Читать книгу Das Dorf Band 17: Die Räuber - Karl Olsberg - Страница 5

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3. Wo ist Primo?

Golina rappelt sich auf. Die gewaltige Rauchwolke, die durch die Explosion entstanden ist, verzieht sich nur langsam. Dort, wo eben noch der Kampf stattfand, befindet sich nun ein großer Krater, in dem einzelne Erd- und Steinblöcke herumtaumeln. Darüber flattert der Papagei und krächzt: „Volle Deckung! KAWUMM! Nochmal! Nochmal!“

„Ups, das war wohl doch ein bisschen zu viel Knallpulver“, stellt Ruuna fest.

„Ich hab dir schon hundertmal gesagt, du sollst deine Tränke vorsichtiger dosieren“, schimpft Willert, der von der Wucht der Explosion ebenfalls von den Füßen gerissen wurde. „Jetzt sieh nur, was du wieder angerichtet hast!“

„Aber die Bösen sind doch weg!“, verteidigt sich die Hexe.

Tatsächlich haben die Räuber die Flucht ergriffen. Golina sieht sie über die östliche Ebene hasten. Aber wo sind Primo, Kolle, Porgo und Asimov? Sie sieht sich suchend um. In einer Mulde ein paar Schritte von dem Krater entfernt liegt ihr Schwiegervater Porgo, der sich in diesem Moment stöhnend erhebt und sich den Kopf hält. Es plätschert, als Kolle aus dem Fluss klettert, in den er geschleudert wurde, und sich die nasse Kleidung auswringt. Er scheint nicht schlimmer verletzt zu sein als zuvor.

Nicht weit von ihm sitzt Asimov reglos mitten im Fluss. Seine normalerweise rot leuchtenden Augen blinken. Er scheint eine Fehlfunktion zu haben.

Doch wo ist Primo? Golinas Herz verkrampft, als sie sich nach ihm umsieht, ihn aber nirgends entdecken kann.

„Primo!“, ruft sie. „Hat jemand Primo gesehen?“

Die anderen sehen sich nur ratlos an.

„Er muss von der Explosion durch die Luft geschleudert worden sein, genau wie ich“, spekuliert Porgo und hält sich seinen schmerzenden Kopf. „Vielleicht ist er noch bewusstlos und liegt irgendwo in einer Erdmulde oder einem Gebüsch.“

Sie suchen die Gegend rund um den Krater ab, finden jedoch keine Spur.

„Primo stand genau neben der Stelle, wo die Flasche mit Ruunas Trank zerplatzte“, sagt Willert und wirft der Hexe einen finsteren Blick zu. „Ich fürchte, wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass dies sein letztes Abenteuer war.“

„Es ... es tut mir leid“, stammelt Ruuna. „Das ... das wollte ich doch nicht!“

„Nein!“, ruft Golina. „Nein! Das kann nicht sein! Das darf nicht sein! Nicht Primo!“ Sie bricht in Tränen aus.

Inzwischen sind auch die anderen Dorfbewohner herbeigelaufen, um die Ursache für den gewaltigen Knall herauszufinden.

„Was ist denn passiert?“, ruft Golinas Mutter Agia.

„Ein Knallschleicher ist explodiert“, spekuliert Hakun.

„Quatsch“, widerspricht Magolus. „Das war viel zu laut für einen gewöhnlichen Knallschleicher.“

„Dann war es eben ein ungewöhnlicher.“

„Vielleicht sollten wir mal diejenigen fragen, was passiert ist, die dabei waren“, schlägt Olum vor.

„Gute Idee“, stimmt ihm Magolus zu. „Also, wer weiß, was passiert ist?“

„Ich“, behauptet Kaus.

„Du?“, fragt Magolus. „Aber du warst doch mit uns anderen bei der Glocke.“

„Ja. Und ich habe genau gehört, was passiert ist: Es gab einen lauten Knall. Könnte ein Knallschleicher gewesen sein. Andererseits war es für einen gewöhnlichen Knallschleicher zu laut.“

„Das wissen wir doch schon, du Dummkopf!“, ruft Hakun.

„Hört auf, euch zu zanken!“, fährt Golinas Vater Bendo sie an. „Seht ihr nicht, was geschehen ist? Primo ist tot!“

Schlagartig wird es still im Dorf am Rand der Schlucht. Selbst Magolus, der sonst nie um einen frommen Spruch verlegen ist, fällt dazu nichts ein. Nur Golina kann ihr Schluchzen nicht unterdrücken.

„Daran ist bestimmt die Hexe schuld!“, sagt Birta nach einer Weile.

„Musst du denn immer so gehässig sein?“, fährt Porgo sie an. „Primo hat zusammen mit uns anderen tapfer gegen die Räuber gekämpft, die unser Dorf überfielen, während ihr nur herumgestanden und über die Glocke diskutiert habt. Ruuna dagegen hat wenigstens versucht, uns zu helfen.“

Golina wirft einen Blick zu der Hexe, die mit gesenktem Kopf dasteht. Birta hat recht: Sie allein ist an diesem Unglück schuld. Hätte sie sich nicht eingemischt, wären sie mit den Räubern problemlos fertig geworden. Am liebsten würde Golina sich mit dem Schwert auf Ruuna stürzen und sie dafür bestrafen, was sie getan hat. Wie soll sie ohne Primo jemals wieder glücklich werden? Wie soll sie Nano erklären, dass sein Vater nie mehr mit ihm spielen wird?

„Birta hat recht“, meldet sich die Hexe zu Wort. „Es war meine Schuld. Ich hab mich wohl mit dem Rezept vertan und ein kleines bisschen zu viel Knallpulver genommen. Es tut mir sehr leid. Ich schwöre bei meiner Hexenehre, ich werde nie wieder im Leben einen Zaubertrank ...“

In diesem Moment erklingt von der östlichen Ebene her ein lauter Ruf: „Sie haben ihn! Sie haben ihn mitgenommen!“

Es ist Jarga, die Schäferin, die aufgeregt angerannt kommt.

„Was?“, fragt Porgo. „Wer hat wen mitgenommen?“

„Ich ... war bei meinen Schafen ... als diese ... unheimlichen Leute kamen“, erzählt Jarga keuchend, als sie über die Brücke gerannt kommt. „Die hatten so ein ... Vieh dabei, das hat meine Schafe nervös gemacht, und da hab ich mich sicherheitshalber versteckt. Ich habe gesehen, wie sie mit Primo geredet und auf Kolle geschossen haben, dann haben sie gekämpft und plötzlich gab es einen Knall und alle sind durch die Luft geflogen. Diese merkwürdigen Leute haben sich aufgerappelt, und dann haben sie Primo auf ihr riesiges Tier gelegt und sind weggerannt.“

„Bist du sicher, dass es mein Sohn war und nicht einer von den Räubern, der vielleicht schwer verletzt ist?“, fragt Porgo.

„Es war Primo“, bestätigt Jarga. „Ich habe mich noch gewundert, warum er eines von Golinas Kleidern trägt.“

„Notch sei gelobt und gepriesen, Primo lebt!“, ruft Magolus aus.

Erleichterung durchflutet Golina. Doch gleichzeitig krampft sich ihr Magen zusammen, als sie daran denkt, dass ihr geliebter Mann jetzt in den Händen der bösen Räuber ist.

Das Dorf Band 17: Die Räuber

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