Yal erinnerte sich an alles. Nur nicht daran, was nach Beendigung seiner Lehrzeit bei Varruk geschehen und wie er nach Findward gekommen war.

Das Mal auf seiner Schulter begann leise zu pochen, wie immer, seit er es erhalten hatte, wenn er seine Gedanken dem alten Magier widmete.

Sofort hielt er inne.

Nein, ich bin noch nicht so weit. Ich habe gerade erst gelernt, das magische Zeichen zu schaffen. Es ist schwierig.

Varruks Stimme erklang in seinem Kopf. Ich weiß. Ich dränge dich nicht. Lass dir Zeit. Du machst deine Sache gut.

Yal atmete tief durch. Er musste lernen, seine Gedanken in die richtige Richtung zu lenken. Varruk durfte nicht ganz die Kontrolle über ihn bekommen. Solange er nicht an den alten Magier dachte, war alles in Ordnung.

Mit raschen Schritten eilte er über das dürre Gras den Abhang auf den Wald zu, der Dunkelheit entgegen. Ein Windstoß fauchte ihm entgegen und Yal wickelte sich fester in seinen Umhang. Er spürte Feuchtigkeit auf seiner Haut und roch den Geruch von Fäulnis und Moder. Es wurde schlagartig dunkel, pechschwarze Finsternis umgab ihn. Er schauderte und ein leichtes Prickeln lief über seinen Rücken. Der Anflug von Panik, der ihn zu ergreifen drohte, ließ sich kaum bekämpfen.

Ganz ruhig. Eine Vision. Es ist nur eine Vision.

Er hastete weiter, versuchte, seine Gedanken auf etwas Helles, Freundliches zu lenken. Doch es wollte ihm nicht so richtig gelingen.

Yal spähte durch die Dunkelheit, durchdrang sie mit seinen Augen, scharfsichtig wie eine Katze.

Nichts.

Er lauschte.

Es war windstill und bis auf das Flüstern der Kobolde in den Sträuchern und das Tapsen von Mäusepfoten auf dem Waldboden war nichts zu hören. Trotzdem war Yal froh, als er die Hütte der Erdmagierin erreichte.

Er klopfte kurz und leicht an ihre Tür. Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete er sie und zog den Kopf ein, um ihn sich nicht am Türrahmen zu stoßen.

Xarga saß vor dem Kamin. Sie bemühte sich gerade, Feuer zu machen. Vorsichtig blies sie in das zaghafte Flämmchen und stieß einen Fluch aus, als es wieder erlosch. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte.

„Ah, Yal! Schön, dich zu sehen!“

„Darf ich?“, fragte Yal und schnippte mit den Fingern. Schon schoss eine orangerote Zunge aus den dürren Ästen, die im Kamin aufgeschichtet waren.

Xarga wandte sich wieder dem Feuer zu, das lustig zu prasseln begann. Sie seufzte und meinte: „Ich wünschte manchmal, auch mein Element wäre das Feuer. Besonders in Zeiten wie diesen, wenn die verdammte Kälte mir in die Knochen kriecht, weil der Winter so gar nicht enden mag und die Einsamkeit mich zu ängstigen beginnt. Danke für deine Hilfe! Was bin ich doch für ein nutzloses altes Frauenzimmer. “

Yal Rasmon lächelte sanft, kannte er doch ihre Tiraden bereits. Sie hatte ihrer Magie gründlich entsagt, eine Tatsache, die Yal manchmal verstörte. Aber er hatte noch niemals gewagt, sie nach dem Grund zu fragen.

Die Erdmagierin stand ächzend auf und putzte sich mit einer ärgerlichen Bewegung den Staub vom Rock. Es nützte nicht viel, er sah deshalb nicht sauberer aus. Mit einer einladenden Handbewegung wies sie auf einen grob gezimmerten Stuhl in der Nähe des Kamins.

„Setz dich doch, mein Lieber! Was führt dich zu mir? Fühlst du dich etwa einsam in deinem Häuschen?“

Yal musste lächeln. Irgendwie hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Er war einsam. Damals, als er nach Findward kam, war er froh gewesen, seine Ruhe zu haben. Aber nun bedrückten ihn vor allem die langen, dunklen Nächte. Er fror zu oft.

Yal betrachtete Xargas Gesicht, das der Feuerschein beleuchtete. Er hatte sich an ihre Hässlichkeit gewöhnt, an ihre mit Warzen übersäte Haut, an die deformierten Gesichtszüge. Sie sah aus wie eine große Kröte. Ihr unsteter Blick streifte ihn. Sie schielte und er wusste nie, wohin sie gerade schaute. Auch jetzt rollte sie mit den Augen, eines sah ihn kurz an, das andere starrte beharrlich auf irgendetwas hinter seiner linken Schulter.

Der Feuermagier ließ sich auf den Stuhl fallen, der unter seinem Gewicht beängstigend ächzte und streckte die Beine dem Feuer entgegen. Dann schlug er die Kapuze zurück und atmete tief durch.

„Ich komme einfach nicht weiter“, seufzte er.

Xarga hörte den Verdruss und die Müdigkeit aus seiner Stimme und sah ihn schweigend an.

„Amathi streikt“, fuhr er fort. „Sie weigert sich mit mir zusammenzuarbeiten. Es ist ja auch kein Wunder. Ich habe sie während der letzten Mondumläufe wirklich sehr beansprucht. Und ohne sie kann ich gar nichts tun. Es ist, als würde sich alles endlos im Kreis drehen. Mein Schädel brummt und ich kann nicht mehr schlafen!“

Die Erdmagierin hörte sich sein Lamentieren an und rieb die Warze an ihrer krummen Nase. Das tat sie immer, wenn sie nachdachte. Yal hatte ihr bis jetzt noch nicht erzählt, was ihn so sehr beschäftigte.

„Glaubst du, ich könnte dir irgendwie behilflich sein?“, fragte sie vorsichtig.

Er schüttelte resigniert den Kopf. „Nein, Xarga, bestimmt nicht. Niemand kann mir helfen. Ich muss nur manchmal jemanden haben, bei dem ich meine Enttäuschung und meinen Zorn abladen kann.“ Er lächelte sie zaghaft an und fuhr unmutig mit der Hand durch die Luft.

„Und die hässliche Alte ist genau die Richtige dafür“, murmelte sie. Xarga war nicht böse darüber, eher sogar geschmeichelt. Der junge Feuermagier schien sie zu mögen, was seine oftmaligen Besuche bei ihr bewiesen. Und sie mochte auch ihn. Die Gründe dafür verschloss sie tief in ihrem Herzen.

Yal seufzte tief. „Weißt du, was es Neues gibt? Hast du etwas gehört?“

Sie nickte langsam mit dem Kopf. „Es liegt Ärger in der Luft. Ich spüre es in meinen alten Knochen. Die Kobolde haben mir berichtet, dass meine Schwester ihre Trauer aufgegeben hat.“

Yal lächelte. „Tatsächlich? Du hast nie etwas über eine Schwester erzählt.“

Ein Schatten flog über Xargas Gesicht. „Aus gutem Grund. Lalana und ich stehen uns nicht sehr nahe. Um nicht zu sagen, wir gehen uns aus dem Weg.“

Yal erstarrte. „Du meinst Lalana Yallasir? Sie ist deine Schwester?“ Eine seltsame Neuigkeit, die ihn frösteln ließ.

Der feuchte Windstoß.

War das keine Vision gewesen? Beobachtete Lalana ihn?

Er erinnerte sich nur zu genau an den Zorn und das merkwürdige Interesse, das die schöne Wassermagierin ihm entgegenbrachte. „Vielleicht tut sie das tatsächlich“, murmelte er. „Varruk will wohl ganz sichergehen.“

„Wovon sprichst du?“ Xarga starrte ihn mit offenem Mund an.

Er beobachtete die Flammenzungen, die an den Holzscheiten leckten. „Ach nichts.“

Yal fragte sich, was zwischen den beiden Magierinnen vorgefallen sein mochte. Die Tatsache allein, dass sie verschiedenen Elementen angehörten, konnte es nicht sein. Aber vielleicht verachtete Lalana auch ihre Schwester nur. Schließlich herrschte seit langem Zwist zwischen den Erdmagiern und denen der anderen Elemente. Ein uralter Groll, der damit zu tun hatte, dass die Erdmagier sich in den großen Kriegen auf die Seite der Hynnen geschlagen hatten.

Xarga unterbrach seine Gedanken. „Du vergräbst dich in Arbeit, ich habe deine Besuche vermisst. Es ist nicht der König, der deine Dienste so sehr in Anspruch nimmt, nicht wahr?“

Yal nickte abwesend, schwieg.

„Ich nehme an, du darfst nicht darüber sprechen. Ich kenne Varruk. Er hatte schon immer eine Vorliebe für Intrigen und Ränke. Und am liebsten hat er die, welche er selbst inszeniert. Der Tod Madryls muss auch für ihn ein ziemlicher Schock gewesen sein.“

Ein kurzes, dumpfes Klopfen jagte durch Yals Schädel. Er seufzte kurz. „Ich möchte eigentlich nicht über Varruk reden.“

„Du bist wirklich ziemlich am Ende, nicht wahr?“

Yal hörte das Mitgefühl in ihrer Stimme und fragte sich, ob es echt war. Er wusste noch immer nicht recht, ob er ihr wirklich in allem vertrauen konnte.

Sie bemerkte die plötzliche Zurückhaltung und zuckte mit den Schultern. Dann meinte sie, etwas weicher: „Vielleicht brauchst du einfach einen Moment der Entspannung. Sieh nur, was ich für dich habe!“

Die Erdmagierin hievte sich schwerfällig aus dem Stuhl und humpelte zu einem der zahlreichen Regale, die ihre Hütte ausfüllten. Behutsam nahm sie eine kleine Schachtel herunter, die mit einem goldfarbenen Faden verschnürt war.

Ein Lächeln glitt über Yals Gesicht. Xarga kicherte und schob ihm die Schachtel über den Tisch zu. Er öffnete sie feierlich. Welche Überraschung hatte sie heute für ihn? Veilchenpralinen! Seine Lieblingssorte!

Vorsichtig nahm er mit den Fingerspitzen eine der Kostbarkeiten aus der raschelnden Umhüllung. Zart tupfte er die kandierte Blüte an und löste sie von der Schokolade. Er steckte sie in den Mund. Sie zerging auf seiner Zunge und hinterließ einen süßen, nach Frühling schmeckenden Hauch. Yal seufzte sehnsüchtig. Woher um alles in der Welt hatte sie frische Veilchen bekommen? Hier in der näheren Umgebung blühten sie noch nicht.

Sie suchte ab und an den Markt auf, um Kakaobohnen und andere Zutaten zu kaufen, die sie für ihre Leckereien brauchte. Woher sie die Mittel hatte, um sich diese exotischen Spezialitäten leisten zu können, wusste er allerdings nicht. Es kümmerte ihn auch nicht wirklich.

Xarga kicherte wieder. Seine Vorliebe für Süßigkeiten war ihr nur zu gut bekannt. Mit ihren Künsten beeindruckte sie ihn immer wieder.

Er ließ die Schokolade in seinem Mund schmelzen. Ihr zartbitterer Geschmack bildete einen starken Kontrast zur duftigen Süße, welche die Blüte in seinem Mund hinterlassen hatte. Er dachte einen flüchtigen Augenblick an eine zierliche blonde Schönheit, und an einen dunklen, kräftigen Mann, der sich mit ihr vereinigte. Xarga mit ihrer verdammten süßen Zauberei!

„Wie geht es eigentlich Neerma?“, meinte er leise.

Die Erdmagierin zuckte ein wenig zusammen. Ausweichend meinte sie: „Es geht ihr gut. Sie ist ihrer Bestimmung gefolgt und zu den Inseln des Lichts gegangen. Ihr Element ist das Licht. Seltsam, ich hätte nicht gedacht …“ Sie brach ab.

Yal spürte, wie sie sich verschloss. Natürlich war es merkwürdig, dass die Tochter einer Erdmagierin sich dem Licht zugehörig zeigte, aber manchmal kam es durchaus vor, dass die Nachkommen magischer Wesen andere Kräfte als die ihrer Eltern aufwiesen. Er fragte sich allerdings nicht zum ersten Mal, wie ein solch hässliches Geschöpf wie Xarga eine so schöne Tochter haben konnte. Die Erdmagierin war offensichtlich mit einem Fluch belegt worden, aber sie schwieg beharrlich über alles, was das betraf.

„Ach, sie ist also in der Obhut Irisanas. Schade“, sagte er leichthin, um die Stille zu überbrücken.

Die Erdmagierin reagierte empfindlich auf alles, was ihre Tochter betraf, seit sie ihn erwischt hatte, als er das Mädchen beim Fest der Kobolde küsste. Wenn Neerma sich jetzt auf den Inseln des Lichts aufhielt, war sie unerreichbar. Magier anderer Elemente hatten nur in besonderen Fällen Zutritt zum Reich Irisanas.

Neermas Kuss war süß gewesen. Süß wie diese Pralinen.

„Möchtest du noch eine?“, fragte Xarga in seine Grübeleien und schob ihm die Schachtel hin.

Yal sah überrascht auf. „Du bist heute sehr großzügig“, grinste er.

Die Erdmagierin zuckte die Schultern. „Diese verdammte Dunkelheit schlägt sich auf mein Gemüt. Ich werde sentimental. Oder ist es das Alter?“

„Wahrscheinlich Letzteres“, feixte er.

„Ach du“, schnarrte sie. „So alt bin ich nun auch wieder nicht. Ich komme schon zurecht. Und ich liebe die Einsamkeit. Aber was ist eigentlich mit dir? Du solltest dir vielleicht doch eine Frau nehmen, die dein Bett wärmt. Für einen Mann ist es nicht gut, alleine zu sein, selbst wenn er ein Magier ist.“

Yal zuckte zusammen. Sie hatte wieder einmal seinen wunden Punkt angesprochen. Es gab keine Frau unter den Menschen, die freiwillig länger mit ihm zusammenblieb. Sein Aussehen und seine magischen Kräfte schreckten die meisten ab. Das hatte er in der kurzen Zeit, seit er in Findward war, bereits erfahren. Und unter seinesgleichen war die Auswahl nicht gerade groß.

„Es gibt viele schöne Mädchen in Findward“, meinte Xarga.

„Ja, natürlich“, sagte er. „Aber die meisten haben Angst vor mir. Ist auch kein Wunder. Ich entspreche einfach nicht den Vorstellungen von einem braven Gefährten und Vater. Und eine vom Liebestrank berauschte kichernde Gans kann ich nicht ausstehen.“

Sie hatten dieses Thema schon oft genug erörtert. Xarga machte sich anscheinend ernsthaft Sorgen um sein Leben. Er musste lächeln. Was ihn betraf, schien sie mütterliche Instinkte zu hegen.

Xarga mochte ihn wirklich. Es gab vielleicht so viele Gründe dafür, wie sie Finger an einer Hand hatte. Einer davon war sicherlich, dass auch er ein Ausgestoßener war, ein Getriebener, so wie sie. Den wichtigsten Grund konnte er nicht ahnen. Und sie würde ihn ihm bestimmt niemals sagen.

Yal meinte mit einer Spur Belustigung in seiner Stimme: „Vielleicht sollte ich mich mit Lalana zusammentun, was denkst du? Ich habe gemerkt, dass sie Interesse an mir hat.“

Xarga fuhr erschrocken auf. „Du wirst nicht wagen, das zu tun. Das wäre dein Untergang!“

Er lachte leise über ihre Reaktion. Nicht, dass er ernsthaft daran dachte, die schöne Wassermagierin für sich zu gewinnen. Er fühlte sich ihr nicht ebenbürtig.

„Ich muss sie finden“, murmelte er, mehr zu sich selbst.

Sie sah ihn fragend an. „Was meinst du damit?“

„Meine fehlende Hälfte“, erklärte er. „Neerma ist es leider nicht, das habe ich gemerkt, als ich sie geküsst habe.“

Xarga zog die Augenbrauen hoch. „Du glaubst also noch immer an diesen Unsinn von der wahren Liebe und dem Gleichklang der Seelenmelodien, den dir Sel Dragmon eingeimpft hat “, stellte sie ungerührt fest.

„Es ist kein Unsinn“, fuhr er auf. „Ich weiß, dass es sie gibt. Ich habe sie nur noch nicht gefunden. Sie ist für mich noch nicht erreichbar. Es geht mir wie mit meiner Arbeit. Ich trete auf der Stelle, drehe mich im Kreis, verliere kostbare Zeit.“

Die Erdmagierin sah ihn fragend an. „Suchst du jetzt mehr nach deiner fehlenden Hälfte oder nach der Lösung deines anderen Problems?“

Er lachte bitter. „Langsam weiß ich es selbst nicht mehr. Ich glaube, ich werde noch verrückt, wenn ich nicht bald Erfolg habe.“ Yal sagte nicht, wobei.

Mit einem Ruck erhob er sich. „Ich werde mich wohl wieder an meine Arbeit machen. Ich danke dir für deine Gastfreundschaft.“

Xarga nickte. „Komm gut heim, mein Junge.“

Ein Lächeln flog über sein Gesicht. Er hob grüßend seine Hand und ging, so sacht und leise, wie er gekommen war. Sein langer, schwarzer Umhang wehte zur Tür hinaus.

Diener des Feuers

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