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Lilly

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Unruhig wische ich meine feuchten Hände am Rock ab und schaue zum fünften Mal auf die Uhr. Die Blondine mit dem Schmollmund, die an ihrem Schreibtisch sitzt und ihre Fingernägel so argwöhnisch begutachtet, als ob sie Maul- und Klauenseuche befürchtet, wirft mir zwischendurch misstrauische Blicke zu.

Ich hasse es, zu warten. Warten macht mich nervös. Und ich hasse es, wenn ein Termin nicht eingehalten wird. Ich weiß, dass Braden Bennet einer der begehrtesten Scheidungsanwälte Londons ist und ich bin froh, überhaupt einen Termin bei ihm bekommen zu haben. Aber der ist eigentlich schon seit einer halben Stunde vorüber und ich fühle mich nach einem anstrengenden Tag im Büro reif für die Badewanne und ein kitschiges Buch. Ein Buch, das mich irgendwie wieder an die Liebe glauben lässt, nach den letzten fünf Jahren.

»Mrs Palmer? Mr Bennet wäre dann jetzt so weit.« Blondie steht ächzend von ihrem Stuhl auf und deutet mit perfekt manikürten Nägeln auf die geschlossene Bürotür neben ihrem Schreibtisch. Die Kanzlei in Kensington glänzt nicht gerade durch Understatement, im Gegenteil. Riesige Kronleuchter mit funkelnden Kristallen hängen an stuckverzierten Decken. Der alte Parkettboden knarrt unter meinen Füßen und ich bin froh, heute nicht die neuen High Heels angezogen zu haben. Damit würde ich bestimmt winzige Löcher in Hufeisenform ins Holz bohren. Etwas unsicher bleibe ich vor der verschlossenen Eichentür stehen, dann klopfe ich sacht dagegen.

»Gehen Sie ruhig rein!« Die Sekretärin verdreht die Augen. Offenbar will sie endlich Feierabend haben, aber sie sieht im Gegensatz zu mir nicht aus wie jemand, der diesen in der Badewanne verbringt. Schon gar nicht mit einem Buch. »Mr Bennet erwartet Sie.«

»Das hoffe ich. Unser Termin war nämlich vor einer halben Stunde«, erwidere ich frostig. Die Tatsache, dass ich gleich vor einem wildfremden Mann die intimsten Geheimnisse meiner Ehe ausbreiten muss, macht mich unsicher. Und ich hasse es, unsicher zu sein. Nur kann ich diese Scheidung ohne intime Details nicht bewältigen, so viel ist sicher.?

Meine Knie zittern ein wenig, als ich die schwere Klinke hinunterdrücke und die Tür sich geräuschlos nach innen öffnet. Dann fällt mein Blick auf den riesigen Schreibtisch vor dem Fenster. Auf den Mann, der dahinter sitzt und dessen Lächeln im Gesicht einfriert, als er mich sieht. Im Gegensatz zu mir fängt er sich sofort wieder und zeigt eine undurchdringliche Miene. Mein Herz setzt ein paar Schläge aus, ich schnappe schockiert nach Luft, bevor eine furchtbare Hitze mich durchströmt und in meine Wangen zieht.

Lieber Gott, mach, dass es nicht wahr ist! Ich träume hoffentlich?

»Mrs Palmer? Kommen Sie, setzen Sie sich.« Er hat dunkelbraune Augen, in denen bernsteinfarbene Irrlichter funkeln. Das weiß ich von damals. Tut er jetzt etwa so, als ob wir uns nicht kennen? Als wüsste er nicht, wie ich nackt aussehe? Welche Töne ich von mir gebe, wenn er mich mit Fingern und Zunge zum Kommen bringt? Was für ein dämliches Spiel. Ich habe ihm doch angesehen, dass er mich ebenso erkannt hat wie ich ihn!

»Das ist eine ... Überraschung«, sage ich. Am besten, ich drehe mich um und gehe. Ernsthaft, ich kann ihn unmöglich meine Scheidung übernehmen lassen. Genauso gut könnte man einem berühmten Kriegsverbrecher den Friedensnobelpreis verleihen.

»Inwiefern?« Er zieht eine Augenbraue hoch, und mein Magen verkrampft. Wie von unsichtbaren Fäden gezogen gehe ich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch zu und lasse mich darauf fallen. Dann starre ich ihn verblüfft an. Das kann er nicht ernst meinen. Kann er es wirklich vergessen haben?

»Ich habe Ihrem Terminwunsch entnommen, dass es eilig ist. Richtig?«

»Ja. Ja, ist es«, stammle ich. Mein Gesicht glüht. Fahrig ziehe ich eine dunkelblaue Mappe aus der Handtasche und lege sie auf seinen Tisch, ohne nur eine Sekunde lang meinen Blick von ihm zu nehmen. Er starrt regungslos zurück.

»Dann wollen wir mal sehen, was ich für Sie tun kann.« Jetzt lächelt er. Freundlich. Meine Zehen kribbeln, ich schlage die Beine übereinander und wippe mit dem rechten Fuß auf und ab. Braden Bennet öffnet meine Mappe und wirft einen flüchtigen Blick auf die Unterlagen. Er nickt kurz, bevor er den Hefter wieder schließt und mich ansieht.

»Haben Sie Beweise für seine Untreue? Dann geht es tatsächlich schnell, und Ihre Aussichten auf eine hohe Abfindung stehen bestens. Ihr Mann ist schließlich ein vermögender Kollege von mir.«

Er verschränkt die Arme vor der Brust und kneift die Augen etwas zusammen. Mein Mund steht offen, was ich erst bemerke, als er trocken wird.

»Mr Bennet ...«

»Vor fünf Jahren hast du mich Braden genannt«, sagt er leise und beugt sich ruckartig vor. »Und Gott. Oh mein Gott.« Seine Hände liegen jetzt auf dem Schreibtisch. Es sind schöne Hände. Lange, schlanke Finger. Saubere Nägel. Kein Ring. Und mein Körper erinnert sich genau daran, wie sie sich auf mir anfühlen. Mein linkes Augenlid zuckt, aber ich bin froh, dass er die Scharade nicht weiter aufrechterhalten will.

»Entschuldigen Sie, ich ... ich hatte keine Ahnung, wer Sie sind. Meine Freundin hat Sie empfohlen, weil ... Sie kennen meinen Mann sicher. Meinen Ex-Mann. Noch-nicht-Ex-Mann.« Himmel, mein Gehirn gehorcht mir nicht. Ich fange an zu plappern, wie immer, wenn ich aufgeregt bin. Das hat mich schon oft fast Kopf und Kragen gekostet und ist auch der Grund, warum ich nicht zur Anwältin tauge. Deshalb sitze ich in einem grauen Büro in einer Filmproduktion und bearbeite Verträge. Dabei kann man nicht viel falsch machen.

»Ich kenne deinen Mann, Lilly. Und natürlich erinnere ich mich an dich.« Meine Brust schnürt sich zusammen. Er nennt mich Lilly. Nicht Lilian. Weil ich mich damals ihm gegenüber so vorgestellt habe. Jonathan hat mich nie Lilly genannt, er fand den Namen albern und unpassend für eine erwachsene Frau.

»Ist das nicht ein seltsamer Zufall, dass du ausgerechnet mich bittest, dich vor Gericht zu vertreten?« Seine Augen funkeln. Ich weiß nicht recht, ob er sauer oder amüsiert ist. Dafür kenne ich ihn nicht gut genug. Ich weiß, wie er riecht. Wie er schmeckt. Wie er stöhnt. Wie er kommt. Oh Gott, das muss aufhören. Das geht so nicht. Ich springe vom Stuhl auf und beuge mich vor, um meine Mappe aufzunehmen.

»Sorry. Das ist wohl keine gute Idee ...« Mit einer heftigen Bewegung greift er nach meinem Handgelenk, bevor ich die Unterlagen aufnehmen kann. Ich stocke und halte den Atem an. Sein Gesicht ist mir sehr nah, er hat sich zu mir vorgebeugt und mustert mich eindringlich. Sein Blick geht mir direkt in die Eingeweide, und wie von selbst fällt meiner auf seinen Mund und bleibt daran haften. Ein wunderschöner, männlich geschwungener Mund. Er ist glatt rasiert, das war er vor fünf Jahren nicht. Damals zierte sein markantes Kinn ein sorgfältig gestutzter Bart. Ich weiß noch genau, wie er sich zwischen meinen Schenkeln angefühlt hat, und schlucke.

»Ist es Zufall, Lilly? Oder bist du absichtlich zu mir gekommen?« Ein Muskel in seiner Wange zuckt. Meine Hände werden feucht.

»Glaub mir, wenn ich gewusst hätte ... Ich hatte keine Ahnung. Wirklich nicht«, sage ich leise. Wir sehen uns schweigend in die Augen, dann lässt er mein Handgelenk endlich los und ich weiche aufkeuchend zurück.

»Du bist einfach verschwunden damals«, sagt er. Er klingt verletzt. Ich ziehe die Brauen hoch und richte mich auf.

»Es war ein One-Night-Stand. Und du hast nicht den Eindruck gemacht, als ob du an mehr als Sex interessiert gewesen wärest.« Außerdem habe ich drei Tage später geheiratet. Heilige Mutter! Das wird er in den Unterlagen gesehen haben, falls er sich überhaupt an das Datum erinnert. Ich habe mich jahrelang daran erinnert, weil es der beste Sex meines Lebens war. Meine Beine werden weich, und ich setze mich wieder.

»Was machen wir jetzt?«, frage ich hilflos. Braden reibt sich das Kinn. Sein Blick wandert durch mein Gesicht, bleibt an meinen Lippen hängen und gleitet tiefer. Er sieht mir ins Dekolleté, und ich bilde mir ein genau zu wissen, woran er gerade denkt. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Himmel, das ist die peinlichste Situation, seit mein Frauenarzt auf einem von Jonathans Empfängen auftauchte und mich vor anwesenden Gästen fragte, ob die Sache mit dem Pilz ausgestanden sei. Damals wollte ich im Boden versinken, jetzt wünsche ich mir einen Schleudersitz, der mich durch eins der bodentiefen Fenster nach draußen katapultiert.

»Du hast mich um Hilfe gebeten, und ich werde dir helfen. Wenn du willst. Dein Mann ist einer der Besten, also solltest du dir nicht weniger als das leisten, um möglichst viel Profit aus deiner Ehe zu schlagen.«

Die Art, wie er das Wort Ehe betont, gefällt mir nicht. Wütend beuge ich mich vor und suche seinen Blick.

»Ich bin kein Goldgräber, Braden. Wir haben uns mal geliebt, Jonathan und ich. Vor vielen Jahren. Aber jetzt kann ich nicht mehr. Es geht mir nicht um Profit. Es geht mir darum, einen Strich unter die Sache zu ziehen.«

Seine Lippen kräuseln sich. »Seltsam. Du glaubst nicht, wie oft ich das höre. Und wie oft dann eben diese Frauen vor mir sitzen und akribisch die Vermögenswerte ihrer Ehemänner darlegen.«

Wut steigt in mir auf. Okay, es mag verständlich sein, dass man als Scheidungsanwalt desillusioniert wird von der Ehe. Von der Liebe. Und vielleicht kann ich Jonathan nicht einmal einen Vorwurf machen für sein Verhalten. Schließlich ist er nur ein Mann, und wenn sich denen eine Gelegenheit bietet ... Doch ich muss mich von ihm nicht so behandeln lassen.

»Dann muss ich mir wohl einen anderen Anwalt suchen. Tut mir leid, deine Zeit in Anspruch genommen zu haben.« Ich erhebe mich, aber seine schneidende Stimme lässt mich zusammenfahren.

»Setz dich, Lilly.« Gehorsam folge ich und starre ihn verblüfft an. In meinem Unterleib zieht sich etwas zusammen, sein Ton war harsch und dominant.

»Es tut mir leid. Ich verstehe, dass dein Mann dich verletzt hat. Ich weiß, dass er sehr vermögend ist. Also sollten wir gemeinsam eine Millionenabfindung für dich herausholen. Eine Art Wiedergutmachung.«

Ich atme tief ein. Und aus. Und wieder ein. »Braden, wirklich, ich bin nicht hier, um ...«

Er schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch und schüttelt den Kopf. »Ich habe die Nacht nie vergessen, Lilly. Kannst du dir das vorstellen? Es war nur eine Nacht, aber ich habe dein Parfum sofort wiedererkannt, als du hereingekommen bist. Noch bevor mein Gehirn registrierte, wer du bist, hat mein Körper schon auf dich reagiert.«

Meine Wangen werden heiß.

»Ich habe sie auch nie vergessen«, sage ich ruhig und sehe ihm in die Augen. Er hat wunderschöne Brauen, die einen perfekten Bogen bilden. Lange und dichte Wimpern, so dunkel wie das Haar auf seinem Kopf, das sich seidig anfühlt. Das weiß ich. Jedenfalls fühlte es sich damals seidig an. Ich befeuchte die Lippen und setze zu einer Erklärung an, stocke aber im letzten Moment. Weil mir nicht ganz klar ist, was ich sagen will. Zwischen meinen Beinen fängt es leise zu pochen an. Es ist eine Sache, einen Mann zu treffen und sich vorzustellen, mit ihm zu schlafen. Doch es ist etwas anderes, jemanden wiederzusehen, von dem man genau weiß, wie er im Bett ist. Mit dem man diese gewisse Magie gespürt hat, die angeblich so selten ist. Eine perfekte Harmonie. Jede Bewegung ein sinnlicher Tanz, ohne darüber nachzudenken, was man da gerade tut. Diese Selbstverständlichkeit, mit der sich Lippen und Finger auf Körperteile legen, die den meisten anderen Menschen vorenthalten bleiben.

Und es war ein verdammter Fehler, nach einer solchen Nacht einen anderen zu heiraten. Das wird mir in diesem Moment klar.

Mad about you

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