Читать книгу Reise Know-How ReiseSplitter: Von Kasachstan in die Südsee – Wie ich mal eben vom Weg abkam - Katharina Bahn - Страница 10
April
ОглавлениеCamping mit Welpenschutz
Aus dem Radio trällert Édith Piaf: „Non, je ne regrette rien.“ Wie passend. Wir rollen über schlechte Straßen vorbei an Holzhäusern und Wellblechhütten und ich bereue nichts. So arbeiten wir uns etappenweise durch das weite Russland vorwärts. Zwischen Penza und Toljatti liegen 350 Kilometer, ein Katzensprung für russische Verhältnisse. Wir überqueren die mächtige Wolga – bis dato für mich nur ein Begriff aus Kreuzworträtseln. Oder war es Stadt Land Fluss? Kurz vor der Stadtgrenze stoppt uns die Polizei – offensichtlich aus purer Neugier. Der Wagen wird mehrfach umrundet und ist eindeutig interessanter als unsere Dokumente. Die Polizisten halten unsere Solar-Queen auf dem Armaturenbrett für Angela Merkel und werfen sich nahezu vor Lachen auf die Straße. Wir dürfen weiterfahren.
Bisher haben wir unsere Unterkünfte spontan gebucht. In Toljatti hingegen haben wir ausnahmsweise schon eine konkrete Anlaufstelle zum Übernachten: das Lada-Resort. Durch einen Zufall habe ich im Vorfeld einen Kontakt zu dem Hotel erhalten und wir wurden kurzerhand für zwei Nächte eingeladen.
Wie der Name des Hotels verrät, ist Toljatti vor allem durch das dort ansässige Hauptwerk des russischen Autoherstellers Lada bekannt. Wir versuchen, mit Hilfe des deutschen Hoteldirektors eine Werksführung zu organisieren, haben aber leider kein Glück. Die Sicherheitsmaßnahmen erlauben keine Spontanbesuche von Touristen. Also begnügen wir uns mit dem Erkunden der Stadt. Mit einem Taxi fahren wir ins Zentrum. Toljatti liegt noch halb im Winterschlaf. Es ist grau und verregnet. Wir flüchten vor dem Nieselregen in ein großes Einkaufszentrum. Dort gibt es zu meiner Verwunderung Kontaktlinsen aus dem Automaten. Was ich aber wiederum nirgends finden kann, weder mit Google noch mit Hilfe Einheimischer, ist die Post. Ich habe ein paar unfrankierte Postkarten im Gepäck, die ich leider noch nicht auf den Weg bringen kann.
Ein einäugiger Taxifahrer bringt uns schließlich über Umwege zurück zu unserem Hotel. Den letzten Rest meines Energiepensums für diesen Tag trage ich in den Fitnessraum. Außer mir trainieren noch zwei grimmig dreinschauende Russen im Format von Hulk, die mich aber glücklicherweise ignorieren. Da Paul und ich oft viele Stunden am Tag nur im Auto sitzen, brauche ich einen Bewegungsausgleich. Zumindest am Anfang der Reise funktioniert das noch. An dieser Stelle nehme ich kurz und bündig vorweg: Es funktioniert nicht lange. Plus sechs Kilo bis Mitte Juni. Doch das Blatt wendet sich auch wieder.
Wir befinden uns derzeit in der Oblast Samara, also einem russischen Verwaltungsbezirk namens Samara. Ich versuche, mir etwas über die föderale Gliederung Russlands anzulesen, aber hierfür scheint man einen Doktortitel zu brauchen. Ohnehin lassen wir Russland nun vorerst hinter uns. Die erste kasachische Stadt, die uns erwartet, ist Uralsk. Zwischen Toljatti und Uralsk liegen rund 360 Kilometer und ein Grenzübergang.
Die Einreise nach Kasachstan verläuft unkompliziert, zieht sich jedoch über zwei Stunden. Immerhin können wir uns an der zwei Kilometer langen Lkw-Schlange vorbeischieben und in der bedeutend kürzeren Pkw-Schlange einreihen. Wie immer meldet sich nach kurzer Wartezeit meine Blase und ich stiefle los, um die Toiletten zu finden. Der Tiefpunkt meiner WC-Häuschen-Erfahrung (bis zu diesem Zeitpunkt) tut sich mitten auf der großen Wiese vor dem Grenzzaun auf – zwei baufällige Holzverschläge. Mit jeweils einem Loch im Boden. Ohne Türen! Ich habe Aussicht auf die russisch-kasachischen Weiten. Nur durch ein paar Holzlatten getrennt, habe ich mindestens 50 Fernfahrer in meinem Rücken. Ich bin dankbar, dass in diesem Moment alle in ihren Führerhäuschen sitzen bleiben.
Etwa zwei Stunden nach dieser Grenzerfahrung im doppelten Sinn sind wir in Kasachstan eingereist: das flächenmäßig neuntgrößte Land der Erde, zentral auf dem eurasischen Kontinent gelegen. Die türkisfarbene Flagge mit den gelben Symbolen ist mir sofort sympathisch. Zum ersten Mal wechseln wir unsere Reisepässe: Wir bekommen den kasachischen Stempel in den einen Pass und senden jeweils den anderen Pass nach Berlin zu unserer Visa-Agentur, um die nächsten Visa zu erhalten. Dies ist notwendig, weil manche Visa erst drei Monate im Voraus beantragt werden können. Daher unser System mit zwei Pässen, um immer einen davon bei uns tragen zu können.
In Kasachstan nehmen wir nun das erste Mal auf unserer Reise das Tempo raus. Drei bis vier Wochen haben wir eingeplant, um dieses Land zu besuchen. Und es ist spannend von Anfang an. Schon als wir an der ersten Ampel stehen. Einheimische im Nachbarauto lassen das Fenster runter und fragen neugierig, woher wir kommen. Die Kasachen begegnen uns auffallend offen und freundlich. Ebenfalls auffällig: Kaum haben wir die Grenze überquert, haben die Menschen allesamt leicht asiatische Gesichtszüge.
Schnell haben wir den besiedelten Großraum der Stadt Uralsk hinter uns gelassen. Vor uns liegt jetzt kasachisches Ödland. Am Wegesrand finden wir prunkvolle muslimische Gräber direkt neben einem christlichen Friedhof vor. Harmonisch nebeneinander. Tot ist eben tot. Zudem verblüfft mich, dass es selbst weit und breit um diesen friedlichen Ort nichts gibt. Keine Stadt, kein Dorf, keine Siedlung.
Auf unserer Landkarte entdecken wir einen großen See und entscheiden uns, dort unsere erste Camping-Nacht zu verbringen. Jetzt wird es ernst und ich bin ein bisschen aufgeregt. Zuvor machen wir einen Großeinkauf und decken uns mit Essen und Trinken ein. Ich liebe Supermärkte in anderen Ländern. Staunend will ich ein Foto von der kasachischen Variante von Cola schießen. Sofort springt ein Wachmann hinter einem Stapel Konservendosen hervor und gibt mir zu verstehen: Fotos machen verboten! Im Supermarkt? Ich staune noch mehr.
Wir finden ein idyllisches Plätzchen an besagtem See, dem Lake Inder. Bisher haben wir uns Richtung Süden bewegt, grob am Fluss Ural entlang. Die russische Grenze liegt jetzt 350 Kilometer weiter nördlich. Paul gibt mir noch Welpenschutz, da ich die Camping-Anfängerin von uns beiden bin. Er baut allein unser Schlaflager auf. Dafür turnt er geschickt auf das Autodach, löst mehrere Verschlüsse an dem zusammengefalteten Dachzelt und klappt dieses mit einer lässigen 180-Grad-Bewegung nach unten auf. Er zaubert eine Leiter hervor und im Anschluss daran einen Klapptisch und zwei bequeme Campingstühle. Im Nu stehen allerlei Gerätschaften, Geschirr und unsere Vorräte auf dem Tisch.
Neben uns ziehen Schaf- und Rinderherden vorbei. Ein Hirte auf einem Pferd begutachtet unser Lager. Es scheint, als ob er nicht so recht weiß, was er von der Sache halten soll. Mit dem Hirten, mir und dem Pferd verfolgen nun also drei Augenpaare Pauls Aufbauarbeiten mit einer gewissen Skepsis. Wahrscheinlich aus unterschiedlichen Gründen. Der Reiter bittet uns um einen Schluck Wasser (was eher wie ein Vorwand klingt, aber er bekommt ihn natürlich) und wendet sich wieder seiner Herde zu.
Die Sonne ist inzwischen untergegangen und ich friere mir auf gut Deutsch den Arsch ab. Aber erstmal stört mich das nicht weiter. Wir kochen uns Nudeln mit Soße und brutzeln in einem Pfännchen ein paar Zwiebeln an. Ich finde dabei begeistert heraus, was wir alles so bei uns haben. Zum Beispiel einen mit Holz befeuerter Campingkocher, der nebenbei Energie zum Laden von kleinen Geräten mit USB-Anschluss erzeugt. Auch die Camping-Anfängerin in mir erkennt, dass unsere Ausstattung von der gehobenen Sorte ist. Nach unserem üppigen Abendessen spülen wir ab und verstauen unser Geschirr. Dann krieche ich zum ersten Mal in unser geräumiges Dachzelt. In meinem brandneuen Schlafsack rolle ich mich so klein wie möglich zusammen. Die Nacht ist grauenvoll kalt. Wo ist eigentlich der nächste internationale Flughafen? Ich finde kaum Schlaf und überlege ernsthaft, wie ich die kommenden Wochen durchstehen soll.
Am Morgen werde ich versöhnt – wir frühstücken in der Sonne und ich genieße die Ruhe und die klare Luft. Die Rinder schaukeln friedlich an uns vorbei. Das Wasser des Sees glitzert im hellen Licht.
Auf der Suche nach einem Kalksteingebirge, das unser Reiseführer anpreist, tasten wir uns über schlechte Straßen vorwärts. Wir können den gesuchten Ort jedoch nicht finden. Die Kombination aus unserer Orientierungslosigkeit und immer tieferen Schlaglöchern zwingt uns schließlich zum Umdrehen. Von der Gegend um Atyrau unweit des Kaspischen Meeres schaffen wir es bis Makat. Dort angekommen, suchen wir ein Quartier. Wir finden auf Nachfrage bei Einheimischen am Straßenrand ein Hotel. Dieses hatten wir zwar zuvor schon entdeckt, aber als leer stehendes, zerfallenes Gebäude abgetan. Das Zimmer ist fragwürdig. Die Betten sind mit hässlicher Blumenbettwäsche bezogen, die noch aus der Zeit vor der Unabhängigkeit Kasachstans im Jahr 1991 zu stammen scheint. Ich blende innerlich aufkeimende Fragen zur Sauberkeit erfolgreich aus.
Hungrig fahren wir zu einem Gebäude, das ich mit meinem selbst angeeigneten, winzigen bisschen Kyrillisch als Restaurant identifiziert habe. In Kasachstan gibt es übrigens mehr Buchstaben im Alphabet als in Russland, aber so tief steige ich dann doch nicht ein. pecTopaH = Restaurant. Reicht!
Ohne auszusteigen beobachten wir eine Weile die Eingangstür. Nacheinander halten Autos davor und schick angezogene Damen steigen aus. Paul hält den Ort für ein Bordell. Mein Gefühl sagt mir aber, dass ich Recht habe. Ich glaube, dies ist ein Restaurant und wir bekommen hier etwas zu essen. Nur Mut. Wir tragen einem schick gekleideten Herrn an der Tür unser Anliegen vor und man schickt uns hinein. Es ist kein Bordell, sondern eine Veranstaltungshalle mit zugehörigem Restaurant. Bevor wir realisiert haben, dass wir gerade in eine private Feier geplatzt sind, haben wir schon den ersten Wodka in der Hand.
An den großen Tisch werden schnell noch zwei weitere Stühle herangeschoben. Wir unterhalten uns gestikulierend und wenn das nicht funktioniert, mit Hilfe des Google-Übersetzers auf unseren Handys. Rund 15 Arbeitskollegen sind hier zu Ehren eines älteren Herrn zusammengekommen, der in Pension geht. Die Gäste sind vergnügt und ausgelassen. Sie lachen und feiern mit uns, als würden sie uns seit Jahren kennen. Auch Essen und Trinken wird ohne zu zögern mit uns geteilt. Unter dutzenden Tellern mit Wurst, Frikadellen, Käse, Gemüsestiften, Brot und würzigen Soßen, ebenso vielen Gläsern und Flaschen voll Wasser, Wein, Cola und Wodka ist das Tischtuch nur noch zu erahnen. Man erklärt uns, dass der Jubilar deutsche Vorfahren hatte und dass man unser zufälliges Auftauchen für eine glückliche Fügung hält. Nach der dritten Runde Wodka drückt Paul mir den Autoschlüssel in die Hand: „Du fährst.“ Beim Abschied schießen wir ein paar Fotos mit unseren neuen Freunden und wir werden mit Tüten voll Wurst, Fladenbrot und anderen Leckereien beladen. Was unseren Heimweg mit fortgeschrittenem Promillepegel erschwert: Es gießt in Strömen. Im Schneckentempo lenke ich unseren „Dicken“ die 800 Meter zum Hotel. Wir fallen satt und betrunken in unsere verschlissene Blümchenbettwäsche.
Als Frau falle ich grundsätzlich durch zwei Sachen auf. Erstens: Ich rauche. Zweitens: Ich fahre Auto. Es scheint, als ob ich mich in den ländlichen Gegenden Kasachstans dadurch von der Durchschnittsfrau unterscheide. Zumindest starren die Herren der Schöpfung mich in diesen Situationen auffallend ungläubig an. An diesem Morgen habe ich jedoch weder Lust auf das eine noch auf das andere. Wir starten leicht verkatert auf die Straße von Makat Richtung Aqtöbe. An dieser Stelle sollte es „Straße“ heißen. Dem Erfinder der Anführungszeichen sei hier gedankt. Offiziell heißt sie A27, auf unserer Karte ist sie mit einem breiten, vielversprechenden Strich dargestellt – und ist schlussendlich eine einzige Ansammlung von Schlaglöchern, Pfützen und Matsch. Dazwischen schimmert an einigen wenigen Stellen Asphalt durch – also das, was mal Straße war oder vielleicht mal werden sollte. Unsere erste Etappe von 300 Kilometern kostet uns praktisch den ganzen Tag. Im Stillen hoffe ich, dass der Landy die Rumpelpartie heil übersteht.
Im Dunkeln erreichen wir einen kleinen Ort mit dem wunderschönen Namen Shubarkuduk. An einer Tankstelle fragen wir nach einer möglichen Schlafgelegenheit. Ein hochgewachsener Kasache Mitte 30 ist hochmotiviert, uns zu helfen. Er gibt uns zu verstehen, ihm in seinem Wagen zu folgen. Unser Ziel ist ein Gebäudekomplex, den man als Unwissender unmöglich als Unterkunft hätte erkennen können. Bei zwei schüchternen jungen Damen klärt unser Helfer für uns den Übernachtungspreis und organisiert sogar noch ein Abendessen. Doch vorab noch eine wichtige Frage – die Betreiber der Unterkunft seien Moslems, ob wir verheiratet wären? Wir sagen ja. Wir beziehen unsere Absteige mit furchtbar dünnen Matratzen, ohne Dusche und noch hässlicherer Bettwäsche. Mit aufgedruckten Wölfen und Giraffen. Wir werfen uns weg vor Lachen. Auf uns warten zwei Portionen dampfender Reis mit Gemüse und unser Helfer leistet uns Gesellschaft, bis wir aufgegessen haben.
Am Morgen wagen wir uns wieder auf die Straße und erreichen nach etwa drei Stunden Aqtöbe, eine Stadt mit fast 400.000 Einwohnern. Im Vergleich zu dem, was wir in den letzten drei Tagen gesehen haben, eine Metropole.
Wir verbringen zwei Nächte im Dastan, einem schicken, internationalen Businesshotel. Zuerst lassen wir im Ort unser Auto waschen. Dank der schlammigen Tour der letzten zwei Tage ist vom weißen Lack des Wagens nicht mehr viel zu sehen. Für umgerechnet drei Euro wird der Wagen per Handwäsche von oben bis unten gewienert. In einem riesigen Supermarkt machen wir im Anschluss einen Großeinkauf und füllen unsere Vorräte auf. Ich kaufe zwei Kissen und eine warme Wolldecke, um in Zukunft die Nächte im Zelt besser zu überstehen. An einem Paar grüner Gummistiefel bestückt mit Absätzen kann ich nicht vorbeigehen. Sie schmücken auch heute noch meinen Schuhschrank.
Wir beladen das Auto direkt vor dem Hotel im Prinzip komplett neu, räumen auf, misten aus, machen sauber, füllen die Wassertanks auf. Schnell ist so ein halber Tag um. Gelegentlich bleiben neugierige Passanten auf ein kurzes Gespräch stehen. Ein Mitarbeiter des Hotels beobachtet unsere Putzaktion misstrauisch (er ist sichtlich erleichtert, als wir am Tag der Abreise das Zimmer bezahlen).
Am Abend landen wir in der Stadt zufällig auf einer 80er-Jahre-Mottoparty. Kellnerinnen in bunten Leggins servieren uns fruchtigsüße Cocktails mit Schirmchen. Als der nächste Song ertönt, stürmt das kasachische Publikum plötzlich grölend die Tanzfläche. Paul und ich trauen unseren Ohren kaum – es läuft „Brother Louie“ von Modern Talking. Zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nicht, dass mich Dieter Bohlen und Thomas Anders in den kommenden Wochen noch verfolgen werden.
Wir verlassen Aqtöbe. Irgendwo in der kasachischen Wildnis schlagen wir unser nächstes Nachtlager auf. Zum ersten Mal kochen wir mit dem Dutch-Oven, einem gusseisernen Topf, der direkt in die heiße Glut der Feuerstelle gesetzt wird. Auch unsere Campingdusche funktioniert prima. Das Wasser wird in einem schwarzen Beutel durch die Sonne aufgeheizt. Ein schnell aufgestelltes Duschzelt dient als Sichtschutz.
Qostanai, eine Stadt nordöstlich von Aqtöbe, ist unsere nächste Station. Rund um die Stadt gibt es nur windiges Flachland, daher suchen wir uns ein Hotel, anstatt das Zelt aufzuschlagen. Bei der Unterkunftssuche kommt es auch mal zu Missverständnissen mit der einheimischen Bevölkerung: Vor der Stadt stoppen wir am „Bier Haus“. Die überdimensionale Figur mit Bierkrug und Lederhosen am Straßenrand ist nicht zu übersehen. Wir betreten erwartungsvoll die urige Kneipe mit dem deutschen Namen. Bei der Dame hinter dem Tresen erkundigen wir uns, ob es auch Zimmer zum Übernachten gibt. An dieser Stelle ist der Kommunikationsfluss beider Parteien aneinander vorbeigelaufen. Was wir wollen: ein Zimmer zum Übernachten. Was wir bekommen: ein von der Tapete über den Teppich bis hin zu den Vorhängen pinkfarben eingerichtetes Liebesnest mit einer Sofalandschaft in Herzform. Paul und ich tauschen nur einen kurzen Blick. Dann machen wir auf dem Absatz kehrt und verlassen albern kichernd das als Bierkneipe getarnte Stundenhotel.
Wir steuern stattdessen ein Hotel im Stadtzentrum an. Vorher erwartet uns jedoch unsere dritte Polizeikontrolle innerhalb von sieben Tagen. Paul verschwindet für zwanzig Minuten mit zwei grimmig dreinschauenden Herren im Polizeiauto. Wir zahlen 20.000 Tenge, etwa 50 Euro, wofür auch immer.