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3. Der fremde Fremde

Als die drei ins Dorf zurückkehren, hören sie schon von weitem wildes Glockengebimmel.

„Was ist denn da schon wieder los?“, fragt Golina.

„Besser, wir sehen mal nach“, meint Ruuna.

„Au ja, das wird bestimmt lustig!“, fügt Willert hinzu.

Auf dem Platz vor der Kirche steht Olum, der Fischer, und läutet die Glocke.

„Was soll der Lärm?“, fragt Magolus, der gerade aus der Kirche kommt. „Wie soll ich denn bei diesem Krach schla... ich meine, beten?“

„Ein Fremder!“, ruft Olum. „Ich habe ihn genau gesehen!“

„Wo?“, fragt Golina.

„Da!“, ruft Hakun, der Fleischer, und zeigt die Dorfstraße entlang.

„Quatsch, da hinten“, widerspricht Olum und zeigt in Richtung des Flussufers.

„Nein, dort!“, entgegnet Hakun und zeigt erneut die Dorfstraße entlang.

„Woher willst du das wissen, du Dummkopf?“, empört sich Olum. „Du warst doch gar nicht dabei!“

„Selber Dummkopf!“, antwortet Hakun. „Ich weiß es, weil ich den Fremden sehen kann. Er kommt gerade die Dorfstraße entlang!“

Tatsächlich marschiert in diesem Moment ein Nasenloser mit schimmernder Rüstung auf sie zu. Im Nu bildet sich eine große Traube aus Dorfbewohnern. Ausgerechnet Primo ist jedoch nicht darunter.

„Ein Fremder!“, ruft Kaus, der Bauer.

„Ach wirklich?“, meint Hakun. „Was du nicht sagst!“

„Vielleicht kennen wir ihn ja“, spekuliert Birta, die mit Nano und Maffi herbeigeeilt ist.

„Spinnst du?“, meint Olum. „Wenn wir ihn kennen würden, wäre es doch kein Fremder!“

„Aber es waren schon mehrmals Fremde in unserem Dorf“, widerspricht Birta. „Wenn er einer von denen ist, dann kennen wir ihn und es wäre kein fremder Fremder, sondern ein bekannter Fremder.“

„Aha“, meint Olum, obwohl es nicht so aussieht, als hätte er verstanden, was Birta meint. „Aber woher sollen wir das wissen? Die Fremden sehen doch alle gleich aus.“

„Wir können ihn ja fragen“, schlägt Hakun vor.

„Aber er spricht doch unsere Sprache nicht, du Dummkopf!“, meint Olum.

„Wenn du mich noch einmal Dummkopf nennst, dann verkaufe ich dir keine Eier mehr!“

„Ha, wenn du mir keine Eier mehr verkaufst, dann verkaufe ich dir auch keine Fische!“

„Pah, wer will denn schon deine stinkenden Fische?“

„Ich geb’ dir gleich stinkende ...“

„Schluss jetzt!“, geht Golina dazwischen. „Nano, lauf schnell nach Hause und hol Papa! Sag ihm, dass ein Fremder hier ist und er sein däm..., äh, sein Buch zuklappen soll!“

„Ja, Mama.“ Nano flitzt los.

Der Fremde holt einen glitzernden Smaragd hervor und sagt etwas in seiner unverständlichen Sprache.

„Ich glaube, er will ein Stück leckeren Schweinebraten kaufen“, ruft Hakun. „Warte, Fremder, ich bin gleich zurück!“

Er rennt zu seinem Haus.

„Nein, er will bestimmt lieber einen Fisch, ganz frisch gefangen“, behauptet Olum. „Warte, Fremder, ich angele schnell einen für dich!“

Olum eilt zum Flussufer, um den vermeintlichen Wunsch des Fremden zu erfüllen. Auch die anderen Dorfbewohner rennen fort, um irgendetwas aufzutreiben, das sie dem Besucher für seinen Smaragd geben können. Der Fremde sieht ihnen verwirrt nach. Dann sagt er erneut etwas in seiner Sprache.

„Kann mir jemand einen Heiltrank verkaufen?“, krächzt Robinson, der anscheinend zuvor vom Durcheinander der Stimmen der Dorfbewohner überfordert war und die Sprache des Fremden deshalb erst jetzt übersetzt.

„Ja, ich“, ruft Willert.

Er hält dem Fremden einen Glaskolben hin.

„Das ist doch kein Heiltrank“, übersetzt Robinson die Worte des Fremden. „Das ist gewöhnliches Wasser.“

„Gar nicht wahr!“, widerspricht Willert. „Das ist ein Heiltrank. Er sieht nur anders aus.“

Golina fragt sich, woher er wissen will, dass in der Flasche tatsächlich ein Heiltrank ist und nicht ein Lachtrank oder womöglich das Gift. Aber sie hält sich aus der Diskussion lieber heraus.

Robinson krächzt die Übersetzung in Fremdensprache.

„Was ist das hier für ein seltsames Dorf?“, fragt der Besucher daraufhin. „Erst kommen alle angerannt, dann laufen sie wieder weg und jetzt habt ihr auch noch einen sprechenden Papagei! Auf was für einem seltsamen Server bin ich hier bloß gelandet?“

In diesem Moment kommen Nano und Primo hinzu, gefolgt von Kolle und Golinas bester Freundin Margi.

„Hallo Fremder!“, ruft Primo. „Ich sehe, du hast einen Smaragd. Hier, du kannst mein Buch dafür haben!“

Er hält das Buch mit seinen Abenteuern hoch. Golina rollt mit den Augen.

Der Fremde wirft einen kurzen Blick auf das Buch.

„Ich glaube, das hab’ ich schon“, übersetzt Robinson.

Primo sieht den Fremden verwirrt an. „Aber ...“, beginnt er.

„Hier, nimm lieber meinen Heiltrank!“, fordert Willert ihn auf.

„Lass den Blödsinn, Ru..., äh, Willert!“, meint Ruuna.

„Ich will kein Wasser, ich will einen Heiltrank!“, erklärt der Fremde.

„Aber das ist kein Wasser!“, behauptet Willert. „Es ist ein Heiltrank, ehrlich! Ich ... also Ruuna ... ich meine, als ich noch eine Hexe war, da hab’ ich einen Entfärbungstrank in alle Tränke gekippt. Aber das macht nichts, weil ich sie am Geruch erkennen kann. Der hier riecht nach Melone, also ist es eindeutig ein Heiltrank!“

Der Fremde sieht ihn verwirrt an. „Ihr seid die durchgeknalltesten Typen, die ich je auf einem Minecraft-Server getroffen habe“, gibt Robinson seine Worte wieder.

Er nimmt Willert den Glaskolben ab und hält ihn sich vors Gesicht. Doch da er keine Nase hat, kann er natürlich nichts riechen. Das vermutet Golina jedenfalls.

„Ach, was soll’s, ich kann ja mal probieren, ob es Wasser ist oder was anderes“, übersetzt Robinson. „Was soll schon passieren?“

Er setzt die Glasflasche an den Mund, während ihn Primo am Arm fasst.

„Willst du nicht doch lieber mein Buch kaufen?“, fragt er. „Es ist echt spannend, und selbst, wenn du schon ein Buch hast, kann ein zweites ...“

In diesem Moment trinkt der Fremde die Glasflasche aus. Dann passiert etwas sehr Merkwürdiges: Der Fremde und Primo sinken gleichzeitig ohnmächtig zu Boden.

„Uh, oh!“, meint Ruuna.

„Primo?“, ruft Golina erschrocken. „Primo!“

Gerade, als sie sich über ihn beugt, verschwindet der Fremde plötzlich, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

„Primo!“, ruft Golina entsetzt, voller Angst, dass auch er verschwinden könnte. Doch das tut er zum Glück nicht. Sie rüttelt ihn an der Schulter, doch er rührt sich nicht.

„Was ... was hast du getan?“, fragt sie Willert.

Der guckt sie erschrocken an. „Ich? Gar nichts!“

Das Dorf Band 21: Primo in der Kugelwelt

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