Читать книгу Maß- und Formänderungen infolge von Wärmebehandlung von Stählen - Karl Heeß - Страница 20
1.3.1 Volumenänderungen durch Umwandlung
ОглавлениеZunächst wird angenommen, dass ein Bauteil unter idealen Bedingungen gefertigt werden kann, d.h.
es weist eine absolut homogene chemische Zusammensetzung auf,
es liegt ein homogenes Gefüge mit homogener Korngrößenverteilung vor,
es beinhaltet keinerlei Texturen und
die Vorbearbeitung kann einen völlig eigenspannungsfreien Rohling liefern.
Weiterhin muss angenommen werden, dass die Wärmebehandlung unter idealisierten Bedingungen durchgeführt werden kann. Diese beinhalten:
gleichmäßige Erwärmung am Bauteil,
langsamste Erwärmgeschwindigkeit,
ideale Chargierung mit ausreichend großen Abständen zwischen den Bau-teilen und
minimal mögliche Abkühlgeschwindigkeit mit
ideal homogenen Wärmeübergangsverhältnissen.
Selbst diese perfekte Fertigung würde zu Maßänderungen führen, wenn durch die Wärmebehandlung eine Veränderung der Mikrostruktur bewirkt wird! Bloße Maßänderungen entstehen dann bereits ohne jede plastische Deformation und völlig unvermeidbar durch die Abhängigkeit des spezifischen Volumens vom Gefügezustand (Bild 1.2). Aus diesem Bild /Lem59/ ist bspw. zu entnehmen, dass ein martensitisch gehärtetes Bauteil aus einem Stahl mit 0,4 % Kohlenstoff durch eine Normalglühung mit sehr langsamer Abkühlung, die unter diesen Bedingungen zu einem ferritisch/perlitischen Gefüge führt, eine unvermeidbare Volumenreduzierung erfährt. Dieses Beispiel mag praktisch nicht relevant sein, aber es zeigt klar den Zusammenhang zwischen unvermeidbaren Maßänderungen und Phasenumwandlung unter den eingangs formulierten idealisierten Bedingungen.
Eine von Wyss erstellte Systematisierung der unvermeidbaren Maß- und Formänderungen bezeichnet diesen Fall mit „Tendenz I“ (Bild 1.8). In dieser Darstellung /Wys72/ kennzeichnen die gestrichelten Linien die Ursprungskontur und die durchgezogenen mögliche Umrisse nach der Wärmebehandlung. Die Tendenz I zeichnet sich durch reine Maßänderungen ohne Formänderungen aus, die aber anisotrop sein können. Sie sind von folgenden Größen abhängig:
chemische Zusammensetzung (speziell Kohlenstoff)
Ausgangsgefüge
Austenitisierbedingungen
Art der Umwandlung
Grad der Umwandlung (anteilig, vollständig)
Bild 1.8:
Systematik der unvermeidbaren Maß- und Formänderungen /Wys72/