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Rodrigo lenkte den Dienstwagen auf den Parkplatz vor dem Dezernat und ärgerte sich, weil er wieder in der letzten Reihe parken musste. All die anderen Parkplätze waren bereits besetzt und er hatte trotz mehrerer Ansuchen bislang noch keinen personalisierten ergattert. Der oberste Boss meinte bei meiner letzten Anfrage lachend, dass er sich durch den täglichen Fußmarsch von gut zwölf Metern bis zum Polizeirevier fit halten könne; er solle es doch positiv sehen! Rodrigo betrieb Sport, ja, natürlich. Er lief zweimal die Woche rund eine ganze Stunde, spielte zweimal im Monat eine Stunde Squash und er schwamm zumindest einmal pro Woche eine Stunde. Auf diese Weise hielt er sich zumindest so fit, dass er einem Flüchtigen gut folgen konnte. Es sei denn, derjenige war ein junger Sprinter, was aber ohnehin sehr selten vorkam. Die meisten Entführer und Einbrecher waren nicht sonderlich gut zu Fuß unterwegs und kämpften meist schon nach wenigen hundert Metern mit der Luft und Seitenstechen. Deshalb sagte Rodrigo immer scherzhaft, dass man die sportlichen Verdächtigen eher hintanstellen könne.

Als er seinen Fuß auf die erste Stufe stellte, klingelte sein Handy und gleichzeitig rief jemand aus dem ersten Stock beim Fenster hinaus. Es war der oberste Boss, dessen Stimme unverkennbar über den Parkplatz donnerte. „Ein bisschen mehr Einsatz, wenn ich bitten darf! Hopp, hopp!“ Dann lachte er und zog schnell seinen Kopf vom Fenster zurück.

Rodrigo sah Kevin an, verzog sein Gesicht und schüttelte kaum vernehmbar den Kopf. Kevin zuckte die Schultern und betrat hinter ihm das Gebäude. Am Handydisplay erschien die Nummer seines Chefs und ihm wurde klar, was er mit seinem Ruf gerade gemeint hatte. Beeilung, pronto, ràpido! Es musste wirklich dringend sein, also nahmen die beiden Polizisten immer zwei Stufen auf einmal und liefen den Gang entlang bis zum Besprechungszimmer.

Wie erwartet hatten sich dort bereits alle zur Verfügung stehenden Beamten versammelt und sahen Rodrigo erwartungsvoll an. Rasch ließ er seinen Blick durch die Runde schweifen und auf Ralf Penz, dem grauhaarigen Oberboss liegen.

„Wir haben gerade die Meldung über eine weitere Entführung von der Stadtpolizei erhalten. Ein Mann um die vierzig wurde vor einer knappen viertel Stunde in der Nelson-Mandela-Straße 11 in einen weißen Lieferwagen gezerrt. Ganz unspektakulär. Tür auf, Mann rein, Tür zu. Und weg war der Wagen mit einem zusätzlichen und vor allem unfreiwilligen Passagier mehr an Board. Eine Zeugin, die mit ihrem Kinderwagen im Park unterwegs war, hat die Polizei verständig. Dieses Mal gibt mehrere Zeugen und einer von ihnen kennt sogar die entführte Person; zumindest vom Namen her.“

Er ließ seine Worte etwas wirken, sodass jeder auch wirklich begreifen konnte, was geschehen war. Er wusste, dass er seine Leute nicht mit einem gewaltigen Informationsfluss zumüllen durfte, auch wenn er noch Kenntnis von etlichen Details mehr hatte.

Rodrigo stieß hörbar die Luft aus. „Natalie Springer und er haben den gleichen Entführer?“, sagte er mehr als er fragte, denn für ihn lag diese Tatsache eigentlich schon auf der Hand. Ralf Penz nickte. „Es sieht zumindest ganz so aus, im Moment spricht alles dafür. Deshalb bekommst du auch diesen Fall. Ich möchte keine Paralleluntersuchungen von einem anderen Team laufen lassen. Dabei kommt ihr euch nur in die Quere und dass mit dir nicht gut Kirschen essen ist, wenn es um Ermittlungen geht, weiß nicht nur das gesamte Universum, sondern auch noch jede einzelne Gottheit außerhalb.“

Die Truppe lachte und Rodrigo zielte mit seiner zu einer Pistole geformten Hand auf den Oberboss.

Einer der Gründe, weshalb Ralf Penz den großgewachsenen Mexikaner als Abteilungschef eingesetzt hatte, war dessen lockerer Umgang mit den Mitarbeitern. Penz setzte auf einen legeren, lockeren, vertrauensvollen, intensiven Umgang miteinander und dafür war Rodrigo genau der richtige Mann. Eine Frau eignete sich dafür keinesfalls; zumindest kannte er nicht eine einzige legere, lockere Frau. Und falls er jemals eine kennen lernen würde, so gäbe er auf der Stelle sein Junggesellenleben auf.

Rodrigo stand auf und stellte sich vors Whiteboard, auf dem die Daten von Natalie Isabell Springer in roten Lettern prangten.

„Danke, wir werden diesen Fall mit links lösen. Du kannst das andere Team in den Urlaub schicken“, witzelte er, lachte dabei jedoch nicht. Seine Gedanken waren bereits bei der zweiten Entführung.

„Wir wiederholen unsere Arbeit genau so, wie sie der Täter wiederholt hat. Jeder von euch kennt seinen Aufgabenbereich und jeder weiß, dass er auch hier sein Bestes geben muss. Wenn wir den Fall innerhalb einer Woche lösen, gebe ich einen aus.“

Die Kollegen applaudierten, standen währenddessen auf und gesellten sich zu ihren kleinen Einheiten, die sie bereits zur Auffindung von Bell gebildet hatten. Ohne zurückzublicken verließen sie den kleinen Besprechungsraum, denn sie waren schon völlig in ihren neuen Fall vertieft.

Rodrigo war auch schon im Türrahmen, als er eine schwere Hand auf seiner Schulter spürte. Ralf sah ihn aus müden Augen an und seufzte. „Wird das jetzt so weitergehen? Müssen wir uns alle zwei Tage um eine neue Entführung kümmern? Wie siehst du das? Ich habe so etwas von anderen Dezernaten noch nie gehört und auch selbst noch nicht erlebt.“

Rodrigo sah ihm tief in die Augen, als ob er darin die Lösung finden könnte.

„Es tut mir echt leid, aber ich kann derzeit noch gar nichts sagen. Ich fühle zu dem Fall noch nichts, denke noch nicht an übermorgen und spiele auch noch nicht mit einem Täterprofil. Zuerst muss ich etwas über den Mann wissen, dann können wir uns gerne darüber unterhalten. Aber fang schon mal zu beten an, dass wir bei den beiden eine gemeinsame Grundlage finden, die außergewöhnlich und eine Entführung wert ist.“

Ralf nickte und steuerte sein Büro an. Fälle weit jenseits der Routine bereiteten ihm seit jeher grauenvolle Magenschmerzen. Er war schon viel zu alt und viel zu ausgebrannt, um sich noch solchen Herausforderungen zu stellen. Mit einem weiteren Seufzen ließ er sich in seinem Drehstuhl nieder und starrte den Kunstdruck von Salvador Dalí an der Wand an. Es war eine gute Entscheidung, auch diesen Fall Rodrigo zu überlassen, dachte er und widmete sich wieder seinem Bericht.

Rodrigo steuerte die für die Erstaufnahme der Entführung zuständige Polizeidienst-stelle an und parkte seinen Wagen frech auf dem reservierten Parkplatz des zuständigen Kommandanten. Niemand konnte ihm deshalb etwas anhaben, denn hierher kam er vermutlich nicht so rasch wieder. Er wies sich vor der Tür an der Kamera aus und ließ sich direkt zur Hauptzeugin in den Vernehmungsraum, der eigentlich ein recht kleiner Pausenraum des Personals war, bringen. Sie saß eingeschüchtert vor einer Tasse Kaffee, umklammerte die Henkel ihrer Handtasche, die sie auf dem Schoß stehen hatte und zuckte leicht zusammen, als sie Rodrigo durch den Türrahmen treten sah. Seine Statur schien ihr Angst einzuflößen, obwohl er sie noch im Türrahmen breit anlächelte. Er schätzte sie auf Mitte bis Ende sechzig, pensioniert, alleinstehend in einer kleinen Mietwohnung und auf kurze Gespräche auf der Straße angewiesen. Sie machte den Eindruck, als hätte sie in ihrem nun doch schon recht langen Leben noch nicht vieles gesehen, das von der Norm abwichen war; und dann rückte das Schicksal gleich mit einer Entführung in nächster Nähe an. Das nannte man echt die Härte des Lebens.

In dem kurzen Vorgespräch bestätigte die ältere Dame ziemlich genau Rodrigos Einschätzung ihre Person betreffend. Etwas triumphierend lächelte er und kam dann auf den Vorfall direkt zu sprechen.

„Ich bin da der Straße lang gegangen, nich? Und da war der junge Mann da vor mir. Er is links direkt am Ende vom Gehsteig gegangen, nich? Weil da is so ein Einkaufswagen von dem Supermarkt quer übern Gehsteig gestand und der Mann ist nach links ausgewichen, ging ja so auch gar nich anders. Und dann kommt da so‘n Auto, ein großer Wagen, so ein Kastenwagen, reißt die Seitentür auf, die geht so nach hinten auf, nich? Und zieht den armen Kerl mit einem Satz hinein. Der Wagen fährt los, die Tür knallt zu und das wars auch schon. Aus die Maus.“

Sie sah ihn mit großen Augen erwartungsvoll an. „Erkannt hab ich so niemanden und der Mann in dem Wagen der war total ganz schwarz angezogen. Auch die Haube war so schwarz und der Rollkragen bis zur Nase hochgezogen, nich? Da war nur‘n kleiner Spalt Haut frei aber die war weiß. Aber so richtig weiß. Hellweiß, sie kapieren, nich?“

Rodrigo nickte zufrieden. Es handelte sich ganz offensichtlich um denselben Täter, davon konnten sie jetzt ausgehen.

Er bedankte sich für ihre Kooperation und zollte ihr für ihre grandiose Beobachtungsgabe aufrichtigen Respekt. „Ach“, winkte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. „Ich hab zwei Kinder großgezogen und alle zwei beide sind Autisten. Da lernt man, so auf alles achtzugeben, nich? War eine harte Schule aber ich liebe die beiden alten Deppen noch immer. Sind ja doch meine Jungs und bleiben auch meine, nich?“ Sie zwinkerte ihm zu. Nun war sie nicht mehr die verschüchterte ältere Dame. Jetzt zeigte sie eine Menge an Selbstbewusstsein, das sie für ihre Kinder immer haben musste.

Rodrigo unterhielt sich noch kurz mit ihr, doch es war nichts mehr zu holen. Sie hatte alles erzählt, was sie wusste.

Der Mann, der den Namen des Entführten kannte, wartete im Vorraum und wurde noch in den Pausenraum geführt, ehe die Dame weg war. Die beiden sahen einander an, kannten sich aber offensichtlich nicht. Die Polizisten waren offensichtlich nur noch darauf aus, die Vernehmung hinter sich bringen und wieder unter sich sein. Einen Fremden in ihrem Polizeiposten zu haben, war ihnen unangenehm, denn er störte die Routine, die sie allesamt heiß liebten.

„Der Mann heißt Mike Cooper und arbeitet als Security bei Held & Partner, bei dieser Anwaltskanzlei in der Nelson-Mandela-Straße. Ich liefere dort immer Pakete aus und wir haben hin und wieder ein paar Worte miteinander gequatscht. Die ganzen Securities dort tragen Schilder mit dem vollen Namen drauf und meine Schwägerin Emilie ist auch eine geborene Cooper, deshalb habe ich mir den Namen gemerkt. Sind aber nicht miteinander verwandt die zwei.“

Der Mann sah Rodrigo an, als würde er für diese Auskunft einen fetten Orden erwarten.

„Worüber haben sie beide denn gesprochen, wenn Sie die Pakete ausgeliefert hatten?“, wollte er wissen und notierte sich erst jetzt den Namen des mutmaßlich Entführten.

„Ach, wir haben einfach nur so gequatscht. Übers Wetter, die miesen Löhne, Urlaube und hin und wieder über Sport, wenn es etwas Erwähnenswertes gab. Wie gesagt, kenne ich ihn nicht wirklich, aber er war immer nett und hat mir hin und wieder sogar ein paar Pakete in die Halle getragen, damit ich nicht zweimal laufen musste. Eigentlich ein feiner Kerl, der Mike.“

Rodrigo notierte ein paar Stichworte und fragte, ohne den Mann anzusehen: „Hat er vielleicht auch einmal etwas völlig Ungewöhnliches erzählt? Von einem fetten Lottogewinn, dass ihm eine berühmte Persönlichkeit nahestand? Ein Politiker, ein Schauspieler, ein Wissenschaftler, ein Firmenboss oder sonst jemand?“

Der Mann starrte an die Decke und dachte lange nach. „Nein, so etwas hat er nie erwähnt. Und ich glaube kaum, dass er solche Bekannte hatte, sonst wäre er nicht an der Tür vor der Anwaltskanzlei gestanden. Die hohen Tiere haben doch immer einen Job für ihre Verwandten oder Freunde, wo unsereins gar nicht hinkommt.“

Rodrigo nickte zustimmend und stellte noch einige unbedeutendere Fragen, doch der Mann hatte bereits alles erzählt, was er wusste. Diese Quelle war schon eindeutig versiegt, noch bevor sie gesprudelt hatte. Rodrigo war das gewohnt und somit bohrte er nicht mehr weiter.

Nachdem er sich bedankt und ihn nach Hause geschickt hatte, blieb er noch kurz in dem kleinen Raum und rieb sich mit den Handflächen übers Gesicht. Er fühlte sich ein wenig frustriert, müde, kraft- und auch mutlos. Doch schon bald streckte einer der diensthabenden Polizisten und sah ihn mit trauriger Miene an „Tut mir leid, aber die Fahndung ist bis jetzt ergebnislos verlaufen. Der weiße Transporter mit der mutmaßlich entführten Person ist weg, wir konnten bis jetzt nicht die geringste Spur finden. Aber vielleicht bringen die Straßensperren etwas, die vor allen Ausfahrten errichtet wurden. Alles andere müssen jetzt Sie veranlassen.“

Rodrigo sah den jungen Polizisten prüfend an und fragte sich, ob er jetzt richtig gehört hatte. „War das jetzt eine Aufforderung ihrerseits, meine Arbeit zu tun? Wollten Sie mir gerade Vorschriften machen, wie ich meinen Job zu erledigen habe?“, keifte er den Beamten an und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.

Der Polizist streckte ihm beschwichtigend die leeren Handflächen entgegen, zog sofort instinktiv schützend den Kopf ein und ging als Zeichen seiner Unterwerfung ein wenig in die Knie.

„Nein, auf gar keinen Fall!“, verteidigte er sich kleinlaut. „Ich wollte damit nur sagen, dass wir getan haben, was wir konnten und alles andere in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegt. Dass Sie der Fachmann für die beiden Entführungen sind und an unsere Arbeit anknüpfen können, weil wir nichts mehr dazu beitragen können.“

Rodrigo nickte und sah ein, dass er überreagiert hatte. „Ist in Ordnung, ich habe es falsch aufgefasst. Entschuldigen Sie bitte meinen Ausbruch.“

Der Polizist lächelte nur schwach und war echt froh, dass der riesige Kriminalbeamte sein Revier verließ und er unbeschadet davongekommen war. Gleich darauf tippte er die Protokolle der beiden Zeugen, damit er sie von ihnen unterschreiben lassen konnte und wieder Ruhe in seiner Dienststelle einkehrte. Er konnte den Rummel nicht leiden und hasste es, wenn fremde Menschen in seinen Dienstbereich eindrangen.

Rodrigo saß noch eine ganze Weile vor der Polizeidienststelle im Wagen und starrte vor sich hin. Zwei Entführungen innerhalb von lediglich drei Tagen nach genau dem gleichen Schema und mit dem gleichen Fahrzeug. Die beiden Opfer mussten eine signifikante Gemeinsamkeit haben und genau diese galt es nun so schnell als möglich herauszufinden.

Nach etlichen Minuten riss er sich aus dem nie versiegenden Gedankenstrom und rief kurzerhand den Kriminalpsychologen an, ohne sich mit den üblichen Begrüßungsfloskeln aufzuhalten. „Hast du schon mit der Familie von Cooper gesprochen?“, fragte er ohne Begrüßungsfloskeln. Diese ersparte er sich meist, da sie wirklich völlig unnötig waren, wenn man jemanden erst vor einer Stunde gesehen hatte. Er war der Ansicht, dass eine einzige Begrüßung für den ganzen Tag zählte und auch völlig ausreichte.

„Ja, hab‘ ich, aber viel konnte ich nicht in Erfahrung bringen Er ist ledig, hat keine Kinder, keine Freundin und so weit ich bis jetzt recherchieren konnte, auch keine näheren Freunde. Nur Arbeitskollegen und eher oberflächliche Bekannte. Für mich war nicht wirklich etwas zu holen, damit fange ich nichts an. Tut mir leid, aber das reicht für eine Analyse absolut nicht aus. Aber ich kann vielleicht aus den Ergebnissen der Kollegen etwas herauslesen, mal sehen. Wie sieht’s bei dir aus?“

„Ich hab‘ so viel wie du, fahre jetzt aber zur Kanzlei Held & Partner um den Sicherheitschef zu befragen. Wir sehen uns.“

Damit legte er auf und lenkte den Wagen in gemäßigtem Tempo zum Arbeitgeber des Opfers. Er wollte noch etwas Zeit haben, um sich auf das Gespräch vorzubereiten. Er wusste, dass solche Gespräche weniger gut liefen, wenn er gestresst war.

Am weitläufigen Empfangstresen legte er seinen Dienstausweis vor und verlangte mit dem Personalchef sowie mit dem Chef der Security zu sprechen. Einen Anruf später wurde er in den neunten Stock verwiesen, wo er bereits am Aufzug von den beiden Männern in Empfang genommen wurde. In ihren Gesichtern konnte er nicht nur Überraschung, sondern auch eine gewisse Furcht, vor allem aber Anspannung sehen. Sie schienen etwas auf dem Kerbholz zu haben, weshalb er sich Hans Gruber an seiner Seite wünschte.

Er entschuldigte sich, wählte die Nummer des Psychologen und sagte nur: „Es wird etwas später“, dann legte er auf und sah den beiden mit einem strahlenden Lächeln ins Gesicht.

Der Psychologe ließ alles liegen und stehen und machte sich im Höllentempo auf zum Gebäudekomplex, in dem Rodrigo mit der Befragung auf ihn wartete. ‚Es wird etwas später’ war der interne Code für ‚Schwing deinen Hintern zu mir, und zwar so rasch als möglich!’

Da der Verkehr ziemlich flüssig war, kam der Psychologe schon nach knapp zehn Minuten an den Empfangstresen gehetzt und fragte nach dem Chef der Security. Er wurde ebenfalls in den neunten Stock gebeten.

Rodrigo hielt die beiden Männer bis zum Eintreffen seines Kollegen mit oberflächlichen, nicht verwertbaren Fragen hin, lobte das teure Interieur, interessierte sich für die Arbeit der Firma und versicherte, dass der Job eines Securitys sehr anspruchsvoll sei.

Als Hans kam, überließ er ihm zum Großteil die Gesprächsführung und speicherte die Informationen vorerst nur in seinem Kopf. Er würde im Anschluss an dieses Gespräch nicht nur das Protokoll schreiben, sondern auch noch Ergebnisse herausholen müssen. Er musste die beiden Entführten finden und zwar so rasch als möglich. Ralf Penz, sein Oberboss, machte ihm schon jetzt ziemlich Feuer unterm Hintern.

Doch der Einsatz bei den Rechtsverdrehern war ein Schlag ins Wasser. Hans vermutete, dass die beiden durchaus etwas mit Unterschlagung oder mit sonstigen finanziellen Ungereimtheiten zu hatten, aber nichts mit der Entführung. Mike wurde als sehr zuverlässiger, ruhiger, pünktlicher, gepflegter Mann beschrieben, der einen sehr guten Umgang mit den Kunden der Firma und mit seinen Kollegen pflegte. Er war stets korrekt, verschwiegen und behielt selbst in prekären Situationen den Überblick und einen kühlen Kopf. Sie hatten auch keine Ahnung von seiner Entführung und somit waren sie für die Ermittlungen wertlos.

Nachdem sich die beiden Kommissare verabschiedet hatten, fuhren sie ins Dezernat, um ihre dürftigen Erkenntnisse mit den anderen Kollegen zu teilen.

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