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Alexis

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Konnte man sich in seiner Haut noch unwohler fühlen als ich mich gerade fühlte? Wohl kaum.

Seit drei Stunden sah ich Cage und Olive dabei zu, wie sie sich ständig berührten und küssten, während unsere Freunde immer wieder darüber diskutierten, was ihrer Meinung nach das Beste für Cage‘ Karriere war und wie er sie noch retten konnte.

Ob er das überhaupt wollte, schien entweder niemanden zu interessieren oder sie waren alle zu betrunken, um zu merken, dass er selbst bisher kein einziges Wort dazu gesagt hatte.

Ich konnte mir das Gerede darüber langsam nicht mehr anhören und Trays Versuche, mich von Cage‘ und Olives Geknutsche abzulenken, schlugen ebenso fehl. Ich musste dennoch jedes Mal hinstarren, als müsste ich mich selbst davon überzeugen, dass sie sich wirklich küssten – und das vor uns allen. Ohne Scham oder sich darüber Gedanken zu machen, was wir darüber denken könnten.

Cage war es sicher ohnehin egal. Er tat ja schon seit Jahren immer nur das, was er wollte. Olive war nicht die erste Frau, die ich an seiner Seite sah. Die Zeitschriften in den letzten Jahren waren immer wieder voll mit den Geschichten von angeblichen Affären, die sie ihm entweder andichteten oder die er tatsächlich hier und da eine Zeit lang hatte.

Cage war kein Unschuldslamm und er hatte sich nach unserer Trennung austoben können. Zumindest bis Kelsey ihn für einige Jahre gezähmt hatte. Danach ließ er es, was Frauen anging und wenn man den Medien Glauben schenken konnte, ruhiger angehen. Trotzdem war mir natürlich zu jeder Zeit bewusst, dass ihm die Frauen zu Füßen liegen mussten.

Cage sah nach wie vor fantastisch aus. Mehr als das. Er war nicht nur verdammt gutaussehend, er war noch dazu ziemlich erfolgreich – ein Sportler und im ganzen Land bekannt. Cage‘ Ausstrahlung tat ihr Übriges, um es allen Frauen schwer zu machen, ihm zu widerstehen.

Ich konnte es Olive also nicht verdenken, dass auch sie ihm sichtlich verfallen war. Das Mädchen hatte nicht nur Augen im Kopf, sie schien auch zu wissen, dass er etwas Besonderes war – loyal und ehrlich. Etwas, das man heutzutage nur schwer bei einem Mann finden konnte.

»Du starrst sie an.« Tray lächelte mich wissend an und deutete mit einem leichten Kopfnicken in Richtung Olive und Cage. »Nicht, dass ich dich dafür verurteilen würde – ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen.«

Verärgert über mich selbst, dass ich es zuließ, mich so gehenzulassen, presste ich meine Zähne aufeinander und nickte Tray dankend zu.

Ich wusste es wirklich zu schätzen, dass er bereits den ganzen Abend keinen Kommentar dazu abgab, wie dämlich ich mich den beiden gegenüber verhielt. Stattdessen versuchte er mir diese Einweihungsfeier so angenehm wie möglich zu bereiten. Ich war ihm ehrlich dankbar dafür.

»Vielleicht sollte ich langsam nach Hause gehen. Dann könnte ich Josie noch von meinen Eltern abholen, damit sie doch noch heute Nacht in ihrem eigenen Bett schlafen kann«, dachte ich laut über Cage‘ Worte von vorhin nach und starrte verloren vor mich hin.

»Ich bin sicher, sie schläft bereits und du willst sie garantiert nicht extra dafür wecken, oder?« Tray lächelte erneut und legte mir den Arm freundschaftlich um die Schulter.

Ich war froh, dass er hier war. Und ich war verdammt froh, dass wir auch nach unserem kurzen Beziehungsversuch Freunde geblieben waren.

Tray gab mir wenigstens das Gefühl, willkommen zu sein, während alle anderen mit sich selbst beschäftigt waren und Cage mir immer wieder Blicke zuwarf, die mich im Normalfall längst aus diesem Haus und von dieser Party vertrieben hätten.

Seufzend atmete ich aus und zupfte gedankenverloren an meinem Kleid, für das ich mich mittlerweile unheimlich schämte.

Draußen war es eisig kalt, immer wieder schneite es und dennoch hatte ich es vorhin angezogen. Mitten im Winter. Im wohlgemerkt verdammten kanadischen Winter!

Was war bloß in mich gefahren?

Ich fühlte mich lächerlich und mehr als nur unwohl in diesem alten Fummel, den ich damals zu Highschoolzeiten getragen hatte.

Außerdem war mir kalt – scheiße kalt sogar. Doch das ließ ich mir nicht anmerken. Wäre ja noch schöner, Cage diese Genugtuung zu geben.

In diesem Moment kreuzten sich erneut unsere Blicke, als hatte er meine Gedanken lesen können, und ich spürte, wie mein Herzschlag beschleunigte.

Idiotisch.

Ich benahm mich schon seit einiger Zeit wie ein verfluchter Teenager, wenn er in meiner Nähe war. Dabei war es völlig absurd. Und um ehrlich zu sein, verstand ich nicht, woher dieses so altbekannte Herzflattern auf einmal wieder herkam.

Als ich Cage vor einigen Monaten nach fünf langen Jahren wiedergetroffen hatte, war da nichts, außer ...

Meinen Schuldgefühlen.

Ich wurde so sehr von ihnen eingenommen, dass ich bis vor wenigen Wochen nicht einmal so recht realisiert hatte, dass Cage – ausgerechnet der einzige Mann, den ich je wirklich geliebt hatte – wieder in meinem Leben war. Er war da und würde so schnell nicht wieder verschwinden, nicht, solange Josie ihn bei sich haben wollte.

Jetzt, da etwas Zeit vergangen war, Cage sich voll und ganz in seiner Vaterrolle eingefunden hatte und so auch meine Schuldgefühle ein wenig leiser wurden, nahm ich ihn plötzlich wieder als Mann wahr. Und verdammt, Cage war schon immer ein unglaublich attraktiver, anziehender Mann.

Heute schien er jedoch noch eine Spur attraktiver und anziehender als damals schon. Cage war erwachsen geworden. Sein Gesicht war rauer und kantiger als noch vor ein paar Jahren und der wildgewachsene Dreitagebart stand ihm unverschämt gut.

Seine dunklen Haare standen perfekt im Kontrast zu seinen blauen Augen, die er auch an Josie weitergegeben hatte.

Cage sah aus wie ein durchtrainierter Collegestudent, der ein paar Semester zu viel für Sport, Partys und Frauen investiert hatte und deswegen noch immer nicht zu seinem Abschluss gekommen war. Und das war keineswegs negativ gemeint.

Er sah heiß aus. Ziemlich heiß sogar.

Mit seiner leicht zerrissenen Jeans, dem enganliegenden, schwarzen Shirt, das viel zu sehr um seine Oberarme spannte, und den alten Sneakern wirkte er fast wie ein ganz normaler Typ. Nur die übermäßig teure Uhr an seinem Handgelenk erinnerte daran, dass er Geld besaß wie kein zweiter in dieser Stadt.

Cage hasste es jedoch, auf seinen Erfolg oder auf das viele Geld, das er mit seinem Beruf verdiente, angesprochen zu werden. Es war ihm unangenehm. Und auch diese wunderbare Eigenschaft machte ihn in meinen Augen nur noch schöner – vollkommener.

Olive hatte verdammtes Glück.

Ich konnte es nicht anders sagen, auch wenn ich es nur ungern zugab. Denn dadurch wurde mir nur allzu deutlich bewusst, was ich verloren hatte.

Cage‘ Blick bohrte sich fragend in meinen, als ich ihn noch immer in Gedanken versunken anstarrte. Erst als mir bewusst wurde, wie unangebracht mein Verhalten war und wie sehr ich mich damit verraten könnte, blinzelte ich ertappt und sah augenblicklich zu Boden.

Oh Gott, war das alles peinlich.

Ich war peinlich.

Und deswegen musste ich so schnell es ging von hier verschwinden.

Kelsey hatte recht. Es war offensichtlich, wie verzweifelt ich war. Jeder kannte das Kleid, das ich heute angezogen hatte, und jeder wusste, ich tat es für ihn.

Nur Olive hatte keinen blassen Schimmer.

Und Cage?

Ich war mir sicher, er erinnerte sich noch genau daran, wo und wann ich es zuletzt getragen hatte.

Mir wurde schlecht, als mir bewusst wurde, wie unglaublich lächerlich ich auf meine Freunde und vor allem auf Cage wirken musste.

Ich sollte verschwinden – einen Abgang machen, so würdevoll es jetzt noch möglich war.

Leise räuspernd stand ich von meinem Platz neben Tray auf und machte somit auf mich aufmerksam.

Unter den Blicken meiner Freunde fühlte ich mich plötzlich schrecklich unwohl und ich wollte lieber nicht wissen, was sie über mich dachten oder was sie vielleicht hinter meinem Rücken über mich tuscheln würden. Ich betete nur, dass sie es erst dann taten, wenn auch Cage und Olive gegangen waren.

Mit mühevoll aufgesetztem Lächeln verabschiedete ich mich von allen, erzählte ihnen, dass ich es Josie versprochen hatte, sie heute Nacht von ihren Großeltern abzuholen und mit ihr gemeinsam einzuschlafen, und ging schnell in den Flur, um meine Sachen aus dem Garderobenberg herauszufischen.

»Ich dachte, du wolltest sie heute Nacht bei deinen Eltern lassen?«, schnitt eine dunkle Stimme durch den Raum, als ich gerade meine Jacke hektisch überzog und meine Tasche schulterte.

Cage stand auf einmal im Gang, genau zwischen der Haustür und mir, und schnitt mir damit meinen Fluchtweg ab.

»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte ich knapp und schluckte schwer, als er mich intensiv musterte.

»Und deswegen lügst du deine Freunde an?«

Empört stieß ich die Luft aus, fühlte mich jedoch ein weiteres Mal von ihm ertappt. »Was? Ich ...«

»Du hast Josie nichts versprochen. Es war schließlich mein Einwand von vorhin, der dich überhaupt hat darüber nachdenken lassen«, unterbrach er mich schroff und starrte mich genauso herausfordernd an wie vorhin in der Küche bereits.

Ich hatte wirklich keine Kraft mehr, mit ihm darüber zu diskutieren, deswegen warf ich resigniert die Hände in die Luft und seufzte. »Du hattest recht. Deswegen gehe ich jetzt und hole meine Tochter, damit sie in ihrem eigenen Bett schlafen kann. Zufrieden?«

»Blödsinn«, knurrte Cage überzeugt und verschränkte die Arme vor seiner Brust, wodurch sich seine Muskeln nur noch mehr anspannten und der Saum seiner Shirtärmel weiter hochrutschte.

»Wie bitte?«, huschte es beinahe lautlos über meine Lippen, weil ich noch viel zu sehr davon abgelenkt wurde, seinen Bizeps zu bestaunen.

Cage atmete tief durch und sah mich durchdringend an. »Weswegen haust du wirklich ab, Alexis?«

Die Frage riss mich dankbarerweise aus der bescheuerten Schwärmerei und ich hob erstaunt beide Augenbrauen. »Wieso interessiert es dich?«, fragte ich skeptisch. »Du hast dich die letzten Monate doch sonst für nichts interessiert, was mich anging.« Beschämt stellte ich fest, dass ich nicht nur gekränkt klang, ich klang sogar verletzt.

Das überraschte scheinbar nicht nur mich, denn Cage stand einen Augenblick einfach nur da und sah mich etwas irritiert an, bevor er plötzlich den Kopf schüttelte. »Das hat damit nichts zu tun.«

War das sein Ernst?

Fassungslos starrte ich ihm entgegen. »Mit was hat es dann zu tun, Cage? Wieso bist du hier? Ich meine ...« Meine Worte wurden immer leiser und ich furchtbar unsicher. »Warum stehst du jetzt vor mir und möchtest wissen, wieso ich verschwinden will?«

Cage‘ Blick wurde sanfter, gleichzeitig jedoch durchdringender als er es ohnehin schon war. »Du willst also tatsächlich verschwinden? So etwas wie eine Flucht?«, fragte er verständnislos. »Vor was oder wem? Etwa vor ... mir

Ich schluckte schwer, weil ich nicht wusste, was ich darauf erwidern sollte. Am besten sagte ich gar nichts mehr und ging endlich, bevor die ganze Situation eskalierte und Josie am Ende die Leidtragende war.

Erneut seufzte ich leise und sah ihm bittend, jedoch keinesfalls flehend, in die Augen. »Du hattest vorhin mit noch etwas anderem recht – ich hätte heute gar nicht herkommen dürfen. Es war ein Fehler und den möchte ich jetzt korrigieren. Würdest du also bitte so nett sein und mir aus dem Weg gehen, damit ich raus und zu meiner Tochter fahren kann?«

Cage rührte sich nicht.

»Du hast es selbst gesagt, Alexis, deine Freunde sind genauso auch meine Freunde. Und wenn sie dich einladen, dann hast du jedes Recht der Welt hier zu sein – genau wie ich.«

Sollte das jetzt eine Entschuldigung für sein Verhalten vorhin sein? Ich war mir unsicher, was das alles zu bedeuten hatte und wieso er überhaupt gerade vor mir stand und mit mir redete.

Hatte er mir noch nicht deutlich genug gezeigt, dass ich unerwünscht bin und er mich nicht sehen möchte?

Ich war schrecklich verwirrt. Und seltsamerweise hatte ich das Gefühl, es ging ihm nicht anders.

Tränen stiegen mir abermals in die Augen und ich hatte reichlich Mühe, sie zurückzuhalten und ihm nicht zu zeigen, wie sehr mich seine Worte verletzten. Denn dass er sich das eingestand, bedeutete nur, dass er tatsächlich davon ausging, wir würden nie wieder so miteinander umgehen können wie früher einmal.

Ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals herunter und nickte sachte, um ihm zu zeigen, dass ich verstanden hatte. Dennoch wollte ich ihn gleichzeitig wissen lassen, dass ich ihm lieber ganz aus dem Weg gehen und ihn meiden würde, statt so zu tun, als wären wir noch immer Freunde und alles in bester Ordnung. Denn das war es nicht.

»Ich hätte heute nicht herkommen dürfen«, bekräftigte ich daher noch einmal mit gebrochener Stimme und sah ihn auffordernd an – in der Hoffnung, er würde mir endlich Platz machen und mich rausgehen lassen.

»Olive hätte heute nicht herkommen dürfen, meinst du wohl«, erwiderte Cage mit grimmigem Blick, der mich schwerer traf, als ich jemals vor ihm zugeben würde.

»Das ... das ist etwas, das mich rein gar nichts angeht«, stotterte ich unbeholfen. »Das ist ganz allein deine Sache, ob oder wen du zu deinen Freunden mitnimmst. Es steht dir vollkommen frei. Solange Kelsey und Shawn nichts dagegen haben ...«

»Du hast aber etwas dagegen«, unterbrach er mich erneut und sah mich so intensiv an, dass ich beinahe glaubte, er könne meine Gedanken lesen.

»Ich ...« ... hatte absolut keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte, ohne ihn anlügen zu müssen.

Cage wusste ohnehin immer, ob und wann ich ihn anlog. Dass ich also nicht gerade begeistert war, sie heute Abend hier mit ihm zu sehen, das konnte er sich sicher denken.

»Wieso hast du heute dieses Kleid angezogen?«, wollte er auf einmal wissen und sah mich mit einem Blick an, der Bedauern ausdrücken sollte.

Hatte er etwa Mitleid mit mir?

Ich wollte auf der Stelle im Erdboden versinken und nie wieder zurück an die Oberfläche kommen.

»Ich weiß es nicht«, stieß ich atemlos hervor und starrte beschämt zu Boden. Meine Wangen glühten vor Hitze und ich spürte, wie mein Körper immer mehr ins Schwitzen geriet.

»Ich sollte jetzt wirklich gehen. Ich möchte Josie nicht wecken müssen, wenn ich sie abhole.« Nervös zog ich meine Jacke enger um meinen Körper und drängte mich ohne ein weiteres Wort oder ohne seine Antwort abzuwarten an Cage vorbei und stolperte beinahe aus der Haustür, als ich nach draußen stürmte und den Vater meiner Tochter einfach stehenließ.

Ich konnte nicht anders, ertrug es nicht, weiter seinen mitleidvollen Blicken ausgesetzt zu sein.

Ich brauchte sein Mitleid nicht. Und sein Bedauern schon gar nicht. Mir ging es gut – allein, ohne ihn. Mir ging es ... okay. Und Nett und Okay waren bekanntermaßen die kleine Schwester von ...

Scheiße.

Love still

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