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„Wussten Sie davon, dass der Bürgermeister eine Geliebte hat, oder besser gesagt, hatte.“

Der Inselpolizist schaute hinter seinem Schreibtisch auf. Kommissar Brandt und Kriminalmeister Wagner waren soeben in seine Dienststube gekommen. Er zuckte mit den Schultern. „Das ist kein Geheimnis, Herr Kommissar.“

„Und warum hatten Sie uns nicht gleich gesagt, dass die Tote seine Geliebte war, wenn Sie es denn wie alle anderen auch wussten, wie ich annehmen muss“, ging Kriminalmeister Wagner dazwischen.

„Ich hab sie erst gestern Abend anhand der Fotos, die mir die Spurensicherung daließ, als Frau Nielsen identifiziert.“ Der Inselpolizist schaute Beistand suchend nach dem Kommissar. „Ich hatte Ihnen die

Fotos ja gleich übergeben.“

„Und nicht gesagt, wer diese Frau war. Aber schon gut“, sagte dieser abwinkend. „Wo war Frau Nielsen untergekommen, wenn sie sich hier auf der Insel aufhielt?“

„Mal hier, mal da, sie bevorzugte keine bestimmte Ferienwohnung oder Pension. Sie war auch schon mal in der, in der Sie beide gerade sind“, sagte der Insel-polizist.

„Da lag ich heute Morgen mit meiner Vermutung

ja gar nicht so verkehrt“, griente der junge Kriminalmeister.

„Auf jeden Fall sollten wir jetzt endlich den Bürgermeister finden, er wird uns einige Fragen beantworten müssen“, befand Kommissar Brandt mit einem abfälligen Blick, mit dem er seinen Amtskollegen streifte.

„Und vielleicht auch Lina Olsen, seine Frau“, warf der Inselpolizist ein.

„Von ihr kommen wir gerade, wieso?“ Der Kommissar schaute irritiert.

„Weil auch sie einen Geliebten hat“, antwortete der einheimische Polizist süffisant.

„Wie bitte?“ Auch der junge Kriminalmeister sah ihn fragend an.

„Da tun sich aber Abgründe auf hier auf der Insel. Vielleicht wissen Sie, wo der Bürgermeister zu finden ist? Seine Frau konnte es uns nicht sagen. Hat der Bürgermeister neben seinem Amt noch einen Beruf? Geht er irgendeiner Arbeit nach?“, wollte Kommissar Brandt wissen.

„Nein, er macht das hauptamtlich. Er kommt zwar von einem Bauernhof hier, den betreibt aber immer noch sein Vater, Hinnerk Olsen.“

„Dann sollten wir dorthin fahren“, forderte Wagner. „Ich würde allerdings jetzt schon sagen, dass es Mord war, und wir haben eine Verdächtige.“

„Sie bleiben also bei einer Mordtat und haben die Frau des Bürgermeisters im Verdacht.“ Die beiden Beamten waren zusammen mit dem Inselpolizisten in den Dienstwagen gestiegen.

„Sie sind beide verdächtig.“

„So? Gleich zwei?“ Der Kommissar schaute kurz mit hochmütigen Seitenblick nach seinem jungen Kollegen und dann in den Rückspiegel. „Und was sagen Sie, Peters?“ Damit meinte er den Inselpolizisten hinten auf dem Rücksitz. „War der Bürgermeister erpressbar?“

„Ja, und sind hier demnächst irgendwelche Wahlen?“, flocht Wagner ein und fing sich erneut einen geringschätzigen Blick seines älteren Kollegen ein. Der Kommissar steuerte den Wagen soeben durch Tammensiel.

Frank Peters, der Inselpolizist, zog die Schultern hoch.

„Aber Sie können doch sicher sagen, wo sich der Bürgermeister mit seiner Geliebten zu ihren Schäferstündchen trafen?“, forschte Kommissar Brandt weiter.

„Soviel ich weiß, benutzten sie dafür das Leuchtturmwärterhäuschen“, kam die Antwort von hinten.

Die Kieler Kriminalbeamten schauten sich kurz an.

„Sicher haben Sie auch schon das Motiv für einen Mord.“ Der Kommissar sah wieder geradeaus und meinte seinen neben ihm sitzenden jungen Kollegen.

Der Kriminalmeister schüttelte mit dem Kopf. „Dazu ist es zu früh. Lassen Sie mich den Bericht der Spurensicherung lesen, ob die etwas Interessantes in dem Häuschen gefunden haben.“

„Reichen Sie ihm die Mappe rüber.“ Kommissar Brandt sah im Rückspiegel nach dem Inselpolizisten.

„Es sollten nicht mehr als zwei DNA zu finden gewesen sein.“ Der junge Wagner blätterte in den Unterlagen auf seinem Schoß. „Hier sind aber viel mehr festgestellt worden. Ich dachte, das Leuchtturmwärterhaus sei nicht mehr in Betrieb.“

„Sie glaubten wohl nur die DNA des Liebespaares zu finden? Was ist, wenn die Ehefrau des Bürgermeisters die beiden dort überrascht hat? Sie selbst sagten doch, dass Sie die Frau im Verdacht haben.“

Der Kommissar hatte den Dienstwagen jetzt bis an den Deich auf der Nordseite der Insel gesteuert. Langsam ließ er das Auto weiterrollen, die Straße verlief nun wieder ins Inselinnere.

„Ich sagte ja bereits, Pellworm ist nicht so groß“, ging der einheimische Polizist auf die zögerliche Fahrweise des Kieler Beamten ein. „Die Hauptstraße führt nur einmal ringsum.“

„Und die Häuser dort hinten?“

„Bauernhöfe und Ferienwohnungen in den Kögen, nur über unbequeme Wirtschaftswege zu erreichen“, erklärte Frank Peters.

Gezeitenstrom

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