Читать книгу Prosecco auf dem Gerichtsflur - Katharina Mosel - Страница 6
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Wie es ist, eine Anwältin zu sein?
Ich mag meinen Beruf. Nicht alles und nicht zu jeder Zeit, das geht aber wohl jedem in seiner Berufstätigkeit so. Ich habe nach so vielen Jahren immer noch ein Helfersyndrom in mir, was der Sache manchmal nicht unbedingt förderlich ist. Ida, eine meiner Figuren aus den Paragrafen-und-Prosecco-Romanen würde mich da bestimmt disziplinieren und an noch einzutreibende Gebühren erinnern. Professionelle Distanz ist wichtig. Außerdem ein Hobby, das einen von der Arbeit ablenkt. Abschalten können ist erforderlich.
Und ich mag Menschen. Wenn ich in der Schule gefragt wurde, was ich einmal machen will, lautete die Antwort stets: etwas mit Menschen. Daran hat sich nichts verändert.
In den letzten Jahren hat sich das Berufsbild verändert. Das ist zumindest mein Eindruck. Das Vertrauen ist geschwunden, vielleicht ist auch nur die gefühlte Unsicherheit und die Angst, etwas falsch zu machen, gestiegen. Häufig hat der Mandant vor dem Besuch in der Kanzlei schon gegoogelt und man muss Zeit dafür aufbringen, falsche Vorstellungen gerade zu rücken. Das Googeln ist aus der Sicht des Mandanten verständlich, kann aber manchmal auch anstrengend sein. Lustigerweise hat mir eine Ärztin in der Beratung erzählt, dass sie vorab versucht hat, sich via Internet zu informieren, und nicht weitergekommen ist. Nun bräuchte sie doch eine Einschätzung durch eine Fachfrau. Als ich sie fragte, wie sie damit umginge, wenn Patienten vor der Behandlung alles googelten, hat sie gelacht.
Ich betrachte meine Aufgabe darin, meine Mandanten und Mandantinnen rechtlich zu beraten, ihnen zur Seite zu stehen und sie ein Stück weit auf ihrem Weg zu begleiten. Gerade in Familiensachen ist es die Regel, dass ich mit den Menschen über einen längeren Zeitraum zusammenarbeite.
Ich bin ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Klingt eindrucksvoll, nicht wahr? Unabhängigkeit ist äußerst wichtig. Das bedeutet eben auch, dass ich kein „Mietmaul“ bin, wie es einer meiner Ausbilder im Referendariat zutreffend formuliert hat. Ich entscheide selbst, was ich in Schriftsätzen zu Papier bringe, was ich bei Gericht vortrage und was nicht. Nur weil mein Mandant bestimmte Dinge dringend möchte, heißt das noch lange nicht, dass ich es genauso machen muss. Das wird oftmals vergessen und führt zu Irritationen, selten auch zur Kündigung des Auftrags. Und ich bin von Berufs wegen verschwiegen. Eine sehr wichtige Voraussetzung für die Arbeit. Das bedeutet aber nicht, dass ich für Mandanten lüge. Auch da bestehen häufig völlig falsche Vorstellungen.
Anwältin zu sein heißt auch, nicht zu wissen, was der jeweilige Tag an neuen Fällen bringt. Langweilig wird es bei uns in der Familien- und Erbrechtskanzlei eigentlich nie. Das zeichnet den Beruf aus. Auf der anderen Seite muss man sich als Selbstständige um alles selbst kümmern: Man ist Chefin und hat Mitarbeiterinnen mit allen dazu gehörenden Freuden und Problemen, man muss akquirieren, sonst geht man pleite, DSGVO und andere Grausamkeiten gehen auch an uns nicht spurlos vorbei. Jede Menge Fortbildungen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben, technische Umrüstungen wegen des elektronischen Rechtsverkehrs, die eigene Homepage müsste auch mal aktualisiert werden … Okay, ich denke, das reicht erst einmal.