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Vom Sinn der Pinguinexistenz

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Wenn noch immer in Brehms Tierleben zu lesen ist, dass man nicht viel Aufhebens von dem Nutzen machen kann, den die Pinguine den Menschen bringen, dann ist das eine sehr armselige Art der Betrachtung. Denn die Frage lautet vielmehr: Was ist der wahre Sinn ihrer Existenz?

Sofort aber muss man dann daran denken, dass diese Gruppe von Vögeln einen Kontinent bewohnen, der völlig menschenleer geblieben ist. An den Randgebieten der Arktis lebt noch der Eskimo. Die Antarktis aber, vom Meer umgeben, ist eine völlig menschenleere Landschaft. Die Lebensbedingungen sind so unwirtlich und bedrohlich, dass Menschen nur unter größten Opfern einige Zeit dort existieren können. Der Pinguin aber hat den Schritt gewagt, die dunkle Einsamkeit und Kälte der Antarktis mit seinem Dasein zu durchdringen. Das allein ist eine Jahr für Jahr sich neu vollziehende Heldentat. Besonders die Adelie- und Kaiserpinguine besiedeln die schnee- und eisbedeckten Hochflächen des Südpols. Tragen sie damit nicht ein Stück Erdenschicksal in diesen so verlassenen Bereich des Erdgestirns? Und wenn die Pinguine, nach vollzogenem Brutgeschäft, wieder ins Meer zurückgehen, dann schwimmen sie hinaus nach allen Seiten; zu den Falklandinseln bei Südamerika, zum Kap von Südafrika, nach Neuseeland, nach Tasmanien und bilden so eine lebendige Verbindung zu den von Menschen bewohnten Gebieten. Die Pinguine binden den antarktischen Kontinent an die übrigen Erdgebiete, indem sie jährliche Botschafter zwischen beiden sind. Das sind keine Staatsverträge und territorialen Ansprüche, die sie verbreiten. Sie tragen die Kunde vom Dasein des Menschen auf Erden in die polaren Regionen.

Vielleicht wird eine nähere Kenntnis der wenigen Gattungen existierender Pinguine es einmal ermöglichen, sie den verschiedenen Arten der Menschenrassen zuzuordnen, sodass sie dadurch ein Schattenbild der ganzen Menschheit darstellen, das auf dem und um den antarktischen Kontinent herum existiert. Sie, die in vielen Zügen den Menschen karikiert wiederholen und nachahmen, tragen sein Bild in die äußersten Grenzen des Erdendaseins hinein.

Einstmals war die ganze Vogelwelt ein gewaltiges Geistwesen, das brütend über den Wassern schwebte. Die meisten Vogelgeschlechter können deshalb noch heute ihre Flügel ausbreiten und himmelwärts fliegen. Andere aber mussten dem Flug entsagen und sich der Erde und dem Wasser verschreiben. Die Pinguine sind die Affen der Vögel. Auch sie hatten einst Flügel, aber sie stürzten zu schnell in die Verhärtung hinunter und verloren dabei die Kunst des Fliegens. Stattdessen erwarben sie sich das Schwimmen, und nun ziehen sie jährlich zweimal vom Wasser zum Land und zurück und verkünden dem nächtlichen Südpol das Lied vom Menschen. Es ist ein rauher Gesang; mehr dem Schrei des Esels gleich als dem Lied der Vögel. Sie krächzen und quaken und prusten und bellen – und dennoch ist es ein Laut, der aus dem Innern in die furchtbare Stille der Polarnacht tönt und ihr zuruft: Die Erde ist beseelt.


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