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DRITTES ABENTEUER – WIE SIEGFRIED NACH WORMS KAM
ОглавлениеDen Herrn beschwerte selten · irgendein Herzeleid.
Er hörte Kunde sagen · wie eine schöne Maid
Bei den Burgunden wäre · nach Wünschen wohlgetan,
Von der er bald viel Freuden · und auch viel Leides gewann.
Von ihrer hohen Schöne · vernahm man weit und breit,
Und auch ihr Hochgemute · ward zur selben Zeit
Bei den Jungfrauen · den Helden oft bekannt:
Das ladete der Gäste · viel in König Gunthers Land.
So viel um ihre Minne · man Werbende sah,
Kriemhild in ihrem Sinne · sprach dazu nicht Ja,
Daß sie einen wollte · zum geliebten Mann:
Er war ihr noch gar fremde · dem sie bald ward untertan.
Dann sann auf hohe Minne · Sieglindens Kind:
All der andern Werben · war wider ihn ein Wind.
Er mochte wohl verdienen · ein Weib so auserwählt:
Bald ward die edle Kriemhild · dem kühnen Siegfried vermählt.
Ihm rieten seine Freunde · und die in seinem Lehn,
Hab’ er stete Minne · sich zum Ziel ersehn,
So soll’ er werben, daß er sich · der Wahl nicht dürfe schämen.
Da sprach der edle Siegfried · „So will ich Kriemhilden nehmen,
Die schöne Königstochter · von Burgundenland,
Um ihre große Schöne · Das ist mir wohl bekannt,
Kein Kaiser sei so mächtig · hätt’ er zu frein im Sinn,
Dem nicht zum Minnen ziemte · diese reiche Königin.“
Solche Märe hörte · der König Siegmund.
Es sprachen seine Leute · also ward ihm kund
Seines Kindes Wille · Es war ihm höchlich leid,
Daß er werben wolle · um diese herrliche Maid.
Es erfuhr es auch die Königin · die edle Siegelind:
Die mußte große Sorge · tragen um ihr Kind,
Weil sie wohl Gunthern kannte · und die in seinem Heer:
Die Werbung dem Degen · zu verleiden fliß man sich sehr.
Da sprach der kühne Siegfried · „Viellieber Vater mein,
Ohn’ edler Frauen Minne · wollt’ ich immer sein,
Wenn ich nicht werben dürfte · nach Herzensliebe frei.
Was jemand reden möge · ich bleibe immer dabei.“
„Ist dir nicht abzuraten“ · der König sprach da so,
„So bin ich deines Willens · von ganzem Herzen froh
Und will dir’s fügen helfen · so gut ich immer kann;
Doch hat der König Gunther · manchen hochfährt’gen Mann.
„Und wär’ es anders niemand · als Hagen der Degen,
Der kann im Übermute · wohl der Hochfahrt pflegen,
So daß ich sehr befürchte · es mög’ uns werden leid,
Wenn wir werben wollen · um diese herrliche Maid.“
„Wie mag uns das gefährden!“ · hub da Siegfried an:
„Was ich mir im Guten · da nicht erbitten kann,
Mag ich schon sonst erwerben · mit meiner starken Hand;
Ich will von ihm erzwingen · so die Leute wie das Land.“
„Leid ist mir deine Rede“ · sprach König Siegmund,
„Denn würde diese Märe · dort am Rheine kund,
Du dürftest nimmer wagen · zu reiten in ihr Land.
Gunther und Gernot · die sind mir lange bekannt.
„Mit Gewalt erwerben · kann niemand die Magd,“
Sprach der König Siegmund · „das ist mir wohl gesagt;
Willst du jedoch mit Recken · reiten in das Land,
Die Freunde, die wir haben · die werden eilends besandt.“
„So ist mir nicht zumute „ · fiel ihm Siegfried ein,
„Daß mir Recken sollten · folgen an den Rhein
Einer Heerfahrt willen · das wäre mir wohl leid,
Sollt’ ich damit erzwingen · diese herrliche Maid.
„Ich mag sie schon erwerben · allein mit meiner Hand,
Ich will mit zwölf Gesellen · in König Gunthers Land;
Dazu sollt ihr mir helfen · Vater Siegmund.“
Da gab man seinen Degen · zu Kleidern grau und auch bunt.
Da vernahm auch diese Märe · seine Mutter Siegelind;
Sie begann zu trauern · um ihr liebes Kind:
Sie bangt’ es zu verlieren · durch die in Gunthers Heer.
Die edle Königstochter · darüber weinte sie sehr.
Siegfried der Degen · ging hin, wo er sie sah.
Wider seine Mutter · gütlich sprach er da:
„Frau, ihr sollt nicht weinen · um den Willen mein:
Wohl will ich ohne Sorgen · vor allen Weiganden sein.
„Nun helft mir zu der Reise · nach Burgundenland,
Daß mich und meine Recken · ziere solch Gewand,
Wie so stolze Helden · mit Ehren mögen tragen:
Dafür will ich immer · den Dank von Herzen euch sagen.“
„Ist dir nicht abzuraten“ · sprach Frau Siegelind,
„So helf’ ich dir zur Reise · mein einziges Kind,
Mit den besten Kleidern · die je ein Ritter trug,
Dir und deinen Gesellen · ihr sollt der haben genug.“
Da neigte sich ihr dankend · Siegfried, der junge Mann.
Er sprach: „Nicht mehr Gesellen · nehm’ ich zur Fahrt mir an
Als der Recken zwölfe · verseht die mit Gewand.
Ich möchte gern erfahren · wie’s um Kriemhild sei bewandt.“
Da saßen schöne Frauen · über Nacht und Tag,
Daß ihrer selten eine · der Muße eher pflag,
Bis sie gefertigt hatten · Siegfriedens Staat.
Er wollte seiner Reise · nun mit nichten haben Rat.
Sein Vater hieß ihn zieren · sein ritterlich Gewand,
Womit er räumen wollte · König Siegmunds Land,
Und ihre lichten Panzer · die wurden auch bereit
Und ihre festen Helme · ihre Schilde schön und breit.
Nun sahen sie die Reise · zu den Burgunden nahn,
Und sie begann zu sorgen · beides, Weib und Mann,
Ob sie je wiederkommen · sollten in das Land.
Sie geboten aufzusäumen · ihre Waffen und ihr Gewand.
Schön waren ihre Rosse · ihr Reitzeug goldesrot;
Wenn wer sich höher dauchte · so was es ohne Not,
Als der Degen Siegfried · und die ihm untertan.
Nun hielt er um Urlaub · zu den Burgunden an.
Den gaben ihm mit Trauern · König und Königin.
Er tröstete sie beide · mit minniglichem Sinn
Und sprach: „Ihr sollt nicht weinen · um den Willen mein:
Immer ohne Sorgen · mögt ihr um mein Leben sein.“
Es war leid den Recken · auch weinte manche Maid;
Sie ahnten wohl im Herzen · daß sie es nach der Zeit
Noch schwer entgelten müßten · durch lieber Freunde Tod.
Sie hatten Grund zu klagen · es tat ihnen wahrlich not.
Am siebenten Morgen · zu Worms an den Strand
Ritten schon die Kühnen · all ihr Gewand
War von rotem Golde · ihr Reitzeug wohlbestellt;
Ihnen gingen sanft die Rosse · die sich da Siegfried gesellt.
Neu waren ihre Schilde · licht dazu und breit,
Und schön ihre Helme · als mit dem Geleit
Siegfried der kühne · ritt in Gunthers Land.
Man ersah an Helden · nie mehr so herrlich Gewand.
Der Schwerter Enden gingen · nieder auf die Sporen;
Scharfe Speere führten · die Ritter auserkoren.
Von zweier Spannen Breite · war, welchen Siegfried trug;
Der hatt’ an seinen Schneiden · grimmer Schärfe genug.
Goldfarbne Zäume · führten sie an der Hand;
Der Brustriem war von Seide · so kamen sie ins Land.
Da gafften sie die Leute · allenthalben an:
Gunthers Mannen liefen · sie zu empfangen heran.
Die hochbeherzten Recken · Ritter so wie Knecht,
Liefen den Herrn entgegen · so war es Fug und Recht,
Und begrüßten diese Gäste · in ihrer Herren Land;
Die Pferde nahm man ihnen · und die Schilde von der Hand.
Da wollten sie die Rosse · ziehn zu ihrer Rast;
Da sprach aber Siegfried · alsbald, der kühne Gast:
„Laßt uns noch stehn die Pferde · mir und meinem Geleit:
Wir reiten bald von hinnen · dazu bin ich ganz bereit.
„Wer von euch es wisse · der soll mir’s nicht verschweigen:
Wo ich den König finde · das soll man mir zeigen,
Gunther den reichen · aus Burgundenland.“
Da sagt’ es ihm einer · dem es wohl war bekannt.
„Wollt ihr den König finden · das mag gar leicht geschehn:
In jenem weiten Saale · hab’ ich ihn gesehn
Unter seinen Helden · da geht zu ihm hinan,
So mögt ihr bei ihm finden · manchen herrlichen Mann.“
Nun waren auch dem König · die Mären schon gesagt,
Daß gekommen wären · Ritter unverzagt:
Sie führten lichte Panzer · und herrlich Gewand;
Sie erkenne niemand · in der Burgunden Land.
Den König nahm es wunder · woher gekommen sei’n
Die herrlichen Recken · im Kleid von lichtem Schein
Und mit so guten Schilden · so neu und so breit;
Daß ihm das niemand sagte · das war König Gunthern leid.
Zur Antwort gab dem König · von Metz Herr Ortewein;
Stark und kühnes Mutes · mocht’ er wohl sein:
„Da wir sie nicht erkennen · so heißt jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen · dem sollt ihr sie lassen sehn.
„Ihm sind wohl kund die Reiche · und alles fremde Land;
Erkennt er die Herren · das macht er uns bekannt.“
Der König ließ ihn holen · und die in seinem Lehn:
Da sah man ihn herrlich · mit Recken hin zu Hofe gehn.
Warum nach ihm der König · frug Hagen da, geschickt?
„Es werden fremde Degen · in meinem Haus erblickt,
Die niemand mag erkennen · habt ihr sie je gesehn,
So sollt ihr mir, Freund Hagen · in aller Wahrheit Rede stehn.“
„Das will ich“, sprach Hagen · Zum Fenster schritt er drauf,
Da ließ er nach den Gästen · den Augen freien Lauf.
Wohl gefiel ihm ihr Geräte · und all ihr Gewand;
Doch waren sie ihm fremde · in der Burgunden Land.
Er sprach, woher die Recken · auch kämen an den Rhein,
Es möchten selber Fürsten · oder Fürstenboten sein.
„Schön sind ihre Rosse · und ihr Gewand ist gut;
Von wannen sie auch ritten · es sind Helden hochgemut.“
Also sprach da Hagen · „Soviel ich mag verstehn,
Hab’ ich gleich im Leben · Siegfrieden nie gesehn,
So will ich doch wohl glauben · wie es damit auch steht,
Daß er es sei, der Degen · der so herrlich dorten geht.
Er bringt neue Mären · her in dieses Land:
Die kühnen Nibelungen · schlug des Helden Hand,
Die reichen Königssöhne · Schilbung und Nibelung;
Er wirkte große Wunder · mit des starken Armes Schwung.
„Als der Held alleine · ritt aller Hilfe bar,
Fand er an einem Berge · so hört’ ich immerdar,
Bei König Niblungs Horte · manchen kühnen Mann;
Sie waren ihm gar fremde · bis er die Kunde hier gewann.
„Der Hort König Nibelungs · ward hervorgetragen
Aus einem hohlen Berge · nun hört Wunder sagen,
Wie ihn teilen wollten · die Niblung untertan.
Das sah der Degen Siegfried · den es zu wundern begann.
„So nah kam er ihnen · daß er die Helden sah
Und ihn die Degen wieder · Der eine sagte da:
›Hier kommt der starke Siegfried · der Held aus Niederland.‹
Seltsame Abenteuer · er bei den Nibelungen fand.
„Den Recken wohl empfingen · Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten · die edeln Fürsten jung,
Daß ihnen teilen möchte · den Schatz der kühne Mann:
Das begehrten sie gar dringend · zu geloben es der Herr begann.
Er sah so viel Gesteines · wie wir hören sagen,
Hundert Leiterwagen · die möchten es nicht tragen,
Noch mehr des roten Goldes · von Nibelungenland:
Das alles sollte teilen · des kühnen Siegfriedes Hand.
„Sie gaben ihm zum Lohne · König Niblungs Schwert:
Da wurden sie des Dienstes · gar übel gewährt,
Den ihnen leisten sollte · Siegfried der Degen gut.
Er konnt’ es nicht vollbringen · sie hatten zornigen Mut.
„Da hatten sie zu Freunden · kühne zwölf Mann,
Die starke Riesen waren · was konnt’ es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne · Siegfriedens Hand,
Und siebenhundert Recken · zwang er vom Nibelungenland.
„Mit dem guten Schwerte · geheißen Balmung.
Vom Schrecken überwältigt · war mancher Degen jung
Zumal vor dem Schwerte · und vor dem kühnen Mann:
Das Land mit den Burgen · machten sie ihm untertan.
„Dazu die reichen Könige · die schlug er beide tot.
Er kam durch Albrichen · darauf in große Not:
Der wollte seine Herren · rächen allzuhand,
Eh’ er die große Stärke · noch an Siegfrieden fand.
„Mit Streit bestehen konnt’ ihn · da nicht der starke Zwerg.
Wie die wilden Leuen · liefen sie an den Berg,
Wo er die Tarnkappe · Albrichen abgewann:
Da war des Hortes Meister · Siegfried der schreckliche Mann.
„Die sich getraut zu fechten · die lagen all erschlagen.
Den Schatz ließ er wieder · nach dem Berge tragen,
Dem ihn entnommen hatten · Die Niblung untertan.
Alberich der starke · das Amt des Kämmrers gewann.
„Er mußt’ ihm Eide schwören · er dien ihm als sein Knecht,
Zu aller Art Diensten · ward er ihm gerecht.“
So sprach von Tronje Hagen · „Das hat der Held getan;
Also große Kräfte · nie mehr ein Recke gewann.
„Noch ein Abenteuer · ist mir von ihm bekannt:
Einen Linddrachen · schlug des Helden Hand;
Als er im Blut sich badete · ward hörnern seine Haut.
So versehrt ihn keine Waffe · das hat man oft an ihm geschaut.
„Man soll ihn wohl empfangen · der beste Rat ist das,
Damit wir nicht verdienen · des schnellen Recken Haß.
Er ist so kühnen Sinnes · man seh’ ihn freundlich an:
Er hat mit seinen Kräften · so manche Wunder getan.“
Da sprach der Herr des Landes · „Nun sei er uns willkommen.
Er ist kühn und edel · das hab’ ich wohl vernommen;
Des soll er auch genießen · im Burgundenland.“
Da ging der König Gunther · hin, wo er Siegfrieden fand.
Der Wirt und seine Recken · empfingen so den Mann,
Daß wenig an dem Gruße · gebrach, den er gewann;
Des neigte sich vor ihnen · der Degen ausersehn,
Daß ihm so ehrend Grüßen · von ihrer Seite war geschehn.
„Mich wundert diese Märe“ · sprach der König zuhand,
„Von wannen, edler Siegfried · ihr kamt in dieses Land,
Oder was ihr wollet suchen · zu Worms an dem Rhein?“
Da sprach der Gast zum König · „Das soll euch unverhohlen sein.
„Ich habe sagen hören · in meines Vaters Land,
An euerm Hofe wären · das hätt’ ich gern erkannt,
Die allerkühnsten Recken · so hab’ ich oft vernommen,
Die je gewann ein König · darum bin ich hieher gekommen.
„So hör’ ich auch euch selber · viel Mannheit zugestehn,
Man habe keinen König · noch je so kühn gesehn.
Das rühmen viel der Leute · in all diesem Land;
Nun kann ich’s nicht verwinden · bis ich die Wahrheit befand.
„Ich bin auch ein Recke · und soll die Krone tragen:
Ich möcht’ es gerne fügen · daß sie von mir sagen,
Daß ich mit Recht besäße · die Leute wie das Land.
Mein Haupt und meine Ehre · setz’ ich dawider zu Pfand.
„Wenn ihr denn so kühn seid · wie euch die Sage zeiht,
So frag’ ich nicht, ist jemand · lieb oder leid:
Ich will von euch erzwingen · was euch angehört,
Das Land und die Burgen · unterwerf’ ich meinem Schwert.“
Der König war verwundert · und all sein Volk umher,
Als sie vernommen hatten · sein seltsam Begehr,
Daß er ihm zu nehmen · gedächte Leut’ und Land.
Das hörten seine Degen · die wurden zornig zuhand.
„Wie sollt’ ich das verdienen“ · sprach Gunther der Degen,
„Wes mein Vater lange · mit Ehren durfte pflegen,
Daß wir das verlören · durch jemands Überkraft?
Das wäre schlecht bewiesen · daß wir auch pflegen Ritterschaft!“
„Ich will davon nicht lassen“ · fiel ihm der Kühne drein,
„Von deinen Kräften möge · dein Land befriedet sein,
Ich will es nun verwalten · doch auch das Erbe mein,
Erwirbst du es durch Stärke · es soll dir untertänig sein.
„Dein Erbe wie das meine · wir schlagen gleich sie an,
Und wer von uns den andern · überwinden kann,
Dem soll es alles dienen · die Leute wie das Land.“
Dem widersprach da Hagen · und mit ihm Gernot zuhand.
„So stehn uns nicht die Sinne“ · sprach da Gernot,
„Nach neuen Lands Gewinne · daß jemand sollte tot
Vor Heldeshänden liegen · reich ist unser Land,
Das uns mit Recht gehorsamt · zu niemand besser bewandt.“
In grimmigem Mute · standen da die Freunde sein.
Da war auch darunter · von Metz Herr Ortewein.
Der sprach: „Diese Sühne · ist mir von Herzen leid:
Euch ruft der starke Siegfried · ohn’ allen Grund in den Streit.
„Wenn ihr und eure Brüder · ihm auch nicht steht zur Wehr,
Und ob er bei sich führte · ein ganzes Königsheer,
So wollt’ ich’s doch erstreiten · daß der starke Held
Also hohen Übermut · wohl mit Recht beiseite stellt.“
Darüber zürnte mächtig · der Held von Niederland:
„Nicht wider mich vermessen · darf sich deine Hand:
Ich bin ein reicher König · du bist in Königs Lehn;
Deiner zwölfe dürften · mich nicht im Streite bestehn.“
Nach Schwertern rief da heftig · von Metz Herr Ortewein:
Er durfte Hagens Schwestersohn · von Tronje wahrlich sein;
Daß er so lang geschwiegen · das war dem König leid.
Da sprach zum Frieden Gernot · ein Ritter kühn und allbereit.
„Laßt euer Zürnen bleiben „ · hub er zu Ortwein an,
„Uns hat der edle Siegfried · noch solches nicht getan;
Wir scheiden es in Güte · wohl noch, das rat’ ich sehr,
Und haben ihn zum Freunde · es geziemt uns wahrlich mehr.“
Da sprach der starke Hagen · „Uns ist billig leid
Und all euern Degen · daß er je zum Streit
Kam an den Rhein geritten · was ließ er das nicht sein?
So übel nie begegnet · wären ihm die Herren mein.“
Darauf erwidert’ Siegfried · der kraftvolle Held:
„Wenn euch, was ich gesprochen · Herr Hagen, mißfällt,
So will ich schauen lassen · wie noch die Hände mein
Gedenken so gewaltig · bei den Burgunden zu sein.“
„Das hoff’ ich noch zu wenden“ · sprach wieder Gernot.
Allen seinen Degen · zu reden er verbot
In ihrem Übermute · was ihm wäre leid.
Da gedacht’ auch Siegfried · an die viel herrliche Maid.
„Wie geziemt’ uns mit euch zu streiten?“ · sprach wieder Gernot.
„Wieviel dabei der Helden · auch fielen in den Tod,
Wenig Ehre brächt’ uns · so ungleicher Streit.“
Die Antwort hielt da Siegfried · König Siegmunds Sohn, bereit:
Warum zögert Hagen · und auch Ortewein,
Daß er nicht zum Streite · eilt mit den Freunden sein,
Deren er so manchen · bei den Burgunden hat?“
Sie blieben Antwort schuldig · das war Gernotens Rat.
„Ihr sollt uns willkommen sein“ · sprach Geiselher das Kind,
„Samt euren Heergesellen · die mit euch gekommen sind:
Wir wollen gern euch dienen · ich und die Freunde mein.“
Da hieß man den Gästen · schenken König Gunthers Wein.
Da sprach der Wirt des Landes · „Alles, was uns gehört,
Verlangt ihr es in Ehren · das sei euch unverwehrt;
Wir wollen mit euch teilen · unser Gut und Blut.“
Da ward dem Degen Siegfried · ein wenig sanfter zumut.
Da ließ man ihnen wahren · all ihr Wehrgewand:
Man suchte Herbergen · die besten, die man fand:
Siegfriedens Knappen · schuf man gut Gemach.
Man sah den Fremdling gerne · in Burgundenland hernach.
Man bot ihm große Ehre · darauf in manchen Tagen,
Mehr zu tausend Malen · als ich euch könnte sagen;
Das hatte seine Kühnheit · verdient; das glaubt fürwahr:
Ihn sah wohl selten jemand · der ihm nicht gewogen war.
Flissen sich der Kurzweil · die Kön’ge und ihr Lehn,
So war er stets der Beste · was man auch ließ geschehn.
Es konnt’ ihm niemand folgen · so groß war seine Kraft,
Ob sie den Stein warfen · oder schossen den Schaft.
Nach höf’scher Sitte ließen · sich auch vor den Fraun
Der Kurzweile pflegend · die kühnen Ritter schaun:
Da sah man stets den Helden · gern von Niederland;
Er hatt’ auf hohe Minne · seine Sinne gewandt.
Was man beginnen wollte · er war dazu bereit;
Er trug in seinem Sinne · eine minnigliche Maid,
Und auch nur ihn die Schöne · die er noch nie gesehn,
Und die sich doch viel Gutes · von ihm schon heimlich versehn.
Wenn man auf dem Hofe · das Waffenspiel begann,
Ritter so wie Knappen · immer sah es an
Kriemhild aus den Fenstern · die Königstochter hehr;
Keiner andren Kurzweil · hinfort bedurfte sie mehr.
Und wüßt’ er, daß ihn sähe · die er im Herzen trug,
Davon hätt’ er Kurzweil · immerdar genug.
Ersähn sie seine Augen · ich glaube sicherlich,
Keine andre Freude · hier auf Erden wünscht’ er sich.
Wenn er bei den Recken · auf dem Hofe stand,
Wie man noch Kurzweil · pflegt in allem Land,
Wie stand dann so minniglich · das Sieglindenkind,
Daß manche Frau ihm heimlich · war von Herzen hold gesinnt.
Er gedacht’ auch manchmal · „Wie soll das geschehn,
Daß ich das edle Mägdlein · mit Augen möge sehn,
Die ich von Herzen minne · wie ich schon längst getan?
Die ist mir noch gar fremde · mit Trauern denk’ ich daran.“
So oft die reichen Könige · ritten in ihr Land.
So mußten auch die Recken · mit ihnen all zur Hand.
Auch Siegfried ritt mit ihnen · das war der Frauen leid;
Er litt von ihrer Minne · auch Beschwer zu mancher Zeit.
So wohnt’ er bei den Herren · das ist alles wahr,
In König Gunthers Lande · völliglich ein Jahr,
Daß er die Minnigliche · in all der Zeit nicht sah,
Durch die ihm bald viel Liebes · und auch viel Leides geschah.