Читать книгу Astrologie. 100 Seiten - Karl-Heinz Göttert - Страница 7

Antike Kritik

Оглавление

Wer sich für die Anfänge der Astrologie interessiert, wird an die klassische griechische Antike denken. Aber dort stößt man nicht auf Astrologie. Sokrates, Platon, Aristoteles – komplette Fehlanzeige. Es gab zwar eine rege »Naturphilosophie«, aber die bezog sich auf Erklärungen für das rätselhafte Werden und Vergehen bei einer Stabilität des Ganzen. Gibt es zum Beispiel einen »Urstoff« und wenn ja: vielleicht das Wasser oder doch eher das Feuer? Der Rest war Rechnen. Von Thales in Milet wird die schöne Anekdote berichtet, dass er beim Blick in den Himmel in eine Grube stürzte und von einer schlichten Magd dafür verlacht wurde. Was suchte Thales da oben? Auf jeden Fall Ordnung, zum Beispiel, um eine Sonnenfinsternis voraussagen zu können, wie man es ihm zuschrieb. Im antiken Griechenland betrieb man, wenn überhaupt, Astronomie, nicht Astrologie.

Aber das Interesse änderte sich und die Welt wuchs zusammen. Als die Römer in endlosen Kriegen ihr Riesenreich errichtet hatten, bildete der Hellenismus die gemeinsame Kultur, in die auch »östliche« Lehren einflossen. Damit traf Astronomie auf Astrologie, wobei es durchaus zur Abwehr kam – in Rom wurden 139 v. Chr. die Astrologie treibenden »Chaldäer«, womit die Babylonier gemeint waren, ausgewiesen. Weil in Rom jedoch immer schon die Zukunft an Zeichen abgelesen wurde, bei der Leberschau wie im Hinblick auf die Deutung des Vogelflugs, wurde irgendwann auch die Zeichenwelt des Ostens attraktiv und begierig aufgenommen. Plinius der Ältere berichtet in der frühen Kaiserzeit, also im 1. Jahrhundert n. Chr., von einer entsprechenden Mode, die er scharf ablehnte. Schon Cicero, der erfolglose Verteidiger der alten Republik gegen Caesar, schrieb ein kleines Buch Über die Wahrsagung im Allgemeinen, bei der auch die astrologische Form im Besonderen eine Rolle spielt – und verurteilt sie.

Cicero argumentiert dabei als Intellektueller, der sich für den Staat verantwortlich sieht, und stellt die Frage, ob die Wahrsagerei eigentlich rational sei oder ob das Weltreich Rom allmählich dem »Aberglauben alter Weiber« verfalle.

Für die Wahrsagerei spricht: Es gibt erstens zahlreiche Fälle von Prophezeiungen, die sich erfüllt haben. Es liegt zweitens nahe, dass sich die Götter um die Welt, die sie geschaffen haben, auch kümmern und die Menschen mit »Zeichen« versorgen. Weiter: In der Medizin urteilt man ebenfalls aufgrund von »Zeichen« wie etwa dem geröteten Gesicht bei Fieber. Auch jeder Seefahrer schaut nach dem Himmel, um in den Wolken ein sich ankündigendes Gewitter auszumachen.

Gegen die Wahrsagerei spricht: Zeichen am Körper entwickeln sich nicht per Zufall, und auch das Aufkommen eines Sturms folgt »natürlichen« Gründen. Wahrsagung aber stützt sich immer auf »zufällige« Zeichen, die sich in der Regel bloßer Analogie verdanken. Witzig fragt Cicero, ob man sich Sorgen um den Staat machen müsse, wenn Mäuse in der Bibliothek ein Exemplar von Platons Staat angeknabbert hätten. Genauso zufällig aber erscheint ihm die Geburt von Menschen unter Sternbildern und Planeten. Und überhaupt: Wieso sollen unendlich weit entfernte Himmelskörper ein Leben prägen können? Wieso sollen die gleichzeitig Geborenen ein gleiches Geschick haben, wo doch an jedem Ort der Erde die Sterne samt ihren Aspekten anders erscheinen? Das Ganze endet im Stoßseufzer: »Welch unglaublicher Wahnsinn!«

Diese und weitere Kritik wie etwa die sehr einschlägige von Aulus Gellius in den Attischen Nächten im 2. Jahrhundert n. Chr. hätte es jedoch nicht gegeben, wenn die Astrologie nicht überall verbreitet gewesen wäre. Erste Bücher fassten die Lehren zusammen, zum Beispiel die Astronomica von Marcus Manilius zur Zeit von Kaiser Augustus. Längst hatten die philosophischen Schulen das Thema aufgegriffen. In der auf Platon zurückgehenden Akademie (der Cicero angehörte) war man skeptisch eingestellt, in der konkurrierenden Stoa dagegen feierte man die Ordnung im Kosmos als Grund einer Lehre von der Sympathie auch unter den Menschen – mit begeistertem Zuspruch zur Astrologie, deren Lehre geradezu als Beweis dafür galt, dass es Götter gibt. Es bedurfte lediglich einer Persönlichkeit, die die Astrologie nicht nur mit ihren Verfahren darstellte, sondern diese Verfahren überzeugend begründete. Diese Persönlichkeit kam mit Claudius Ptolemäus, der im 2. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria, immer noch einem Epizentrum des Hellenismus, lehrte.


Claudius Ptolemäus. Neuzeitliches Idealporträt

Astrologie. 100 Seiten

Подняться наверх