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ОглавлениеUm die Pathogenese der MIH besser verstehen zu können, ist es unabdingbar, die strukturellen, mechanischen und chemischen Unterschiede von hypomineralisiertem Zahnschmelz im Vergleich zu gesunder Zahnhartsubstanz zu kennen und zu verstehen. Im vorliegenden Kapitel werden zunächst die Prozesse einer normalen Amelogenese beschrieben, bevor auf die Besonderheiten von verändertem MIH-Schmelz eingegangen wird.
Ausgereifter Zahnschmelz ist das am stärksten mineralisierte und härteste Gewebe des menschlichen Körpers. Er besteht zu 95 % aus anorganischer Substanz (Kalzium und Phosphat in Form von Hydroxylapatit), zu 1 % aus organischer Substanz und ca. 4 % aus Wasser1. Somit weist Schmelz eine fast reine kristalline Struktur auf. Der kristalline Anteil besteht vorwiegend aus Kalzium und Phosphor. Zudem sind geringe Anteile von Natrium, Magnesium, Chlor und Kalium enthalten. In ausgereiftem Zahnschmelz findet sich zusätzlich eine Reihe von Spurenelementen1.
Zahnschmelz ist im Wesentlichen transparent, besitzt aber eine graubläulich-gelbe Eigentönung. Die Zahnfarbe wird je nach Schmelzdicke von der gelblichen Eigenfarbe des Dentins und dem Grad der Transparenz sowie der Homogenität des Schmelzes bestimmt1.
Die Schmelzbildung beginnt im Glockenstadium durch die Ameloblasten, die durch Differenzierung aus den Zellen des inneren Schmelzepithels entstehen. Sie startet an der Schmelz-Dentin-Grenze mithilfe der Präameloblasten durch eine reziproke Induktion2. Die Präameloblasten initiieren bei den Odontoblasten die Ablagerung einer ersten Dentinschicht, beginnen dann selbst mit der sekretorischen Phase und formen die Schmelzmatrix. Die Schmelzmatrix wird dabei nicht gleichzeitig an der gesamten Grenzfläche zum Dentin gebildet. Sie entsteht zunächst inzisal bzw. koronal und breitet sich später weiter auch nach zervikal aus. Parallel verläuft die Schmelzbildung in zentrifugaler Richtung, sodass die zuletzt gebildete Matrix, im Gegensatz zum Dentin, an der Außenseite des Zahns liegt. Pro Jahr legen die menschlichen Ameloblasten etwa 1 mm zurück, was einer täglichen Schmelzbildungsrate von etwa 3 bis 4 μm entspricht1. Das dentinnahe Ende jedes Ameloblasten bildet einen kurzen abgeschrägten Fortsatz, der als Tomes-Fortsatz bezeichnet wird. Dieser besitzt die Fähigkeit, die Matrix gleichzeitig zu sezernieren und zu resorbieren.
Die Amelogenese ist ein dreistufiger Prozess: Sie beginnt mit der Sekretionsphase, darauf folgt eine kurze Übergangs-/Mineralisationsphase und anschließend die Reifungsphase. Die Schmelzproduktion endet im Bereich der Schneidekanten bzw. des okklusalen Reliefs, wenn dort die maximale Schmelzdicke erreicht ist. Die Ameloblasten beenden dort ihre Sekretionstätigkeit1.
3.2.1 Sekretion
Die zu Beginn der Schmelzbildung von den Ameloblasten produzierte und sezernierte organische Schmelzmatrix besteht aus Proteinen und Enzymen (Proteasen)3 Letztere bauen die Proteine schrittweise wieder ab. Die Proteine können in die Gruppe der Amelogenine (etwa 80 bis 90 %) und die der Nicht-Amelogenine (Tuftelin, Sheatlin und Enamelin) unterteilt werden4. Die Matrixsekretion und die sofort einsetzende Mineralisation verlaufen in rhythmischen Schüben. Die sezernierten Amelogenine fügen sich in Nanosphären zusammen, die sich ihrerseits so gruppieren, dass sie ein Gitter für den Kristalliteinbau bilden. Anschließend resorbieren Proteinasen diese Nanosphären, um das weitere Kristallwachstum zu ermöglichen. In dem Maße, wie die Matrix abgebaut wird, wachsen die Kristallite an Länge und an Dicke, bis sie sich berühren und möglicherweise verbinden1. Diese Matrix bleibt aber, trotz sofort einsetzender Mineralisation, bis zur darauffolgenden Maturation nur teilweise mineralisiert.
Während der Sekretion der Schmelzmatrix wandern die Ameloblasten von der Schmelz-Dentin-Grenze nach koronal, und zwar so, dass die endgültige Gestalt des Zahns geformt wird. Nachdem sie die zukünftige Schmelzoberfläche erreicht haben, stoppen die Ameloblasten den Prozess der Matrixsekretion und fangen an, den Schmelz zu mineralisieren.
Störungen in der Sekretionsphase führen dazu, dass weniger Matrix abgesondert wird. Dies führt zu einem quantitativen Defekt – es entsteht hypoplastischer Schmelz. Ursachen können genetische Einflüsse oder ein direktes Trauma sein.
3.2.2 Maturation
Die Maturation gliedert sich in zwei Phasen – die prä- und die posteruptive Schmelzreifung. Bei der präeruptiven Schmelzreifung kommt es zur Umwandlung der initial mineralisierten Schmelzmatrix zu einem kristallinen Gefüge. Diese Abläufe umfassen mehrere Prozesse: das Wachstum der Schmelzkristallite, die Verdichtung und Erhärtung des mineralisierten Gefüges, die selektive Änderung in der Zusammensetzung der Schmelzmatrix und den Verlust von Wasser sowie die mit diesen Vorgängen verbundene Zellaktivität im Schmelzorgan1.
Bis zur Eruption des Zahns erhält der Schmelz etwa 65 bis 75 Gew.-% seines Mineralanteils. Nach dem Durchbruch können durch die Mikrospalten des Schmelzes Mineralien des Speichels eindringen, die das Kristallgefüge verstärken und die Poren sogar verschließen. Nach der posteruptiven Reifung besitzt ein bleibender Zahn bis zu 98 Gew.-% an Mineralien. Lebenslang findet ein Ionenaustausch an der Schmelzoberfläche statt5.
3.3 Verkalkung der bleibenden Zahnkeime
Die Hartsubstanzbildung beginnt im Glockenstadium, das die ersten bleibenden Molaren etwa in der 24. Schwangerschaftswoche erreichen. Sie beginnen kurz vor der Geburt (ca. 28. Woche) mit der Bildung des Schmelzes. Die bleibenden oberen mittleren Inzisiven sowie alle unteren Inzisiven beginnen mit der Hartsubstanzbildung im 3. bis 4. Lebensmonat, die oberen seitlichen Inzisiven im 10. bis 12. Monat nach der Geburt.
Die Tabellen 3-1 und 3-2 fassen die Mineralisierungsmuster und ihre zeitliche Reihenfolge für die Milchzähne und die bleibenden Zähne zusammen.
Tabelle 3-1 Ablauf der Milchzahnentwicklung nach Schour und Massler30
Tabelle 3-2 Ablauf der Entwicklung bleibender Zähne nach Schour und Massler30
Die Abbildungen 3-1 und 3-2 illustrieren zusätzlich den Stand der Kronen- und Wurzelbildung in den einzelnen Stadien im Milch- und im Wechselgebiss.
Abb. 3-1 Mineralisationszeiten der Kronen und Wurzeln im Milchgebiss (Quelle: Cornelia Jungwirth, Katrin Bekes).
Abb. 3-2 Mineralisationszeiten der Kronen und Wurzeln im bleibenden Gebiss (Quelle: Cornelia Jungwirth, Katrin Bekes).
3.4 Störungen in der Amelogenese
Die Phasen der Schmelzbildung richten sich nach den unterschiedlichen Lebenszyklen der Ameloblasten. Dieser genetisch kontrollierte Vorgang ist in seiner Entwicklung empfindlich gegenüber Störungen, wobei die Ameloblasten in ihren verschiedenen Phasen unterschiedlich anfällig und mit verschiedenen Folgen auf die jeweiligen Störungen reagieren.
Wenn sich Schädigungen während der Sekretionsphase ereignen (z. B. genetische Einflüsse, direktes Trauma), wird weniger Matrix abgesondert und das Längenwachstum der Kristalle verhindert. Es kann folglich zu einer Reduktion der Schmelzdicke und somit zu Schmelzhypoplasien kommen. Störungen in der Übergangs- und Reifungsphase können trotz eines normalen Dickenwachstums zu einem pathologisch weicheren oder auch hypomineralisierten Schmelz führen. Dabei sind die Ameloblasten in der Phase der Reifung besonders empfindlich6.
Daher wird die MIH vermutlich durch Störungen entweder in der Übergangs- oder in der Reifungsphase verursacht. Die daraus resultierenden strukturellen und weiteren Veränderungen im Schmelz werden nachfolgend beschrieben.
Werden Ameloblasten irreversibel zerstört, kommt es zu erhöhten Porositäten und zur Bildung von gelb-braunen Opazitäten. Ein Teil der Ameloblasten scheint sich von dieser Irritation wieder erholen zu können, mit dem Ergebnis, dass die Schmelzoberfläche weniger starke Farbveränderungen aufweist. Diese optisch schwächeren Veränderungen sind cremegelb oder cremeweiß und finden sich vor allem in den inneren Schmelzarealen7-9.
3.5 Hypomineralisierter Schmelz
3.5.1 Mikrostrukturelle Aspekte
Licht- und polarisationsmikroskopische Aufnahmen zeigen, dass hypomineralisierter Zahnschmelz im Vergleich zu gesundem Schmelz erhöhte Porositäten aufweist (Abb. 3-3 und 3-4), die in einer Größenordnung von 5 bis 25 % liegen10-12. Weiße oder cremefarbene Opazitäten bzw. Läsionen ohne Schmelzeinbruch sind dabei weniger porös als gelb-bräunliche Defekte oder Regionen mit Defekten. Folglich korreliert der Grad der Opazität mit dem der Porosität. Ferner scheinen sich MIH-Läsionen über die gesamte Dicke des Schmelzes zu erstrecken. Sie beginnen an der Schmelz-Dentin-Grenze und enden an der Schmelzoberfläche (Abb. 3-5 und 3-6).
Abb. 3-3 Querschnitt durch eine MIH-Läsion. Die Läsion verläuft durchgängig über den gesamten Zahnschmelz bis zur Dentingrenze (Quelle: Stefan Tangl, Anton Dobsak, Katrin Bekes).
Abb. 3-4 MIH-Läsionsbereich infiltriert mit einem Farbstoffpräparat (Quelle: Hassan Shokoohi, Katrin Bekes).
Abb. 3-5 Vergleich der Schmelzstrukturen eines gesunden Molaren und eines von MIH betroffenen Molaren im Dünnschliff unter dem Lichtmikroskop (Quelle: Stefan Tangl, Anton Dobsak). a) Gesunder Zahnschmelz im Dünnschliff. b) Zahnschmelz mit MIH-Läsion: Es zeigen sich deutliche Unterschiede in der Färbefähigkeit zwischen gesundem und hypomineralisiertem Schmelz, wobei sich Letzterer ähnlich wie Dentin rosa färbt. c) Detailansicht der MIH-Läsion. Erkennbar ist die Durchgängigkeit der Hypomineralisation bis zur Dentingrenze.
Abb. 3-6 Molar mit MIH-Läsion im klinischen Bild, als Dünnschliffpräparat unter dem Lichtmikroskop und in der Mikro-CT-Aufnahme (erste Reihe). Zusätzlich wurden die Hypomineralisationen farblich in der 3-D-Ansicht markiert (zweite und dritte Reihe). Es ist erkennbar, dass die Hypomineralisation über den gesamten Schmelz verläuft. Teilweise findet sich an der Oberfläche eine intakte Schmelzschicht (Quelle: Stefan Tangl, Anton Dobsak, Katrin Bekes).
Gesunder Schmelz zeigt ein geordnetes Prismenbild. Demgegenüber demonstrieren raster- (REM) und transmissionselektronenmikroskopische (TEM) Bilder von MIH-betroffenen Schmelzarealen weniger dichte Prismenstrukturen, einen partiellen Verlust an prismatischen Mustern, lose gepackte Kristalle, weniger ausgeprägte Prismenränder, verbreiterte Grenzen und Hohlräume sowie Lücken zwischen den einzelnen Prismen7,11,13-18 (Abb. 3-7 und 3-8).
Abb. 3-7 REM-Aufnahme eines MIH-Molaren mit einer Opazität an einer scheinbar intakten Schmelzfläche: Es sind Porositäten sichtbar (800-fache Vergrößerung) (Quelle: Hassan Shokoohi, Katrin Bekes).
Abb. 3-8 REM-Aufnahmen von frakturierten Proben mit Sputterbeschichtung aus Gold. Erkennbar sind desorganisierte Kristalle mit großen Zwischenräumen zwischen den Schmelzprismen (Quelle: Hassan Shokoohi, Katrin Bekes). a) 3000-fache Vergrößerung. b) 6000-fache Vergrößerung.
Das weiter unten beschriebene Mineralisierungsdefizit ist besonders zwischen den Prismengrenzen ausgeprägt, die stark vergrößert sind und deshalb die Prismen auch nicht mehr zusammenhalten19. Darüber hinaus weist geätzter MIH-Schmelz ein abnormes Ätzmuster auf7,10 (Abb. 3-9). Die Anzahl der Risse und tiefen Poren scheint sich durch Säureätzung zu erhöhen16.
Abb. 3-9 MIH-betroffener Schmelz nach Ätzung mit 37 % Phosphorsäure. Es zeigt sich kein regelmäßiges Ätzmuster. Lediglich begrenzte Areale mit einer vergrößerten Oberflächenrauigkeit sind erkennbar (Quelle: Hassan Shokoohi, Katrin Bekes). a) 800-fache Vergrößerung. b) 2500-fache Vergrößerung.
3.5.2 Mechanische Eigenschaften
Die mechanischen Eigenschaften eines Zahns werden durch die Relation von Festigkeit (Härte) und Elastizität (Elastizitätsmodul) erfasst. Die Elastizität eines Zahns bietet durch die Absorption einwirkender Kräfte einen relativen Schutz. Eine zunehmende Elastizität bedingt allerdings ab einem bestimmten Punkt eine Einschränkung in der Funktion, wenn die Struktur zu flexibel wird. Folglich ist ein festes Stützgerüst nötig, das die erforderliche Stabilität besitzt. Der gesunde Schmelzmantel erfüllt diese Anforderung aufgrund seiner Härte und Festigkeit optimal, sodass hier hohe Belastungen möglich sind.
Untersuchungen an MIH-geschädigtem Schmelz ergaben sowohl für die Härte als auch für den Elastizitätsmodul deutlich niedrigere Werte im Vergleich zu gesundem Zahnschmelz10,11,14,17,18. Unterschiedliche Autorengruppen konnten eine um 50 bis 90 % geringere Härte belegen14,15.
Dies hat vor allem bei der Planung von Restaurationen klinische Konsequenzen. Die reduzierte mechanische Festigkeit scheint auch für die häufig beobachteten Randfrakturen von Kompositfüllungen von Bedeutung zu sein, wenn die gewählten Präparationsgrenzen nicht bis in den gesunden Schmelzbereich extendiert wurden14. Dies wird sichtbar, sobald Kaukräfte den vulnerablen Bereich stark beanspruchen. Meist bricht dann der Zahn um eine mehr oder wenige intakte Füllung weg oder an den kaulasttragenden Höckern treten Chipping-Frakturen auf20 (Abb. 3-10).
Abb. 3-10 Chipping-Fraktur an kaulasttragenden Höckern der ersten unteren Molaren. a) Erste kleine Fraktur des distovestibulären Höckers an Zahn 36 nach kurzer Gebrauchsperiode. b) Größerer Schmelzeinbruch am distovestibulären Höcker von Zahn 46.
3.5.3 Mineraldichte
Analysen zum Mineralgehalt von MIH-betroffenen Zahnschmelzproben ergeben in Abhängigkeit von der gewählten Untersuchungstechnik eine Bandbreite an unterschiedlichen Ergebnissen10,17,18,21,22. REM-Aufnahmen nach dem Rückstreuungsprinzip weisen bei hypomineralisiertem Schmelz lediglich eine Abnahme von 5 % in der Mineraldichte gegenüber gesundem Schmelz auf. Dagegen konnten röntgentomografische Prüfungen eine reduzierte Mineraldichte von ca. 20 % in betroffenen Arealen demonstrieren. Die als Goldstandard geltende transversale Mikroradiografie zeigt sogar, dass in den am stärksten betroffenen Regionen die Mineraldefizite sogar 45 % übersteigen können18,22,23.
Weitere Unterschiede werden im Hinblick auf den Mineralkonzentrationsgradienten deutlich. Während gesunder Schmelz einen von der Schmelz-Dentin-Grenze zur Oberfläche hin zunehmenden Gradienten aufweist, nimmt dieser bei MIH-befallenem Schmelz ab. Die Oberfläche weist dann zusätzlich eine dünne Schicht gut mineralisierten Schmelzes auf22.
Interessanterweise scheint sich die Reduktion in der Mineraldichte nicht nur auf den tatsächlich klinisch betroffenen MIH-Schmelz zu begrenzen, sondern ist auch in der sogenannten Übergangszone, d. h. in bereits klinisch gesund aussehendem Schmelz direkt neben dem MIH-Defekt, zu finden24. Dies kann von großer klinischer Relevanz sein, da im klinischen Alltag häufig die visuell nachweisbaren Läsionsgrenzen als Grenzen für die Präparation geplant werden18,21,24.
3.5.4 Chemische Eigenschaften
Im Vergleich zu gesundem Schmelz zeigt MIH-befallener Schmelz einen vielfach höheren Proteingehalt25,26. Eine Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass dieser im Fall von weißen und gelben Opazitäten etwa 8-fach höher, bei braunen Verfärbungen sogar 15- bis 21-fach höher liegt26. Andere Autoren fanden einen 3- bis 15-fach höheren Proteingehalt in hypomineralisierten Schmelzarealen25. Gelber oder brauner Schmelz ist dabei reich an Serumalbumin, Antitrypsin und Serumantithrombin. Der Gehalt an verbleibenden Amelogeninen entspricht nahezu den Normwerten25.
Untersuchungen, in denen das Ca/P-Verhältnis von betroffenem und gesundem Schmelz verglichen wurde, sind in ihren Ergebnissen uneinheitlich11,15,17. Während einige Forschungsarbeiten keinen Unterschied im Ca/P-Verhältnis fanden18, konnte in anderen Studien eine um 5 bis 20 % reduzierte Ratio ermittelt werden27,28.
Analysen der Kohlenstoff/Karbonat-Konzentration und des Kohlenstoffgehalts zeigen eine signifikante Erhöhung sowohl der Kohlenstoffkonzentration als auch des Karbonatgehalts bei hypomineralisiertem Schmelz7,11,27.
3.6 Klinische Implikationen und Schlussfolgerung
MIH-betroffene Zähne zeichnen sich durch eine verminderte Mineralisation aus, die sich vom klassischen Krankheitsbild der Karies unterscheidet. Folglich lassen sich die allgemein gültigen Therapiegrundsätze einer Kariesbehandlung nicht 1:1 auf die der MIH übertragen.
MIH-Schmelz weist einen reduzierten Ca- und P-Gehalt, eine geringere Härte und einen verminderten Elastizitätsmodul aus. Zudem zeigen sich im Vergleich zu gesundem Zahnschmelz stärkere Porositäten, erhöhte Kohlenstoff- und Karbonatkonzentrationen und höhere Proteingehalte. Die Schmelzkristalle sind weniger dicht gelagert und haben dickere prismatische Hüllen sowie höhere inter- und intraprismatische Konzentrationen organischer Partikel. Darüber hinaus ist geätzter MIH-Schmelz durch ein abnormes Ätzmuster charakterisiert, das nicht optimal für den nachfolgenden adhäsiven Verbund mit Restaurationsmaterialien ist.
Aus den beschriebenen Merkmalen lassen sich einige klinischen Überlegungen für die Behandlung von MIH-betroffenen Zähnen ableiten: Da der Schmelz dieser Zähne eine reduzierte Härte und Elastizität aufweist und somit weniger belastbar ist, sollten trotz der prinzipiell minimalinvasiven Herangehensweise bei der restaurativen Therapie überhängende MIH-Schmelzareale vermieden werden24,29. Zudem sollte eine Extension der Kavitätenpräparation bis in den gesunden Schmelz in Betracht gezogen werden24,29, um die Notwendigkeit einer schnellen Wiederbehandlung zu reduzieren. Allerdings ist dies nicht immer möglich. Die hierzu existierenden unterschiedlichen Ansätze werden in Kapitel 12 näher beleuchtet.
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