Читать книгу Prinzessin Maria und das Nibelungen-Geheimnis - Karlheinz Huber - Страница 6

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Neuburg an der Donau

Im Jahre 1660 wurden die Umbaumaßnahmen am schönsten Renaissance-Schloss an der Donau abgeschlossen. Der Palast besaß Tafelstuben, Wohnappartements, großzügige Bäderbereiche, einen wunderschönen Schlossgarten und ein Jagdschloss in Grünau, vor den Toren der Stadt Neuburg. Im prächtig ausgeschmückten Rittersaal im Westflügel fanden viele Veranstaltungen statt.

Heute am 28. Oktober 1667 wurde das bis dahin größte Fest vorbereitet, denn an diesem Montag erblickte Prinzessin Maria das Licht der Welt.

Ihre Mutter Elisabeth, die noch im Kindbett lag, hielt das kleine Mädchen liebevoll in ihren Armen. Der Vater, Philipp von der Pfalz, stand stolz daneben.

Die kleine Maria zappelte ständig und fand einfach keine Ruhe. Der persönliche Hofkünstler hatte alle Hände voll zu tun, um ein vernünftiges Gemälde der drei glücklichen Menschen zu erstellen. Aber er schaffte es!

Nicht nur er war danach erschöpft von der Anstrengung. Besonders Elisabeth war froh, dass ihre Kammerzofe Maria an sich nahm und mit ihr ins Nebenzimmer verschwand.

„Die Kleine ist ja so wild wie ein Junge“, sagte Philipp zu seiner Gemahlin und lächelte dabei.

„Mir ist nicht zum Lachen zumute. Siehst du nicht, dass sie anstrengend sein wird“, antwortete Elisabeth und schickte ihren Gemahl aus dem Zimmer.

Spätestens an ihrem dritten Geburtstag wurde allen klar, dass Maria ein ganz besonderes Kind war. Ihr Übereifer war durch nichts zu bremsen. Kaum hatte sie sprechen gelernt, stellte sie ununterbrochen eine Frage nach der anderen. Ihre Wissbegier war nicht zu bremsen.

Das Personal war nicht in der Lage, die richtigen Antworten zu geben und ging ihr daher aus dem Weg.

Ihre Mutter Elisabeth suchte verzweifelt nach einer Gouvernante. Es vergingen fünf Jahre, bis die Richtige gefunden war. Bis dahin versuchten sich vierunddreißig Damen aller Stände - doch länger als drei Wochen hielt es keine bei Maria aus!

Selbst die Jesuiten, die Elisabeth und Philipp als persönliche Lehrer engagiert hatten, waren oft dem Wahnsinn nahe. Immer wieder brachte Maria sie zur Verzweiflung, da sie sich bald besser auskannte als ihre Lehrer.

Trotz ihres zarten Körpers war sie sehr sportlich - und vor allem ausdauernd. Einmal sprang sie in die Donau, um Fische zu fangen. Ihre Diener, die das Schwimmen nicht erlernt hatten, standen hilflos am Ufer und mussten zusehen, wie Maria in den Fluten der Donau unterging.

Sie sahen schon ihrer Strafe entgegen, als Maria plötzlich auftauchte und ihnen lachend zuwinkte. Keiner wusste, dass sie sich heimlich das Schwimmen selbst beibrachte!

Es gab noch viele Anekdoten über die Prinzessin zu erzählen.

Jeder am Hofe war der gleichen Meinung wie ihr Vater: Maria war vom Wesen her eher ein Junge. Aber sie war auch wunderhübsch, so hübsch wie eine wirkliche Prinzessin nur sein konnte.

Ihr Lieblingsplatz war in der Bibliothek, oder an ihrer Harfe, die sie mit einer solchen Leidenschaft spielte, dass man stundenlang zuhören konnte.

Sie bat ihren Vater darum, jeden Gast, der im Schloss weilte, befragen zu dürfen, um ihr Wissen zu erweitern. Was sich sehr schnell im Lande herumsprach. So kamen viele Leute am Hofe vorbei und erzählten Geschichten, Gerüchte oder Sagen und Märchen, die sie gehört hatten. Ihr eigentliches Ziel war natürlich, die Gunst des Schlossherren zu erhalten und für ihre Zwecke zu nutzen.

Die Prinzessin aber saugte jedes Wort wie ein Schwamm in sich auf und wurde dadurch immer intelligenter.

An ihrem achten Geburtstag fuhr eine Pferdekutsche im Schlosshof vor. Eine feine Dame stieg aus, die von Marias Mutter Elisabeth herzlich begrüßt wurde.

Maria, die am Fenster der Begrüßung beiwohnte, hatte ein ungutes Gefühl. Schnell wurde klar, dass die Hofdame extra vom Kaiser geschickt wurde, um sich Marias anzunehmen.

„Wenn es jemand schafft, Maria zur Vernunft zu bringen, dann ist es Hofdame Anna“, scherzte der Kaiser, ein guter Freund der Familie.

Elisabeth und Philipp waren froh und dankbar über die Hilfe ihres Freundes.

Maria jedoch mochte die Hofdame vom ersten Augenblick an nicht. Sie sah so streng aus. Und das war sie auch, sogar noch viel strenger als Maria vermutet hatte!

Maria wurde gerufen, um die Hofdame zu begrüßen. Widerwillig lief sie zum Rittersaal und öffnete vorsichtig die Tür. Da stand sie, mit hoch erhobenem Haupt, kerzengerade und begutachtete Maria, die schüchtern näher kam, von oben bis unten.

„Kein Hofknicks, junge Dame?“, fragte sie in strengem Ton.

Maria lief eine Gänsehaut über den Rücken. Sie stellte sich vor die Hofdame, machte einen leichten Hofknicks und wurde wieder getadelt: „Das kannst du bestimmt noch besser – oder?“

Erst nach dem siebten Hofknicks nickte sie zufrieden.

„Wir werden uns gut verstehen, kleine Prinzessin“, sagte die Hofdame Anna grinsend zu Marias Mutter. Maria selbst schmiedete schon Pläne, die Hofdame wieder loszuwerden. Es wurde aber nicht so einfach, wie sie anfangs dachte, denn die Hofdame war gut vorbereitet nach Neuburg gekommen.

Am frühen Morgen des nächsten Tages wurde Maria von ihrer Dienerin Helena geweckt, obwohl noch kein einziger Sonnenstrahl am pechschwarzen Himmel zu sehen war.

„Die Hofdame wünscht, Euch zu sehen, Prinzessin“, stotterte die Dienerin.

„Du brauchst keine Angst zu haben, Helena. Du kannst ja nichts dafür“, erwiderte Maria und lächelte, obwohl sie noch hundemüde war.

Maria zog sich an und lief mit Helena in die Küche. Dort stand die Hofdame - und sie war erstaunlicherweise nicht alleine! In der Küche herrschte schon ein reges Treiben. Maria wurde erst jetzt bewusst, was ihre Diener alles auf sich nahmen, nur damit sie ein glückliches Leben hatte.

„So, mein Fräulein Prinzessin! Dann wollen wir mal schauen, ob du wirklich so schlau bist, wie alle behaupten. Ich will von dir wissen, welche Lebensmittel dort drüben zu sehen sind“, sagte Anna.

Maria überlegte: ‚Soll ich mich dumm stellen oder soll ich sie mit meinem Wissen beeindrucken‘?

Sie wählte die zweite Variante und zählte alle Lebensmittel in der Küche ohne Probleme auf. Erstaunt hob die Hofdame ihre Augenbrauen.

Maria befürchtete, dass die Augenbrauen gleich zur Decke schweben würden, bis sie der strenge Ton von Anna wieder in die Wirklichkeit zurückholte:

„So, so! Ein schlaues Kind haben wir hier. Doch bist du auch in der Lage, die Zwiebeln zu schälen?“, fragte Anna.

Maria erschrak ein wenig, denn arbeiten musste sie bisher nicht.

Die Hofdame zeigte ihr, wie man die Zwiebeln weiter verarbeitet und erklärte dabei alles zu dem Lauchgewächs: „Dieses Allerweltsgemüse gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Zwiebeln werden seit fünftausend Jahren als Heil-, Gewürz- und Gemüsepflanze angebaut. In Ägypten ist die Zwiebel eine Opfergabe an die Götter und wurde den Toten als Wegzehrung für die Jenseitsfahrt mitgegeben. Im antiken Rom gehörten die Zwiebeln zu den Grundnahrungsmitteln. Römische Legionäre brachten die “cepula” nach Mitteleuropa. Außer zum Essen benutzte man sie auch als Amulett gegen Krankheiten. Die genaue geographische Herkunft der Küchenzwiebel ist unbekannt. Soweit man weiß, lebt die nächstverwandte Art unserer Küchenzwiebel tief im fernen Osten.“

Mit tränenden Augen lauschte Maria der Auslegung. Nun war sie diejenige, die beeindruckt war.

Nach fünf Zwiebeln wurde Maria erlöst. Sie durfte sich waschen und wurde von ihrer Dienerin bereitgemacht für den nun folgenden Unterricht.

„Disziplin, junge Prinzessin, ist das, was dir zu fehlen scheint, denn Wissen besitzt du. Doch nun wollen wir einmal sehen, wie breit dein Wissen ist“, sagte Anna, die wie eine Riesin vor ihr stand.

Maria schluckte zuerst den Kloß in ihrem Hals hinunter und sammelte sich.

‚Wollen mal sehen, wer von uns beiden die Klügere ist‘.

Der Unterricht begann: „Wer, oder was, ist Nostradamus?“, fragte Anna.

„Ein französischer Heiler und Seher“, antwortete Maria mit stolz geschwellter Brust.

Wieder zog Anna beeindruckt ihre Augenbrauen nach oben, überlegte angestrengt und fragte mit einem Grinsen im Gesicht: „Francis Drake?“

Sofort antwortete Maria: „Francis Drake war ein englischer Seefahrer und Freibeuter und ist eine der bekanntesten Persönlichkeiten des 16. Jahrhunderts. Er wurde 1540 in Tavistock, Devon, in England, geboren und starb im Alter von 56 Jahren am 28. Januar 1596 in Portobelo in Panama.“

Jetzt musste sich die Hofdame hinsetzen, denn damit hatte sie nicht gerechnet.

‚Woher weiß die Kleine das alles schon mit acht Jahren?‘

Maria wurde mutig und fragte: „Gnädige Hofdame, wissen Sie, wer William Shakespeare war?“

Anna schnappte nach Luft und dachte: ‘So ein Frechdachs, dir werde ich es zeigen!’

„Er war ein englischer Schriftsteller.“

Maria nickte, und so ging es jetzt immer hin und her mit den beiden. Jede hatte immer die richtige Antwort parat, egal, um welche Persönlichkeit es sich handelte.

Galileo Galilei, Johannes Kepler, Peter Paul Rubens, Rembrandt an Rijn, Moliere und so weiter.

Nach mehreren Stunden zog sich die Hofdame zurück, um sich zu erholen. Maria hingegen lief unbeschwert in den Innenhof der Burg und drehte einige Runden, um fit für die weiteren Lehrstunden zu sein.

Im Geheimen freute sie sich darauf und glaubte: ‘Der Zicke werde ich zeigen, was ich draufhabe.’

Doch sie sollte sich täuschen, gewaltig täuschen!

Am nächsten Tag wurde Maria schnell klar, dass mit der Hofdame nicht zu spaßen war!

„So, mein neunmal kluges Prinzesschen! Dann wollen wir mal sehen, wie es mit dem Tanzen und deinen künstlerischen Fähigkeiten aussieht“, sagte Anna siegessicher und ergänzte: „Harfe spielen kannst du ja schon. Aber was kannst du noch?“

Maria erschrak. Damit hatte sie nicht gerechnet! Denn künstlerisches Talent gehörte nicht zu ihren besten Fähigkeiten.

Auch ihre Fingerfertigkeit war nicht unbedingt geeignet für nähen, malen oder töpfern. Sie bemühte sich sehr. Doch für Anna war alles nicht gut genug. Siegessicher lächelnd stand die Hofdame vor ihr, wie eine Göttin strahlend, und gab ihr immer wieder neue Aufgaben. Doch nichts, aber auch gar nichts, war für sie in Ordnung. Ein Tadel folgte dem nächsten.

Maria war am Boden zerstört!

Ihre geliebte Harfe wurde ihr abgenommen, und alle sportlichen Aktivitäten untersagt.

Nach einem halben Jahr wurde Maria immer trauriger. Würde ihr zukünftiges Leben nur aus den Dingen bestehen, die sie nicht gerne tat? Es war zum Verzweifeln.

Sie wurde gezwungen, dämliche Blumen zu sticken, kleine und große Vasen zu töpfern, die niemand brauchte, Bilder von Bäumen oder Schlössern zu malen, die niemand aufhängen würde.

Aber am schlimmsten war das Tanzen! Dieses langweilige, steife Herumgehopse war gar nichts für sie. Einmal täuschte sie eine Verletzung vor, doch die Hofdame kannte keine Gnade. Ein kühler Verband wurde angelegt und sofort ging es mit dem Unterricht weiter.

Der einzige Lichtblick waren die Abendstunden, die sie mit ihrer treuen Dienerin verbrachte.

Helena wusste so vieles über das Leben und in welchem Buch was zu finden sei.

Maria dachte: ‚Bestimmt ist sie schlauer als diese blöde Hofdame Anna‘.

Aber es half nichts! Ihre Eltern bestanden darauf und verlangten blinden Gehorsam der Hofdame gegenüber. Ihr Vater versuchte sie immer wieder etwas aufzumuntern, denn er war nicht unbedingt mit den Erziehungsmethoden der Hofdame einverstanden. Seine Tochter tat ihm leid! Doch ihre Mutter Elisabeth pochte darauf, die strenge Erziehung fortzuführen.

Maria wurde immer unglücklicher und fand an nichts mehr Gefallen. Die Hofdame freute sich über ihren errungenen Sieg und bürdete der Prinzessin immer mehr ungeliebte Aufgaben auf.

Sie dachte: ‚Dir werde ich es zeigen, kleine freche Göre.‘

So verging Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat.

Eines Morgens wurde die Hofdame während des Unterrichts von Elisabeth gerufen, und Maria war alleine. Aus Langeweile griff sie zu einem Buch über Heilpflanzen. Sie ließ die Seiten lustlos an ihren Augen vorbeifliegen.

Irgendwann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die Schneerose. Interessiert las sie den Text. Dann noch einmal und noch einmal. Sie schmunzelte und ließ die Seiten ein weiteres Mal fliegen, bis sie an der Hagebutte hängenblieb.

Wieder las sie den Text zwei Mal und schmunzelte erneut. Der Zufall hatte ihr ein Zeichen geschickt!

Ihre Zuversicht wuchs, die Hofdame bald schon loszuwerden.

An diesem Abend fragte Maria vor dem Zubettgehen ihre Dienerin, ob sie bitte so freundlich wäre und ihr Schneerosen und Hagebutten besorgen könnte.

Helena schaute zunächst nachdenklich, dann schmunzelte sie und erwiderte: „Prinzessin, möchtet Ihr die Pflanzen getrocknet oder frisch?“

Maria lachte, zum ersten Mal seit langem, und antwortete: „Getrocknet, natürlich. Und, wenn möglich, als feines Pulver, bitte.“

Zuerst plagten Helena Gewissensbisse, denn ihr war bewusst, was Maria vorhatte.

Als das traurige Gesicht der Prinzessin vor ihren Augen erschien, schob sie alle Zweifel zur Seite und machte sich an die Arbeit. Sie lief in die Küche, holte sich eine Sichel und begab sich in den Kräutergarten. Mit zwei kleinen Säckchen kam sie zurück und lief zum Kamin im Rittersaal. Links auf das Sims legte sie ein Bündel Schneerosen.

Dann pulte sie die Nüsschen aus den Hagebutten und legte sie zum Trocknen auf die rechte Seite. Der Kamin war noch gut warm, und schon nach zwei Stunden waren beide Häufchen trocken. Helena nahm einen Mörser und zerstieß die Schneerose mit dem Stößel zu einem feinen Pulver.

Beim Umfüllen in eine kleine Papiertüte nieste sie mehrmals. Lachend sagte sie: „Deshalb wird die Schneerose auch schwarze Nieswurz genannt.“

Beim Umfüllen der Nüsschen aus der Hagebutte passte sie besonders auf, denn die feinen Härchen an den Nüsschen wurden gerne als Juckpulver verwendet.

,Die Prinzessin ist ganz schön raffiniert’, fand Helena und brachte beide Papiertütchen in ihre Kammer, um sie am nächsten Morgen zur Prinzessin zu bringen.

Maria bedankte sich und verstaute die Tütchen in ihrem vergoldeten Nachttisch, damit die Hofdame sie nicht zu Gesicht bekam.

Dabei flüsterte sie: „Das wird der Hofdame eine Lehre sein‘, und grinste dabei über beide Ohren.

Helena überkamen plötzlich Zweifel, ob sie richtig gehandelt hatte. Mit einem unguten Gefühl verließ sie das Zimmer der Prinzessin.

Nach dem Frühstück lief Maria in das extra eingerichtete Lernzimmer.

Sie war der Meinung, dass „Folterkammer“ der angemessenere Name dafür wäre. Aber das behielt sie für sich.

Maria war extra früher in der „Folterkammer“ und streute etwas von dem getrockneten Schneerosenpulver auf und in das Lehrbuch der Hofdame. Das Hagebuttenpulver streute sie auf den mit Samt überzogenen Stuhl.

Durch die Sonneneinstrahlung zeichnete sich das Pulver auf dem roten Samt deutlich sichtbar ab. Die Prinzessin erschrak, doch blitzschnell zog sie einen Vorhang zu. Nun war das Pulver nicht mehr zu sehen.

Zufrieden setzte sie sich auf ihren kleineren härteren Lernstuhl und wartete.

Als die Hofdame den Raum betrat – forsch, wie immer - stand sie auf und setzte eine ernste Miene auf. Innerlich lachte sie schon jetzt. Aber sie blieb nach außen hin ruhig und setzte sich mit der Hofdame gleichzeitig hin, wie es sich für feine Damen gehörte.

Anna zog ihre Augenbrauen nach oben und lobte Maria zum ersten Mal, seit sie vor mehr als einem halben Jahr das Schloss betreten hatte.

,Ist die kleine Göre endlich vernünftig geworden?’, dachte sie, und nahm ihr Buch zur Hand. Sofort nieste sie heftig - und das gleich drei Mal am Stück!

Überrascht bemerkte sie ein seltsames Jucken an ihren Armen und im Nacken. Wieder laut niesend, entschuldigte sie sich und rannte aus dem Zimmer. Maria lachte, als die Hofdame die Tür von außen geschlossen hatte.

,Der Zicke habe ich eine Lektion erteilt’, meinte sie und lief zufrieden in die Bibliothek, um sich ihren Büchern zu widmen. Den Büchern, die sie lesen wollte. Und nicht die, die sie lesen musste!

Am nächsten Morgen erwachte sie und erschrak fürchterlich, denn vor ihrem Himmelbett stand die Hofdame Anna und schaute böse auf sie herab. Aus dem Augenwinkel sah die Prinzessin den geöffneten Nachttisch und die Tütchen darin. Jetzt wurde ihr doch mulmig!

Mit großen Augen starrten sich die beiden Streithähne lange an. Dann schüttelte die Hofdame den Kopf und verließ wortlos das Schlafgemach der Prinzessin.

Maria zog sich sofort an und dachte zuerst: ‚Wo ist Helena? Und wie mache ich das wieder gut?’

Als sich ihre Aufregung etwas gelegt hatte, entschied sie, zuerst abzuwarten. So saß sie wie ein Häufchen Elend auf ihrem Bett und wartete mit dem Bewusstsein, zu weit gegangen zu sein.

Erst nach mehr als zwei Stunden erschien ein Diener, um sie abzuholen. Mit wackeligen Beinen betrat die Prinzessin den Raum und schaute sich um. Ihre Eltern waren anwesend und Helena, doch keine Spur von der Hofdame.

Nachdem sie die Tür geschlossen hatte, richteten sich alle Augen auf sie. Ihre Mutter schaute verzweifelt, Helena traurig und ihr Vater leicht amüsiert, was Maria verwirrte und verunsicherte. Sie fasste sich ein Herz und wollte ihre vorbereitete Entschuldigung aufsagen.

Doch sie wurde von ihrer Mutter sofort unterbrochen: „Helena, du hast das Ganze auch noch unterstützt. Ich werde dich in die Küche verbannen. Du wirst nur noch Rüben schälen, bis an dein Lebensende.“

Maria schluckte und wollte sich wieder zu Wort melden.

Aber auch dieses Mal schnitt ihr ihre Mutter mit einer strengen Handbewegung das Wort ab: „Du, mein Fräulein, bist nun eindeutig zu weit gegangen. Jetzt reicht es mit unserer Geduld. Philipp, ich erbitte mir eine angemessene Strafe, und zwar sofort!“

„Mama, es tut mir außerordentlich leid. Helena hat nichts damit zu tun! Wenn jemand bestraft werden muss, dann ich“, platzte es aus Maria heraus.

„Maria, jetzt ist es kein Spaß mehr. Die Hofdame ist sofort abgereist, nachdem sie dich durchschaut hatte. Der Kaiser wird erbost sein, wenn er davon erfährt“, sagte ihr Vater mit strengem Tonfall, der aber so gar nicht zu seinem Gesichtsausdruck passte.

„Bitte geh in deine Kammer. Ich werde über deine Bestrafung nachdenken. Und du, Helena, gehst mit ihr.“

Mit einem Hofknicks verließen beide das Zimmer und begaben sich in die Kammer der Prinzessin. Wortlos warteten sie auf ihre Bestrafung.

Prinzessin Maria und das Nibelungen-Geheimnis

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