Читать книгу In der zweiten Reihe - Kathrin Thiemann - Страница 7

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2019

Die beiden Kusinen fanden es interessant, auf des Großvaters Spuren unterwegs zu sein. In dem Wissen, dass ein Besuch der Gedenkstätte Buchenwald nicht leicht werden würde, wäre es sicher wichtig, anschließend darüber sprechen zu können.

Sie müssen sich einer Führung anschließen, bei der sie in praller Sonne über den damaligen Alltag im Lager hören. Der Leiter der Gruppe spricht über die unvorstellbar grauenvollen Dinge, die hier passiert waren. Sie fragt sich, wie er das schafft, immer und immer wieder über diese Zeit der furchtbaren Geschichten voller Brutalität und Hass, Menschenverachtung und Gleichgültigkeit zu berichten.

Sie werden aus dem Krematorium in den gekachelten Keller geführt, an dessen Wänden oben große Schlachter-Haken hängen, die ihrer Fantasie mehr Bilder bescheren als ihr gut tun.

Es ist genug.

Sie muss aussteigen aus der Gruppe und hier raus. Ihr leicht zu verwundendes Herz, das noch nicht einmal Krimis vertragen will, kann nicht mehr. Es ist übervoll.

Sie entfernt sich und kann ihrer Kusine noch signalisieren, dass sie weiter geht. Ihr fehlen die Worte, Tränen hat sie viele. Ihr ist übel und ihr Magen fühlt sich an, als hätte er sich verknotet. Gemeinsam schlendern sie schweigend unter dem wunderbaren blauen Himmel im Sonnenschein über den Platz, der Bruder schließt sich schweigend an.

Unvermittelt stehen sie davor.

Block 34.

Ein schlichter Sandstein, viereckig behauen und weniger als kniehoch. Auf seiner Oberfläche liegen neun kleine Steine, wie vom Boden aufgelesen. Rund gespülte, eckige, gebrochene, scharfkantige, ein kleiner ist ganz glatt, zwei sind winzig, verschwindend klein in einer Handfläche zu tragen, einer würde eine Jackentasche ausbeulen und hat es auf dem Weg hierhin vermutlich auch getan.

Zwischen den Steinen ist die Inschrift, die in die Oberfläche gehauen und mit grauer Farbe ausgemalt wurde, gerade noch lesbar.

Sie überlegt, ob sie die Steine ein wenig beiseiteschieben kann, aber ein Gefühl der Respektlosigkeit durchfährt sie.

Nein, denkt sie. Diese Steine drücken Schmerz, Verlust, Kummer und tiefe Trauer aus. Sie beiseitezuschieben steht ihr nicht zu.

Sie weiß ohnehin, was unter den Steinen zu lesen ist: Block 34.

In Block 34 war ihr Großvater zusammen mit anderen ‘Politischen‘ aus Münster und Polen eingepfercht, als er im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert war.

In der zweiten Reihe

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