Читать книгу 7 Engel - Karin Waldl - Страница 14

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Kapitel 5

Am nächsten Tag machte Laurenz, in Elinas Beisein, den Vertrag über den Hauskauf klar. Der Makler rieb sich fröhlich die verschwitzten Hände, in Erwartung der saftigen Provision, die ihm der Verkauf sicherlich einbrachte.

Anschließend stand noch ein Besuch beim Gemeindeamt an, der keine weiteren Probleme aufwarf. Laurenz’ Freund Richard Benigna besaß nach wie vor die britische Staatsbürgerschaft. Daher waren nur Formalitäten zu klären, die umgehend abgewickelt waren.

Alles in allem waren der Hauskauf und die dazugehörigen Behördengänge schnell geregelt. Laurenz wurde glaubhaft versichert, dass alle Papiere schnellstmöglich ausgestellt und zugesandt werden würden, sodass Richard das Haus ohne böse Überraschungen beziehen konnte, sobald er in Großbritannien eintraf.

Ein kurzer Besuch auf der Bank, die die Finanzen Richard Benignas verwaltete, beendete den offiziellen Teil des Tages. Zum jetzigen Zeitpunkt wurde von dem Bankberater gewährleistet, dass alle Versicherungen, die Richard in Bezug auf den Hauskauf abgeschlossen hatte, gültig seien und jederzeit Bargeld für ihn zur Verfügung stehen würde.

So beschlossen Laurenz und Elina nach einem späten Mittagessen, das aus einem einfachen Sandwich bestand, nach London zu reisen. Dort wollten sie einen schönen Nachmittag verbringen, durch die Stadt bummeln, essen gehen und den Abend in Soho ausklingen lassen. Beide umhüllte der Glanz der Aufregung, auch wenn sie es sich gegenseitig nie eingestanden hätten.

Dort angekommen spendierte Laurenz seiner Begleiterin eine Fahrt im London Eye und sie genossen den beeindruckenden Blick über die Stadt. Laurenz unterhielt die ganze Gondel mit seinen lustigen Anekdoten über die Geschichte Englands, Dingen, über die sich die Geschichtsbücher für gewöhnlich ausschwiegen.

Danach nahmen sie in einem Pub ein einfaches, traditionell englisches Abendessen ein. Die Fish and Chips schmeckten köstlich und das genau richtig temperierte, also lauwarme britische Bier mit dem Namen London Pride rundete das Ganze ab. Ein Apple Pie war das Sahnehäubchen obendrauf.

Elina, die etwas zu viel gegessen hatte, hielt plötzlich nichts mehr von einem Abend in Soho, sie zog es zu einer ruhigeren Beschäftigung. So suchten die beiden ein Kino am Trafalgar Square auf. Wie der Zufall es wollte, lief ein Film im Kino, in dem Laurenz Winter eine Nebenrolle spielte. Elina wollte ihn unbedingt sehen. Sie bearbeitete ihn mit ihrem Charme.

Laurenz wehrte sich zuerst, willigte dann aber beschämt ein, den Film mit ihr anzusehen. Denn eigentlich wollte er nur ihre Hand halten und ihre Gegenwart spüren. Er würde alles tun, um sie in seiner Nähe zu haben. Irgendwie kam er sich wie ein Teenager vor, der das erste Mal verliebt war und versuchte, das Herz seiner Angebeteten im Sturm zu erobern.

Er zahlte die Kinotickets und beide mussten über das Filmplakat lachen, welches neben der Kassiererin hing. Laurenz war an dessen linkem Rand zu sehen, grimmig dreinblickend. Er ahmte den bösartigen Gesichtsausdruck nach, was die Angestellte verunsicherte. Sie bemerkte nicht, dass sie einen Schauspieler des Kinostreifens vor sich hatte, an den sie gerade Karten verkaufte. Elina konnte sich nicht mehr halten vor Lachen. Laurenz benahm sich wieder einmal wie ein kleiner Junge.

Beim Kauf von Popcorn und Cola war es nicht besser. Er brachte den Typen hinter der Theke zur Verzweiflung mit seinen gespielten Extrawünschen und der Unentschlossenheit, was er trinken wollte. Nur um im Endeffekt das Erstgenannte zu kaufen. Erleichtert sah der Verkäufer zu, als sie endlich in Richtung Kinosaal abzogen.

Laurenz sprach flüsternd seinen Rollentext in Elinas Ohr, nicht ohne es theatralisch zu überziehen. Durch ihr Gelächter zog sie die bösen Blicke der anderen Kinobesucher auf sich, die in Ruhe den Film sehen wollten. Sie fühlte sich so unbeschwert und leicht, ihr Handeln widersprach zwar ihrer angeborenen Vernunft, deren Stimme beängstigende Ähnlichkeit mit der von Ruth hatte. Aber heute war ihr das egal, sie wollte einfach nur einmal Spaß haben, ohne viel nachzudenken. Schmunzelnd versuchte sie sich trotz Laurenz’ Blödeleien auf den Film zu konzentrieren. Doch irgendwie war es komisch, ihn als Bösewicht auf der Leinwand zu sehen, wie er all diese schrecklichen Verbrechen beging. Sie staunte, wie atemberaubend schön er auf der großen Bildfläche wirkte. Unbewusst wanderte ihr Blick auf den echten Laurenz Winter und sie begann, ihn von oben bis unten zu mustern. Erst zu spät bemerkte sie, wie er sie dabei schmunzelnd beobachtete. Schnell richtete sie ihren Blick wieder geradeaus.

Sie strich über seine Handflächen, und als sich die beiden Hauptdarsteller küssten, beugte sich Elina zu Laurenz, um seine weichen Lippen zu spüren. Diese formten sich zu einem bezaubernden Lächeln, als Elina ihm tief in die Augen schaute. In dem abgedunkelten Kino hatte das fast etwas Geheimnisvolles. Sie küssten sich leidenschaftlich. Es kam ihr vor wie ein Traum, hier zu sitzen, an den schönsten Schauspieler des Films geschmiegt. Sie wollte nie wieder aufwachen.

Die ersten Sonnenstrahlen des Tages kitzelten Elina an der Nase, sie öffnete ihre Augen, um festzustellen, dass sie nicht allein war. Laurenz lag friedlich schlummernd neben ihr. Sie erschrak und sah an sich herab, sie hatte noch immer die Kleider vom Vortag an, aber sie lag in ihrem eigenen Bett.

Sie musste im Auto eingeschlafen sein, als Laurenz regelrecht nach Sevenoaks zurückflog. Daraufhin dürfte er sie sanft ins Bett getragen haben und neben ihr eingeschlafen sein. Sonst könnte sie sich erinnern, wenn es anders gewesen wäre. Elina seufzte erleichtert, sie hatte nichts Unrechtes getan, außer sich zu sehr der Nähe dieses Mannes, dessen Anblick ihr jedes Mal ein Kribbeln im Bauch bescherte, hingegeben zu haben.

„Du gehst zu weit, Elina!“ Malak stand mitten im Raum, in gleißendes Licht gehüllt. „Gott hat Wichtiges mit dir vor!“

Elina schrie vor Schreck auf und der Engel, der gerade noch vor ihr gestanden hatte, war verschwunden. Laurenz fuhr aus dem Schlaf hoch und nahm sie verwirrt in den Arm, sie schluchzte. Ganz eng kuschelte sie sich an ihn. Was meinte Malak nur damit, dass sie zu weit ging? Sie konnte sich nur vorstellen, dass sie Laurenz zu nah an sich heranließ, aber was sollte falsch daran sein? Ihr war so viel Leid in ihrem Leben widerfahren, dagegen war es unbeschreiblich schön, in Laurenz’ Armen zu liegen. Abermals stieg Ärger über sich selbst in ihr hoch, den Engel erneut nicht bis zum Ende angehört zu haben. Musste sie so schreckhaft sein?

„Elina, ich habe dich sehr gerne!“, unterbrach Laurenz ihre Gedanken und küsste sie fester als bisher auf den Mund.

Seine Hand grub sich in ihren Nacken, während sein Kuss fordernder wurde. Elina keuchte und schob ihn sanft von sich. Verunsichert vom Erscheinen des Himmelsboten schaute sie den Mann in ihrem Bett fragend an. Sein Blick verriet ihr, dass er ihre Reaktion in keiner Weise verstand. Aber wie sollte er auch?

„Entschuldigung, ich ...“, stammelte Laurenz.

„Ich hab dich auch sehr gerne“, erwiderte Elina, „aber ich kann meine Gefühle nicht richtig einordnen.“ Schnell verschwand sie im Bad und ließ ihn enttäuscht zurück.

Elina kochte gerade Kaffee, als Laurenz mit nass glänzenden Haaren, nur in ein Handtuch gehüllt, in der Tür erschien. Sie hätte am liebsten erneut aufgeschrien, denn sein Anblick entfachte ein Feuer in ihr, das sie selbst nicht zu löschen vermochte. Sein muskulöser Oberkörper war wie aus Porzellan gemeißelt.

„Elina, du gehst zu weit!“, ertönte die glockenhelle Engelsstimme in ihrem Kopf.

Beschämt schaute sie auf die Kaffeekanne.

„Elina, du weißt, dass ich morgen abreisen muss. Ich werde mein Leben in Los Angeles fortsetzen und nur ganz selten hier in der Nähe sein. Ich kann dir ein Leben an meiner Seite in Hollywood anbieten, auch wenn ich weiß, dass eine so besondere Frau wie du in dieser oberflächlichen Filmwelt sehr schwer einen Platz finden wird. Ich möchte dich nicht abschrecken, ich möchte nur ehrlich zu dir sein.“

Elina legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. „Lass gut sein, mein Platz ist hier, nicht in Amerika oder sonst wo. Ich mag mein bescheidenes Leben, ich habe schließlich hart dafür gearbeitet, außerdem kommt Ruth irgendwann wieder und dann möchte ich da sein.“

Laurenz küsste sie auf die Stirn. „Elina, ich dachte, wir könnten noch ... ich ...“ Plötzlich verließ ihn der Mut.

Stattdessen näherte er sich ihr vorsichtig und küsste sie genauso drängend wie zuvor, strich ihr zärtlich über den Hals, die Schultern, den Rücken, massierte sanft ihre Brust. Er hob sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer, behutsam legte er sie auf das Bett und diesmal gab Elina sich ihrem Verlangen hin, versank mit ihm in einem Feuerwerk der Lust.

„Du gehst zu weit, Elina!“, kreiste der Gedanke in ihrem Kopf.

Warum konnte sie Laurenz’ Umarmung nicht genießen? Sie spürte noch immer seine Leidenschaft, mit der er sie geliebt hatte, doch es plagten sie Schuldgefühle. Elina wurde nicht schlau daraus. Sie wusste, dass Ruth das hier niemals gutheißen würde, für ihre Schwester gehörten Sex und Ehe zusammen. Aber Ruth konnte nicht fühlen, was Elina gerade empfand, sie war noch nie so glücklich gewesen. Laurenz schmiegte sein Gesicht an ihren Hals, seine Nähe machte sie verrückt.

„Ich muss meine Sachen packen und alles für den Abflug morgen früh vorbereiten. Wenn du möchtest, würde ich gerne den Rest des Tages mit dir verbringen?“

Elina nickte. „Ich begleite dich!“

„Oh, eigentlich wollte ich dich um einen Gefallen bitten, damit ich schneller wieder ganz und gar bei dir sein kann. Könntest du meinen Termin in dreißig Minuten mit dem Hauspersonal übernehmen?“

„Am Sonntag?“, fragte Elina ungläubig.

„Es geht nur um die Verlängerung des Vertrages von John und Sue Smith. Es ist alles vorbereitet, sie haben die Papiere bereits erhalten. Ich habe mit ihnen telefoniert und sie sind überglücklich, ihre Arbeit behalten zu können, und dankbar für die Gehaltserhöhung. Sie wollen beide zustimmen, es fehlt nur noch ihre Unterschrift. Wir treffen uns in, sagen wir, einer Stunde beim Haus?“

Elina stimmte zähneknirschend zu, wollte sie doch keine Sekunde der verbleibenden Zeit mit Laurenz verpassen. Ein kleines Loch fraß sich in ihr Herz und ließ sie ahnen, dass sie doch zu weit gegangen war.

7 Engel

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