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Das Jurastudium

Aus heutiger Sicht würde ich nicht noch einmal Jura studieren. Ab und zu erzählen mir Mandanten, dass ihre Kinder das Fach studieren und sehen mich dabei freudig an. Die sind dann immer ganz erstaunt, wenn ich ihre Kinder bemitleide. Das Jurastudium ist nach wie vor herausfordernd: Disziplin und Durchhaltevermögen sollte man mitbringen. Neulich habe ich einen jungen Mann beraten, dessen Mutter ich vor vielen Jahren in einem Scheidungsverfahren vertreten habe. Daran merkt man übrigens auch, wie lange man den Job schon macht. Der berichtete mir jedenfalls stolz, dass er meinetwegen Jura studiert habe, ich sei sozusagen sein Vorbild gewesen. Ich dachte so, wow, hättest du mich vorher gefragt, hätte ich dir davon abgeraten.

Nicht, dass Sie mich missverstehen. Ich bin eine leidenschaftliche Rechtsanwältin. Das Studium war mir trotzdem viel zu verschult und zu praxisfern. Man musste unglaublich viel auswendig lernen, unendlich viele Klausuren schreiben und ich gestehe, dass ich ohne Repetitor das erste Staatsexamen vermutlich nicht bestanden hätte. Erst dort habe ich unter anderem begriffen, welche Prüfungsreihenfolge es bei zivilrechtlichen Ansprüchen gibt, und ich war nicht die Einzige, der es so ging. Stoff, der mir in den Vorlesungen nie so klar vermittelt worden war. Es mag daran gelegen haben, dass ich bei für mich damals langweiligen Themen geistig abwesend war oder mich zu viel im internationalen Recht herumgetrieben habe. Ja, ich wollte mal Botschafterin werden.

Im ersten Staatsexamen musste man früher neben den Klausuren noch eine große Examenshausarbeit schreiben (nur am Rande möchte ich erwähnen, dass es damals keine Computer gab, nein: Tipp-Ex und Schreibmaschine waren die Mittel der Wahl). Ich erinnere mich an grauenhafte Wochen, in denen man nur um den Fall kreiste. Da ich aus einer Juristenfamilie komme, haben alle Familienmitglieder Fall und Lösung natürlich hautnah mitbekommen und leidenschaftlich diskutiert oder besser gesagt: ihren Senf dazugegeben. Genützt hat das übrigens nichts. Heute schreibt man „nur“ noch Klausuren, für mich kam diese Praxis leider zu spät. Hausarbeiten sind nicht so meins. Ich konnte noch nie wochenlang an einem Fall sitzen und Literatur dazu studieren, bin eher für die Praxis gemacht. Dementsprechend war übrigens auch das Ergebnis der Hausarbeit im ersten Examen: „mangelhaft“. Klausuren und die mündliche Prüfung haben mich wieder herausgerissen. Woran ich mich noch erinnere, ist das befreiende Gefühl, das Examen geschafft zu haben. Immer noch sind die Durchfallquoten beim ersten juristischen Staatsexamen sehr hoch. Manche Dinge ändern sich eben doch nicht, trotz vielfacher Reformen.

Für die Praxis gelernt habe ich erst im Referendariat. Vorher wäre ich tatsächlich trotz fast fünfjährigem Studium und Examensvorbereitung nicht in der Lage gewesen, zuverlässig und richtig auf Fragen meiner lieben Mitmenschen zu antworten und ihnen mit tatkräftigen Hinweisen zur Seite zu stehen. Etwas, was die meisten Mitmenschen übrigens nicht verstehen wollten. Wenn es nach mir ginge, müssten alle angehenden Richter zunächst als Anwälte gearbeitet haben. Vom Studium über das Referendariat direkt auf die Richterbank ist etwas, was ich nicht befürworte.

Prosecco auf dem Gerichtsflur

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