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Die fiedel

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Auch auf Tyra, der Märcheninsel, gibt es Schicksal.

Die Menschen ziehen ihre Kreise durch Stille und Einsamkeit. Wellenringe fließen durcheinander. Manchmal strahlt der Himmel und ist zum Bersten voll von milder Verheißung und Tiefe. Manchmal ziehen Wolken über den dunklen Horizont herauf und blasen aus vollen Backen und zeigen sich feindlich gesinnt allem Leben und bekunden nichts als Verachtung für das Werk von Menschenhänden. Und wenn Sturm und Mond zusammen helfen, kann die Flut des Meeres hochsteigen. Sie schnellt heran mit weißen Zähnen. Wenn sie irgendwo ein vergessenes Boot am Strande trifft, stürzt sie sich gleich darauf und zerbeißt und zerhackt es.

Der Hofbauer Finn kommt den kleinen Weg heraufgeschritten, in guter Laune, in ganz ausgezeichnetem Humor. Er trifft seinen Nachbar Jon.

„Bittrer Tod!“ sagt Jon, „wie du nur heute daherkommst, Finn! Und wie du die Rauchwolken um deinen Kopf herumblasen kannst — der reine Königsrauch …“

Finn tut geheimnisvoll, blinzelt übers Meer hinaus, das nicht übel schäumt und zischt.

„Es ist ja völlig toll geworden über Nacht“, sagt Jon. „Wer hätte das gestern denken können.“

Der Hofbauer Finn schmunzelt wie einer, der etwas weiß und stapft zum Haus empor. Auf der Steintreppe steht der Lehrer Klagg und betrachtet sich ebenfalls dieses rein unvernünftige Wutwetter. Nun kann Finn seine Freude nicht länger zurückhalten.

„Jawohl, guter Lehrer“, prahlt er, „gestern hat ein Mann glatt seine fünfzig Kronen verdient …“

Der Lehrer hebt vor Staunen die Brauen.

„Oder, was meinst du?“ fragt Finn. „Wenn ich nämlich mein Boot gestern abend nicht höher hinaufgezogen hätte, könnte ich heute die Späne in einem Korb sammeln.“

Sicherlich — man kann auf ganz verschiedene Art Geld verdienen und Glück haben. Der eine muß dem Glück nachjagen, dem andern kommt es mehrere Schritte entgegen. Vielen wird es sogar im Schlafe geschenkt.

Monrad aber, der Häuslerbub, erscheint in der Schule mit einem verbundenen Kopf. Man kann deutlich hinter dem Wolltuch erkennen, wie dick geschwollen seine Wange ist.

„Was soll das bedeuten?“ fragt Lehrer Klagg.

Es sei nichts, sagt Monrad; es sei nur der Zahn.

Als es ans Schreiben geht, kann Hjördis keine Feder halten.

„Was soll denn das bedeuten?“ fragt der Lehrer. Sein von unendlichem Lächeln zerknittertes Gesicht zieht sich in die Länge, und sein Mund wird sehr klein.

Es soll nichts weiter bedeuten. Hjördis hat nur geschwollene Hände mit braunroten Flecken darin. Hjördis fiel doch gestern im Stortal, und sie fiel wahrhaftig auf eine Distel.

Der Lehrer sieht sich diese Hände an. Dann mischt er eine gute Salbe von Katzenfett und Hundefett und Holzteer.

Hjördis sitzt nun mit verbundenen Händen da. Sie kann nicht schreiben. Aber sie kann sehr gut dasitzen und den Häuslerbub Monrad betrachten. Und sie kann sich ihre Gedanken machen. Sie wundert sich darüber, warum Monrad ihr heute gar nicht in die Augen zu schauen wagt und warum er zurückweicht, wenn ihr Fuß ihn unter dem großen Tische sucht.

Hjördis sitzt wahrlich mit den reinen Kummerfurchen auf der Stirn da. Das Leben beginnt auch dieser kleinen verwöhnten Prinzessin einige Rätsel aufzugeben. Mit einem Male schaut sie den Lehrer Klagg an und sagt: „Es ist wahr — Monrad hat eine Fiedel gebaut …“

Hjördis weiß vielleicht im Augenblicke selber nicht, was sie da sagt und warum sie es sagt. Sie kann doch gar nicht wissen, daß sie damit ein Vertrauen bricht und schnöde ein Geheimnis preisgibt. Aber jetzt ist es heraus, und die Kinder lachen.

„Was, in aller Welt?“ fragt Lehrer Klagg.

Jawohl, eine Fiedel.

„Hol gleich das Zeug einmal her!“ befiehlt der Lehrer.

„Sie ist noch nicht fertig …“ wehrt Monrad sich verängstet. Ganz verzweifelt und vernichtet von dem jähen Überfall.

„Hol sie, sag’ ich!“ befiehlt der Lehrer.

Und da bekommt man also dieses Instrument zu sehen. Dach, Boden, Hals — die ziemlich rohen Teile einer Geige.

„Hast du je so etwas erlebt!“ ruft der Lehrer und hält die Teile zusammen. „Junge, das hast du wahrlich nicht übel gemacht … Nein, da schau nur einer her …“

Nun dachte sich vielleicht diese kapriziöse Prinzessin Hjördis von Tyremoen nichts weiter dabei; und sie wollte den Häuslerbub nur ein wenig herumwirbeln zu ihrer Belustigung und weil sie die Hände nicht rühren konnte zu einer anderen Tat. Aber dieses hier beginnt nun ganz verkehrt zu gehen. Ja, dieses hier wird ein Fall, ganz nach dem Herzen des Lehrers, des guten Helfers in allen Nöten. Er legt vor Staunen seinen Kopf von einer Seite auf die andere. „In des Herrn Namen, das hast du vorzüglich gemacht, du, Monrad! Und nur mit einem groben Dolchmesser ausgeschabt? Bittrer Tod — das ist großartig!“

Dieser gute alte Lehrer Klagg vergißt auf einmal seine Geschichte von Olav dem Heiligen und will nur noch von der Fiedel reden. Ganz verwunderliche Dinge redet er.

„Sie ist wie ein Mensch … Das Material bleibt an sich wertlos. Aber sie hat eine Seele …“

Eine Seele?

Nein. Die Kinder lachen.

In der großen Mittagspause verzieht sich Monrad hinter Finns Scheune. Seine Wange brennt wie Feuer; aber er friert im Herzen. Noch kann er sich darüber nicht klar werden, doch er ahnt, daß die Welt rund um ihn herumliegt und ihn finster und feindlich anstarrt.

Hinter der Wiese rauscht der Elv — Monrad meint, es sei ein ganzer Chor dunkler Stimmen. Von überallher quillt ihm Trauer und Bitternis entgegen … Da biegt Hjördis um die Hausecke. Sie kommt wieder heran mit stolzem Nacken und gerade im Rücken, wie eine Jungfrau — leichtfüßig, obschon sie nur in plumpen Holzschuhen geht. Ganz nahe kommt sie, lehnt sich ebenfalls gegen die Mauer, und ihre braune Hand gleitet sachte vorwärts. Ihre Hand sucht tastend und ein wenig verzagt. Aber jetzt liegt sie schon richtig auf Monrads Ärmel. Und Hjördis beugt sich vornüber und schaut dem Häuslerbub von unten her ins Gesicht.

Hjördis sagt: „Du wirst es nie glauben — aber es war doch alles nur zum Scherz. Ich mußte doch immer daran denken … Da konnte ich mir nicht helfen und sagte es heraus. Ich weiß auch nicht, warum ich es sagte … Du sollst jetzt nicht dastehen und traurig sein, Monrad!“

Monrad lehnt sich nur noch weiter zurück gegen die Mauer. Es ist plötzlich viel Trotz in ihm. „Traurig — nein!… Wie kommst du darauf?… Ho, mach dir nur keine Sorgen …“

„Armer Bub!“ sagt Hjördis leise. Nicht nur ihre Lippen, auch ihre Hand sagt es leise.

Monrad kommt auf den kühnen Gedanken, was wohl Ove Höigaard tun würde in diesem Falle … Wenn Ove so dastände an dieser Mauer. Ove mit den breiten Schultern. Ove, der schon längst konfirmiert und fast erwachsen ist und Tabak kaut und ganz nach eigenem Ermessen auszog zum Winterfischfang — Ove, der heimkam, mit Geld in jeder Westentasche, und unflätige Lieder sang …

Was, zum Teufel? würde wohl Ove fragen, mit seinen buschigen, starken Brauen zucken und dabei zweifellos seinen langen Arm um Hjördis’ Rücken legen. Ove würde Hjördis sicherlich an sich ziehen — ja, Gott weiß, was Ove in seiner Überlegenheit unternehmen würde. Man dürfte alles von Ove erwarten, jedenfalls alles den Mädchen gegenüber.

Das ist Ove. Er polterte den ganzen Frühling in seinen schweren Seestiefeln herum.

In diesem Augenblicke weiß Monrad, wenn er es machen würde wie Ove, dürfte Hjördis nicht länger ihr Spiel mit ihm treiben. Doch schon bei dem Gedanken, sie um die Mitte zu fassen, beginnen Monrads Knie zu beben.

„Was macht denn der Zahn?“

„Welcher Zahn?“

Mit einem windschnellen Sprunge flattert die braune Hand von Monrads Ärmel auf. Das Wolltuch gleitet zurück. Es zeigt sich eine fein aufgeschwollene Wange mit vielen braunen Punkten.

„Warum“, fragt Monrad, und jetzt sind seine Lippen weiß und zittern und seine Stimme ist dick von Tränen, „warum plagst du mich stets?“

In Hjördis’ Augen aber funkelt blaues Feuer. Ganz nahe seinem Ohr flüstert ihre Stimme: „Du gingst gestern wieder das Stortal hinauf? Was triebst du denn dort oben? — Sag es! Du bliebst bis in die Nacht hinein … ja, bis spät. Und ich habe auch gestern auf dich gewartet.“

„Hast du mir denn nicht selber gesagt, ich dürfe nicht kommen? Du sagtest, es habe nun keinen Zweck mehr …“

„So? Habe ich das …? Nein, ich weiß nicht … Aber ganz gewiß saß ich gestern wieder auf der Treppe bis spät in die Nacht. Und meine Hände schwollen immer mehr an. Als ich dich sah, sprang ich auf. Ich wollte dir entgegenlaufen. Ja, das ist so wahr und sicher … Oh, du! Das war doch alles zusammen so wunderlich! — Aber dann fiel der Milcheimer um. Dann riefen sie mir nach …“

Mit halboffenem Mund trinkt Monrad dieses unbegreifliche Geständnis. Es beginnt in seinem Gesicht zu schimmern und fürchterlich zu arbeiten. Es wetterleuchtet förmlich in diesem bleichen Knabengesicht. Es ist mit einem Male viel Freude darin. Dann aber verschwindet jäh wieder alle Hoffnung und aller Glanz daraus.

„Das alles sagst du nur so, Hjördis. Aber du meinst es nicht. Es kann ja doch nicht wahr sein“, murmelt er. „Ich kann nicht wissen, was du wieder von mir willst …“

„Warum sollte es denn nicht wahr sein?“ fragt Hjördis hastig und heiß. „Da — fühl doch selber, wie mein Herz hämmert!“

Hjördis nimmt Monrads Hand und drückt sie mit ihren eigenen Händen unter ihre kleine Brust. „Kann denn das Herz lügen?“ fragt sie.

Verwirrt von all dieser Zauberei und gelähmt von irgend etwas Geheimnisvollem, das ihm von Hjördis zuströmt, bleibt Monrad unbeweglich wie eine Holzfigur stehen; erstarrt in Angst und unbegreiflichem Verlangen.

„Komm jetzt“, sagt Hjördis. „Du mußt dir auch Salbe auf deine Wange schmieren lassen.“

Und da Monrad nur immer noch gegen die Mauer lehnt und den Kopf schüttelt, reißt sie mit ihren kleinen spitzen Zähnen die Tücher von ihren Händen. Die Tücher flattern zu Boden, und Hjördis tritt sie in die schmutzige Erde hinein. Und sie greift in ihr Haar und nestelt die blaue Seidenschlaufe los. Sie steckt die blaue Seidenschlaufe Monrad mit einer flinken Bewegung unter die Weste. Jetzt aber weicht mit einem Male alle Kälte aus Monrads Herzen. Es beginnt in seiner Brust zu hämmern und zu brennen. Seine Brust ist jetzt angefüllt mit rotglühendem Eisen und brutzelt wie ein Topf kochender Grütze.

In diesem Augenblick tritt Lehrer Klagg auf die Steintreppe und klatscht in die Hände. Dann beginnt wieder die Schule. Und dann wird Hjördis’ unbegreifliches Herz wieder ruhig, und das strahlende Feuer in ihren Augen erlischt.

Hjördis sitzt da und schaut den alten Lehrer an und sagt plötzlich mit ihrer weichen, schwebenden Stimme: „Das mit dem Zahn war nur Schwindel … Monrad ist auch in eine Bergdistel gefallen. Er fiel mit dem Gesicht darein. Man muß auch ihm Salbe aufstreichen.“

So setzt dieses Mädchen schließlich wieder seinen Willen durch.

An diesem Tage gibt es verschiedenes zu besprechen in den paar grauen Häusern von Tyremoen. Sollte denn das gar nichts zu bedeuten haben, daß Finns Tochter und der Häuslerbub zu gleicher Zeit auf so seltsame Weise an Hand und Wange erkrankten? Kein Mensch wollte doch an die Bergdistel glauben. Keiner wußte, was es in Wirklichkeit zu bedeuten hatte: Es mußte in jedem Falle etwas Schlimmes sein.

Und dann die Fiedel! Wie konnte denn dieser Bursche im Größenwahn nur darauf verfallen? Eine Fiedel? Hoho — dieses Platzmannsvolk wollte sich schon gar zu groß und zu breit machen. Die Kinder hatten ganz recht, wenn sie über des alten Lehrers törichte Worte lachten.

Die Alten lachten auch darüber. Die Alten sagen: „Das ist, hol’s der Teufel, aufgelegter Humbug in alle Ewigkeit hinein. Und es ist zudem auch noch sündig, so zu reden. So etwas Verrücktes! Nur der Mensch hat eine Seele; denn er allein ist von allen anderen Dingen Gott ähnlich …“

Aber sonst, meinen die Alten, sei der Lehrer Klagg ein herzensguter Mann, ein Kernmensch in allen Teilen. Und sie mögen ihn jetzt nur noch besser leiden, weil er ihnen endlich auch eine schwache Stelle offenbarte.

Der Lehrer Klagg, dieser Schwärmer und Kernmensch schmiert nicht nur dem Häuslerbub die gute Salbe auf die Wange, er wandert auch am selben Abend schon hinauf in die Kätnerhütte und gibt sich noch lange nicht mit seinem kuriosen Gerede und versetzt auch die stille Witwe Karen in Aufregung. Ja, und gleich fängt er, weiß Gott, schon selber zu feilen und zu schaben an, und hilft nach Kräften mit beim Bau dieser sündigen Fiedel.

Der Lehrer Klagg geht persönlich zum Hofbauer Finn und bittet um die Leimpfanne. Rein verrückt wie er ist. Der Lehrer geht noch einmal in Finns Haus zurück und holt den zweiten Bogen aus seinem schwarzen Geigenkasten. Und er holt vier neue Saiten. Und auf diese Art und Weise mußte es natürlich schon gehen. Es geht jetzt sozusagen im Sturm.

Auf einmal erklingt in der Kätnerhütte der erste Ton. Karen, die Witwe, hat hiermit Grund und Ursache genug, zu staunen und die Hände über ihrem Kopfe zusammenzuschlagen. Sie muß nun zwischen Stolz, Freude und Schreck laut herausrufen: „Nein, aber Lehrer Klagg! Wo denken Sie nur hin? … Nein, nein — dieses ist viel zuviel … Was tun Sie? Und was soll denn der Bub mit einem solchen Spielinstrument? Nein — Gott segne Sie für Ihr gutes Herz …“

Oh, diese Karen ist so aufgerüttelt in ihrer einfältigen Seele und vollständig wirr im Kopfe. Sie mengt alle Worte und Gefühle hoffnungslos durcheinander und weiß gar nicht, wie sie ihre Dankbarkeit und Unterwürfigkeit bekunden soll.

Eigentlich ist alles, was Karen sagt, doch nur leeres Geschwätz, auf das in dieser Stube niemand hört. Denn es sitzt nun der alte Lehrer auf dem Bett, und Monrad legt seine Fiedel unters Kinn. Monrad streicht mit dem Bogen zum ersten Male über die Saiten. Hier steht Monrad und spielt. Er spielt und läßt seine Knabenseele erklingen.

Er hat nicht die Augen geschlossen. Er hält die Augen so weit offen, als starre er in eine tiefe Nachtfinsternis. Er muß wohl einen Himmel mit vielen großen Sternen sehen …

Weil Karen mit ihrem Gerede nicht Ruhe geben will, hebt der Lehrer die Hand und winkt und gebietet ihr, zu schweigen.

„Schau doch nur sein Gesicht an, gute Mutter Karen! Schau dir doch nur diese Augen an! — Seine Seele ist fern …“ flüstert der Lehrer Klagg.

Darin mag der alte komische Mann recht haben.

Monrad beugt den Kopf vor, sein Körper schwankt und flattert leise wie ein Baum im Sturmwind. Über ihm liegt etwas Fremdes und Fernes, etwas so völlig Neues und Unbegreifliches, daß Karen erschrickt und ängstlich die Stube verläßt.

Es sind ja ganz gewiß verwunderliche Töne, die hier erklingen unter unkundigen Fingern. Das gleicht einem wilden Wirbel von Lauten, der brausend aus tiefer Quelle aufklingt. Monrad, der Knabe, wühlt entrückt in Geräuschen. Es ist ein Sturzbach von Stimmen, ein wirres Toben, ein Orkan.

Auch den Lehrer packt ob solchem Ausbruch Bestürzung und eine seltsame Bangigkeit. Er starrt verwirrt auf dieses Häuslerkind, das da von einer unerhörten Gewalt erfaßt worden und nun in gott- und weltvergessener Einsamkeit steht. Monrad gibt sich dem Wunder völlig hin, wie nur ein Kind sich hingeben kann.

Der Lehrer hat nun wohl begriffen, daß hier etwas Ungewöhnliches geschieht.

Der Lehrer mag sich das eigentlich anders und ungefähr so vorgestellt haben, daß er diesem Knaben das Instrument erklären wird, wie es ihm einmal erklärt wurde, daß er ihm die ersten Griffe zeigen wird, wie man sie ihm gezeigt hat. Aber nein, hier gibt es zu dieser Stunde durchaus nichts zu unterrichten. Der Lehrer verliert sogleich jede Führung und Überlegenheit vor der Naturgewalt, die da vor seinen Augen so ungestüm losbricht. Diesen Sturm muß er vorüberbrausen lassen. Zögernd verläßt auch der Lehrer Klagg die Stube.

Der Lehrer geht über die Wiese zum Strande hinunter, die Hände auf dem Rücken und den Kopf schwer von Unbegreiflichkeit und ernsten Gedanken.

Monrad spielt indessen.

Karen kommt wieder zurück und macht Feuer im Ofen. In irgendeiner Weise glaubt sie, es sei Festtag, und sie kocht Wasser und mahlt wahrhaftig ein paar Kaffeebohnen. Monrad spielt weiter.

Der Himmel verliert allmählich seine Farbe. Am Fenster steht schon die weiße Frühlingsnacht. Monrad spielt immer noch. Karen muß ihm in den Arm fallen.

„Aber jetzt, Bub!“ ruft Karen. „Gott bewahre meine arme Seele — hör endlich auf!“

Ja, Karen muß ihm Geige und Bogen aus der Hand nehmen. Sie muß ihn auf den Schemel hinter dem Tische niederdrücken. Sie muß ihm immer wieder zurufen: „Iß, Bub! So iß doch — sieh, ich habe Kaffee gekocht. Und ich habe Waffeln gebacken … Du bist ja völlig krank — nein, Gott tröste mich!“

Unter all diesem Gerufe und halbem Schelten kommt Monrad wieder zu sich selber zurück und greift mit erstauntem Lächeln und seufzend nach der Tasse. Ganz gewiß kehrt er von weither zurück. Er wird allmählich wieder zum stillen, blassen Häuslerbuben auf Tyremoen.

Tyra, die Märcheninsel

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