Читать книгу Im Mittelpunkt der Ringe - Karis Ziegler - Страница 8

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Und nun das!

Eines Tages, vor fast zwei Wochen, hatte Max noch spät am Abend angerufen. Ob sie noch auf sei? Er habe ihr etwas Wichtiges zu sagen, ob er noch vorbeikommen könne?

Er kam eilig die Treppe herauf, noch ausgehfein gekleidet - ach ja, sie hätte ja eigentlich mitgehen sollen, sich aber mit einer nicht ganz erfundenen, nur ein bisschen übertriebenen Unpässlichkeit herausgeredet.

„Diesmal kannst du wirklich nicht nein sagen, Lisa, pass auf, das ist eine einmalige Gelegenheit!“, legte er, noch außer Atem, gleich im Flur los.

„Aber was ist denn eigentlich passiert? Nun setz dich doch erst mal, leg ab, willst du was trinken?“

Nur um ein Glas Wasser bat er, er habe heute Abend schon Wein getrunken. Und dann fing er an, ungebremst und begeistert zu erzählen: Es habe doch gerade der Empfang zur Eröffnung der Kulturwochen stattgefunden, bei dem alle aus der Firma dagewesen seien, auch die obersten Chargen, und im Gespräch mit dem Chef der PR-Abteilung habe er erfahren, dass einer der wichtigen Mitarbeiter dort sehr kurzfristig gehen würde, sie also so schnell wie möglich einen Ersatz bräuchten und in der Abteilung gerade niemand sei, der sich zum Nachrücken eignen würde, und da habe er ganz spontan - sie vorgeschlagen!

"Und, was sagst du nun?!“ Er warf sich leger gegen die Stuhllehne zurück und schaute sie triumphierend und erwartungsvoll lächelnd an.

„Wie bitte? Sag das noch mal!“

„Ich habe dich vorgeschlagen. Nein, wirklich, guck doch nicht so entsetzt!“ Er hatte sich wieder auf seinem Stuhl vorgebeugt und sprach, die Ellenbogen auf den Knien, seine Worte mit knappen, angespannten Bewegungen beider Hände unterstreichend, eindringlich weiter. Das sei wirklich die Chance. Alles, was dafür gebraucht würde, könne sie gut: Ideen generieren, Vorschläge skizzieren und abstimmen, die Prozesse koordinieren und die Umsetzung begleiten. Die Stelle wäre total vielseitig und entwicklungsfähig noch dazu, wenn sie nur wach und aktiv genug wäre. Sie würde natürlich den Großteil ihrer Zeit auf die Arbeit verwenden, Freizeit und Hobbys würden dann schon zurückstehen müssen - "Aber, Lisa, das würde sich absolut lohnen!"

Sie schaute ihn immer noch völlig entgeistert an - „ja, aber -“

„Ach, Lisa, diesmal gibt es kein Aber. Ich weiß, dass du alles, was dafür gebraucht wird, drauf hast, ja, auch die Sachen, die dich jetzt wahrscheinlich am meisten erschrecken. Du traust dir sowieso immer viel zu vieles nicht zu. Komm, ich kenne dich schon lange genug, um das zu wissen. Und dein übliches Argument, du seist schon zu alt, trifft hier auch nicht. Meine Empfehlung zählt dort schließlich was, und außerdem kennen dich die meisten doch schon.“

„Ja, was hat Oberdorf denn überhaupt gesagt?“

Ein bisschen überrascht sei der anfangs schon gewesen. Max habe ihm daraufhin noch mal ihre Qualifikationen aufgezählt - "Ach, nun schüttelst du schon wieder den Kopf!" - Dann seien sie gleich mal zusammen zu Steinhausen, dem Geschäftsführer, gegangen, um ihm den Vorschlag zu unterbreiten. Als der nach ihr fragte, warum sie denn heute Abend nicht dabei sei, habe er ein bisschen geschwindelt, sie habe einen anderen Termin gehabt, sei verhindert gewesen, das habe sich besser angehört als gerade bei so einer Gelegenheit von Unpässlichkeit zu reden. ‚Ist wohl eher ein stilles Wasser, Ihre Freundin?’, habe Steinhausen dann gemeint - ‚Ja’, habe er erwidert, ‚aber was man denen nachsagt, das trifft auf sie hundertprozentig zu, das kann ich Ihnen versprechen.’ Er habe ihm dann auch 'gebeichtet' - ihm könne das ja jetzt nicht mehr schaden -‚ dass schon so mancher Text, der eigentlich von ihr gewesen sei, hier in Druck gegeben wurde - "Ich hab ihm halt erzählt, dass du schon oft, wenn ich total unter Termindruck war, mir aus der Klemme geholfen hast ... Na, was sagst du?“

„Also... Ich weiß nicht..., du musst doch verstehen, dass mich das ziemlich überfällt jetzt!“

„Aber was gibt es denn da groß nachzudenken? Mensch, so leicht wird es nie mehr sein; die werden mir das nicht abschlagen, und außerdem können sie sich darauf verlassen, und das wissen sie auch, dass ich dich nie empfehlen würde, wenn ich es nicht auch vor der Firma verantworten könnte. Mensch, Lisa, so eine Chance, aus deinem Schattendasein rauszukommen, kriegst du sicher nie wieder. Du könntest noch mal so richtig durchstarten. Na, komm schon, gib dir einen Ruck. Überleg doch mal, ich bin doch auch da, wir würden fast zusammenarbeiten, jedenfalls wären wir Kollegen, und wenn du am Anfang Hilfe bräuchtest, hättest du ja mich gleich in der Nähe...“

Er sagte noch viel und sie recht wenig an diesem Abend, aber jedenfalls konnte sie sich zu mehr nicht entschließen als um Bedenkzeit zu bitten. Sichtlich gedämpft und enttäuscht über ihre Zögerlichkeit ging er weit nach Mitternacht weg und versprach, ihr am nächsten Tag Bescheid zu geben, wie lange sie Zeit hätte, es sich zu überlegen.

Sie blieb sitzen, völlig zerschlagen und gleichzeitig aufgewühlt und durcheinander. So spät es war, kam sie doch nicht vor einer Stunde nach Max’ Weggang ins Bett. Jede der Routineverrichtungen brauchte mindestens dreimal so lange wie gewöhnlich, weil sie immer wieder innehielt, sich vergegenwärtigte, was gerade geschehen war, und vergaß, die Zahnbürste weiter hin- und her zu bewegen oder aus dem zweiten Ärmel auch noch herauszuschlüpfen. Auf der Bettkante saß sie noch lange und vergaß schlicht, sich hinzulegen, schaute durch ihre Schlafzimmereinrichtung hindurch auf umeinanderwirbelnde Bilder und Szenen, führte abgerissene, unsinnige Diskussionen mit Max, mit Steinhausen, mit ihren Eltern; und auch als sie sich endlich hingelegt und das Licht ausgemacht hatte, raste das Herz, war sie völlig überdreht, und Schlaf wollte sich für eine ganze Weile noch nicht einstellen.

Am folgenden Tag rief Max an und teilte ihr mit, der Chef sei jetzt verreist, am übernächsten Sonntag komme er spät nachmittags zurück und müsse abends gleich wieder fort, und am darauffolgenden Montag sei ein Meeting, auf dem es auch um die Neubesetzung dieser Stelle gehen werde. Deshalb müsse sie ihn also am erwähnten Sonntag Punkt achtzehn Uhr anrufen und ihm ihren endgültigen Entschluss übermitteln. Falls sie zusage, werde sie die Stelle auf jeden Fall bekommen, mit der üblichen Probezeit, das habe man ihm schon in Aussicht gestellt. Er gab ihr Steinhausens Nummer und verabschiedete sich spürbar kurz angebunden.

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