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SECHSTES ABENTEUER - WIE GUNTHER UM BRUNHILD GEN ISENLAND FUHR
ОглавлениеWieder neue Märe · erhob sich über Rhein:
Man sagte sich, da wäre · manch schönes Mägdelein.
Sich eins davon zu werben · sann Gunther, der König gut.
Davon begann dem Recken · gar hoch zu heben sich der Mut.
Es war eine Königin · gesessen über Meer,
Ihr zu vergleichen · war keine andre mehr.
Schön war sie aus der Maßen · gar groß war ihre Kraft;
Sie schoß mit schnellen Degen · um ihre Minne den Schaft.
Den Stein warf sie ferne · nach dem sie weithin sprang;
Wer ihrer Minne gehrte · der mußte sonder Wank
Drei Spiel’ ihr abgewinnen · der Frauen wohlgeboren;
Gebrach es ihm an einem · so war das Haupt ihm verloren.
Die Königstochter hatte · das manchesmal getan.
Das erfuhr am Rheine · ein Ritter wohlgetan,
Der seine Sinne wandte · auf das schöne Weib.
Drum mußten bald viel Degen · verlieren Leben und Leib.
Da sprach der Vogt vom Rheine · „Ich will hinab zur See
Hin zu Brunhilden · wie es mir ergeh’.
Um ihre Minne wag’ ich · Leben und Leib,
Die will ich verlieren · gewinn ich sie nicht zum Weib.“
„Das möcht’ ich widerraten“ · sprach Siegfried wider ihn:
„So grimmiger Sitte · pflegt die Königin,
Um ihre Minne werben · das kommt hoch zu stehn!
Drum mögt ihr’s wohl entraten · auf diese Reise zu gehn.“
„So will ich euch raten“ · begann da Hagen,
„Bittet Siegfrieden · mit euch zu tragen
Die Last dieser Sorge · das ist der beste Rat,
Weil er von Brunhilden · so gute Kunde doch hat.“
Er sprach: „Edler Siegfried · willst du mir Helfer sein,
Zu werben um die Schöne? · Tu nach der Bitte mein;
Und gewinn ich mir zur Trauten · das herrliche Weib,
So verwag ich deinetwillen · Ehre, Leben und Leib.“
Zur Antwort gab ihm Siegfried · König Siegmunds Sohn:
„Ich will es tun, versprichst du · die Schwester mir zum Lohn,
Kriemhild die schöne · eine Königin hehr;
So begehr’ ich keines Dankes · nach meinen Arbeiten mehr.“
„Das gelob’ ich,“ sprach Gunther · „Siegfried, dir an die Hand.
Und kommt die schöne Brunhild · hieher in dieses Land,
So will ich dir zum Weibe · meine Schwester geben:
So magst du mit der Schönen · immerdar in Freuden leben.“
Des schwuren sich Eide · diese Recken hehr.
Da schuf es ihnen beiden · viel Müh und Beschwer,
Eh’ daß sie die Jungfrau · brachten an den Rhein.
Es mußten die Kühnen · darum in großen Sorgen sein.
Die Tarnkappe führte · Siegfried mit hindann,
Die der kühne Degen · mit Sorgen einst gewann
Von einem Gezwerge · mit Namen Alberich.
Da schickten sich zur Reise · die Recken kühn und ritterlich.
Wenn der starke Siegfried · die Tarnkappe trug,
So gewann er drinnen · der Kräfte genug,
Zwölf Männer Stärke · zu dem eignen Leib.
Er warb mit großen Listen · um das herrliche Weib.
Auch war so beschaffen · die Nebelkappe gut,
Ein jeder mochte drinnen · tun nach seinem Mut,
Was immer er wollte · daß ihn doch niemand sah.
So gewann er Brunhild · durch die ihm bald viel Leid geschah.
„Nun sage mir, Degen Siegfried · eh’ unsre Fahrt gescheh“
Wie wir mit vollen Ehren · kommen über See?
Sollen wir Recken führen · in Brunhildens Land?
Dreißigtausend Degen · die werden eilends besandt.“
„Wieviel wir Volkes führten“ · sprach Siegfried wider ihn,
„So grimmiger Sitte · pflegt die Königin,
Das müßte doch ersterben · vor ihrem Übermut.
Ich will euch besser raten · Degen ihr kühn und gut.
„In Reckenweise fahren · laßt uns zu Tal den Rhein.
Die will ich dir nennen · die das sollen sein:
Wir selbviert der Helden · ziehen an die See:
Daß wir die Frau erwerben · was auch nachher gescheh.
„Der Gesellen bin ich einer · du sollst der andre sein,
Und Hagen sei der dritte · wir mögen wohl gedeihn;
Der vierte das sei Dankwart · dieser kühne Mann.
Es dürfen andrer tausend · zum Streite nimmer uns nahn.“
„Die Märe wüßt ich gerne“ · der König sprach da so,
„Eh’ wir von hinnen führen · des wär’ ich herzlich froh,
Was wir für Kleider sollten · vor Brunhilden tragen,
Die uns geziemen möchten · Siegfried, das sollst du mir sagen.“
„Gewand das allerbeste · das man irgend fand,
Trägt man zu allen Zeiten · in Brunhildens Land:
Drum laßt uns reiche Kleider · vor der Frauen tragen,
Daß wir’s nicht Schande haben · hört man künftig von uns sagen.“
Da sprach der gute Degen · „So will ich selber gehn
Zu meiner lieben Mutter · ob es nicht mag geschehn,
Daß ihre schönen Mägde · uns schaffen solch Gewand,
Das wir mit Ehren tragen · in der hehren Jungfrau Land.“
Da sprach von Tronje Hagen · mit herrlichen Sitten:
„Was wollt ihr eure Mutter · um solche Dienste bitten?
Laßt eure Schwester hören · euern Sinn und Mut:
So wird für diese Reise · ihr Dienst euch kommen zugut.“
Da entbot er seiner Schwester · er wünschte sie zu sehn
Und auch der Degen Siegfried · Eh’ sie das ließ geschehn,
Da hatte sich die Schöne · geschmückt mit reichem Kleid.
Daß die Herren kamen · schuf ihr wenig Herzeleid.
Da war auch ihr Gesinde · geziert nach seinem Stand.
Die Fürsten kamen beide · als sie das befand,
Erhob sie sich vom Sitze · wie höfisch sie da ging,
Als sie den edeln Fremdling · und ihren Bruder empfing!
„Willkommen sei mein Bruder · und der Geselle sein!
Nun möcht’ ich gerne wissen“ · sprach das Mägdelein,
„Was euch Herrn geliebe · daß ihr zu Hofe kommt:
Laßt mich doch hören · was euch edeln Recken frommt.“
Da sprach König Gunther · „Frau, ich will’s euch sagen.
Wir müssen große Sorge · bei hohem Mute tragen:
Wir wollen werben reiten · fern in fremdes Land
Und hätten zu der Reise · gerne zierlich Gewand.“
„Nun sitzt, lieber Bruder“ · sprach das Königskind,
„Und laßt mich erst erfahren · wer die Frauen sind,
Die ihr begehrt zu minnen · in fremder Könige Land.“
Die Auserwählten beide · nahm das Mägdlein bei der Hand:
Hin ging sie mit den beiden · wo sie gesessen war
Auf prächt’gen Ruhebetten · das glaubt mir fürwahr,
Mit eingewirkten Bildern · in Gold wohl erhaben.
Sie mochten bei der Frauen · gute Kurzweile haben.
Freundliche Blicke · und gütliches Sehn,
Des mochte von den beiden · da wohl viel geschehn.
Er trug sie in dem Herzen · sie war ihm wie sein Leben.
Hernach ward schön Kriemhild · Siegfried zum Weibe gegeben.
Da sprach der edle König · „Viel liebe Schwester mein,
Ohne deine Hilfe · kann es nimmer sein,
Wir wollen abenteuern · in Brunhildens Land;
Da müssen wir vor Frauen · tragen herrlich Gewand.“
Da sprach die Königstochter · „Viel lieber Bruder mein,
Kann euch an meiner Hilfe · dabei gelegen sein,
So sollt ihr inne werden · ich bin dazu bereit;
Versagte sie ein andrer euch · das wäre Kriemhilden leid.
„Ihr sollt mich, edler Ritter · nicht in Sorgen bitten,
Ihr sollt mir gebieten · mit herrlichen Sitten:
Was euch gefallen möge · dazu bin ich bereit;
Und tu’s mit gutem Willen“ · sprach die wonnigliche Maid.
„Wir wollen, liebe Schwester · tragen gut Gewand:
Das soll bereiten helfen · eure edle Hand.
Laßt eure Mägdlein sorgen · daß es uns herrlich steht,
Da man uns diese Reise · doch vergebens widerrät.“
Da begann die Jungfrau · „Nun hört, was ich sage.
Ich habe selber Seide · befehlt, daß man uns trage
Gestein auf den Schilden · so schaffen wir das Kleid.“
Dazu waren Gunther · und auch Siegfried bereit.
„Wer sind die Gesellen“ · sprach die Königin,
„Die mit euch gekleider · zu Hofe sollen ziehn?“
„Das bin ich selbvierter · noch zwei aus meinem Lehn,
Dankwart und Hagen · sollen mit uns zu Hofe gehn.
„Merket wohl, Schwester · was wir euch nun sagen:
Daß wir viere sollen · zu vier Tagen tragen
Je der Kleider dreierlei · und also gut Gewand,
Daß wir ohne Schande · räumen Brunhildens Land.“
Mit gutem Urlaube · schieden die Herren hin.
Da berief der Jungfraun · Kriemhild die Königin
Aus ihrer Kemenate · dreißig Mägdelein,
Die gar sinnreich mochten · zu solcher Kunstübung sein.
In arabische Seide · so weiß als der Schnee,
Und gute Zazamanker · so grün als der Klee,
Legten sie Gesteine · das gab ein gut Gewand;
Kriemhild die schöne · schnitt’s mit eigener Hand,
Von seltner Fische Häuten · Bezüge wohlgetan,
Zu schauen fremd den Leuten · so viel man nur gewann,
Bedeckten sie mit Seide · wie’s Brauch war sie zu tragen.
Nun höret große Wunder · von den lichten Kleidern sagen.
Aus dem Land Marokko · und auch von Libya
Der allerbesten Seide · die man jemals sah
Königskinder tragen · der hatten sie genug.
Wohl ließ sie Kriemhild schauen · wie sie Liebe für sie trug.
Da sie so teure Kleider · begehrt zu ihrer Fahrt,
Hermelinfelle · wurden nicht gespart,
Darauf von Kohlenschwärze · mancher Flecken lag:
Das trügen schnelle Helden · noch gern bei einem Hofgelag’.
Aus arabischem Golde · glänzte mancher Stein;
Der Frauen Unmuße · war nicht zu klein.
Sie schufen die Gewände · in sieben Wochen Zeit;
Da war auch ihr Gewaffen · den guten Degen bereit.
Als sie gerüstet standen · sah man auf dem Rhein
Fleißiglich gezimmert · ein starkes Schiffelein,
Das sie da tragen sollte · hernieder an die See.
Den edeln Jungfrauen · war von Arbeiten weh.
Da sagte man den Recken · es sei für sie zur Hand,
Das sie tragen sollten · das zierliche Gewand.
Was sie erbeten hatten · das war nun geschehn:
Da wollten sie nicht länger · mehr am Rheine bestehn.
Zu den Heergesellen · ein Bote ward gesandt,
Ob sie schauen wollten · ihr neues Gewand,
Ob es den Helden wäre · zu kurz oder lang.
Es war von rechtem Maße · des sagten sie den Frauen Dank.
Vor wen sie immer kamen · die mußten all gestehn,
Sie hätten nie auf Erden · schöner Gewand gesehn.
Drum mochten sie es gerne · da zu Hofe tragen:
Von besserm Ritterstaate · wußte niemand mehr zu sagen.
Den edeln Maiden wurde · höchlich Dank gesagt.
Da baten um Urlaub · die Recken unverzagt;
In ritterlichen Züchten · taten die Herren das.
Da wurden lichte Augen · getrübt von Weinen und naß.
Sie sprach: „Viel lieber Bruder · ihr bliebet besser hier
Und würbt andre Frauen · klüger schien’ es mir,
Wo ihr nicht wagen müßtet · Leben und Leib.
Ihr fändet in der Nähe · wohl ein so hochgeboren Weib.“
Sie ahnte wohl im Herzen · ihr künftig Ungemach.
Sie mußten alle weinen · was da auch einer sprach.
Das Gold vor ihren Brüsten · ward von Tränen fahl:
Die fielen ihnen dichte · von den Augen zutal.
Da sprach sie: „Herr Siegfried · laßt euch befohlen sein
Auf Treu und auf Gnade · den lieben Bruder mein,
Daß ihn nichts gefährde · in Brunhildens Land.“
Das versprach der Kühne · Frau Kriemhilden in die Hand.
Da sprach der edle Degen · „So lang’ mein Leben währt,
So bleibt von allen Sorgen · Herrin, unbeschwert:
Ich bring’ ihn euch geborgen · wieder an den Rhein.
Des seiet ihr versichert“ · Da dankt ihm schön das Mägdelein.
Die goldroten Schilde · trug man an den Strand
Und schaffte hin zu ihnen · all ihr Rüstgewand;
Ihre Rosse ließ man bringen · sie wollten nun hindann.
Wie da von schönen Frauen · so großes Weinen begann!
Da stellte sich ins Fenster · manch minnigliches Kind.
Das Schiff mit seinem Segel · ergriff ein hoher Wind.
Die stolzen Heergesellen · saßen auf dem Rhein;
Da sprach der König Gunther · „Wer soll nun Schiffmeister sein?“
„Das will ich,“ sprach Siegfried · „ich kann euch auf der Flut
Wohl von hinnen führen · das wißt, Helden gut;
Die rechten Wasserstraßen · sind mir wohl bekannt.“
So schieden sie mit Freuden · aus der Burgunden Land.
Eine Ruderstange · Siegfried ergriff:
Vom Gestade schob er · kräftig das Schiff.
Gunther der kühne · ein Ruder selber nahm.
Da huben sich vom Lande · die schnellen Ritter lobesam.
Sie führten reichlich Speise · dazu guten Wein,
Den besten, den sie finden · mochten um den Rhein.
Ihre Rosse standen · still in guter Ruh;
Das Schiff ging so eben · kein Ungemach stieß ihnen zu.
Ihre starken Segelseile · streckte die Luft mit Macht:
Sie fuhren zwanzig Meilen · eh’ niedersank die Nacht,
Mit günstigem Winde · nieder nach der See;
Ihr starkes Arbeiten · tat einst noch den Beherzten weh.
An dem zwölften Morgen · wie wir hören sagen,
Da hatten sie die Winde · weit hinweggetragen
Nach Isenstein der Feste · in Brunhildens Land,
Das war ihrer keinem · außer Siegfried bekannt.
Als der König Gunther · so viel der Burgen sah
Und auch der weiten Marken · wie bald sprach er da:
„Nun sagt mir, Freund Siegfried · ist euch das bekannt?
Wem sind diese Burgen · und wem das herrliche Land?“
Zur Antwort gab ihm Siegfried · „Das ist mir wohl bekannt:
Das ist Brunhilden · Volk und auch Land
Und Isenstein die Feste · glaubt mir fürwahr:
Da mögt ihr heute schauen · schöner Frauen große Schar.
„Ich will euch Helden raten · seid all von einem Mut
Und sprecht in gleichem Sinne · so dünkt es mich gut.
Denn wenn wir heute · vor Brunhilden gehn,
So müssen wir in Sorgen · vor der Königstochter stehn.
„Wenn wir die Minnigliche · bei ihren Leuten sehn,
Sollt ihr erlauchte Helden · nur einer Rede stehn:
Gunther sei mein Lehnsherr · und ich ihm Untertan;
So wird ihm sein Verlangen · nach seinem Wunsche getan.“
Sie waren all willfährig · zu tun, wie er sie hieß:
In seinem Übermute · es auch nicht einer ließ,
Sie sprachen, wie er wollte · wohl frommt’ es ihnen da,
Als der König Gunther · die schöne Brunhild ersah.
„Wohl tu’ ich’s nicht so gerne · dir zu lieb allein,
Als um deine Schwester · das schöne Mägdelein.
Die ist mir wie die Seele · und wie mein eigner Leib;
Ich will es gern verdienen · daß sie werde mein Weib.“