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KAPITEL 3 Heimat – ein Ort oder ein Gefühl?
ОглавлениеNach nunmehr fast zwanzig Jahren, die ich hier lebe, kann ich sagen, dass Hallig Hooge mein Zuhause, mein Lebensmittelpunkt geworden ist. Ich möchte hier nicht mehr weg! Obwohl nach so vielen Jahren immer noch zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Das eine für mein Zuhause, Hallig Hooge, das andere für meine Heimat, München. Manchmal frage ich mich, ob es den Frauen, die weit vor meiner Zeit auf eine Hallig zogen, auch so ging. Oder war das früher einfach so? So ganz normal, dass Frauen teilweise mit sehr jungen Jahren ihre gewohnte Umgebung verließen? Ohne Sehnsucht nach der Heimat? Ohne Zweifel, ob man alles richtig gemacht hat?
Natürlich bin ich nicht die erste Frau, die aus der Ferne auf eine Hallig gezogen ist. Aber in früheren Zeiten waren die Umstände meistens andere. Ich war 25 und bin mehr oder weniger aus freien Stücken nach Hooge gezogen. Weder mit einem Mann an meiner Seite noch auf der Suche nach einem und zum Glück auch nicht, um nach elterlichem Plan verheiratet zu werden. Ich bin gegangen, um mein Leben neu auszurichten. Auch wenn der Plan eigentlich ein anderer war.
Früher war es auch auf den Halligen keine Seltenheit, dass junge Frauen vom Festland mit gerade einmal 16 Jahren auf Hooge eine Stellung antraten, um auf einem landwirtschaftlichen Betrieb zu arbeiten, im Haushalt zu helfen oder sogar die Aufgaben einer verstorbenen Hausfrau und Mutter zu übernehmen. Fragt man erst einmal bei den Halligleuten nach, gibt es so einige spannende Geschichten über Halligfrauen zu erfahren. Und vor allem über starke Halligfrauen. Sie waren hier häufig die treibende Kraft. Kapitäne und Seeleute waren lange unterwegs. Die Frauen mussten Haus und Hof führen und zusehen, dass während der Abwesenheit der Männer alles funktionierte und weiterlief. Sie waren selbstbewusst und stark. Meist hatten sie mehrere Kinder, häufig zu pflegende Eltern im Haus, Erntehelfer auf dem Hof, und es galt, den laufenden Betrieb, der das Überleben sicherte, Kühe, Schafe, Hühner und andere Tiere zu versorgen.
Früher schon kamen die Frauen häufig vom Festland, manchmal sogar aus dem fernen Ausland. Bis nach Riga führt so manche Spur, die man zum Beispiel auf dem Hooger Friedhof aufspüren kann. Und jede brachte ihre eigene Geschichte mit, die sie neben den alltäglichen Aufgaben in ihrem neuen Leben, dem Leben auf der Hallig, häufig still und leise mit sich trug. Für Heimweh war vermutlich gar keine Zeit. Manchmal versinke ich in der Geschichte meines Hauses und versuche nachzuempfinden, wie frau hier früher gelebt und gewirkt hat.
Bis Ende der 1980er-Jahre hat in meinem Haus Hedwig gewohnt, die ich leider nicht mehr persönlich kennenlernen konnte, weil ich einen Besuch bei ihr auf dem Festland immer hinausgeschoben habe. Meine Eltern sprachen oft mit ihr und luden sie auch nach Hooge ein. Die beiden lebten damals erst ein paar Jahre auf Hooge, hatten aber schon so einiges am Haus am Landsende renoviert und neu gestaltet. Davon abgesehen hatten die Vorbesitzer meiner Eltern, also die Nachfolger von Hedwig und ihrem Mann, das Reetdach wiederhergestellt, ebenso die alte Küche im Haus. In unseren Augen war das Haus zu einem Schmuckstück geworden, das die alte Lebensweise erahnen lässt und somit heute ein Stück Halliggeschichte hütet. Das wollten sie Hedwig zeigen.
Als die alte Dame auf der Ockenswarft ankam und noch vom Auto aus das Reetdach sah, rief sie jedoch erschrocken aus: »Um Himmels willen, was ist denn aus meinem schönen Hartdach geworden?«
Verwundert guckten sich meine Eltern an, denn diese Reaktion hatten sie ganz und gar nicht erwartet. Plötzlich war ganz viel Energie in der kleinen Frau, der man ansah, dass ihr ihre Vergangenheit mehr Last als Freude bereitete. Sie wirkte auf den ersten Blick in sich gekehrt und unscheinbar. Die Haare grau und streng zusammengebunden. Dennoch war sie aufmerksam. Und die Veränderungen, die sie an ihrem alten Haus wahrnahm, brachten ihr einen richtigen Energieschub. Als Hedwig die wiederhergestellte Küche sah, also die offene Kochstelle, in der früher das Essen zubereitet und Brot gebacken wurde, war sie fast den Tränen nah.
»Wie könnt ihr denn nur all die alten Sachen wieder aufbauen?«, fragte sie verständnislos. »Das will doch heute kein Mensch mehr haben!«
Trotz der Verwunderung ihrerseits und der Enttäuschung über die misslungene Überraschung aus Sicht meiner Eltern hatten die drei noch schöne gemeinsame Stunden, bevor die alte Dame wieder auf das Festland übersetzen musste. Später war uns klar, warum sie so empfunden hat. Hedwig hat in ihrem Leben sehr viel erlebt und ertragen müssen. Der erste Mann im Krieg gefallen, ihre gemeinsamen Kinder sind während Hedwigs Flucht nach Deutschland gestorben. Ende der 1940er-Jahre kam sie auf die Nachbarhallig Langeneß, später folgte der Umzug nach Hooge. Sie heiratete ein zweites Mal, und beide überlebten gemeinsam die schweren Sturmfluten von 1962 und 1976. Ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb sorgte für ihr Auskommen, bis sie bald nach dem Tod ihres zweiten Mannes die Hallig verlassen musste. Bis zu ihrem eigenen Tod vor ein paar Jahren kümmerte sie sich um ihre pflegebedürftige Tochter aus zweiter Ehe. Sie muss eine unglaublich starke Frau gewesen sein. Obwohl ich ihr nie begegnet bin, sind meine Gedanken häufig bei ihr. Vor allem dann, wenn ich vor der alten Küche stehe, um Feuer zu machen. Feuer, das mir immer ein heimeliges Gefühl in meinem Zuhause bereitet. Feuer, das für Hedwig sicherlich immer im Zusammenhang mit Arbeit, Kälte und Dreck gestanden hat.
Und wenn ich an Hedwig denke, bleibt es nicht aus, dass ich auch an Juliane denke. Eine Frau, die noch vor Hedwig auf Hooge lebte und deren gemeinsamer Freitod mit ihrem Mann heute noch die Herzen der Halligmenschen berührt. Sie mussten ihr Zuhause verlassen und haben dieses nicht ertragen können. Die Liebe zu ihrer Hallig war stärker als jegliche Vernunft. Eine Frau, die rund fünfzig Jahre auf Hooge lebte, in einer Zeit, in der das Halligleben sicherlich alles andere als einfach war. Damals gab es noch keinen Strom aus der Steckdose oder fließend Wasser aus der Leitung. Und dennoch sagt man vor allem den Frauen dieser Generationen nach, dass sie neben all ihren Aufgaben immer gesellig und fröhlich waren und häufig auch viel Wert auf ihr Äußeres legten. Sie gingen gern tanzen und waren musikalisch. Juliane, so wird erzählt, hat immer viel gesungen, vor allem friesische Lieder mochte sie. Sie soll eine helle, klare Stimme gehabt haben und eine kleine, quirlige Frau gewesen sein.
Es gibt so viele beeindruckende Halligfrauen – damals wie heute. Ich wünschte, man würde ihren Geschichten, ihrer Stärke und auch ihren Namen ein besonderes Denkmal setzen. Diese Frauen haben unglaublich viel geleistet und bewegt. Die eine stiller, die andere offensichtlicher. Sie und ihre Schicksale sollten nicht in Vergessenheit geraten.
Mit dieser Idee haben sich schon einmal ein paar Frauen aus der Gegenwart beschäftigt. Wir haben tief in der Vergangenheit gegraben, Familienmitglieder wurden interviewt, alte Fotos herausgesucht, Nachbarn und Zeitzeugen mit endlosen Fragen gelöchert. Es kamen viele interessante Erinnerungen zusammen, über die wir gesprochen und diskutiert haben. Im zweiten Winter unserer Recherchearbeit trafen wir uns, um unsere Ergebnisse in einem Film festzuhalten. Ein Mitglied aus unserem Kreis hatte schon reichlich Erfahrung mit solchen Projekten und setze uns in Szene. Allerdings so, dass es nicht um uns, die Hooger Frauen von heute, geht, sondern vordergründig um die Frauen, über die wir berichteten. Damit haben wir tatsächlich einen kleinen Schatz geschaffen, der bereits in einem überschaubaren Kreis präsentiert wurde. Die Zeit scheint noch nicht reif dafür zu sein, dass mehr aus diesem kleinen Schatz werden könnte, dennoch habe ich die Hoffnung, dass es irgendwann so weit sein wird. Denn ich verbinde mit diesem Film viel mehr als »nur« die Geschichten interessanter Frauen aus Hooges Vergangenheit. Sie alle vermitteln mir auch ein Gefühl von Verbundenheit. Um nicht zu sagen, ein Gefühl von Heimat.
Aus welchen Gründen auch immer haben sich all diese Frauen für Hooge entschieden. Sie gingen in Stellung, sie haben eingeheiratet, sie kamen, um einen zeitlich begrenzten Job anzunehmen, oder sie wurden hier geboren. Und sie blieben. Zumindest so lange sie das Leben hier leben konnten. Finanzielle oder gesundheitliche Gründe veränderten manchmal die eigentlichen Pläne und Vorstellungen. Spanne ich nun einen Bogen zu den Halligfrauen der Gegenwart, finden sich sehr ähnliche oder sogar gleiche Situationen. Einige kamen wegen eines Jobs und verliebten sich. Andere lernten auf dem Festland einen Halligmann kennen und folgten ihm alsbald in seine Heimat. Andere gingen als Halligkinder weg, gingen ihrer Wege, aber kamen irgendwann wieder zurück. Die Wurzeln waren schon gefestigt oder wuchsen mit der Zeit.
Schaue ich mir die Halligfrauen von heute an, sind es in meinen Augen ebenfalls allesamt starke und selbstbewusste Frauen. Egal, ob verheiratet, verwitwet oder Single – sie stehen ihren Mann. Sie haben alle, sofern sie über drei Jahre alt sind, mindestens eine Sturmflut mitgemacht, wenn auch nicht mit dem Ausmaß, das es in den 1960er- und 70er-Jahren zu überstehen galt. Ich habe Respekt vor den Halligfrauen, und die ein oder andere bewundere ich sogar! Für ihre Geduld in der jahrzehntelangen Ehe, für die Kraft nach mehreren Fehlgeburten, den Mut, nicht aufzugeben, für die Ausdauer, im eigenen Betrieb tagein, tagaus auch noch im stolzen Alter von Mitte siebzig für die Gäste da zu sein oder auch Vermietung, Gastronomie und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. Auch wenn der Charme manch einer Halligdame durchaus mal friesisch herb sein kann. Oder es manchmal ein paar Jahre dauert, bis das Eis gebrochen ist. Aber wenn es so weit ist oder Frauen sich einfach nur dafür entscheiden, gemeinsam etwas durchzuziehen, dann klappt es auch auf einer sachlichen Ebene. Dann geht es um das Ergebnis. Langes Rumgeeier kann man sich auf einer Hallig nicht erlauben. Auch frau nicht. Und diese Charakterzüge entstehen nach und nach durch das Leben auf diesem Eiland. So nehme ich es zumindest wahr. Und das wiederum kann nur geschehen, wenn es eine Verbundenheit mit dem Klumpen Erde gibt, auf dem man lebt, in diesem Fall auf Halligland.
Herbert Grönemeyer besingt in einem seiner vielen tiefsinnigen Lieder die Heimat. Er sagt unmissverständlich: »Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl.« Eine weitere Zeile lautet: »Zum gemeinsamen Gelingen verdammt.« Und hier spricht er etwas an, von dem auch wir Halligleute ein Lied singen können. Wenn wir von Landunter sprechen, reden wir von Sturm und von Wassermassen, die über das Halligland peitschen und unseren Lebensraum auf ein Minimum reduzieren. Wir reden dann davon, dass die Natur die Zügel in der Hand hat und wir auf unseren Warften ausharren müssen. Ja, wir sind hier zum gemeinsamen Gelingen verdammt. Das verbindet. Manchmal mit einem Menschen, ganz bestimmt aber mit dem Land, auf dem man lebt und überlebt. In unserem Fall mit unserer Warft und unserer Hallig. Vielleicht ist es gerade dieser einzigartiger Naturmoment, der die besondere Beziehung zwischen den Halligleuten und ihrer Handvoll Erde im Meer ausmacht, der den Zauber darstellt. Viele Menschen sind immer wieder fasziniert von der Magie oder einfach nur der Ausstrahlung, die eine Hallig umgibt. Musiker, Dichter, Denker und Maler, aber auch Vertreter der Kirche lassen sich immer wieder von den Halligen inspirieren. Gäste und Urlauber immer wieder aufs Neue. Sie alle kommen und gehen, legen hier manchmal Lasten und Sorgen ab, reisen inspiriert, erfüllt, beseelt und erholt nach Hause. Aber wir, die Halligleute, wir bleiben. Sommers wie winters. Bei Sonnenschein und Landunter. Wir setzen uns damit auseinander, wie wir unsere Häuser, unsere Warften und das Halligland vor dem Blanken Hans sicherer machen können. Küstenschützer sorgen dafür, dass das Meer, die gefräßige Nordsee, das Halligland nicht zu schnell vereinnahmen kann, indem sie teilweise mit der Hand Stein für Stein in die richtige Position hieven. So soll unsere Hallig noch lange bestehen. Das geschieht längst nicht ohne Hilfe und Unterstützung von außen – keine Frage! Dennoch traue ich mich zu sagen, dass die Verbundenheit, die zwischen den Halligmenschen und ihrem begrenzten Flecken Land besteht, etwas Außergewöhnliches ist, denn wir leben nicht nur auf diesem, sondern leben auch mit ihm. Sogar mit dem Bewusstsein, dass das von heute auf morgen vorbei sein könnte. Spätestens aber vermutlich in hundert Jahren. Diese tiefe Verbundenheit kann man spüren. Und das nenne ich, obwohl ich eine Zugereiste bin, Heimat. Ich nehme es immer wieder wahr, sobald ich mir einen Moment Zeit nehme und bewusst über die Hallig blicke oder laufe. Wenn ich die Weite am nicht enden wollenden Horizont wahrnehme oder die Stille höre. Wenn ich über im Meeresboden verborgene Schätze aus der Vergangenheit laufe oder funkelnde Meister der Lüfte über mich hinwegrauschen. Daher stelle ich die Behauptung auf, dass Heimat sehr wohl auch ein Ort sein kann.
Die Verbundenheit mit der Heimat Hooge scheint auch bestehen zu bleiben, wenn man unser kleines Eiland verlassen muss. Auch das passiert natürlich immer mal wieder. Halligbewohner ziehen aus beruflichen Gründen weg oder weil sie sich woanders eine neue Existenz oder eine Familie aufbauen möchten. Wie meine Freundin Merit, die ich auf Hooge kennengelernt habe, als sie hier noch lebte und ich noch zu Besuch auf die Hallig kam. Inzwischen ist es umgekehrt: Sie lebt seit fast zwanzig Jahren auf dem Festland und ich auf der Hallig. Einige Jahre hatten wir keinen Kontakt, wurden uns sogar fremd. Kam sie zu Besuch, fanden wir keinen Draht zueinander. Es mussten erst ein paar Jahre vergehen, bis wir wieder zueinanderfanden. Unser beider Leben hatten sich verändert, ebenso unsere Perspektiven. Letzteres verhilft häufig dazu, nicht nur sich selbst in einem neuen Licht zu sehen, sondern auch andere Menschen. Merit musste erst die Hallig, ihre Heimat, verlassen, um zu erkennen, was mir diese bedeutet. Heute sagt sie mir, dass ich das Leben lebe, das sie sich immer gewünscht hat. Sie ist eine der ganz wenigen, die die Liebe zur Hallig genauso empfinden wie ich. Oder umgekehrt! Sie kann mir Hallig erklären, sofern ich etwas noch nicht verstanden habe oder mich etwas verunsichert. Sie ermutigt mich, wenn ich daran zweifle, ob ich akzeptiert bin oder nicht. Sie kennt und weiß vor allem, wie sich das Leben auf der Hallig anfühlt.
»Für mich waren das früher zwar im Grunde alles Tanten und Onkels, die mich zurechtgewiesen haben, wenn ich mal wieder etwas ausgefressen hatte, dennoch war es nicht immer einfach in dieser kleinen Gemeinschaft. Es blieb ja auch nichts geheim. Das heißt aber noch lange nicht, dass über alles offen geredet wurde. Im Herzen sind die alten Hooger aufgrund ihrer Vergangenheit eine verschworene Gemeinschaft. Da haben es Fremde immer schon schwer gehabt, hineinzukommen. Das ist auch heute noch so«, erklärte sie mir einmal.
Merit kann nachvollziehen, dass ich manchmal an meiner Akzeptanz zweifle, aber sie sagt auch: »Immer wenn du das Gefühl hast, dass man dich nicht mag oder du nicht dazugehörst, dann ist das meistens gar nicht so gemeint, wie es in dem Moment bei dir ankommt.« Als sie mir das zum ersten Mal erklärte, löste sich bei mir ein imaginäres Korsett, das mich häufig einengte und lähmte. Es tut gut, von einer gebürtigen Hoogerin gesagt zu bekommen, dass ich eine Botschafterin ihrer Heimat geworden bin. Das bin ich mit Herz und Stolz.
Umso mehr berührte mich ein Zeitungsartikel in der hiesigen Tageszeitung, der den Titel Die Hallig-Botschafterin trug. Ich selbst hatte mich so nie bezeichnet, auch wenn ich die Aufgaben einer Botschafterin schon seit Jahren übernommen hatte. Erst mit meinem Buch ist mir klar geworden, wie sehr ich die Halligen im Außen repräsentiere und so von mir als Repräsentantin gesprochen wurde. Dem Journalisten und Verfasser des Artikels ist während unseres Gesprächs offenbar deutlich geworden, wie sehr ich die Hallig liebe, und es ist ihm gelungen, meine Gefühle wunderbar auf den Punkt zu bringen. Nicht ohne nervös zu sein, erwartete ich das Erscheinen des Interviews, denn im Stillen befürchtete ich auch negative Reaktionen der Halligleute. Man hätte diesen »Titel« für eine Zugereiste ja auch als anmaßend empfinden können.
Eines Morgens las eine Hooger Bewohnerin auf der Fähre im Auto neben mir eben diese Zeitung, und ich konnte beim Umblättern sehen, dass sie sich nun meinem Artikel widmen würde. Von meinem Fahrersitz aus war klar zu erkennen, dass sie auf der Seite angekommen war, auf der mein Foto prangte. Der Artikel ging fast über eine ganze Seite, das Foto nahm ein Viertel davon ein. Nachdem sie mit dem Lesen fertig war, stieg sie aus. Sie sah mich und kam direkt auf mich zu. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als sie mich anstrahlte und mir zu diesem wunderbaren Artikel gratulierte.
»Du bist wirklich eine Hallig-Botschafterin geworden«, sagte sie.
Von einer anderen Dame bekam ich einen Anruf mit ebenso herzlichen Worten. Das tat gut, denn nichts anderes möchte ich vermitteln als meine Liebe zu meiner Wahlheimat, und ich freue mich, wenn ich in diesem Zusammenhang auf die Halligen, ihre Schutzbedürftigkeit und Einmaligkeit aufmerksam machen kann.