Читать книгу Der Weg zur perfekten Hure - Kaspar Graf von Heumar - Страница 8
Die Hure und ihre Stellung in der Gesellschaft
ОглавлениеIn unserer ach so fortschrittlichen Welt existiert noch immer eine gewisse Doppelmoral in Bezug auf Bordelle, Huren und alles, was damit zusammenhängt. Die Gründe dafür sind verschiedener Natur. Zum einen hat der deutsche Staat erst vor wenigen Jahren begonnen, diesen Beruf offiziell als solchen zu akzeptieren. Zum anderen haben diverse Fernsehkrimis und Bücher ein gewisses Bild gezeichnet. Auch betrachten viele Menschen solche Frauen, die offen Sexualität ausleben, noch immer als minderwertig. Sie brauchen nicht einmal Huren zu sein.
Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein Mann betritt eine Party. Alle Gäste schauen ihn an. Jetzt sagt er: „Alles, was hier Titten hat, sollte besser in Deckung gehen! Papas Klöten stehen nämlich kurz vor der Explosion.“ Was passiert nun? Die meisten Männer werden lauthals lachen. Einige Frauen wahrscheinlich auch. Dennoch wird keine der Frauen auf ihn zugehen und sagen: „Na, dann komm doch mal mit raus! Vielleicht kann ich helfen.“ Sie werden aus Angst um ihren Ruf sogar jedes tiefer gehende Gespräch mit diesem Typen vermeiden. Jeder weiß ja nun, dass er das Sperma in den Augen stehen hat, und schon das Gespräch mit ihm birgt die Gefahr, als „Schlampe“ angesehen zu werden. Ob der Typ attraktiv ist oder cool, interessiert hierbei kaum. Wird eine Frau, die sich nun von diesem Mann angezogen fühlt, den Kontakt mit ihm suchen (wir nennen sie Anna), passiert folgendes:
Jana und Markus beobachten die Szene. Jana wird sagen:
„Guck mal, war ja klar, dass gerade Anna sich sofort an so einen heranschmeißt. Die Schlampe. Das war ja auch nicht anders zu erwarten.“ Markus wird entgegnen: „Echt, so ein Miststück ..., was findet die bloß an so einem?“ Das, was Jana und Markus sagen, ist natürlich nicht das, was sie denken. Jana denkt: „Ich hätte selber nicht den Mut, diesen coolen Typen anzusprechen, vor allem, weil er so offen signalisiert hat, dass er Sex will. Mein Ruf könnte leiden. Jetzt nimmt mir die blöde Anna auch noch die Chance, es morgen heimlich zu tun und schnappt ihn einfach so weg ...“ Markus denkt: „Verdammt nochmal, warum kann Anna nicht einfach mich anbaggern? Ich hätte sehr gern mal Sex mit ihr ...“ Was passiert im umgekehrten Fall? Eine hübsche junge Frau kommt auf die Party:
„Achtung Jungs! Alles mit enger Jeanshose nimmt sich besser in Acht. Mutti hat nämlich schwer Notstand ...“ Wahrscheinlich wird erstmal jedem Partygast die Kinnlade runterfallen. Die Männer werden im Verlauf des Abends mit sabbernden Mäulern an dieser Frau kleben. Am nächsten Tag werden sie sich genau diese Mäuler über sie zerreißen. Die anwesenden Frauen hingegen zerfleischen ihre freizügige (böse) Geschlechtsgenossin bereits am selben Abend. Und zwar deshalb, weil sie eine unschlagbare Konkurrentin ist. Mit diesem Spruch lenkt sie die Aufmerksamkeit aller Männer auf sich und lässt die anderen Frauen traurig und verlassen im Regen stehen. Sie ist eine „Schlampe“. Der Mann in unserem ersten Beispiel ist der „coole, witzige Macho“. Mit etwas Abstand (z. B. einige Tage später) wird die eine oder andere Frau vielleicht sogar unauffällig seine Nähe suchen und sich von ihm vögeln lassen. Auch wenn sie in dem Moment natürlich gesagt haben mag: „Was für ein selbstgefälliger Kerl ...!“ Fakt ist: Männer stehen auf sexuell aktive Frauen. Und Frauen auf sexuell aktive Männer. Aber das gesellschaftliche Rollenverhalten sieht total anders aus. Es sind nämlich Jana und Markus, die den Wunsch aller Menschen nach einer wirklich freien Sexualität blockieren. Und zwar aus fehlendem Selbstvertrauen und falscher Scham.
In Köln gibt es über 100 Bordellbetriebe. Straßenstrich und Escortangebote einmal außen vor. Wir haben ca. eine Million Einwohner. Davon sind 500.000 Männer. Davon wiederum
300.1 im entsprechenden Alter (18 bis 70 Jahre), gesund und zu Bordellbesuchen theoretisch fähig. Wenn jeder von ihnen einmal im Jahr in den Puff ginge, dann sind das bei 365 Tagen im Jahr ca. 8 Gäste pro Tag und Puff. Davon könnte keines dieser Häuser wirklich finanziell existieren. Es gibt gute Bordelle, die einen täglichen Gästedurchlauf von 50 bis 100 Personen haben. Es sind also definitiv mehr Männer, die in den Puff gehen als solche, die es nicht tun. Bei den übrigen Dingen im Leben ist es so: Das, was die meisten Leute gut finden ist „normal“. Ähnlich wie bei der Bundestagswahl. Wessen Meinung vom Großteil der Bürger geteilt wird, der darf regieren. Gäbe es eine Partei der Puffgänger, dann wäre dies die mit Abstand stärkste Fraktion ;). Und in der Demokratie gilt ja schließlich die Entscheidung der Mehrheit.
In der Gesellschaft ist das, zumindest unser Beispiel betreffend, komischerweise anders. Markus geht aller Wahrscheinlichkeit nach selbst heimlich in den Puff. Jana ist mit Thomas verheiratet. Sie hat es aus dem biologischen Instinkt des Schutz suchenden Weibchens getan. Ihr instinktives Unterbewusstsein ließ sie einen Mann wählen (Thomas), der einen guten Job hat und freundlich zu ihr ist. Sie will schließlich Kinder. Das ist Janas Natur. Da Thomas gesellschaftlich akzeptiert ist (hat eine gute Position bei der Bank, spielt Golf, hat ähnlich langweilige aber treue Freunde), ist er eigentlich der richtige Partner für Jana. Er ist ein guter Jäger, der reichlich „Felle“ und „Fleisch“ mit nach Hause bringt. Er kann sie und die Nachkommen auch prima beschützen. Das „Fleisch“ ist natürlich in der modernen Zeit eher der Hummer in Crevettensoße, den Jana sonntags liebevoll zubereitet und den die Familie gemeinsam vor dem Kamin verzehrt. Die „Felle“ sind Janas sündhaft teure Chanelkostüme, die sie mit Stolz ihren Freundinnen präsentiert. Thomas hat aber auch nicht unendlich viel Geld. Und vor allem kauft dieser lieber einen schicken Sportwagen als „Schwanzverlängerung“. Thomas hat nämlich einen ganz kleinen Pipimann ;) ..., der unter anderem ein Grund dafür ist, dass auch er sich nicht traut, solch „böse“ Mädchen wie unsere vorhin erwähnte Anna anzusprechen. Auf jeden Fall geht auch Thomas in den Puff. Vielleicht sogar mit Markus. Sein Geld gibt er jedenfalls nicht gern für Janas Chanelkostümchen aus.
Seit ihre Zwillinge Max und Moritz auf der Welt sind, mag Jana auch gar nicht mehr mit Thomas vögeln. Abends hat sie groooße Kopfschmerzen. Und am Tage ist sie wahnsinnig beschäftigt mit den Kindern, und auch Thomas geht arbeiten. Manchmal träumt Jana heimlich von hemmungslosem Sex mit einem coolen Typen. Aber meistens von neuen Chanelkostümchen und Handtaschen von Louis Vuitton. Damit Thomas ihr sowas kauft, muss sie seinen kleinen Pipimann Sonntagabend dann doch zumindest mal etwas ausführlicher in den Mund nehmen und später ganz lieb fragen. Der Unterschied zwischen Jana und einer professionellen Hure ist folgender:
1. Abends schläft Jana neben dem dickbäuchigen, furzenden Thomas ein.
– Eine Hure schläft allein, oder neben dem, den SIE gerade will.
2. Was Jana und außer ihr natürlich Millionen von Frauen dieser Welt genauso tun, ist zwar heuchlerisch aber „gesellschaftlich ok“. Na, dann ...
– Eine Hure nimmt unmittelbar Geld für Sex. Es wird offen ausgesprochen, dass der Sex in direktem Bezug zu einer Gegen- leistung (nämlich Geld) steht.
Das, was Frauen wie Jana machen, kann man als gesellschaftlich adäquate Prostitution ansehen. Dass es unserem Beispiel folgend dasselbe ist wie die professionelle Prostitution, wird nun deutlich. Ich betone nochmal: In Janas Fall wird das Geschäft, nämlich Sex im Tausch gegen Sicherheit, Geld und Hilfe nur nicht als „Geschäft“ bezeichnet und oft auch von beiden Beteiligten nicht als solches wahrgenommen. Deshalb kann man auch Jana keinen wirklichen Vorwurf machen. Sie handelt nur nach ihrem anerzogenen Instinkt. Aber wie man es dreht und wendet: „Sex gegen Leistung“ gibt es immer und überall. Mal offen und mal versteckt.
Die Gesellschaft hat sich eine verächtliche Meinung zu direkter (professioneller) Prostitution auf die Fahne geschrieben. Diese Meinung resultiert aus Schamgefühl, sexuellen Komplexen und anerzogenen Moralvorstellungen von Leuten wie Thomas, Markus und Jana. Wir werden daran nichts ändern können. Aber wir können diese Ansicht nun einordnen. Wir sehen solche Menschen jetzt mit gänzlich anderen Augen. Mir persönlich tun sie mittlerweile einfach nur leid.
Natürlich stellt sich die Frage, warum Frauen wie Jana nicht selbst professionelle Huren sind? Zum einen will Jana die Erwartungshaltung ihrer Eltern befriedigen. Von Kindheit an hat sie dieses Lebensmodell als erfolgreich und nachahmenswert kennengelernt. Ihre Mutter wird höchstwahrscheinlich ein ähnliches Beziehungsmuster vorgelebt haben. Und dann ist da noch ihr sonstiges Umfeld. Freunde, Arbeitskollegen usw. Anzunehmen ist, dass auch sie nach dem gleichen Muster leben wie Jana. Ihr wurden Märchen vorgelesen, in denen Prinzen (wie Thomas) auf einem weißen Pferd kleine Mädchen heiraten und zu Prinzessinnen machen. Dann lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Mein Gott, was wird mir schlecht! Wenn die Liebe doch so einfach wäre! Alle Janas haben zudem große Angst, alleine zu sein. Darum bauen sie eine Mauer aus „Verantwortung“ um sich herum. Kinder, Heirat, Haustiere, feste Arbeitsstellen, Hobbys und ihre Position als Elternvertreterin in der Schule der Kinder geben ihr Halt und schützen, so glaubt sie, Thomas und sich vor der Trennung. Sie ist tatsächlich der Meinung, dass sie sich dadurch nicht austauschbar macht. Ein Stück weit funktioniert diese Technik sogar. Aber sie ist dadurch nicht mehr das Idealbild sexueller Anziehung für Thomas.
Durch ihre Kochkünste und die Tatsache, dass sie Thomas auch außerhalb seiner Arbeit durch Kinder, Gartenarbeit und ähnliches beschäftigt, degradiert sie ihn zu einem für andere Frauen völlig unattraktiven Sesselfurzer, den ihr niemand mehr wegnehmen wird. Selbstverständlich leidet ihre eigene sexuelle Lust auf Thomas ebenfalls darunter. Auf der einen Seite will sie ja selber einen coolen Typen haben, auf der anderen Seite kann sie es sich aber nicht erlauben, alleine dazustehen. Also macht sie Thomas zum Schoßhündchen. Wuff, wuff! Eine andere Frau (vielleicht sogar eine Hure), in die Thomas sich verliebt, wird sie bald eines Besseren belehren. Aber das ist Gott sei Dank eine andere Geschichte und definitiv nicht unser Problem.