Читать книгу Maß- und Formänderungen infolge von Wärmebehandlung von Stählen - Karl Heeß - Страница 25
1.3.2.4 Einfluss der plastischen Dehnungen auf Maß- und Formänderungen
ОглавлениеWas ist nun der Grund für diese Umkehrung des Maßänderungsverhaltens? Bild 1.13 zeigt für verschiedene Werte der Biot-Zahl die Verteilung der Axialkomponente des plastischen Dehnungstensors. Bis zur maximalen Längenänderung in Bild 1.12 überwiegen über den Querschnitt gesehen positive Werte dieser Größe. Danach nimmt der Querschnittsanteil mit negativen plastischen Dehnungen in Axialrichtung kontinuierlich zu und führt so zu der beobachteten Kontraktion der Länge oberhalb der genannten Biot-Zahl von 3,2. Die Eigenspannungen in Axialrichtung weisen den gleichen Trend auf: Hier steigt mit wachsender Biot-Zahl der Querschnittsanteil mit Zugspannungen in Axialrichtung.
Bild 1.13:
Konturänderung mit zugehörigen Verteilungen von plastischer Dehnung und Eigenspannung in axialer Richtung für verschiedene Biot-Zahlen (gezeigt ist jeweils ein Viertel des Zylinderquerschnitts) /Lüb12/
Es ist zu beachten, dass die oben genannten Werte der Biot-Zahl von 0,4 bzw. 3,2 nur für den der Untersuchung zugrundeliegenden Werkstoff X8CrNiS18–9 gelten. Qualitativ sind aber für alle Werkstoffe, die keine Phasenumwandlungen während einer Wärmebehandlung aufweisen, ähnliche Abhängigkeiten zu erwarten. In /Fre07/ wurden Simulationen mit systematischen Parametervariationen durchgeführt, die den prinzipiellen Einfluss der einzelnen Größen zeigen. Dabei wurde gezeigt, dass insgesamt neben der Biot-Zahl lediglich fünf weitere dimensionslose Kennzahlen zur vollständigen Charakterisierung des Maßänderungsverhaltens von langen Zylindern ohne Phasenumwandlung benötig werden:
Gleichung (2)
V, O: | Volumen und Oberfläche der Zylinder |
αth: | thermischer Ausdehnungskoeffizient |
To, Tq: | Abschreck- und Badtemperatur |
ν, E: | elastisch Eigenschaften (Querkontraktionszahl und E-Modul) |
σ0, K, n: | plastische Eigenschaften (Streckgrenze und Parameter eines modifizierten Ramberg-Osgood Modells /Fre07/) |
Die Untersuchungen konnten allerdings die Funktionen f und g prinzipiell nicht vorhersagen. Ein erster Ansatz zu einer geschlossenen Beschreibung wurde von Landek entwickelt /Lan08/. Er benutzte gemittelte Materialparameter von 28 repräsentativ ausgewählten austenitischen Stählen und die zugehörigen Standardabweichungen für die Durchführung von Wärmebehandlungssimulationen. Die resultierenden Längenänderungen wurden durch ein nichtlineares Regressionsmodell mit den sechs dimensionslosen Kenngrößen als Parametern gefittet. Bild 1.14 zeigt den Vergleich zwischen Ergebnissen der Wärmebehandlungssimulation und dem Regressionsmodell. Die Übereinstimmung ist nicht perfekt, aber das Regressionsmodell bietet die Möglichkeit, die Längenänderungen abzuschätzen, wenn die Material- und Prozessparameter aus Gleichung 2 bekannt sind.
Bild 1.14:
Gegenüberstellung der Längenänderungen von umwandlungsfreien Zylindern aus austenitischem Stahl berechnet mittels Wärmebehandlungssimulation bzw. mittels Regressionsmodell /Lan08/]