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Philipp Schmidt als Stadtmissionar

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Meine Arbeit als Stadtmissionar

Bei den Jubiläen und anderen besonderen Feiern wurde in den Kreisen der Inneren Mission scherzhaft gesagt, ich sei keine „Posaune“ gewesen, ich habe nicht „tönen“ wollen, und damit hat man wahrscheinlich die Wahrheit getroffen. Es lag mir nicht, „zu predigen“. Gewiss habe ich auch predigen müssen, sehr oft in den Vereinen, in den Bibelstunden, in den Kinderstunden und anderen Veranstaltungen der Bremer Kirchengemeinden. Aber mir lag mehr an einem schlichten, warmherzigen Zeugnis, als an forschen Predigten. Mir ging es darum, die Kreise christlich fundierter Gemeinschaft in freundschaftlicher Art zusammenzuhalten und darin Gottes Wort schlicht und zeitgemäß zu verkündigen.

In meiner Arbeit wurde ich stark unterstützt von meiner Frau und später von den heranwachsenden Kindern, die sich in die große Hausgemeinschaft der Süderstraße 30 a mit einfügten. In diesem Bestreben wurde ich in meinen Kreisen verstanden. Ich stellte nie meine Führerschaft heraus. Sie wurde aber in all den Jahren meiner Wirksamkeit auch nie übersehen oder angezweifelt. So sind alle meine Arbeitskreise mit mir durch die Krisen der Zeit hindurch gegangen, ohne dass es zu irgendwelchen Problemen kam. Unser ganzes Gemeinschaftsleben war durchdrungen von einem Geist gegenseitiger Hilfsbereitschaft, der sich auch zu Hause auswirkte. Auch die Vereine unterstützten sich untereinander gegenseitig. Hatte der Jungmännerverein eine Feier, so half der Chor selbstverständlich mit seinen Liedern. Die Jungen dagegen begeisterten die anderen Vereine gerne mit Aufführungen oder turnerischen Darbietungen. Die Kinderkreise erfreuten „die Alten“. Jeder diente mit der Gabe, die ihm beschieden war.


Als das Haus zerstört war, hat mir mancher, der hier eine starke Bereicherung seines Lebens gefunden hatte, gesagt, wie lieb ihm diese Gemeinschaft geworden war. Der ganze Zuschnitt der Arbeit hatte etwas Konservatives an sich. Die Kinder, die den Kindergottesdienst besucht hatten, gingen später über die Vereine, haben hier auch vielfach den Partner fürs Leben gefunden und schickten später wieder ihre Kinder zu uns, so dass aus manchen Familien schon die dritte Generation bei uns war.

Kindergottesdienst

In den ersten sieben Jahren hatte ich an zwei Stellen Kindergottesdienst zu halten, am Vormittag in der Süderstraße, am Nachmittag in der Hohentorstraße. Im Johann-Heinrich-Stift hatten wir mehrere Räume zur Verfügung und konnten 200 bis 250 Kinder aufnehmen. Hier half Frau Baronin von Uexküll sehr fleißig mit. In der Süderstraße hatte ich nur einen Raum, musste die Kinder allein unterrichten und hatte nicht gern mehr als 40 bis 50 Kinder dabei. Es lag mir daran, dass die Kinder neben der kirchlichen Unterweisung erst einmal viele Lieder lernten, die sie später auch ins Leben mitnehmen konnten. Es kamen vielfach Kinder aus den ärmsten Schichten zu mir, aus den Häusern und Gängen der Neustadt, deren Familien vielfach keinerlei Verbindung mehr mit der Kirche hatten. So war es mein Bemühen, sie in dem entsprechenden Alter den Pastoren der St. Pauli-Gemeinde für den Konfirmandenunterricht zuzuführen. Vielfach bekamen dadurch auch die Eltern Verbindung mit der Kirche. Beim Ausscheiden aus dem Kindergottesdienst bekamen die Kinder ein Neues Testament oder ein Gesangbuch von mir. Meinem Vorgänger Hax passierte einmal, dass zur Weihnachtszeit die Kinder ein kleines Büchlein und einen kleinen Klaben bekamen. Während seine Frau oben im Raum die Geschenke austeilte, stand Hax bei den wartenden Kindern vor der Tür. Da kam ein Junge die Treppe herunter und rief den anderen Kindern zu: „Wegen solch einem kleinen Klaben muss man nun in die Sonntagsschule gehen!“

Jungmännerverein

Der Jungmännerverein war mir besonders lieb, denn gerade im Jünglingsalter sind die Jungen aufgeschlossen für Freundschaft und Kameradschaft mit ihresgleichen. Sie sind auch bereit, christlichen Gemeinschaftsgeist in sich aufzunehmen. Werden sie dann etwas älter, lassen sie sich schon gemeinsam zur Mitarbeit an den jüngeren Kameraden gewinnen. Sie konnten mir so wesentlich mithelfen, die Arbeit erfolgreich zu gestalten. Besonders, als ich älter wurde, war es mein Bemühen, mir eine Helferschar heranzubilden, die mich in der Arbeit unterstützte, beim Turnen, bei Wanderungen, Freizeiten und dergleichen. Einer meiner treuesten, unentgeltlich helfenden Mitarbeiter war Emil Meyer, der auf die Jugend starken Einfluss ausübte, indem er Geigenunterricht gab. So haben diese Helfer mit dazu beigetragen, die jungen Männer zu starken christlichen Persönlichkeiten zu erziehen, die in ihrem Leben ihren Mann stehen konnten. Es war mir oft eine große Freude, wenn ich in Geschäften, Büros und Werkstätten Männer traf, die durch unsere Kreise gegangen waren und es zu etwas Tüchtigem in ihrem Beruf gebracht, die aber auch später in unserer Gemeinde kirchliche Dienste übernommen hatten. Sie gedachten immer dankbar der Zeit ihrer Mitgliedschaft in unserem Jungmännerwerk.

Chorgesang

In der Chorgemeinschaft „St. Pauli-Gesangverein“ war es möglich, Männer und Frauen jeden Alters zusammenzufassen und damit eine familiäre Gemeinschaft herzustellen. Bei meiner Übernahme des Chores war ich nur Dirigent, während der Chor selbst einen Vorsitzenden hatte. Wenn ich mit dem Chor etwas unternehmen wollte, musste ich immer erst den Vorsitzenden fragen, was jedes Mal erst zu heftigen Diskussionen unter den Mitgliedern führte. Die älteren Chormitglieder waren geneigt, mich in dieser Stellung als Dirigent zu belassen. Diesen Zustand habe ich zwei Jahre lang mitgemacht, bis ich dann ganz klar gesagt habe, dass ich nicht künftig nur der Dirigent des Chores sein wolle, sondern auch der Leiter. Wir haben dann vereinbart, dass der Chor einen Vorstand haben solle, mit dem ich als Chorleiter alles besprechen könne. Diese Regelung hat sich dann später 44 Jahre lang zur beiderseitigen Zufriedenheit bewährt. Es bestand ein gutes Vertrauensverhältnis. Die Chormitglieder hielten in großer Treue zusammen. Auch hier haben sich viele Paare gefunden, und ihre Kinder sind später zusammen mit den Eltern gekommen und geblieben. In der Gemeinschaft wurden Freud und Leid gemeinsam durchlebt. Mit unserem Singen haben wir uns in bescheidenen Grenzen gehalten, denn es waren nicht alle Mitglieder gute Sänger. Ich selbst war ja auch kein ausgebildeter Musiker. Wir fühlten uns als Gesinnungsgemeinschaft der Inneren Mission und bemühten uns, mit den uns gegebenen Gaben und Kräften zu erreichen, was uns möglich war. So pflegten wir den Choral, die Motette, aber auch das gute alte Volkslied. Wir sangen in der Kirche, gingen durch die Krankenhäuser, das Siechenhaus, das Altenheim und sangen mit Vorliebe in unseren Familien bei Hochzeiten, Silber- und Goldhochzeiten und anderen Jubiläen.

Besonders gern gingen wir am 1. Adventssonntag in die Altenheime. Die Kinder sangen Advents- und Volkslieder, und gelegentlich hatten wir auch einen Solisten dabei. Die Mitglieder des Jungmännervereins führten dann ihre Stücke auf. Es waren Nachmittage, an denen wir in den Altenheimen mit großer Freude begrüßt wurden. Anschließend kehrten wir dann in eine Wirtschaft ein und ließen uns im großen Saal Kartoffelsalat und Würstchen servieren. Dies waren immer Abende fröhlicher Geselligkeit.

Daneben hatten wir noch unsere Familienabende in der Süderstraße. Jährlich hatten wir einen großen Abend in der Neustädter Turnhalle, später, als das „Moderne Theater“ entstand, im Gemeindehaus der Hohentorsgemeinde, der jedes Mal ein übervolles Haus bescherte. Ich habe dann immer einen Bericht über die Arbeitsgebiete der Inneren Mission gegeben. Wir sangen Chorlieder, hatten kräftige Solisten, manchmal auch eine Militärkapelle dabei.

Im Sommer machten wir gern Wanderungen oder große Ausflüge in die Umgebung mit Spielen und Singen. Dazu mieteten wir auch Autobusse und fuhren nach Wilsede oder Bückeburg, Kloster Loccum oder in den Teutoburger Wald. So bekam der Chor, der in seinen besten Zeiten bis zu 90 Mitglieder hatte, einen guten Zusammenhalt. Nach dem 2. Weltkrieg waren die Neustadt und auch unser Vereinshaus zerstört. Mit etwa 25 Teilnehmern kamen wir in einem Privathaus zu unseren Veranstaltungen zusammen.

Männerverein

Es war eigenartig, dass wir für einen so interessanten Kreis kaum Mitglieder finden konnten. Trotz vieler, lebhafter Mühe, auch seitens der Pastoren der Gemeinde, blieben wir in den ersten Jahrzehnten ein kleiner, aber treuer Kreis, der sich zu biblischer Besprechung zusammenfand.

Nähverein

Hier fand sich eine Anzahl Frauen zusammen, die unter Leitung meiner Frau für die Notleidenden der Neustadt nähten und strickten. Es waren die treuesten Frauen aus unseren großen Kreisen, die sich mit großer Liebe regelmäßig in dieser Gemeinschaft trafen. Während meine Frau die Arbeit einteilte und überwachte, hielt ich diesem Kreis eine Andacht und erzählte aus der Arbeit der Inneren Mission oder was uns sonst in der Neustadt interessierte. Oft las ich auch Geschichten vor, und vor allen Dingen wurde viel gesungen. Bei rührseligen Geschichten konnten einige Frauen auch ganz kräftig weinen. Da musste ich als Gegengewicht auch mal fröhliche Geschichten lesen. So habe ich dann vorher immer mit meiner Frau abgesprochen, welche Art Vorlesestoff sie für angebracht hielt. Bei all unseren Zusammenkünften war jedoch immer die christliche Grundlage das Entscheidende.

Bibelstunde

Unsere Bibelstunde umfasste die Kreise der Neustadt, die sich an einem Wochentag nachmittags frei machen konnten. Die Pastoren Raumsauer von der Äußeren Mission und Heyne von der Inneren Mission teilten sich mit mir diesen Dienst in den Bibelstunden. Es waren schöne Stunden, auf die sich die Besucher jede Woche freuten. Die Kreise kamen bis zur Zerstörung des Hauses zusammen. Später fanden sie sich in den Bibelkreisen der St. Pauli-, Zions- und Hohentorsgemeinde wieder.

Bibliothek

Die Innere Mission unterhielt in unserem Hause eine sehr schöne, stark genutzte Bibliothek mit etwa 800 Bänden, die für die Arbeit sehr wertvoll war. Sie bestand aus guten Biographien, christlichen Erzählungen, guten Romanen, Klassikern und Reisebeschreibungen. Daneben gab es auch gute Jugendbücher für Knaben und Mädchen. Gerade in unserem Bezirk, wo es sehr wenig begüterte Leute gab, war es ein wichtiger Dienst, den wir hier leisten konnten, zumal es öffentliche Bibliotheken damals noch nicht gab. Die Bücherausgabe erfolgte bei den abendlichen Versammlungen in unserem Hause, aber auch zu festgesetzten Zeiten für die Gemeindeglieder, die nicht zu den Kreisen kamen.

Hausbesuche

Neben den Gruppenstunden war mir die liebste und notwendigste Arbeit, Hausbesuche in meinem Arbeitsbezirk zu machen. Die Menschen geben sich in ihren Häusern ganz anders, als in den Versammlungen. Sie sind in ihren Wohnungen viel aufgeschlossener und freuen sich, wenn man ihnen zuhört. Es gehört dann viel Geschick dazu, von den Gesprächen über Wetter und Zeitgeschehen auf ihre inneren Anliegen zu kommen. Aber wenn das Vertrauen einmal hergestellt war, konnten wir offen miteinander über persönliche Probleme sprechen. Die Menschen fühlten sich durch die Besuche geehrt und die Besuche führten zu festeren Bindungen. Abweisungen bei Besuchen habe ich in den vielen Jahrzehnten ganz selten erlebt.

Die Innere Mission als mein Arbeitgeber

Als ich nach Bremen kam, hatte die Innere Mission noch keinen theologischen Leiter. Der Vorstand hatte die Arbeit in Sektionen aufgeteilt. Stadt- und Auswanderermission hatte Pastor Cuntz von St. Pauli in der Neustadt zu verantworten. Die Herberge zur Heimat unterstand dem Kaufmann Vietor. Das Bibliothekswesen verwaltete Herr Noltenius, das Rechnungswesen Herr Volkmann, später Herr Kuhlenkampff. Im Jahre 1901 wurde Pastor Büttner als erster Inspektor von der Inneren Mission hauptamtlich angestellt. Über allem stand Herr Landgerichtsdirektor Carstens. Die rege Tätigkeit dieser Herren, zu denen auch noch Johannes Schröder gehörte, der Vater von Rudolf Alexander Schröder, machte auf mich einen starken Eindruck und verpflichtete mich, meine ganze Kraft einzusetzen, um ihrer würdig zu sein. Carstens war eine Vaterfigur, gütig, vornehm, zurückhaltend, von tiefem Ernst durchdrungen. Er besaß große Menschenkenntnis, und man fühlte sich sofort von ihm durchschaut. Volkmann war Kaufmann, großzügig und weitschauend im Denken. Er hatte ein stilles feines Wesen. Als Rechnungsführer war er großzügig im Großen, aber auf den Pfennig genau. Mit der Bitte um Geldbewilligung wagte ich mich nur an ihn heran, wenn es unumgänglich war, aber dann konnte er über die beantragte Summe hinaus sehr großzügig sein. So konnte ich, der ich die Gehaltsverrechnung hatte und manchmal genau wusste, dass Ebbe in der Kasse war, nur ängstlich fragen, wie das nun weitergehen solle. Aber zu meinem Erstaunen wurde mir dann gesagt: „Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Es schadet mir nichts, wenn ich einmal 50 bis 60.000 Mark vorschieße.“ Wurde es dann zu arg, so wurde eine Vorstandssitzung abgehalten und jedes einzelne Vorstandsmitglied bekam die Auflage, eine bestimmte Summe aufzubringen. Wenn mittags um 12 Uhr die Börse schloss, wurden einige in Frage kommende Kaufleute angegangen und um Spenden gebeten, so dass wieder für einige Zeit die Betriebsmittel gesichert waren. J. K. Vietor, sehr gebefreudig und ein rechter Freund der Berufsarbeiter der Inneren Mission, aber etwas sprunghaft in dem, was er anfasste, war uns eine große Hilfe. Er hatte ein warmes Herz für die Arbeit der Inneren Mission und die Stadtmissionare, die er jedes Jahr mit ihren Familien nach Leuchtenburg einlud, wo er uns in einem Gartenrestaurant königlich bewirtete. Dabei wurden dann auch die Probleme unserer Arbeit besprochen, und wir erhielten von ihm aufmunternde Worte. Da wir Stadtmissionare nur ein geringes Gehalt hatten, schenkte er uns öfter die Fahrkarten, wenn wir größere Reisen vorhatten. Gedenken möchte ich auch noch des Vorstandsmitgliedes Fritz Vietor, der für kurze Zeit Rechnungsführer war. Von ihm hätte die Innere Mission viel erhoffen können, wenn er nicht auf einer Reise bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen wäre.

Als Pastor Büttner 1901 Direktor der Inneren Mission wurde, gründete er die Frauengruppe der Inneren Mission. Auch die Arbeit an den Seeleuten wurde aufgenommen. Das Eckhaus an der Bürgermeister-Smidt-Straße wurde gekauft und als Verwaltungshaus mit Auswandererkapelle eingerichtet. Die Herberge zur Heimat wurde von der Schlachte zur Georgstraße verlegt. Unter Pastor Frick wurde das Hospiz erworben, die Arbeitstätte eingerichtet sowie die Brockensammlung gegründet. Die Arbeit von Pastor Fritz (1916-1922) war geprägt von den Problemen der Kriegs- und Nachkriegsjahre. In dieser Zeit wurde das Martha-Heim übernommen, außerdem erfolgte die Umwandlung der Arbeitsstätte in der Kornstraße zum Isenberg-Heim und die Gründung der weiblichen Stadtmissionsarbeit unter Fräulein Helene Graeber.

Am 15. Oktober 1922 wurde Pastor Heyne Direktor der Inneren Mission. Die Jahre nach dem Weltkrieg, gekennzeichnet durch die Inflationszeit, waren schwer. Wir alle waren Millionäre. Pastor Heyne wohnte kurze Zeit in der Georg-Gröning-Straße in der Wohnung von Pastor Fritz. Sein Umzug in die Holbeinstraße, nur um die Ecke, kostete 550.000 Mark.

Im Haus der Inneren Mission in der Georgstraße 22 war die zweite Etage „Herberge zur Heimat“. In der ersten Etage wohnte der Auswanderermissionar Krone. Im Parterre war das Büro der Inneren Mission, die Kapelle und das Sitzungszimmer, zugleich Bibliothek. Daneben gab es noch zwei kleine Zimmerchen für Beratungsgespräche. Die Innere Mission hatte nur eine Sekretärin für drei Stunden am Tage.

Fürsorgearbeit

Meine Arbeit brachte es mit sich, dass ich mich oft mit den Problemen der armen Leute befassen musste. In den einzelnen Stadtbezirken waren Armenpfleger bestellt, bei denen Anträge zu stellen waren. Die bestimmten dann die Höhe der Unterstützung. Einige städtische Beamte hatten die Aufgabe, die ehrenamtlichen Armenpfleger zu überwachen, damit sie den ihnen zugeteilten Spielraum nicht zu großzügig auslegten. Durch gute Kontakte zu den Armenpflegern konnten wir viel Not lindern helfen. Die Neustadt hatte damals noch keine eigene Fürsorgestelle. Die Innere Mission hatte auch eine gewisse eigene Unterstützungsmöglichkeit durch die Spenden wohlhabender Freunde. Zweimal im Jahr, in der Adventszeit und im März, machten wir Bittgänge zu unseren Freunden und bekamen die Hände immer reichlich gefüllt. Ich möchte hier nur die Namen Isenberg, Hackfeld, Vietor und Kuhlenkampff nennen. Willi Kuhlenkampff begrüßte mich dann, indem er die Uhr zog und sagte: „Herr Schmidt, bitte nur drei Minuten erzählen, wie viel Geld brauchen Sie? 20 Mark, gut, auf Wiedersehen.“ Diese Bettelgänge waren mir oft sehr schwer. Aber ich hielt es doch für wichtig, die reichen Leute auf die Arbeit der Inneren Mission immer wieder aufmerksam zu machen. Besondere Sorgen bereitete uns der Männer-Krankenverein, der die Aufgabe hatte, kranke, nicht arbeitsfähige Männer zu unterstützen, damit ihre Familien nicht in zu große Not gerieten. Diesem Verein wurden monatlich die Gelder von der Inneren Mission bewilligt.

Soweit der Bericht aus der Feder von Philipp Schmidt. Er war 58 Jahre Stadtmissionar an der St. Pauli-Gemeinde in der Neustadt und hat auch im Ruhestand noch viele Jahre das kirchliche und diakonische Leben in Bremen mit geprägt. 1949 konnte er sein 50. Jubiläum im Dienste der Inneren Mission in Bremen feiern, deren Vorstand er viele Jahre angehörte.


Er hatte auch ein gewichtiges Wort innerhalb der Bremer Diakonenschaft und der Brüderschaft des Rauhen Hauses in Hamburg mitzureden. Seine Lebensgeschichte, die er in seinen letzten Jahren aufzeichnete, gibt einen tiefen Einblick in die Geschichte der Bremer Stadtmission und das eng damit verbundene Familienleben der damaligen „Berufsarbeiter der Inneren Mission“, als persönliche Kontakte noch eine entscheidende Rolle spielten. Philipp Schmidt starb am 24. Juli 1957 im gesegneten Alter von 88 Jahren.


Wicherns Genossen der Barmherzigkeit – Diakone des Rauhen Hauses

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