Читать книгу Schmerzfrei ohne Medikamente - Katrin Jonas - Страница 8

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1. KAPITEL

Die Vorbereitung des

30-Tage-Programms:

Damit Ihr Neuanfang ein neuer wird

„Warm-up“ fürs Gehirn

Die Vorbereitung macht’s

Vor Ihnen liegen nun vier Wochen bewusstheitsorientierte Schmerzintervention, in denen Sie sich in Innenschau und Selbstreflexion üben werden. Der erste Schritt besteht in einer sorgfältigen Vorbereitung des Schmerzprogramms. Während ich mich um die inhaltlichen Aspekte gekümmert habe, passen Sie das Programm Ihrer konkreten Lebenssituation an und geben den Rahmen vor, in dem Sie explorativ tätig werden möchten. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Ihre Meditationspraxis nach dem Startschuss reibungslos vonstattengeht.

Sicher erinnern Sie sich an die einzelnen Aspekte der Schmerzintervention, die ich anfangs mit dem Ausgießen der beiden Gläser angesprochen habe. Einer bestand darin, dass Sie sich im Rahmen des 30-Tage-Programms von einem rein symptomorientierten Vorgehen lösen. Und das wird nun konkret. Damit Sie in der Vorbereitungsphase diesbezüglich die richtigen Entscheidungen treffen, möchte ich Ihnen vor dem Start aufzeigen, worum es im Inneren Ihres Organismus geht und was dieser braucht, wenn Symptombekämpfung als Strategie entfällt. Ich zeige Ihnen, welche Implikationen das auf das Schaffen der richtigen äußeren und inneren Bedingungen im Vorfeld hat.

Ihr Schmerz und Ihr Gehirn

Zuerst möchte ich Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass das Empfinden von Schmerz aus neurophysiologischer Sicht kein lokaler, auf den schmerzenden Körperbereich bezogener Vorgang ist. Das ist es nicht, weil der Schmerz als solcher nicht an der sensiblen Stelle im Körper entsteht, wo Sie ihn spüren, sondern die Verarbeitung von Schmerzsignalen im Zentralen Nervensystem, also fernab vom Schmerzherd, geschieht. Bevor die Meldung von Schmerzen in Ihre Wahrnehmung eingeht, wurde ein Mix aus Impulsen an Ihr Gehirn als Kontrollzentrum des Organismus weitergeleitet, das diese verarbeitet und in eine entsprechende Empfindungsqualität übersetzt. Es ist ein Fakt: Schmerzempfinden entsteht im Gehirn.

Indem Sie diese Tatsache als Ausgangspunkt für das vor Ihnen liegende Schmerzprogramm anerkennen, wird auch klar, worauf sich Ihr Fokus beim praktischen Vorgehen richten muss: Eben weil Schmerzverarbeitung im Verantwortungsbereich des „Dirigenten“ des menschlichen Organismus liegt, richten sich die Impulse im Übungsteil genau auf diesen, das Schmerz produzierende Gehirn. Weil das so ist, sind alle Praxistools neurologisch durchdacht und gehirnkompatibel aufbereitet. Sie sprechen die natürliche Wirkungsweise des Gehirns an und vertrauen auf dessen erfahrungsbezogene Wandelbarkeit, die so genannte Neuroplastizität.

Die Kraft von Bewusstheit

Diesen Anspruch erfüllen die Übungen besonders deshalb, weil sie unter dem Vorzeichen der Achtsamkeit und der bewussten Innenschau stehen. Bewusstheit verändert alles. Tatsache! Jedes Mal, wenn Sie sich bewusst wahrnehmen und Ihren Fokus auf innere Qualitäten Ihres Körpers richten, bringen Sie Bewegung in Ihr Gehirn. Die dort angesiedelten Aufmerksamkeitsnetzwerke erfahren eine Adaptation. Auch wenn das ein Prozess ist, der durch langfristigere Impulse im Gehirn erst „Form“ annehmen muss, ändert dies nichts an der Tatsache, dass Bewusstheit zu einer Umorganisation der Hirnfunktionen führt und deshalb im Zuge der Schmerzintervention das Zünglein an der Waage ist.

Wir werden auf die fundamentale Kraft von Bewusstheit später noch zurückkommen. Für jetzt merken Sie sich am besten eines: Diejenigen Qualitäten, auf die Sie Ihre Aufmerksamkeit richten, bestärken Sie. Diejenigen Aspekte, die außerhalb Ihrer Bewusstheit liegen, die Sie vernachlässigen, ausblenden oder negieren, ziehen Sie aus inneren Verarbeitungsprozessen heraus. Genau: Wohin Ihre Aufmerksamkeit fließt, dort entfachen Sie die meiste Aktivität in Ihrem Gehirn.

Auf dieser Grundlage verursacht ein bewusster Fokuswechsel eine Umstrukturierung auch derjenigen Gehirnbereiche, die unter anderem in die Produktion von Schmerzen involviert sind. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass das Einschleusen von Bewusstheit in Ihr Leben der Beginn einer besseren Schmerzverarbeitung ist. Nach zwei Jahrzehnten Hirnforschung zu den Wirkungen der achtsamkeitsbasierenden Innenschau ist das keine Hypothese mehr, sondern ein längst etablierter Fakt.

Damit das nicht als bloße Theorie stehenbleibt, werden Sie anhand zahlreicher Techniken und Methoden erfahren, wie sich die beiden Vorgänge, die der Schmerzverarbeitung und die der Meditationspraxis, in Ihrem Organismus „mixen“ und wie sich das in Ihrem Körperempfinden bemerkbar macht.

„Oje …“, seufzen Sie jetzt womöglich. „Jetzt muss ich auch noch das Gehirn verstehen.“ Aber nein, das müssen Sie nicht, jedenfalls nicht im Detail. Dazu bräuchten Sie einen Magnetresonanztomografen, der Ihre Gehirnleistungen aufzeichnet, damit es für Sie optisch nachvollziehbar wird. Weil ein solcher vermutlich nicht zu Ihrer Wohnungseinrichtung zählt, besteht Ihr Part darin, zunächst einmal determiniert zu üben und so viel Achtsamkeit und Körperbewusstsein wie möglich zu entwickeln.

Die Bewusstheits-Aufwärtsspirale

Gewissermaßen steigen Sie in einen Wahrnehmungskreislauf ein: Sie versorgen Ihr Gehirn mit achtsamkeitsbezogenen Informationen, mit „Brain food“ sozusagen, und beobachten aufmerksam, was geschieht. Sie nehmen wahr, welche Reizantworten Ihr Körper empfängt, und je nachdem, wie sie ausfallen, passen Sie diese an die darauffolgende Impulsgebung an. Übend erzeugen Sie gehirnaffine Reize, empfangen Feedbacks und spüren, was geschieht. Mit jedem „Response“ lernen Sie hinzu und werden sicherer in Ihrem Vorgehen. Dabei bekommen Sie ein Gefühl dafür, auf welche Art von Impulsen Ihr Organismus besonders positiv anspricht, was ihm behagt und was ihn stimuliert.

Schmerzamplituden

Und Ihr Schmerz? Ja, auch dieser wird antworten. Obwohl er nicht im Mittelpunkt des unmittelbaren Geschehens steht, stimmen als willkommener „Nebeneffekt“ auch Ihre Beziehung zu ihm, seine Routine und sein Charakter in die Veränderungen ein. Wie das im Einzelnen geschieht, kann ich Ihnen nicht vorhersagen. Es mag sein, dass Ihr Schmerz sofort die Sachlage erkennt und sich zum Rückzug entschließt. Oftmals passiert es, dass er sich Zeit lässt und klare, lange Informationen braucht, bevor er sich adaptiert. Und es kommt auch vor, dass er unschlüssig reagiert und zunächst Schwankungen unterliegt.

Zu Beginn von Bewusstheitsarbeit haben manche meiner Klienten das Gefühl, der Schmerz rücke stärker in den Vordergrund als je zuvor. Doch wenn das passiert, ist es der Entwicklung von Bewusstheit geschuldet: Wenn Sie sich einer Sache bewusst werden, heißt das, dass Sie von dieser stärker Notiz nehmen, und dazu gehören auch die Details von Schmerzprozessen. Sobald das Gehirn aber die innere Neuausrichtung akzeptiert hat, beginnt es Vorgänge der Schmerzverarbeitung zu revidieren. Und das geht dann auch in Ihr Bewusstsein ein.

Aus meiner Erfahrung heraus kann ich eines sagen: Schmerzen modulieren sich am klarsten, sobald Sie ein echtes Gefühl für die „Erfahrung Meditation” als inneren Zustand der Stille und Nicht-Identifikation entwickeln. Nicht durch die Meditationsübung als solche, sondern durch Distanz zu intern ablaufenden Prozessen, wie Gedanken, Emotionen und Gefühlen halten Sie das Rad Ihrer Schmerzhistorie an.

Den Schlüssellochblick weiten

Im Zuge dieses Prozesses ergibt sich für Sie aber noch ein weiterer Schritt: Indem sich Ihr Schlüssellochblick auf den Schmerz weitet, dehnen Sie ihn auf sich als ganzen Menschen aus. Indem Sie immer klarer fühlen, dass Ihre Wahrnehmungswelt nicht ausschließlich aus Schmerzen besteht, zieht eine neue Lebendigkeit in Ihren Körper ein. Sie entdecken, dass Sie viele schmerzfreie Areale zum Benutzen, Fühlen und Agieren haben, die vom Schmerz überschattet wurden und in Vergessenheit geraten sind.

Und mehr: Gerade weil sich Ihr Blick auf sich selbst verändert, werden Sie innerhalb des 30-Tage-Programms erfahren, wie es ist, als „ganzer“, vollkommener Mensch im Scheinwerferlicht der Intervention zu stehen. Sie verlassen den „Patientenstatus“ und werden ein Leben ohne ihn rasch als vollkommen normal empfinden.

Das Boot kielen

Doch nun zur Vorbereitung des Programms. Es ist gut, wenn die beschriebene Vorausschau bereits zum Einstieg in Ihre Entscheidungen einfließen kann. Selbst wenn Ihnen auf das Gehirn bezogene Begriffe noch fremd sind und meine Gewichtungen in Ihnen Zweifel ausgelöst haben sollten, wissen Sie nun, dass die bewusstheitsorientierte Schmerzintervention ein Unterfangen ist, das Ihre Fürsorge und ein hohes Maß an Aufmerksamkeit braucht. Und dies beginnt bereits vor dem Start. Es ist nicht übertrieben, wenn ich sage, dass die Hälfte des Gelingens bereits in einer achtsamen Vorbereitung liegt. Je genauer Sie sich auf das Programm einstellen und die richtigen Entscheidungen im Vorfeld treffen, desto reibungsloser wird sein Verlauf sein.

Vergleichen Sie die dreißig Tage eher mit einer Kreuzfahrt, für die Sie das Schiff gut kielen müssen, statt mit einer schnellen Bootstour, die mit einem spontanen Losmachen des Bootes vom Ufer beginnt. Genauso, wie Sie ein Retreat, einen Kuraufenthalt oder eine Urlaubsreise im Voraus planen, steht das auch dem Schmerzprogramm zu. Hier ist es fast noch wichtiger, weil Sie es möglicherweise inmitten Ihres Alltags absolvieren und deshalb viel mehr unter einen Hut zu bringen haben, als wenn Sie losgelöst von den üblichen Verpflichtungen sind.

Reisen oder zu Hause bleiben?

Ihre „Schmerzkurreise“

Verreisen könnten Sie tatsächlich in Erwägung ziehen. Zweifellos sprechen viele Gründe dafür, das Schmerzprogramm mit einem Orts- und Klimawechsel zu verbinden. Schauen Sie, ob die folgenden Faktoren bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fallen.

Vielen Klienten ist klar, dass das Zuhausebleiben während des Programms handfeste Risiken birgt. Das vertraute Umfeld ist gespickt mit Ablenkungen und Pflichten. Termine rufen, die Tagesroutine kostet Energie und Kraft, Job und Familie vereinnahmen einen Großteil Ihrer Zeit. Falls Sie in einem eng getakteten und überfrachteten Leben stecken, kann das Verreisen während des Schmerzprogramms tatsächlich eine ernsthafte Überlegung wert sein.

Und das hat auch „neuronale“, also gehirnspezifische Aspekte: Wenn ein Ortswechsel und damit ein Heraustreten aus dem gewohnten Lebensumfeld mit einem inneren Befreitsein, mit einem Akt des Aufatmens verbunden ist, setzen Sie gegenüber Ihrem Nervensystem bereits einen klugen Auftakt, einen aufrüttelnden Paukenschlag sozusagen, der Ihr Gehirn vom In-Gang-Setzen andersartiger Impulse informiert.

Eine solche Entlastung von häuslichen und beruflichen Pflichten kann gleichzeitig zu einer enormen emotionalen Erleichterung führen, die Ihnen Rückenwind gibt. Insbesondere für Eltern kleiner Kinder oder für beruflich stark eingespannte Menschen, die wissen, dass sie im Rad ihres Alltags kaum ein Fünkchen Ruhe haben, könnte das von Vorteil sein.

Klimawechsel

Für einen Ortswechsel spricht außerdem, dass einige Klienten in der Ferne, in einem anderen Klima und losgelöst von Verpflichtungen generell weniger Schmerzen haben. Arno, einer meiner Klienten, spürt beispielsweise während seiner Motorradtouren in den Dolomiten kaum noch seinen Halswirbelschmerz, obwohl das ein Paradox ist, weil die Körperhaltung beim Fahren keineswegs nackenfreundlich ist. Dorothea braucht das Luftholen auf dem Gipfel eines Berges und schon ziehen sich ihre Unterleibsschmerzen zurück. Holger muss nur die Idee vom Urlaub im Kopf haben, damit er sich besser fühlt, und Claudia reist so oft wie möglich ans Mittelmeer, weil sie dort frei von entzündlichen Gelenkbeschwerden ist.

Falls Sie solche Effekte kennen, liegt es tatsächlich nahe, dass Sie diese für das Schmerzprogramm nutzen. Unter Umständen kann das veränderte Umfeld zusammen mit den Impulsen der Übungspraxis sogar schon der Startschuss für eine dauerhafte Schmerzlösung sein. Ein großer Teil der Vorarbeit entfällt hier, weil Sie das Gehirn auf organische Weise in einen anderen „Arbeitsmodus“ hineinführen.

Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass eine Auszeit von vier Wochen nicht für jeden machbar ist. Sehen Sie hier, wie einige meiner Klienten dieses private „Sabbatical“ geregelt haben. Werden Sie ein wenig erfinderisch, wenn Sie an Optionen für das Schaffen von Freiräumen basteln!

Schmerzlösung live

Olivia

wusste sehr genau, dass sie die Schmerzkur niemals zu Hause machen konnte. Die Kinder würden sie abhalten, ihr Mann würde an dem Aufwand zweifeln und das Telefon unentwegt klingeln. Deshalb quartierte sich Olivia in das Wochenendhaus ihrer Freundin ein. Während der Woche teilten sich ihre Mutter und ihr Mann die Versorgung der Kinder, am Wochenende fuhr sie nach Hause und brachte alles spielend, weil ausgeruht, unter einen Hut. Olivia genoss ihre persönliche „Retreatzeit“ so sehr, dass sie sich schwor, sich solche Freiräume öfter zu organisieren.

Tommy

fürchtete, zu Hause zu vielen Ablenkungen ausgesetzt zu sein. Der Fernseher ziehe ihn magisch an und am Computer vergesse er sich definitiv, wenn er sich bei Facebook einlogge und in die „News Feed“ vertiefte. Deshalb folgte er seinem Empfinden und zog sich nach der Arbeit auf sein Segelboot zurück. Er genoss seine Zeit allein so sehr, dass er dies noch viele Male wiederholte und das Beobachten des Sonnenuntergangs am See auch nach Abschluss des Programms in seinen Tagesausklang einbezog.

Jutta

hatte als Leiterin eines vierzigköpfigen Werbeteams viele Verpflichtungen. Am liebsten wäre sie nach Timbuktu gereist, um ausschließlich für sich selbst da zu sein und ihrem Spannungskopfschmerz endlich „ade!“ zu sagen. Doch sie wusste, wie unrealistisch das war. Sie sprach aber im Vorfeld des Programms mit ihrem Chef ab, dass sie während dieses Monates keine Überstunden machen und auch nicht für zusätzliche Außentermine zur Verfügung stehen würde. Jutta musste sich zu diesem Schritt regelrecht überwinden, profitierte von diesem aber weit über das Schmerzprogramm hinaus.

An diesen Beispielen sehen Sie nicht nur, dass es verschiedene Wege und Lösungen gibt, um das richtige Klima für das Schmerzprogramm zu kreieren, sondern auch, dass Sie mit einer durchdachten Vorbereitung bereits die Segel für das Danach setzen.

Intervention mit Heimvorteil

Doch es gibt auch Effekte, die gegen einen Ortswechsel sprechen. Falls Sie Lust zum Verreisen bekommen haben, vergewissern Sie sich im Voraus, dass Ihre Reise nicht denselben Kurzzeiteffekt hat, der bei zahlreichen Urlauben, Retreats und Kuraufenthalten greift: Während der Reise ist alles bestens, Sie erholen sich und fühlen sich wohl. Doch sobald Sie Ihren Fuß wieder auf heimischen Boden setzen, bewegt sich der Erholungseffekt innerhalb weniger Tage in Richtung null. So schnell, wie Sie es gar nicht nachvollziehen können, stecken Sie in den alten Gewohnheiten wieder drin.

Falls Sie diesen Effekt kennen und von sich wissen, dass die Nachhaltigkeit Ihrer Reisen ein kurzfristiges Enddatum hat, spricht das definitiv für das Absolvieren des Schmerzprogramms in Ihrem gewohnten Umfeld. Anstatt sich aus diesem herauszuziehen, machen Sie Ihre Erfahrungen bewusst mittendrin in Ihrem realen Alltag. Dann werden die letzten Programmtage auch nicht von der Voraussicht überschattet, dass bald, wenn das normale Leben einsetzt, doch wieder alles beim Alten ist.

Entscheidungsbedarf

Kommen wir zur Entscheidungsfindung. Schauen Sie sich Ihren Schmerz jetzt vor dem Hintergrund Ihrer persönlichen Lebenssituation an: Welches „Klima“, welche „Atmosphäre“ brauchen Sie, damit Ihr Programm die größtmögliche Aussicht auf Erfolg hat? Bleiben Sie zu Hause? Oder fahren Sie lieber weg? Wäre eine Zwischenlösung hilfreich, die beide Vorteile miteinander vereint?

Am besten ist es, wenn Sie gar nicht lange darüber nachgrübeln, sondern kurz in sich hineinhören und derjenigen Antwort folgen, die Ihnen spontan in den Sinn kommt. Was immer Sie entscheiden, im Mittelpunkt steht, dass Ihre Entscheidung auf Realitätsnähe basiert und sich gleichzeitig gut und richtig anfühlt.

Zeit für sich

Ihre „Me-time“ konkret

Hier ein kurzer Vorausblick zur Intensität des Programms: An jedem Programmtag planen Sie mindestens zwei halbe Stunden Extrazeit ein, von denen die zweite halbe Stunde am Abend liegen sollte, damit Sie den zurückliegenden Tag reflektieren können. Am Morgen brauchen Sie mindestens ein paar Minuten, um sich die Tagestheorie und die Tagesbeobachtung durchzulesen. Falls das für Sie völlig ausgeschlossen ist, weil Sie ein Morgenmuffel oder ein notorischer Zu-spät-Aufsteher sind, können Sie sich aber auch schon am vorherigen Abend auf den nächsten Tag einstimmen.

Darüber hinaus sollten Sie tagsüber etwas Spielraum für sich haben, damit sich ein achtsamer Umgang mit sich selbst auch im Alltag etabliert. Sie können Ihre Arbeit, Ihre Freizeitaktivitäten, Ihre Vorhaben und Hobbys genauso organisieren wie bisher, nur wäre währenddessen ein wenig mehr „Luft“ oder Spielraum gut, damit Sie neuen und aktualisierten Bedürfnissen auch folgen können.

Vielleicht wird Ihnen jetzt erst bewusst, dass das Schmerzprogramm etwas Besonderes, „Ihre“ persönliche Zeit, und wenn Sie so wollen, ein Investment in Sie selbst ist. Anstatt in Aktien, Autos, Häuser oder Grundstücke zu investieren, stecken Sie hier Ihre Energie in Ihr Leben, in Ihre Gesundheit und in sich selbst. Und dabei knausern Sie bitte nicht! Seien Sie großzügig und investitionshungrig. Ich bin mir sicher, dass diese Art Investition Ihnen sehr gut bekommen wird.

Investitionsmangel erkennen

Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass damit noch ganz andere Implikationen ins Spiel kommen können. Ich habe einige Klienten kennengelernt, die gezielte Schritte zur Schmerzlinderung nicht wahrnahmen, weil sie hinsichtlich ihrer Investitionen mit ihrer Zeit geizten oder sich nicht imstande fühlten, innerhalb ihres Alltags Extraraum für sich freizuschaufeln. Stattdessen widmeten sie ihre volle Aufmerksamkeit jemand anderem, den sie pflegten, beaufsichtigten, betreuten oder dem sie sich verpflichtet fühlten.

Während der Vorbereitung des Buches habe ich mir die Anamnesen Schmerzbetroffener unter diesem Aspekt noch einmal angesehen. Ich war selbst erstaunt, als ich sah, dass die Hälfte der Menschen, die sich aus Schmerzgründen bei mir vorgestellt hatten, die Bedürfnisse anderer ganz oder teilweise über die eigenen stellten. Fünfzig Prozent! Viele von ihnen gaben dies als Grund dafür an, dass sie bestimmte therapeutische Maßnahmen, Aufgaben oder Bewusstheitsübungen, die ich ihnen empfahl, vernachlässigten oder negierten. Während sie andere Menschen umsorgten, betreuten oder verwöhnten, fanden sie keine Viertelstunde für sich selbst.

Schmerzlösung live

Thea

litt unter schubweisen Rückenschmerzen. Doch diese standen nicht im Mittelpunkt ihrer Heilungsversuche. Hauptsächlich kümmerte sie sich um ihren depressiven Partner, der ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Sie habe deshalb keine Zeit für Eigenübungen. Auch kürzere Aufgaben im Alltag, die keine Extrazeit verlangten, seien ausgeschlossen. Selbst wenn sie unterwegs war, rief sie ihren Mann viele Male an und erkundigte sich nach seinem Befinden. Wenn er nicht ans Telefon ging, wurde sie sofort von schlechtem Gewissen geplagt, weil sie glaubte, nicht genügend für ihn da zu sein.

Nach einem Moment der inneren Einkehr wurde Thea bewusst, dass ihr Körper mit der Zeit immer schmerzempfindlicher geworden war und ihre Bandscheibenvorfälle nicht mehr alle zwei Jahre, sondern zweimal jährlich auftraten. Aber auch das veranlasste sie noch nicht, an ihren Gewohnheiten etwas zu verändern. Erst als ihre Beinnerven taub wurden und der Orthopäde zur Operation riet, begann sie zu handeln. Ihre Schmerzen lösten sich erst, als ihr Partner eine Tagesbetreuung erhielt und sie sich täglich eine dreißigminütige Auszeit nahm.

Ilona

weigerte sich, während der Sitzungen das Handy auszuschalten, weil ihr Vater eventuell anrufen könnte. Wie häufig er das pro Tag tue, fragte ich sie. „Nicht so oft …“, Ilona überlegte: „So … einmal im halben Jahr.“ Doch ausschalten könne sie das Handy trotzdem nicht. Sie wolle nicht die Schuld tragen, wenn ihm etwas passiere. Ilona stand permanent unter Strom. Als sie ihr Handy erstmals auf „lautlos“ stellte, saß sie stocksteif vor mir und hielt den Atem an. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass sich ihr Schmerz wie ein Wahnsinniger benahm.

Ich habe dieses Thema des „Für-sich-Daseins“ nicht ohne Grund so ausführlich thematisiert. Es ist tatsächlich nicht für jeden Menschen selbstverständlich, sich selbst gegenüber aufmerksam zu sein und die eigenen Bedürfnisse zu stillen. Bei nicht wenigen Schmerzerfahrenen spielt dieses Geschehen eine maßgebliche Rolle. Sie rangieren in der Reihenfolge der Wertigkeiten ihres Lebens grundsätzlich auf Platz zwei, fünf oder zehn.

Auch wenn die von mir angegebenen Zahlen wissenschaftlichen Standards nicht genügen, sind es ernstzunehmende Beobachtungen, die im Vorfeld des Schmerzprogramms durchaus die Frage rechtfertigen, ob in Ihrem Alltagsleben genügend Zeit und Freiraum für das Schmerzprogramm vorhanden ist. Es wäre schade, wenn Sie das Programm beginnen würden, es aber entweder nur halbherzig durchführen könnten oder es sogar abbrechen müssten, weil Ihnen alles über den Kopf wächst.

Die Fallhöhe

Falls Ihnen diese Szenarien bekannt vorkommen, das Schmerzprogramm aber dennoch attraktiv für Sie ist, steht an dieser Stelle für Sie ein wenig Klärungsarbeit an. Vielleicht können Sie zeitweilige Hilfe organisieren oder andere Arrangements treffen. Möglicherweise ist es sowieso längst an der Zeit, umzudenken. Und ganz nebenbei: Es ist ja niemandem geholfen, wenn Sie als betreuende, therapierende, versorgende Person selbst unter Schmerzen leiden und am Ende Ihrer Kräfte sind. Aus der Nähe betrachtet, können Sie nicht wirklich hilfreich für einen anderen Menschen sein, wenn Ihre Anspannung hoch, Ihr Stresspegel bedenklich und Ihr Schmerz im Kriegszustand ist.

Die anstehende Entscheidungsfindung können Sie auch dazu nutzen, im Vorfeld zu prüfen, ob Ihr Schmerz sogar durch einschlägige Umstände ausgelöst, verstärkt oder sogar chronisch geworden ist. In einem solchen Fall scheint es ohnehin an der Zeit, dass Sie vor Beginn des Schmerzprogramms aktiv werden. Denn: Kein Schmerzprogramm der Welt und schon gar nicht das „Mittel Meditation” hat die Kraft, gegen Schmerzkatalysatoren wie diese anzutreten. Setzen Sie deshalb vor dem Programmbeginn unbedingt Prioritäten. Stellen Sie sicher, dass Sie mindestens für dreißig Tage im Mittelpunkt Ihrer Aufmerksamkeit stehen.

Erste Bilanz

Fassen Sie nun zusammen, wie weit Sie gekommen sind: Als Erstes setzen Sie den großen Rahmen für das Absolvieren des Programms und klopfen ab, ob es Ihnen möglich ist, mindestens einen Monat lang vorrangig für sich selbst da zu sein. Wenn Sie das bejahen, legen Sie fest, ob Sie Ihr Schmerzprogramm in Ihrer gewohnten Umgebung oder an einem anderen Ort absolvieren möchten. Hier wäre auch eine Kombination aus beidem möglich, indem Sie das Schmerzprogramm anderswo beginnen, um sich in die Abläufe einzuschleichen, den verbleibenden Teil aber zu Hause beenden. Ich bin mir sicher, dass Sie bereits beim Lesen bemerkt haben, zu welcher Variante Sie sich hingezogen fühlen.

Das richtige Timing

Leicht ist richtig

Sobald Sie die Rahmenbedingungen für das Programm geklärt haben, schließen Sie die konkrete Zeitplanung an. Werfen Sie zunächst einen Blick in Ihren Kalender. Vielleicht ergibt sich beim bloßen Hinsehen bereits das günstigste Zeitfenster. Das kann eine Phase sein, in der Sie nur wenige verbindliche Termine notiert haben oder Ihnen aufgrund bestimmter beruflicher Planungen eine lockere Zeiteinteilung gelingt. Spüren Sie Zeiträume auf, in denen Sie keine größeren Ereignisse, Verpflichtungen oder fordernde Events vorgesehen haben. Sehen Sie hier, was es alles zu bedenken geben kann.

Berufliches: Vergewissern Sie sich, dass Sie keine beruflichen Spitzenprojekte vor sich haben, bei denen Sie uneingeschränkt funktionieren müssen, weil extreme geistige oder körperliche Herausforderungen oder besondere energetische Strapazen auf Sie zukommen. Wenn Sie auf Dienstreisen sind, womöglich Langstreckenflüge zu bewältigen haben und von sich wissen, dass Ihnen der Jetlag jedes Mal zu schaffen macht, wäre diese Zeitspanne ebenso mit einem Fragezeichen zu versehen.

Stressiges: Wenn Sie wissen, dass Ihre „Rechte Hand“ im Büro im Urlaub ist und Sie erfahrungsgemäß mehr Arbeit übernehmen müssen, sodass Überstunden selbstverständlich sind, wäre das ebenfalls ein fragwürdiger Moment für einen Start. Wenn Sie vor einer wichtigen Prüfung stehen, eine Magisterarbeit oder Dissertation vorbereiten, auf extreme mentale Aufgaben zusteuern oder in einem eng getakteten Projekt stecken, für das es eine druckerzeugende „Deadline“ gibt, lassen Sie diese Herausforderungen erst einmal vorübergehen und steigen Sie danach ein.

Medizinisches: Wenn Sie bereits eine Reihe ärztlicher oder therapeutischer Termine im Kalender notiert haben, die Sie einhalten wollen und müssen, könnte sich auch das ungünstig, weil ablenkend auf den Verlauf auswirken. Ein eng gestrickter Physiotherapie- oder Massageplan beispielsweise verträgt sich nicht ganz mit der Strategie des Schmerzprogramms. Die Reaktionen auf die Impulse vermischten sich und wären weder für Sie noch für Ihren behandelnden Therapeuten nachvollziehbar. Klopfen Sie das Vorgehen auf Einheitlichkeit ab.

Familiäres: Wenn Sie wissen, dass Sie zu bestimmten Zeiten mehr Aufmerksamkeit für familiäre Verpflichtungen aufbringen werden und sich diesen weder entziehen möchten noch können, dann ist das sicherlich nicht die günstigste Zeit für eine Wende Ihrer neuronalen Gewohnheiten. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn Sie Gäste haben, den hundertsten Geburtstag Ihrer Großmutter oder die Hochzeit Ihrer Tochter organisieren, das Kind Ihrer Schwester regelmäßig am Abend babysitten oder beim Hausbau Ihres Bruders helfen. Prüfen Sie außerdem, ob hier eine Hinwendung zu sich selbst realistisch ist.

Aktuelles: Es macht ebenso wenig Sinn, das Programm in Zeiten zu legen, wenn Sie von vornherein wissen, dass dann zu viel anliegen wird. Beispielsweise wusste einer meiner Münchener Klienten ganz genau, dass es keine gute Idee wäre, den Körper während des Oktoberfestes mit neuen neuronalen Impulsen bekannt zu machen. Christine war klar, dass sie ab Mitte Dezember Weihnachtsfeiern, ausgiebigen Einkaufsbummeln und Fahrten zu Weihnachtsmärkten den Vorrang geben würde, ganz zu schweigen von den Feiertagen. Ulrich wusste, dass die Winterzeit, wenn er an jedem Wochenende auf die Skipiste fuhr, der ungünstigste Zeitpunkt für außerordentliche Veränderungen wäre.

Schauen Sie also mit diesen Anregungen und Ihren Gewohnheiten im Hinterkopf in Ihren Kalender und filtern Sie die günstigste Zeit heraus. Gestalten Sie den Beginn leicht!

Unvorbereitetes

Ein Blick vorweg: Falls ein ungeplanter Zwischenfall eintreten sollte, nachdem Sie das Programm begonnen haben, gibt es natürlich verschiedene Alternativen: Wenn Sie in der ersten Hälfte des Programms unerwartet stark beansprucht sind und plötzlich nur wenig Raum für Ihre Experimente bleibt, können Sie es natürlich abbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt neu beginnen. Fällt ein solches unvorhergesehenes Ereignis in die zweite Hälfte, sind Sie möglicherweise schon ganz gut im Geschehen drin. Dann ziehen Sie Bilanz, pausieren Sie und steigen Sie später mit den Aufgaben der bereits begonnenen Woche wieder ein. Eine solche zeitweilige Unterbrechung sollte allerdings sieben Tage nicht überschreiten. Tut sie es doch, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Ihnen der Zusammenhang verloren geht und der unmittelbare Effekt erlischt.

Es bedeutet nicht das Ende der Welt, wenn Sie mit dem Programm temporär pausieren. Nur weiß ich aus Erfahrung eines sehr genau: Je mehr Sie hin und her lavieren, je mehr Sie sich das Aufschieben oder „Verhandeln“ als Option offenhalten, desto mehr verwässern Sie Ihr inneres Engagement. Sie berauben sich Ihrer eigenen Kräfte, die in das Programm fließen, und ziehen den „Saft“ aus der Übungspraxis heraus.

Wesentlich einfacher ist das Gegenteil: Wenn Sie das Programm starten, sich Schritt für Schritt immer tiefer einlassen und es zügig über die Bühne bringen, ist das der idealste Verlauf. Sie bewegen sich wie auf einer Welle sitzend durch das Programm, was das praktische Vorgehen aufgrund seiner Eigendynamik leicht und natürlich macht.

Den Rücken frei haben

Nachdem Sie den richtigen Zeitpunkt für den Programmstart herausgearbeitet haben, bereiten Sie sich nun darauf vor, während dieser vier Wochen höchstwahrscheinlich etwas andere Prioritäten zu setzen als gewohnt. Stimmen Sie die Menschen in Ihrer näheren Umgebung darauf ein, dass Sie deren Erwartungen möglicherweise nicht entsprechen. Kommunizieren Sie auch, dass Sie weder verplant noch zusätzlich beansprucht werden möchten. Behalten Sie die Kontrolle über Ihr Zeitbudget unbedingt in Ihrer Hand!

Halten Sie sich während der dreißig Tage außerdem bewusst von Menschen fern, die zur Vereinnahmung neigen, als Energieräuber bekannt sind oder Ihrer Schmerzkur nicht positiv gegenüberstehen. Meiden Sie die notorischen „Ja, aber …“-Sager, die Miesepeter, Nörgler, Berufskritiker, Dauerdiskutierer, Zaunsitzer, Veränderungsmuffel und Küchentischphilosophen. Das gilt auch für Freunde, Kollegen oder Bekannte, die den Kopf über Ihr Vorhaben schütteln, weil sie von Meditation nichts halten oder den Weg der konventionellen Schmerzintervention als den einzig richtigen ansehen.

Stattdessen mag es Ihnen besser bekommen, wenn Sie die Nähe von Menschen suchen, die Ihnen generell guttun und von denen Sie wissen, dass Sie ein Interesse am Gelingen Ihrer Kur haben. Das können Menschen sein, die auch meditieren, sich beispielsweise in Meditationszentren zusammenfinden, Yoga praktizieren oder generell eine ermutigende Lebenshaltung einnehmen. Erzählen Sie ihnen von Ihrer Vision, dass Sie Ihre Schmerzintervention von einer „inneren Perspektive aus” einleiten möchten, und erklären Sie, warum Sie das tun. Sie werden sehen, wie positiv sich das auf Ihr Selbstbild auswirkt, wie Sie sich dabei aufrichten und wie es Ihre Übungspraxis beflügelt.

Am stimulierendsten mag es sein, wenn Sie das Programm zeitgleich mit einem anderen von Schmerz Betroffenen durchführen, sodass Sie sich austauschen oder sich sogar zu bestimmten Übungssequenzen treffen können. Selbst eine Kleingruppe ist denkbar, die sich beispielsweise aus dem Freundes- oder Kollegenkreis, einer Meditations-, Yoga- oder Selbsthilfegruppe heraus rekrutieren kann. Das wäre sicher wunderbar! Doch klären Sie von vornherein, dass Sie trotz Gruppenkontext Ihre Freiheit beibehalten und auf individuelle Entwicklungen reagieren können.

Wie auch immer Sie vorgehen, Ihre Grundprämisse muss heißen: Alle „Erfolgsbooster“ sind willkommen. Alles, was Ihre Energie in Schwung bringt, was Ihnen Rückenwind gibt und Sie bestärkt, arbeitet in Ihrem Sinn. Jeder Mensch, der Ihr Programm unterstützt, ist für Sie gut.

Tägliche Routine

Wie bereits erwähnt, benötigen Sie täglich zwei halbe Stunden Extrazeit für das Programm, von denen die zweite halbe Stunde, wie Sie bereits wissen, am Abend liegen soll. Sie könnten auch eine volle Stunde für sich am Abend einplanen, aber das probieren Sie am besten aus, wenn es aktuell wird. Ich empfehle Ihnen, diese Zeiteinheit(en) möglichst zu derselben Tageszeit und an demselben Ort zu planen. Blocken Sie in Ihrem Terminkalender zwei halbe „Stunden X“, ob getrennt oder hintereinander, und kalkulieren Sie auch die räumliche Logistik ein. Insbesondere bei Familien kann dieser Punkt eine wahre Herausforderung sein.

Besetzen Sie zu Ihrer gewählten Zeit einen bestimmten Raum, in dem Sie sich wohlfühlen, und vergewissern Sie sich im Voraus, dass Sie beim Üben ungestört sind. Es wäre schade, wenn jemand unvorhergesehen zur Tür hereinplatzen würde.

In diesem Zusammenhang fällt mir Werner ein, der das Gefühl hatte, dass ihn seine Familie ausgerechnet in den Momenten dringend für etwas brauchte, in denen er sich zur Meditation zurückzog. Nachdem er viele Male darum gebeten hatte, ungestört zu sein, jedoch sein Sohn oder seine Frau immer wieder beteuerten, ihn nicht absichtlich zu unterbrechen, fiel ihm etwas ein. Er drapierte eine Lichterkette um seinen Türrahmen, die er sonst nur um die Weihnachtszeit herausholte. Sobald er sich zurückzog, schloss er sie an. Während sie rot und grün aufblinkte, machte er es seiner Familie unmöglich, die Türschwelle versehentlich zu passieren.

Wohlfühlklima

Außerdem möchte ich, dass Sie während des Programms das Wort „wohlfühlen“ zum Leben erwecken: Wenn Sie Ihren Übungsplatz wählen, verbannen Sie sich keinesfalls in die letzte Ecke des Kinderzimmers, weder in den Hobbyraum im Keller noch zwischen die mannshohen Bücherregale in Ihrem Büro. Sie werden Ihre Übungen definitiv als positiver erleben, wenn Sie Platz und Licht haben, in einem Wintergarten, einem Raum mit freundlichem Ambiente oder einem offenen Blick ins Freie üben. Eine helle und bejahende Atmosphäre entspricht dem Grundcharakter des Programms.

Kündigen Sie außerdem an, dass Sie das Telefon blockieren werden, wenn dieses in der Nähe Ihres „Retreatplatzes“ liegt. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie alle digitalen Geräte, über die Sie mit „Piep“, „Ding“, „Dong“, „Swish“, „Swoosh“ und „Gong“ erreichbar sind, zur Zeit der Übungspraxis und idealerweise auch danach ausgeschaltet lassen.

Das Danach

Außerdem ist es gut, wenn Sie nach dem Absolvieren Ihrer Tagesaufgabe von physisch herausfordernden, extremen oder seelisch beanspruchenden Aktivitäten Abstand nehmen und sich vollkommen Ihrem aktuellen Befinden hingeben können. Diesen Punkt halte ich aus der Erfahrung heraus für besonders wichtig! Stellen Sie sich einmal vor, dass Sie gerade eine sehr wertvolle Erfahrung mit sich gemacht haben, jedoch Ihre geplante halbe Stunde vorüber ist und Sie augenblicklich auf Ihren normalen Funktionsmodus umschalten müssen. Ich glaube, Sie sehen selbst, wie schade das wäre. Nicht selten habe ich das in der Praxis erlebt.

Schmerzlösung live

Wolfgang

hat sich in diesem Kontext besonders in meine Erinnerung eingeprägt. Seine Herausforderung bestand darin, vor seiner Frau dafür geradezustehen, dass er überhaupt Extrazeit für sich in Anspruch nahm, in die sie nicht involviert war. Nachdem er sich seine Übungszeiten regelrecht „erkämpft“ hatte, fühlte er sich schon einmal überhaupt nicht gut. Doch noch mehr quälte ihn seine „Selbstsucht“, wie er es nannte, wenn er über seine Übungszeit hinaus lieber in sich gekehrt blieb und weniger auf äußere Aktionen ausgerichtet war.

Als er sich wieder einmal selbst überging, machte er eine wertvolle Erfahrung: Wider Willen sah er sich gemeinsam mit seiner Frau direkt nach seiner abendlichen Meditationsübung einen Thriller an. Während in den ersten zehn Minuten drei brutale Morde über den Bildschirm liefen, wäre Wolfgang am liebsten geflüchtet. Er spürte in „Slow motion“, wie sein Körper gefror und der unmittelbare Effekt der Meditation verblasste. Doch das war noch nicht alles. Wolfgang hatte in der nachfolgenden Nacht Albträume und wachte am Morgen schweißgebadet, zermartert und uneins mit sich auf. Er fühlte sich, wie er sagte, als sei er „frisch verprügelt“ worden, und sein Nacken kündigte eine größere Revolte an. In diesem Moment wurde ihm klar, dass seine Regenerationsphasen einen anderen Rahmen brauchten. Er hatte für seine Bedürfnisse einzustehen, damit eine Abnahme seiner Nackenbeschwerden realistisch wurde.

Esther

berichtete von einigen Tagen, an denen sie nach der Meditationspraxis gern allein gewesen wäre und am liebsten „nur so herumgetrödelt“ hätte, was jedoch aufgrund der Kinderbetreuung undenkbar war. Die Kinder forderten das Gute-Nacht-Ritual ein, und während sie es erfüllte, war sie dem Weinen nahe. Sie spürte, wie sie sich gegen ihren Körper stellte, der gerade weder Gute-Nacht-Lieder singen noch die Puppen tanzen lassen wollte. Sie sah regelrecht, wie sie gegen sich vorging und ihre taufrische Erfahrung mit jeder Minute vertrieb.

Weil sie das kein zweites Mal so habe wollte, verlegte sie ihre Praxisaufgaben auf den Morgen, wenn die Kinder noch schliefen. Auch wenn sie nun früher aufstehen musste, gab ihr dies genug Spielraum, um danach „einfach so“ für sich allein zu sein.

Wie Sie sehen, gibt es während des Schmerzprogramms einiges zu bedenken. Besonders im familiären Rahmen tun sich hier oftmals wahre Herausforderungen auf. Fakt ist, dass Sie neue Erfahrungen mit sich machen werden und Sie sich deshalb für deren innere Verarbeitung genügend Spielraum geben sollten.

Der Starttag: Das richtige Timing

Bleiben Sie noch bei der Zeitplanung und setzen Sie jetzt den richtigen Termin für den Start: Für viele Menschen ist ein Wochenende ein guter Ausgangspunkt, um in eine neue Routine zu starten, andere nutzen lieber den Wochenbeginn. Manche Klienten bevorzugen den Beginn einer Urlaubswoche oder wählen den ersten Frühlingstag, ihren Geburtstag oder den ersten Tag im neuen Jahr.

Und jetzt bringe ich einen anderen Aspekt in Ihre Planung ein: Aus neurophysiologischer Sicht wäre der ideale Beginn ein Zeitpunkt, zu dem Sie am stressfreisten, schmerzärmsten und stimmungsvollsten sind. Vielleicht staunen Sie jetzt. Es ist eine Tatsache, dass Ihr Gehirn die größte Empfänglichkeit für neue Impulse zeigt, wenn Sie „gut drauf“ sind, sich in Ihrer „Hochform“ oder Ihrer besten Verfassung befinden. Das mag der menschlichen Logik widersprechen, weil der Antrieb zu Veränderung dann am massivsten ist, wenn Dinge schwierig sind und die Nachfrage nach Lösungen am meisten drängt. Doch dann, und das mag Ihnen einleuchten, ist das Gehirn am wenigsten dazu bereit, seine Strategien der Informationsverarbeitung zu revidieren. Während es Probleme lösen muss, verlässt es sich lieber auf die eingespielten Mechanismen und ist weniger bereit, neue und deshalb unsichere Impulse entgegenzunehmen.

Ein Beispiel: Erfahrungsgemäß klagen viele von Rückenschmerz betroffene Klienten über zunehmende Beschwerden im Herbst und Winter. Das ist nachvollziehbar, weil die Muskeln in dieser Zeit der Kälte wegen angespannter und deshalb bei eh schon angespannten Menschen noch weniger funktionstüchtig sind. Vielen vom „November-Blues“ betroffenen Menschen ist das bekannt. Hinzu kommt, dass der Vorweihnachtsstress der Anspannung noch eins draufsetzen kann und die Kürze der Tage mit wenig Licht nicht unbedingt für Stimmungshochs sorgt. Ich kenne eine Reihe von Klienten, die dieser Zeit jährlich mit Grauen entgegensehen, weil sie sich nicht nur psychisch herausgefordert fühlen, sondern weil sich ihr Schmerz dann am unkooperativsten verhält. Logischerweise würden sie die Schmerzkur bewusst in diese Zeit legen, weil sie sich davon die größte Hilfe beim Durchleben der dunklen Wochen erhoffen. Das können sie natürlich versuchen. Doch intelligenter wäre es, wenn sie das Schmerzprogramm bewusst so einfügen, dass es kurz vor den „grauen“ Tagen liegt.

Vielleicht mag es Ihnen absurd erscheinen, zu einer Zeit mit dem Programm zu beginnen, in der Sie es gar nicht dringend finden. Doch es ist zu kurzsichtig gedacht, genau dann Veränderung einzuleiten, wenn das physische Desaster in vollem Gange ist. Versuchen Sie sich einmal in die Lage Ihres Gehirns zu versetzen, was ich Ihnen ohnehin während des Schmerzprogramms des Öfteren ans Herz legen möchte: Wie soll es gewohnte Prozesse umorganisieren, wenn es herausgefordert, beansprucht oder gestresst ist und physisch in der Klemme steckt?

Ein treffendes Beispiel sind die Raucher: Wenn sich jemand das Rauchen abgewöhnen möchte, empfiehlt man ihm auf keinen Fall, dies in einer stressigen oder besonders beanspruchten Zeit zu tun. Hier ist leicht nachzuvollziehen, dass der Entzug am besten in einer „ruhigeren Zeit“ gelingt. Und so ist es auch in der Schmerzintervention: Schauen Sie einmal, ob Sie das Programm so einfügen können, dass Sie es nicht inmitten einer physischen Krisenzeit, eines Schmerzschubs oder in der größten Aufgewühltheit beginnen. Ein massiver Teil der Impulse würde zunächst in die ersten „Rettungsmaßnahmen“ fließen müssen, ohne dass die eigentliche Schmerzintervention zum Tragen käme.

Deshalb: Wählen Sie einen Termin, an dem Ihnen ein guter und ermunternder Auftakt am besten gelingt. Viele gesundheitliche Schäden, chronische Erkrankungen und insbesondere langwierige Schmerzen könnten kürzere und weniger dramatische Verläufe nehmen, wenn neuronale Veränderungen in einer günstigen und vergleichsweise „besseren“ Zeit eingeschleußt würden.

Begleitende Therapie

Nachdem Sie den Zeitraum für das Schmerzprogramm nun schon eingekreist haben, werfen Sie einen Blick auf etwaige Termine bei Therapeuten, Masseuren, Heilern, Heilpraktikern oder bei Ihrem behandelnden Arzt. Stellen Sie sicher, dass Sie während der Zeit des Schmerzprogramms keine neuen Behandlungsformen einleiten oder Anwendungen mit extremen Impulsen planen, die den Schmerz provozieren könnten.

Vergewissern Sie sich außerdem, dass Spitzenbelastungen, grenzwertige Bewegungen, das betonte Stretchen der Muskeln sowie jegliche Anwendungen oder Manipulationen im Schmerzgebiet unterlassen werden. Neue, und vor allem gegensätzliche Impulse können Ihr Gehirn verwirren und Ihnen einen klaren Effekt verbauen. Auf den Punkt gebracht: Verzichten Sie während des Programms auf therapeutische Experimente und jede Art von physischen Extremen.

Bekannte und gewohnte Therapien können Sie währenddessen weiterführen. Da Sie mit deren Effekten vertraut sind, sind Sie in der Lage, zu unterscheiden, welche Reaktionen Sie welcher Anwendung zuordnen können. Ideal wäre es, wenn Ihr Behandler ein offenes Ohr für Ihre „private Schmerzkur“ hat oder idealerweise sogar selbst meditiert. Falls Sie Schmerzmedikamente einnehmen, wäre es generell das Beste, wenn Sie Ihren Arzt ins Boot holen. Dazu erfahren Sie im zweiten Kapitel mehr.

Ermutigung

Falls es für Sie komplett abwegig ist und Sie von therapeutischer Seite aus eher Steine in den Weg gelegt bekommen und eher ent- als ermutigt werden, empfehle ich Ihnen, absolut unumgehbare Termine nicht unbedingt in die ersten zwei Wochen des Programms zu legen. In dieser Phase ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass Ihre Explorationen noch neu und uneinschätzbar für Sie sind. Mitunter kann eine einzige unachtsame Bemerkung von außen den Schwung aus Ihrem Vorgehen ziehen. Besonders wenn Veränderungen noch leise sind, haben unsachgemäße Kommentare allemal die Kraft, Ihre Erfahrung mit einem Mal verpuffen zu lassen, vor allem, wenn sie von medizinischen Fachkräften stammen. Nicht alle Menschen aus dem therapeutisch-medizinischen Bereich stehen der Meditation positiv gegenüber. Ich kenne einige Klienten, bei denen wir uns sehr lange um solche ins Denken „eingebrannten“ Sätze kümmern mussten, die ihnen bezüglich der Meditation gesagt wurden.

Schmerzlösung live

Mareike

solle doch bitteschön solchen Blödsinn (das Meditieren) unterlassen und sich in professionelle Hände begeben.

Hildegard

wurde gesagt, dass sie zu alt für jegliche Intervention sei und dass sie sich nicht in solchen „Eso-Quatsch“ verrennen solle. Es sei ja schon gut, dass sie ihre „degenerativen“ (also altersbedingten) Schmerzen erst mit Mitte fünfzig bekommen habe. Andere Menschen seien da schon viel früher fällig.

Michaela

gab man keinen Folgetermin mehr, weil bei ihr „sowieso nichts mehr zu machen“ sei. Sie solle sich endlich damit abfinden, dass ihre Nackenwirbel verschlissen seien und sie die einer Sechzehnjährigen sowieso niemals wiederbekomme. Den ganzen Aufwand (das Anwenden von Körperbewusstheit) könne sie sich sparen. Wenn es wirklich helfen würde, hätte man schon mehr davon gehört.

Zurück zur Programmplanung: Vermeiden Sie mindestens in den ersten zwei Wochen Besuche bei Ärzten oder Fachkräften, von denen Sie sich solche oder ähnlich gelagerte Sätze einfangen könnten. Diese werden sehr schnell zu inneren Barrieren, die Sie, wenn auch subtil, immer irgendwie zweifeln lassen: „Vielleicht hatte diese Person ja doch recht …“, „Vielleicht muss ich mich tatsächlich mit meiner Situation abfinden …“, „Vielleicht ist wirklich alles schon zu spät …“

Wenn sich solche Befürchtungen einmal im Kopf eingenistet haben, sind sie allemal kräftig genug, das Schmerzprogramm zu sabotieren. Nein, ich übertreibe nicht! Ich habe es einige Male „live“ miterlebt. Und vielleicht wissen Sie ja bereits aus eigener Erfahrung, wie machtvoll destruktive und verunsichernde Bewertungen sein können, die einmal damit begonnen haben, dauerhaft in Ihren Gedanken zu kreisen.

Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass Sie mit dem Absolvieren des bewusstheitsorientierten 30-Tage-Programms zu den Wegbereitern in Sachen Schmerzintervention zählen und Sie deshalb besonders stark auf Ihren Eigeninstinkt angewiesen sind. Wachen Sie genaustens darüber, wie Sie Ihre Erfahrungen hüten und Ihre positive Grundstimmung pflegen.

Behandlungen

Welche Methoden denn mit der Schmerzkur am besten harmonieren, werde ich nicht selten gefragt. Das ist eine berechtigte Frage, die aber auch nicht ganz leicht zu beantworten ist. Denn es kommt weniger auf die Methode als solche an, sondern darauf, WIE sie appliziert wird.

Eine begleitende Massage beispielsweise kann etwas sehr Schönes und Unterstützendes sein, wenn sie sich weich und mit einer angemessenen Griffstärke an die Konstitution Ihres Körpers anpasst. Doch Massageformen gibt es viele, von denen wiederum nicht alle angenehm, gehirnaffin und nett zu Ihrem Körper sind. Genauso kann sich eine begleitende Osteopathiebehandlung mit dem Programm wunderbar vertragen. Doch wenn der Osteopath auch ein Chiropraktiker ist, der renkt, stretcht und manipuliert, kann die Behandlung den Erfolg Ihrer Übungspraxis durchaus unterminieren.

Sagen wir es einmal andersherum: Richtig liegen Sie grundsätzlich dann, wenn Sie sich an Methoden der somatischen Integration orientieren. Zu diesen gehören beispielsweise die Feldenkraismethode, die Alexander-Technik, das System von „Sensory Awareness“, Hanna Somatics, die Bowen- oder die Tragermethodik, um nur einige zu nennen.

Somatische Integration

Das Wort »somatisch« mag grundsätzlich fehlleiten. Im Kontext der »Somatics« heißt es nämlich „nicht rein körperlich oder auf die Materie Körper bezogen.” Wenn das so wäre, würde man derselben schmalspurigen Idee folgen, dass Schmerz und Spannung rein körperliche Parameter sind, deren Verbesserung allein auf struktureller Ebene zu implementieren sei. Somatiker fassen den Begriff wesentlich weiter. Das sogenannte „Soma“ bezieht sich auf das Erleben des Körpers von innen heraus. Im Englischen beschreibt man es mit sehr einfachen Worten als „the body experienced from within”.

Folglich beziehen sich somatische Anwendungen auf das interne Wahrnehmen der im „Organismus Mensch“ ablaufenden Vorgänge und, was am allerwichtigsten ist, auf Differenzierung und intern gefühlte Veränderungen. Weil die Entwicklung und das Ausnutzen von Bewusstheit bereits zum Grundsatz des Vorgehens gehören, sind die Effekte der Anwendungen gehirnfreundlich und achtsamkeitszentriert.

Darüber hinaus gehen Somatiker grundsätzlich davon aus, dass eingebüßte Körperfunktionen dank unseres adaptionswilligen Gehirns selbst nach jahrelangen Defiziten wieder herstellbar sind und ins große System Mensch „re-integriert“ werden können. Weil das in dieselbe Kerbe wie das Vorgehen in der bewusstheitsorientierten Schmerzintervention schlägt, sind somatische Methoden nicht nur für Schmerzbetroffene, sondern besonders für Meditierende erste Wahl.

Fitness und Muskeltraining

Ein weiterer Knackpunkt, den Sie bei der Planung des Schmerzprogramms bedenken sollten, betrifft den Fitnessbereich. Ich weiß von einigen Schmerzerfahrenen, dass sie regelmäßig zum Kieser- oder Fitnesstraining, zum Hot- oder Poweryoga oder zu intensiven Work-out-Sessions gehen. Wichtig ist ihnen, die Muskeln zu stärken, das Herz-Kreislauf-System zu trainieren oder Stress abzubauen. Während ich diese Intentionen durchaus nachvollziehen kann, rate ich Ihnen hier im Zuge des Schmerzprogramms zu Sensibilität. Extreme oder repetitive Beanspruchungen mit Maximalkrafteinsatz fordern Ihr Gehirn im Sinne von „Schmalspurreaktionen“ heraus und bewegen es keinesfalls dazu, dass es sich sensomotorischen Feinheiten im Zuge des Bewusstwerdens widmet. Wenn es Grenzbelastungen neuromuskulär organisieren muss, wird es sich garantiert nicht zu differenzierten Aktionen wie zu einer neuronalen Umgestaltung einladen lassen.

Falls Ihnen Ihre Krafttrainings- und Fitnessroutine so sehr am Herzen liegt, dass Sie diese kaum lockern möchten, planen Sie so, dass die Beanspruchung vor und auf keinen Fall nach Ihrer Tagesaufgabe liegt. Fahren Sie deren Intensität auf das sanfteste oder moderateste Level herunter! Absolvieren Sie Ihre Sequenzen so bewusst wie möglich und nutzen Sie diese Gelegenheit außerdem zum Reflektieren darüber, warum Ihnen Grenzerfahrungen vor dem Hintergrund von Schmerz so wichtig sind.

Auf den Punkt gebracht

Nachdem feststeht, wie Sie Ihr Programm örtlich und zeitlich organisieren und Sie etwaige Störfaktoren herausgefiltert haben, ist der große Rahmen für Ihr Selbsthilfeprogramm abgesteckt. Wunderbar!

Falls Sie das Gefühl haben sollten, dass noch ein weiter Weg vor Ihnen liegt, bis die Praxis greifen wird, möchte ich Ihnen hier Mut zusprechen, weil ein Riesenschritt bereits hinter Ihnen liegt. Tatsache! Genau in diesem Moment haben Sie mit der Absolvierung des Programms bereits begonnen. Gewissermaßen stecken Sie sogar schon mittendrin.

Das hat nichts mit Effekthascherei zu tun, sondern hängt damit zusammen, dass Sie sich gedanklich bereits ins Geschehen hineinbegeben und herausgearbeitet haben, wie Sie die Tage organisieren und wie das konkrete Tun für Sie am flüssigsten geschehen kann. Selbst wenn Sie mit meinen Einführungen nicht ganz konform gehen sollten, diese zum Teil sogar anzweifeln, trifft das ebenso auf Sie zu. Gerade im Widerstand setzen Sie sich mit den Themen sehr detailliert auseinander. Sie „reiben“ sich an ihnen, sodass Vorwärtsbewegung und Lösungsspielraum entstehen.

Ihre To-do-Liste

Meditativer Komfort

Je näher Sie dem Programm kommen, desto wichtiger wird das praktische Vorgehen im Detail. Die folgende To-do-Liste entspricht dem „Mitzubringen-Blatt“, das Sie vor einem Retreat, einer Kur oder Wellnessreise zugesandt bekommen.

Sie benötigen:

• eine bequeme Sitzgelegenheit (Sessel, Stuhl, Hocker)

• eine Matte (Yoga-, Iso- oder Gymnastikmatte) oder eine feste Decke

• ein Meditationskissen oder Meditationssitz mit oder ohne Lehne, je nachdem, wie Sie am liebsten sitzen mögen. Wenn Sie auf dem Boden ohnehin nicht sitzen können, erübrigt sich das. Dann erfüllt ein Sessel, Hocker oder Stuhl mit einer festen Sitzfläche den Zweck.

• ein Kissen (einsetzbar als Unterlagerung oder Abpolsterung des Nackens oder des unteren Rückens)

• eine Knierolle, falls Sie nicht flach auf dem Rücken liegen können

• eine leichte Decke oder ein Laken zum Zudecken

• eine Augenbinde oder Schlafmaske

• eine Stola, ein Tuch oder einen Schal zum Umlegen

• ein Musikabspielgerät mit Lautsprechern (wichtig: Ohrstöpsel passen bei manchen Übungen, reichen aber nicht immer aus!)

• Musikstücke, die Sie mögen: Stellen Sie sich, unabhängig von Ihrem Musikgeschmack, eine Liste mit Ihren Lieblingssongs zusammen. Auf diese werden wir im dritten Kapitel zurückkommen.

• ein Tagebuch (das bereden wir später) und einen Stift; alternativ Ihren Laptop oder Ihr Tablet

• zwei Marker zum Highlighten in unterschiedlichen (Neon-) Farben

• einen Timer oder Küchenwecker (wichtig: Bitte nicht den im Handy, weil es ablenken kann!)

• Taschentücher (besonders für die Atemübungen)

• eine Flasche Wasser (die Sie dann je nach Bedarf immer wieder auffüllen oder erneuern, weil Ihr Gehirn viel Flüssigkeit braucht)

• Wohlfühlkleidung zum Praktizieren

Übungsbekleidung

Der letzte Punkt auf der To-do-Liste, die Wohlfühlkleidung nämlich, ist sehr wichtig! Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie während des Übens leichte und komfortable Kleidung tragen. Beengende Hosen, unelastische Jeans, schmale Röcke, einschnürende Gürtel, enge Hemden, Blusen, Mieder und BHs und alles, was Ihre Atembewegung und ein freies Bewegen behindert, sollten Sie ablegen. Je leichter und unbelasteter Sie sich fühlen, desto besser können Sie Ihren Körper wahrnehmen und desto größer ist Ihre Aussicht auf das Erfassen empfindungsbezogener Details. Und so ist es auch andersherum: Falls Sie in enger Bekleidung stecken, gelangen sensomotorische Impulse gar nicht oder nur vermindert in den Kegel Ihrer Aufmerksamkeit. Beispielsweise entgeht Ihnen, wie Sie atmen, wie Sie Ihr Becken oder Ihr Brustbein einsetzen, Ihre Herzgegend öffnen, Energie an Ihrer Wirbelsäule entlangrieselt oder eine andere „Sensation“ sogar bis zu Ihren Zehen hinunterfließt.

Im Englischen steht das Wort „Sensation“ nicht nur für eine besonders herausragende Sache oder Neuigkeit, sondern es ist auch dasselbe, welches man für eine sensorische Empfindung benutzt. Ja, genau, um diese vielen kleinen, aber flüchtigen „Sensations“, um die feinen Rückmeldungen Ihres Nervensystems, geht es mir und diese verpassen Sie, wenn Sie sich in enge Kleidung zwängen.

Da Sie während des Programms auch Beobachtungsaufgaben erhalten, die Sie inmitten Ihres Alltags vornehmen, lege ich Ihnen diese während der Programmtage auch tagsüber ans Herz. Dabei kommt noch ein weiterer Faktor ins Spiel: Je enger Ihre Kleidung ist und je mehr Ihr Körper durch diese eingepfercht ist, desto weniger verspüren Sie Lust, sich auch während Ihrer täglichen Aktivitäten differenziert zu bewegen. Sie tendieren mehr zu „En-Bloc-Bewegungen“ oder genauer gesagt zu „En-bloc-Starre“. Und damit verschenken Sie unzählige Möglichkeiten, Ihr Gehirn sensomotorisch zu stimulieren. Stattdessen bekommt es genauso sture Informationen zugespielt und Einheitskost serviert. Statt sich zu mausern, wird es lethargisch. Statt seine „sensorischen“ Antennen auszufahren, pennt es ein. Tragen Sie deshalb sowohl für die Übungsphasen als auch im Alltag des Programms leichte, gewichtslose Kleidung, die Ihren Körper locker umspielt.

Zudem sollten Sie beachten, dass es Ihnen bei einigen Übungen durchaus warm und hitzig, aber auch kühl und fröstelig werden kann. Ich empfehle Ihnen, dem Zwiebelschalenprinzip zu folgen. Beispielsweise könnten Sie ein leichtes Baumwoll-T-Shirt und eine leichte Hose als Basiskleidung wählen, während Sie aufkommende Temperaturunterschiede mit einer Stola ausgleichen können. Diese können Sie am besten direkt neben den Übungsplatz deponieren. Dann haben Sie diese griffbereit und müssen während der Praxis nicht die Augen öffnen, um sie zu finden.

Halten Sie außerdem ein Paar wärmende Socken bereit. Vielen Meditierenden ist es sehr angenehm, barfuß zu meditieren. Auch ich bevorzuge das. Aber eine Stillephase kann absolut danebengehen, wenn Sie kalte Füße haben.

Legen Sie während des Übens außerdem Ihren Schmuck und Ihre Uhr beiseite, nehmen Sie die Brille ab und die Kontaktlinsen heraus. Machen Sie sich so frei wie möglich von jeglichem Ballast.

Zwei „Gelenktage“

Nachdem ich die wichtigsten Eckpunkte des Programms umrissen habe, möchte ich Ihnen erklären, warum ich zwei sogenannte „Gelenktage“ eingebaut habe und wie diese funktionieren. Vielleicht ist Ihnen beim Blick in den Kalender schon aufgefallen, dass das 30-Tage-Programm insgesamt vier Wochen plus zwei Tage umfasst. Tatsächlich bleiben zwei Tage übrig, die ich als „Gelenktage“ bezeichne. Ich habe diese beiden Tage eingebaut, um Ihnen die Einstimmung auf die Kur und ebenso deren Nachbereitung zu vertiefen.

Der erste „Gelenktag”:

Das ist der Tag vor dem Startschuss. Hier treffen Sie Ihre Vorbereitungen und nehmen letzte Besorgungen vor. Sie richten Ihr Meditations-Home-Spa ein, das ein Zimmer, ein Übungsplatz oder ein separater Rückzugsort sein kann. Jedenfalls ist es derjenige Ort, an dem Sie täglich Ihre Übungen praktizieren. Checken Sie anhand Ihrer To-do-Liste, ob Sie auch wirklich alle Hilfsmittel bereitgelegt haben.

Falls Sie eigens für das Absolvieren des Programms verreisen, ist der „Gelenktag” derjenige, an dem Sie am Zielort Ihre Koffer ausgepackt und letzte Vorbereitungen getroffen haben. Idealerweise lassen Sie sich etwas mehr Zeit, um den Klima- und Ortswechsel zu bewältigen, je nachdem, wo Sie sind.

Ob zu Hause oder in der Ferne: An Ihrem „Gelenktag” stimmen Sie sich auf den morgigen Programmbeginn ein.

Der zweite „Gelenktag“:

Dieser wird im direkten Anschluss an den letzten Programmtag liegen. Dann fädeln Sie sich in Ihr „normales” Leben ohne vorgegebene Übungsinhalte wieder ein. Dabei im Auge behaltend, wie Sie weiter mit Ihrer Bewusstheitspraxis verfahren möchten, können Sie an diesem Tag Ihre Erfahrungen Revue passieren lassen, Ihr Meditations-Home-Spa schließen oder, weil Sie es behalten möchten, aufräumen oder anpassen. Das wird ganz in Ihren Händen liegen.

Diese Momente, sowohl das Einrichten Ihrer Übungsoase als auch deren Aufräumen danach, sind ganz besonderer Art. Es sind tatsächlich „Gelenk-Tage“, weil sie einen Richtungswechsel markieren, genauso, wie es ein Gelenk im Körper tut. Weil Sie Prozesse vorbereiten, einschleichen, abschließen oder komplettieren, leiten sie jeweils eine neue Ära ein. Deshalb darf ihnen durchaus eine gewisse Feierlichkeit innewohnen. Geben Sie sich für das Gestalten dieser beiden Tage unbedingt Muße und Zeit!

Schmerzfrei ohne Medikamente

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