Читать книгу FritzGlock - Katrin Höfer - Страница 9
»Mein Mann hat sich nie etwas gefallen lassen!« Monika Glock
ОглавлениеBei der Übernahme musste mein Mann bei der Handwerkskammer in Gera offiziell einen Antrag auf Weiterführung stellen. Die Bedingung für die Genehmigung war allerdings, dass er in die Partei eintrat. Fritz aber hat sich nie etwas gefallen lassen und gleich klargestellt, dass er weder in die SED noch in die PGH, die Produktionsgenossenschaften des Handwerks, eintreten würde: »Wir sind selbständig und wir bleiben selbständig!«
»Na, wenn Sie meinen … Sie kriegen eh kein Material.«
»Das werden wir ja sehen!«, entgegnete Fritz.
Wir hatten eigentlich einen staatlich vorgeschriebenen Plan, was wir genau zu arbeiten hatten. Der Plan lag aber nicht vor April vor, so dass wir ein Vierteljahr lang nicht hätten arbeiten können. Fritz hat dieser Plan einfach nicht interessiert; er hat gemacht, was er wollte und was er für richtig hielt.
Unsere ersten selbst hergestellten Fenster gingen ins benachbarte Reichenbach. Geliefert wurde mit einem Pferdefuhrwerk und einem Tafelwagen. Damit wurden auch immer die Särge transportiert, die wir ebenfalls selbst herstellten. Manchmal klingelten die Leute nachts bei uns: »Fritz, meine Frau ist gestorben, ich brauche einen Sarg.« Wir hatten immer zwei, drei auf Reserve liegen.
Eines Tages gab es jedoch ein Erlebnis, welches das Sargthema ein für alle Mal beenden sollte. Die Frau des Bürgermeisters war gestorben, und sie passte tatsächlich in keinen der vorhandenen Särge. Ab diesem Moment stand für uns fest: Särge wurden aus dem Programm der Tischlerei verbannt!
Das war auch der Moment, in dem mein Mann entschied, auch keine Türen mehr zu bauen. 114 Mark kostete eine richtig gute Tür damals, viel zu wenig im Vergleich zum Aufwand. Verkaufspreise waren alle staatlich vorgegeben, daran hatte man sich zu halten. Jederzeit musste man mit staatlichen Überprüfungen rechnen.
Keine Särge und keine Türen mehr, fertig! Das gab Ärger mit der Obrigkeit, dem »Rat des Bezirkes« gefiel das gar nicht.
Es war wirklich eine schwierige Zeit, man musste erfinderisch sein. Maschinen zur Fensterproduktion gab es nicht. Die hat Fritz von einem befreundeten Maschinenbauer, einem Werkzeugmacher, bauen lassen.
Material war ebenfalls Mangelware. 25-Kilo-Kübel mit Kitt holte er mit der Bahn aus Gera. Einmal im Monat fuhren wir zur Genossenschaft nach Gera, da lag dann so ein winziges Häuflein, die offizielle Zuteilung. Material durften wir auch nur für ein Jahr haben, das war ebenfalls vorgeschrieben.
Und dann waren wir endlich Besitzer unseres ersten Autos, eines Wartburgs. Das Geld dazu hatten wir von den Eltern geborgt: 8000 Mark mit Zinsen. Wenn man das Gefährt überhaupt Auto nennen konnte: Vier Räder hatte der Wagen, sonst war fast alles kaputt. Wir haben ihn dann erst einmal für ein weiteres kleines Vermögen schön herrichten lassen.