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KAPITEL 3

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»Warum gucken die auf einmal so komisch?«, fragte Abby leise und sah zu Savior.

Dieser hob die Schultern. »Sie sind es nicht gewohnt Mädels im Clubhaus zu haben, die sie nicht ficken dürfen.« Er stieß sich von der Wand ab. »Ich zeige dir erst noch den Rest des Hauses und dein Zimmer, dann kannst du dich den Fragen der Jungs stellen.«

Sie gingen über einen Flur zu einer Treppe, die nach unten in den Keller und nach oben in den ersten Stock führte.

»Eins geht mir nicht aus dem Kopf«, meinte Abby. »Nur mal so aus Neugier, warum darf mich keiner von denen anfassen? Es ist doch meine Entscheidung, richtig? Wenn ich also Lust habe, mit einem von ihnen zu schlafen, warum sollte ich das nicht dürfen?«

Nicht, dass sie etwas in dieser Art vorgehabt hätte. Nach einer flüchtigen Affäre stand ihr momentan nicht der Sinn. Schon gar nicht mit einem Mann, der einer kriminellen Bande angehörte. Wer wusste schon, wie lange er überhaupt in Freiheit war oder was er alles auf dem Kerbholz hatte. Ob einer von ihnen schon mal getötet hatte? Die Antwort darauf wollte sie lieber gar nicht so genau wissen.

Savior blieb stehen und warf ihr einen genervten Blick zu. »Es ist besser so.«

»Du weißt schon, dass das keine Antwort ist?«

Er stieß einen Ton aus, passend zu seinem Gesichtsausdruck. »Stellst du immer so viele Fragen?«

»Wenn Entscheidungen über meinen Kopf hinweg getroffen werden? Ja! Also frage ich dich jetzt noch mal: Warum darf ich mich nicht auf einen von ihnen einlassen?«

»Auf dieser Etage gibt es ein Fernsehzimmer, unseren Beratungsraum, Küche mit Essbereich, Vorratskammer, Toiletten und zwei leerstehende Räume«, überging er ihre Antwort, und deutete auf die entsprechenden Zimmer, während sie im Stechschritt über den Flur eilten.

Was bildete dieser Typ sich ein? Sie würde ihm schon noch zeigen, dass er sie nicht wie die anderen behandeln konnte. Fürs Erste würde sie es gut sein lassen, schließlich war sie gerade mal seit einer Stunde hier und wollte sich nicht gleich mit dem großen Boss anlegen. Das sorgte nur für schlechtes Karma und das konnte sie gar nicht gebrauchen.

Da fiel ihr ein: »Ich muss nach Hause und ein paar Klamotten holen. Waschsachen, Frauenzeugs und so was alles.«

Savior warf ihr schon wieder diesen genervten Blick zu. »Heute noch?« Demonstrativ blickte er auf seine Uhr. »Es ist spät und ich bezweifle, dass einer der Jungs große Lust dazu hat, jetzt noch den Chauffeur zu spielen.«

Sie lächelte süßlich. »Ich bin mit meinem Auto auch alleine hergekommen, das ist also alles gar kein Problem.«

»George will, dass ich auf dich aufpasse. Denk nach, Schneewittchen. Was passiert wohl, wenn du alleine losfährst? Du bist doch ein cleveres Mädchen.«

»Ich kann mir nicht mal die Zähne putzen!«, presste sie wütend hervor. Allmählich reichte es ihr und sie bedauerte, überhaupt hierhergekommen zu sein. Würde das jetzt so weitergehen? Jedes Mal bei Savior um Erlaubnis fragen, wenn sie irgendwo hin wollte? Das konnte ja noch witzig werden.

»Hör zu«, meinte sie nun in versöhnlichem Ton und versuchte, ihn halbwegs freundlich anzulächeln. »Ich möchte nicht jedes Mal erst ewig diskutieren müssen. Das nervt dich und mich genauso. Lass uns also versuchen eine vernünftige Regelung zu finden, okay?«

Savior war stehengeblieben. Er beugte sich dicht zu ihr herunter. Er roch nach Mann und ein bisschen nach Minze und Zigarette. Abby bemerkte feine Narben an Kinn, Wange und Augenbraue.

»Du willst eine vernünftige Regelung?«, fragte er und kam ihr noch näher. Sie nickte.

»Mein Club, meine Regeln. Ich fahre mit dir zu deinem Haus, du packst Sachen ein und dann ist das Thema erledigt. Du wirst niemals alleine fahren und immer einen meiner Jungs mitnehmen. Und sollte keiner Zeit für dich haben, wirst du artig warten, kapiert?«

Abbys Verstand setzte aus. Das war sicher die einzige Erklärung, warum sie ihm nickend zustimmte.

»Wenn du weiterhin so zahm bist, werden wir gut miteinander auskommen.« Savior grinste überheblich und ging voran in den nächsten Stock. »Kommst du? Ich habe auch noch anderes zu tun.«

Zügig eilte sie ihm hinterher. Hatte er sie gerade zahm genannt? Was für ein Scheiß! Sie durfte sich nicht von seiner Nähe ablenken lassen. Aber das nächste Mal war sie darauf vorbereitet und würde sich nicht so schnell geschlagen geben.

»Hier im zweiten Stock haben wir Schlafräume und den Waschsalon. Nicht jeder besitzt hier ein Zimmer, viele wohnen in der Stadt, weil sie dort Familie haben. Ehefrauen, Kinder, Affären. Einige der CM´s pennen hier, bis sie was anderes gefunden haben.«

»CM´s?«

Er lächelte schief. »Club-Matratzen. Die halbnackten Weiber, die du unten gesehen hast. Wenn wir Gäste haben, bieten wir ebenfalls ein paar der Zimmer an. Die sind aber im dritten Stock und nicht so komfortabel wie die anderen Räume. Die Sinners sind mit einigen auswärtigen Clubs befreundet, darunter auch Biker. Manchmal kommen ihre Nomads vorbei, bleiben ein paar Nächte, bis sie wieder weiterfahren. Es ist gut, überall Freunde und Augen zu haben. Man kann nie wissen, wozu das nützlich ist.«

Abby wollte ihm gerade in eins der Zimmer folgen, als er sich plötzlich umdrehte und sie mit seinem harten Körper an die Wand drückte. Fordernd presste er sich an ihre weichen Kurven. Sein männlich herber Duft umwaberte ihren Verstand. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen sehen zu können.

»Du ziehst doch hier kein krummes Ding ab, oder Schneewittchen? Bringst den Club und meine Leute in Gefahr?«

Nervös befeuchtete sie ihre Lippen. »Nein.«

Er nickte, ließ aber nicht von ihr ab. Seine Hände ruhten links und rechts neben ihrem Kopf an der Wand. Eine Strähne fiel ihm ins Gesicht, was ihn verrucht aussehen ließ. »Gut.«

Abby blinzelte. Warum verhielt sie sich wie ein kleines Mädchen? Sie musste dringend etwas Abstand zu dem Sinners Anführer halten. Er musste doch denken, sie wäre eine stieläugige Kuh, die sich alles gefallen ließ.

O Gott, sie benahm sich wie Blondie! Blöd nur, dass ihr das zeitgleich mit dem feuchten Höschen bewusst wurde.

Savior stieß sich von der Wand ab. »Hier ist dein Zimmer. Es ist nicht groß, aber du hast ein eigenes kleines Bad. Wir lassen die Türen immer offen, aber du kannst einen Schlüssel bei mir im Büro bekommen.«

Sie wollte gerade in das Zimmer gehen, da zog er sie an der Hand zurück zur Treppe. »Dafür bleibt später noch Zeit, jetzt fahren wir deine Klamotten holen.«

Abby fühlte sich von ihm völlig überfahren. Sie konnte gar nicht richtig verarbeiten, was er sagte, da war er schon wieder bei einem anderen Thema.

Unten im Erdgeschoss war sie völlig aus der Puste von seinem Tempo. Noch immer hielt er ihr Handgelenk umklammert. Ihre Haut brannte, wo er sie berührte. Ob das jetzt gut war, wusste sie nicht.

Kurz vor dem Hauptraum, heimlich nannte sie es das Orgien-Zimmer, ließ er sie los. »Ich muss noch meine Schlüssel holen. Du wartest hier.«

Abby hasste diesen Befehlston wirklich. Es würde seinem Image schon nicht schaden, wenn er wenigstens ein bisschen netter wäre. Hoffentlich waren hier nicht alle Männer wie er. Sonst würde das der wohl längste Aufenthalt ihres Lebens werden.

»So, so, du bist also unsere neue Tätowiererin«, erklang eine tiefe Stimme neben ihr. »Kannst du das überhaupt?«

»Ja«, antwortete sie schlicht und drehte sich leicht, um die Person ansehen zu können. Sie zuckte zusammen. Der Mann neben ihr war groß und düster und vernarbt. Er sah ein bisschen aus wie das Narbengesicht aus dem Film Platoon. Nur noch düsterer und gefährlicher, wenn auch attraktiv. Obwohl er garantiert alles dafür tat, um es nicht zu sein. Schon alleine der Anblick seiner zornigen dunklen Augen … Abby fröstelte.

»Bin ich etwa kein schöner Anblick?«, zischte er leise und kniff die fast schwarzen Augen zusammen.

»Du willst ja kein Model werden und auf Plakaten gedruckt die Stadt verschönern, oder?«, rutschte es ihr unbedacht heraus.

Doch anstatt sie zu erwürgen lachte er. Tief und freundlich aber vor allem laut. So laut, dass einige der Anwesenden neugierig in ihre Richtung blickten und miteinander tuschelten. Abby bemerkte Blondie, die sich von einem Mann befummeln ließ, aber gleichzeitig Todesblitze aus ihren Augen zu ihr schickte.

Ach, der gehört dir auch?, dachte Abby spöttisch.

»Du gefällst mir, Kleine. Ich mag es, wenn Frauen sich nicht davon abschrecken lassen wie ich aussehe.«

Innerlich atmete sie erleichtert auf. Sie musterte ihn weiter. Die Narben zogen sich von der rechten Wange zum Ohr und dem Auge. Sah ein bisschen wie ein verdrehtes Ypsilon aus. Der Hals war ebenfalls vernarbt vom Kehlkopf bis zum rechten Ohr. Kleinere Narben waren um die beiden großen verteilt. Als wäre er durch ein Fenster gefallen und die Glassplitter hätten ihn so zugerichtet. Das Gewebe sah wulstig aus und es war deutlich zu erkennen, dass die Wunde schlecht verheilt war. Ansonsten sah er gut aus. Ein bisschen verwegen, mit der Glatze und den dunklen Augen. Er war genauso muskulös und groß wie die anderen Männer hier. Soweit sie erkennen konnte, waren seine Arme mit schwarzen Tattoos bedeckt, die bis zu seinen Fingern reichten.

»So schlimm siehst du ja nun auch nicht aus, dass ich mich davon erschrecken lassen müsste. Hast du mal überlegt, dir die Narben am Hals tätowieren zu lassen?« Abby lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie seine Narben einer weiteren genauen, fachkundigen Musterung unterzog.

»Hab ich, na klar. Aber sie erinnern mich daran, dass das Leben kurz ist.«

»Das kann ein Tattoo auch.« Sie zwinkerte. »Natürlich ist der Hals eine sehr empfindliche Stelle und ich kann es verstehen, wenn du Angst davor hast, dich dort tätowieren zu lassen. Das hält nicht jeder durch – den Schmerz und das alles.« Sie unterstrich die Behauptung mit einer Geste ihrer Hand und einem gespielt unschuldig wirkenden Lächeln.

Wieder lachte er, dieses Mal leiser. »Ich mag dich echt, Kleine. Vielleicht überlege ich es mir ja noch. Jetzt stelle ich dir erst mal Cutter vor – der Boss wird es hassen.«


Savior nahm in seinem Büro die Waffe aus dem Safe. Er konnte es selbst nicht glauben, dass er mitten in der Nacht mit Schneewittchen zu ihrem Haus fuhr, damit sie ein paar Frauensachen holen konnte. Aber das war immer noch besser als die Alternative, die ihm vorhin durch den Kopf geschossen war. Da hätte er sie am liebsten gepackt, besinnungslos geküsst und wäre anschließend mit ihr im Bett gelandet. Dabei mochte er weder küssen, noch Sex im Bett. Doch all das schien seinen Schwanz nicht zu interessieren, der seit ihrem Auftauchen in seinem Büro in Habachtstellung war und nur darauf wartete, von ihrer süßen Enge umschlossen zu werden.

Scheiße, was war er doch für ein Romantiker.

Thug kam herein, wieder mal unaufgefordert. Allem Anschein nach konnte er seinem Vize das nicht abgewöhnen.

»Wo willst du hin?«

»Zu Schneewittchens Haus. Sie braucht ein paar Sachen«, erklärte er in einem Ton, als wäre das völlig normal.

»Soll ich dich begleiten?«

»Ich werde schon alleine klarkommen. Aber du kannst die Leute hier mal ein bisschen im Auge behalten.«

Thug schloss die Tür hinter sich. »Was ist los, Boss?«

»Da ich los muss, bekommst du die Kurzversion. Schneewittchen ist die Tochter von George Waters, der sie zu mir geschickt hat, damit ich sie beschütze, weil er selbst auf irgendeiner bescheuerten Mission unterwegs ist. Außerdem beklaut jemand mich und den Club.«

»Denkst du einer unserer Brüder bestiehlt dich?«

»Ich möchte es nicht glauben, aber die Bücher sprechen eine andere Sprache und es fehlt Bargeld.«

»Könnte jemand mit den Betreibern der Clubs zusammenarbeiten?«, fragte Thug.

»Schon möglich. Ehrlich gesagt weiß ich gerade gar nicht, wo ich nach dem Verräter suchen soll. Ich will keinen der Jungs verdächtigen, aber ich weiß auch, dass es niemand sonst sein kann. Wir werden uns morgen darüber unterhalten. Jetzt muss ich los.«

Sofort wurde Thugs Grinsen dreckiger. »Schon klar, kleinen Abstecher bei Schneewittchen machen und so. Wie kommt George dazu, sie ausgerechnet zu dir zu schicken?«

Savior rieb sich über den Nacken. »Ich bin ihm was schuldig.«

»Willst du mir das näher erklären?«

»Nein.« Mit Sicherheit würde er seinem Vize nicht erklären, warum er George einen Gefallen schuldig war. Savior war jung und überheblich gewesen. Hatte gedacht, niemand könnte ihm etwas anhaben. Schon gar nicht eine Frau. ..

Sein Gegenüber seufzte. »Du bist ja selten gesprächig, aber heute?«

Bevor er Thug erklärte, warum er George den Gefallen schuldig war, musste er mit Abby reden und ihr ein paar Dinge erklären. Dafür war es aber noch zu früh. Er wollte sie nicht jetzt schon verschrecken oder gar vergraulen. Erst wollte er mehr über sie erfahren, sie besser kennenlernen.

Junge, Junge, dachte er, du bist ja heute ein richtiges Herzchen.

Zusammen verließen sie das Büro, kurz überlegte Savior, es abzuschließen, fand das aber zu auffällig. Wenn er in Erfahrung bringen wollte, welcher seiner Brüder ihn hinterging, durfte er sich nichts anmerken lassen. Was ihm jetzt schon verdammt schwerfiel.

Konnte ihm jemand nicht in die Augen blicken? Stand einem der Jungs die Schuld ins Gesicht geschrieben? Fühlte einer sich unwohl ins Saviors Gegenwart?

Plötzlich blieb er stehen und musterte die Szene vor sich. Wut schoss durch seinen Körper. Heiß und brennend versengte sie ihn von innen heraus. Woher das Gefühl kam, wusste er nicht.

Thug stieß ihn leicht mit der Schulter an. »Hättest sie vor allen anpinkeln sollen, dann wäre deine Warnung wohl eher angekommen.« Lachend ließ er ihn stehen und schlenderte gemütlich zur Bar, während Savior innerlich kochte.

Abby kniete neben Cutter auf der Couch, dessen Shirt auf dem Boden lag. Begehrlich wanderten seine funkelnden Augen über ihren Körper. Abby befummelte seine Brust, während Cutter sich entspannt zurückgelegt hatte und Savior nun ein verschmitztes Grinsen zuwarf. Der verdammte Schönling genoss es, Savior zu provozieren.

Und wenn der eines hasste, dann provoziert zu werden. Savior war klar, dass er keine Ansprüche auf Abby geltend gemacht hatte, demnach galt sie mehr oder weniger als Freiwild. Aber er hatte angenommen, wenn er ihnen erklärte, sie stünde unter seinem Schutz, würden sie ihre Finger von ihr lassen. Nun, da hatte er sich wohl gehörig getäuscht.

Und warum zur Hölle fummelte sie überhaupt an einem der Jungs herum? Hatte er ihr nicht erklärt, es wäre besser, wenn sie sich auf niemanden einließ?

Anscheinend hatte Savior ein Autoritätsproblem. Das war nicht nur bitter, sondern auch etwas, das er schnellstens auf die Reihe kriegen musste.

»Wenn ihr hier fertig seid, würde ich gerne losfahren. Oder hat sich das mit deinem Zeug erledigt?«, brummte er und warf der erschrockenen Abby einen wütenden Blick zu.

Sie sprang auf, während Cutter ihm lachend den Mittelfinger zeigte und sein Shirt überzog.

»Wir haben nur über ein Tattoo auf seinem Bauch geredet«, verteidigte sie sich auf dem Weg nach draußen. »Er wollte, dass ich mir das ansehe.«

Savior schnaubte leise. »Ist mir total egal. Steig ein.«

»Wir können auch mit meinem Auto fahren.«

»Nein, mit meinem ist es sicherer.« Keine Polizeikontrollen oder ähnlicher Unfug, der ihm Zeit und Nerven kostete. Die meisten Bullen kannten seinen SUV, und die, die es nicht taten, waren nach der Kontrolle um eine Lektion reicher.

Die Fahrt verlief weitestgehend ruhig. Savior brütete stillschweigend vor sich hin. Abby starrte aus dem Seitenfenster.

»Du hast deinen Leuten gar nichts von meinem Dad erzählt«, sagte sie leise.

»Stimmt.«

»Warum nicht?« Abby drehte sich herum.

»Du stellst zu viele Fragen.«

»Du traust ihnen nicht.«

Nicht nur hübsch, sondern auch klug. Was für eine tödliche Kombination.

»Natürlich traue ich ihnen. Sie sind meine Brüder, ich würde mein Leben für sie geben.«

»Und doch hast du ihnen nichts von meinem Dad erzählt. Ich frage mich nur, warum. Wäre es nicht viel einfacher ihnen die Situation zu erklären, als mich als neue Tätowiererin auszugeben und mir immer jemanden an die Seite zu stellen?«

Savior stieß einen genervten Ton aus. »Fakt Eins, du bist unsere neue Club-Tätowiererin, das hat nichts mit Ausgeben zu tun. Die Jungs verstehen, dass wir Fremden nicht auf Anhieb trauen und sie deshalb überwacht werden müssen. Fakt Zwei, was ich ihnen erkläre und was nicht, geht dich nichts an. Fakt Drei, du stellst zu viele Fragen.«

Sie waren vor dem Haus angekommen. Savior kannte es, war schon oft genug daran vorbeigefahren. George und er hatten damals eine stille Übereinkunft getroffen. Savior würde nie zu ihm kommen, George würde nie ein Wort über diese eine Nacht verlieren. Und jetzt hatte er sein kleines Mädchen auf direktem Weg zu ihm geschickt.

Er folgte Abby in das Innere, nachdem er den Wagen geparkt hatte. Nicht direkt vor der Tür, niemand sollte ihn mit dem Tattooladen in Verbindung bringen. Das könnte George und seine Tochter in Schwierigkeiten bringen, sollten die Raiders davon Wind bekommen.

»Mein Zimmer ist oben, ich ziehe mich schnell um und packe meine Sachen zusammen.«

Nachdem er sich im Untergeschoss umgesehen und die Türen geprüft hatte, ging er nach oben. Er folgte den Geräuschen und stand kurz darauf in Abbys Zimmer. Eine Reisetasche lag auf ihrem Bett. An den Wänden hingen professionelle Zeichnungen für Tattoovorlagen. Das Talent hatte sie demnach von ihrem Dad – falls sie von ihr waren.

»Bin gleich fertig.«

Sie hatte sich umgezogen, trug jetzt eine enge Jeans und einen dünnen Pullover. Savior musterte sie. Ihr Hintern sah toll aus in der Hose. Endlich trug sie vernünftige Kleidung und nicht mehr dieses unförmige Etwas, das ihren Körper versteckte.

Er nahm ihr die Reisetasche ab und ging nach unten.

»Tätowier mich«, forderte er.

Sie runzelte die Stirn. »Werde ich machen. Willst du immer alles doppelt und dreifach versichert bekommen?«

Er verdrehte die Augen. »Ich meinte jetzt.«

Ihr forschender Blick brachte seinen Körper zum Beben und weckte Gefühle in ihm, die er schon seit einer Weile nicht mehr gespürt hatte.

Sie führte ihn in ein Hinterzimmer, er stellte die Reisetasche neben einer zweiten Tür ab, von der er wusste, dass sie in den Verkaufsraum führte.

Abby deutete auf seinen Hals und die Arme. »Hast du denn noch freie Stellen?«

In einer fließenden Bewegung zog er sich das Shirt über den Kopf und präsentierte ihr seinen Bauch und Rücken. Den Unterleib zierte ein keltischer Lebensbaum, dessen Baumkrone aus seiner Hose hervorlugte. Saviors Brustwarzen waren gepierct. Das Tattoo einer Eule prangte auf dem Bauch, die Flügel streiften seine Brust und die Rippen.

»Wie du siehst, habe ich überall noch Platz für etwas hübsches Neues.«


Abby seufzte kaum hörbar. Der Mann war wirklich attraktiv. Sein Körper ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie wollte ihn. Obwohl er eindeutig nicht alle Tassen im Schrank hatte. Allerdings hatte sie es auch schon schlimmer getroffen. Mit ein bisschen Geisteswahn würde sie schon klarkommen.

»Was möchtest du denn haben?«, fragte sie heiser und räusperte sich, während sie ihre Utensilien zusammensuchte.

»Erst mal was Kleines, möchte ja sehen, ob du dein Handwerk auch verstehst, bevor ich dich auf meine Brüder loslasse.«

Sie schnaubte spöttisch. »Leg dich auf die Liege, Savior.«

Er beäugte den Einwegrasierer skeptisch.

»Entspann dich. Ich weiß schon was ich tue. Oder hast du Angst, ich könnte dich verletzen?«

»In der Regel sind Frauen mit scharfen Gegenständen in der Hand keine gute Kombination.«

»Dann kannst du javon Glück reden, dass ich gerade nicht meine Regel habe.«

Abby band ihre Haare zusammen, damit sie nicht im Weg waren, rasierte seine Brust, die ohnehin kaum behaart war und zog sich die Handschuhe über.

Sie lächelte ihn unverbindlich an, wie sie es bei allen Kunden tat. Er stützte sich mit den Ellbogen auf der Liege ab und richtete sich somit etwas auf.

Sie waren fast auf Augenhöhe. Seine blauen Augen funkelten sie an. Abby wusste nicht, was sie davon halten sollte. Er studierte ihr Gesicht, schien jeden Millimeter haargenau zu scannen. Sie kamen einander näher. Abby spürte schon den heißen Atem auf ihren Lippen. Er setzte sich auf und vergrub seine Hände in ihren Haaren. Ihr Herz hämmerte.

Ein Knall an der Hintertür ertönte. Während Abby noch zusammenzuckte und überlegte, was das gewesen sein könnte, hatte Savior schon sein Shirt angezogen und eine Pistole in der Hand.

Wo kam denn die auf einmal her?

Er bedeutete ihr leise zu sein und zeigte auf die zweite Tür im Raum.

Stimmen erklangen.

»Ich gehe nach oben und du siehst dich hier unten um.«

Abby runzelte die Stirn. Die Stimme kam ihr bekannt vor.

Ein zweiter Mann lachte. »Der kleinen Schlampe wird noch Hören und Sehen vergehen, wenn ich mit ihr fertig bin.«

Savior spannte sich an und schob Abby halb hinter sich. Er nahm ihre Reisetasche und hielt die Pistole auf die Tür gerichtet. Abby zitterte. Was wollten die Kerle von ihr?

»Sie wurde mir als erstes versprochen, also Pfoten weg. Ich hab schon genaue Vorstellungen, was ich mit ihr machen werde.«

»Dann bleibt ja nichts mehr von ihr übrig«, maulte der andere. »Wieder mal Reste ficken.«

Leise drückte Savior die Klinke herunter und schob Abby durch die Tür. Die Worte hallten in ihrem Kopf wider.

Wurde mir als Erstes versprochen. Reste ficken.

Benommen blinzelte sie. Übelkeit stieg in ihr hoch. Sie klammerte sich an Savior, der Einzige, dem sie gerade vertraute, als die andere Tür in dem Raum sich öffnete und ein Mann eintrat, der ihr einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Er wirkte gefährlich und wild entschlossen. Sie schätzte ihn auf Ende vierzig. Er stutzte kurz, ehe er ein sardonisches Lächeln aufsetzte. Die Augen wirkten vollkommen ruhig und geklärt. Beinahe als würde er das, was er mit Abby vorhatte, täglich machen.

»Hallo, mein hübsches Kind.«

»Verpiss dich.« Savior schob Abby auf den Flur und baute sich vor ihr auf, sodass sie den anderen Mann nicht mehr sehen konnte. Langsam ging er rückwärts aus der Tür, drängte sie hinaus in Richtung Sicherheit.

»Was willst du hier? Geh lieber aus dem Weg, Sinner, ehe du dich noch verletzt. Die Kleine soll zum Boss.«

Savior hob die Waffe ein Stück höher, murmelte ein »das denke ich nicht« und drückte ab. Der Schuss klang unnatürlich laut in ihren Ohren. Abby schrie auf.

»Verdammter Wichser«, stöhnte der andere.

Schritte erklangen wieder auf der Treppe.

Savior umklammerte ihre Hand schraubstockartig und zog sie erbarmungslos mit sich. Sie stolperte mehr, als dass sie lief. Er stieß sie ins Auto, warf ihre Tasche hinterher, und fuhr so rasant los, dass die Räder quietschend durchdrehten. Erst als sie das Haus nicht mehr sehen konnte, erlaubte sie sich ein kleines Aufatmen.

»Der Kerl gehört zu den Raiders. Ist für die Drecksarbeit zuständig und bringt die Nutten wieder auf die Spur, wenn sie nicht parieren.«

Erschrocken blickte sie Savior an. Dieser zuckte nur mit den Schultern. Alles völlig normal, schien er damit sagen zu wollen.

»Ich muss wieder zurück. Unsere Sachen. Unser Geschäft. Ich kann das alles nicht schutzlos zurücklassen.«

»Und was willst du machen, Schneewittchen? Die beiden über den Haufen schießen? Sie höflich bitten zu gehen? Was glaubst du passiert mit dir, wenn du erst bei ihrem Boss bist? Die Raiders haben jemand Neues an der Spitze, ich kann dir versichern, der Vorgänger war schon ein richtig mieses Schwein, der neue wird nicht viel angenehmer sein.«

»Ich kann mit einer Waffe umgehen«, murmelte sie leise.

Savior lachte. Kalt und gehässig. Ein Laut, der eisig in ihre Glieder kroch und ein unangenehmes Gefühl hinterließ. »Das Ganze läuft folgendermaßen: Du bleibst in Sicherheit bei den Sinners. Um alles andere kümmere ich mich. Solltest du auch nur in Erwägung ziehen abzuhauen, kette ich dich an meine Heizung.«

»Du kannst mich nicht einsperren.«

»Stimmt. Und vielleicht sollte ich einfach drauf scheißen was mit dir ist und dich persönlich vor der Tür der Raiders abliefern. Vielleicht springt noch eine nette Summe für mich raus oder noch besser, wir kommen endlich zu einem Waffenstillstand.«

»Du bist ein Arschloch.«

»Habe nie was anderes behauptet, Schneewittchen.«

Sinner City

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