Читать книгу Life is not a fu***ing Lovesong - Kelly Stevens - Страница 12

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Erwachen

Ich wache auf, weil es hell ist. Vögel zwitschern. Vorsichtig öffne ich ein Auge: Ich liege in der Mitte eines großen Bettes. Allein. Durch geöffnete Balkontüren sieht man ein Stück bedeckten Himmel.

Das letzte, an das ich mich erinnere, war, dass ich mich mit dem Rücken zu Alex am Bettrand zusammengerollt hatte und dass er noch mal schnell ins Bad wollte.

Dem Licht nach muss es inzwischen Morgen sein. Ich hatte nicht erwartet, dass ich nach den Ereignissen des gestrigen Tages einfach so einschlafen könnte, aber genau das scheint geschehen zu sein, denn ich trage immer noch meinen Slip und das lange T-Shirt, selbst wenn es inzwischen auf Taillenhöhe hochgerutscht ist. Automatisch ziehe ich es wieder herunter und richte mich auf. Vom Balkon sind Geräusche zu hören.

Ich schwinge die Beine über die Bettkante und gehe Richtung Fensterfront. Eine hölzerne Flügeltür führt auf den großen, überdachten Balkon, der über der Veranda liegt. Er hat an den Seiten halbhohe Trennwände und wirkt dadurch wie eine Privatloge.

Vom Fenster aus kann ich das Meer sehen. Und Alex, der auf dem Balkon Liegestütze macht. Er trägt nur eine dunkelgrüne Sporthose. Die Muskeln seiner Arme und Schultern treten deutlich hervor. Am linken Oberarm hat er ein Tattoo, ein Tribal. Seine Bewegungen sind geschmeidig und mühelos, obwohl ihm schon der Schweiß herunter rinnt. Er ist wirklich gut in Form.

»Wer spannt, kann auch mitmachen.«

Ich erschrecke. Alex wirkte so konzentriert, dass ich dachte, er hätte mich nicht bemerkt. »Nein, danke.«

»Komm schon, ein paar Dehn- und Kraftübungen?«

Die sexuelle Anspielung ist nicht zu überhören. Aber er wird sein blaues Wunder erleben, ich bin nämlich wirklich sportlich. »Okay, Liegestütze? Wer mehr schafft?«

Er sieht mich mit einem unergründlichen Ausdruck an, dann zuckt er mit den Schultern. »Von mir aus. Du gibst das Tempo vor.«

Ich nehme neben ihm Stellung ein und zähle. Nicht umsonst habe ich mein Studium als Trainerin in diversen Sportstudios verdient.

»Dreißig.« Inzwischen schwitze ich genauso stark wie er. Das muss an der Hitze liegen. Ich zähle weiter, die Zahlen mühsam zwischen den Zähnen herauspressend. Neben mir hält Alex scheinbar ohne Anstrengung mit.

»Vierzig.« So viel habe ich lange nicht mehr geschafft.

»Wenn’s dir zuviel wird, kannst du jederzeit aufhören.«

»Das gleiche gilt für dich!«, biete ich an, denn ich werde nicht aufgeben. Aus den Augenwinkeln sehe ich Alex’ nackten Oberkörper. Der Schweiß läuft ihm über den Brustkorb und tropft aufs Deck. Meine Arme zittern, meine Schultern schmerzen, aber mein Stolz zwingt mich, durchzuhalten.

»Fünfzig.« Ich bekomme kaum noch Luft.

»Wer gewinnt, liegt heute Nacht oben.«

Er lacht mich doch tatsächlich aus. Seine Worte geben mir den Rest. Ich kollabiere auf dem Holz.

Alex setzt sich auf. Mit Genugtuung merke ich, dass auch er heftig atmet. »Dich muss man bremsen, sonst tust du dir noch selbst weh«, sagt er ruhig.

»Ich hoffe, dass du genauso viel Muskelkater bekommst wie ich!«, fauche ich.

»Muse, dein Anblick, wie du ohne BH direkt neben mir Liegestütze machst, war es wert.«

Er geht duschen und lässt mich sprachlos zurück.


Das Frühstück ist eine eher informelle Angelegenheit, anscheinend, weil alle im Haus zu unterschiedlichen Zeiten aufstehen. Ich gieße mir einen Becher Kaffee ein, finde Milch im Kühlschrank und nehme ein Schüsselchen mit frischem Obstsalat mit auf die Veranda.

Alex hatte keine weiteren Anspielungen mehr gemacht, sondern sich im Bad angezogen und war dann direkt nach unten gegangen. Von wegen, wir würden es Tag und Nacht treiben. Was hat ihn zu diesem Sinneswandel veranlasst? Oder spielt er nur mit mir? Wie lange wird es dauern, bis der Hurrikan vorbeigezogen ist, ein oder zwei Tage? Ich muss zusehen, dass ich schnell mein Interview bekomme, Sandy anrufe, und mich um einen neuen Flug kümmere, sobald die Maschinen wieder starten können.

Der Mann, um den meine Gedanken kreisen, sitzt auf einer Mauer im Garten, den Rücken zum Haus, einen Becher neben sich, und spielt auf einer akustischen Gitarre. Es ist noch kein Lied, mehr einzelne kurze Melodien in verschiedenen Variationen. Ab und zu hält er inne und schreibt etwas in ein Notizbuch.

Ich setze mich in den Schaukelstuhl und nippe an meinem Kaffee. Der Himmel ist immer noch bedeckt, aber immerhin hat der Wind etwas nachgelassen. Eigentlich könnte es hier wirklich idyllisch sein, auf eine entspannte, bodenständige Art und Weise. Wenn da nur nicht …

Just in diesem Augenblick schaut Alex zum Haus, sieht mich, legt seine Gitarre beiseite und kommt zu mir. »Hey.«

»Hey.« Ich weiß nicht so richtig, was ich sonst sagen soll.

»Die anderen kommen gleich runter. Wir werden die nächsten Stunden im Studio verschwinden. Kommst du so lange alleine klar?«

Das klingt so, als habe er nicht vor, das Versäumte von gestern Abend so bald nachzuholen. Wieso schlägt dann das Gefühl von Erleichterung in mir so schnell in Enttäuschung um?

Ich nicke. »Ich würde gerne eine Runde Laufen gehen. Falls das trotz des Hurrikans okay ist?«

»Nimm Trev mit.«

Wegen dem Hurrikan oder als Aufpasser, um mich daran zu hindern, wegzulaufen?

Alex scheint meine Gedanken gelesen zu haben, wenn auch hoffentlich nur die unverfänglichen Teile. »Er kennt sich hier aus. Wenn du irgendetwas brauchst, sag ihm einfach Bescheid.«

Da Trevor just in diesem Moment auf der Veranda auftaucht, bespricht er gleich eine mögliche Laufroute mit ihm.

Eine knappe halbe Stunde später laufen wir in nördlicher Richtung los. Trevor mag die Muskeln eines Bodyguards haben, aber er wirkt topfit. Einen Moment überlege ich, ob ich einen Sprint einlegen und ihn abhängen könnte, aber wohin sollte ich? Meine Situation ist immer noch die gleiche wie gestern: Auf einer kleinen karibischen Insel mit einem exzentrischen sexbesessenen Rockstar und seiner Entourage, ohne Ticket, Geld oder Papiere. Und ohne Interview. Wenn ich weglaufen würde, dann vor allem vor mir selber.

»Die Insel ist lang und schmal, etwa elf Kilometer lang und zweihundert Meter breit. Die östliche Seite zeigt zur Lagune, die westliche zum offenen Meer«, erklärt Trevor, als wir zurückjoggen. »Wenn du dich jemals verläufst, halte einfach nach Wasser Ausschau, dann weißt du, in welche Richtung du musst.«

Das klingt jetzt nicht so, als wollten sie mich als Geisel im Haus behalten. Ich muss mich selbst ermahnen. Die anderen wissen hoffentlich nicht, auf was für einen Deal ich mich mit Alex eingelassen habe.

Als wir zurückkommen, werkelt Edda singend in der Küche vor sich hin. Auf dem Küchentisch stehen bereits verschiedene Salate und Brot. »So ist es am besten, man weiß nie, wann sie eine Pause machen«, erklärt sie auf meinen fragenden Blick. Dann fordert sie mich auf, mich zu bedienen, wann immer ich hungrig bin.

Zum Essen ist es mir noch zu früh, aber ich habe Lust auf Yoga. Auch, um meine schmerzenden Schultermuskeln zu entspannen. Trevor besorgt mir von irgendwoher eine Yogamatte, und ich praktiziere im Garten im Schatten eines Baumes mit Blick aufs Meer, die Geräusche der Wellen, der Möwen, eines vorbeifahrenden Schiffs und das Töpfeklappern aus Eddas Küche als Hintergrundmusik.

Alex kommt angeschlendert, als ich gerade meine letzten Asanas ausführe. Die letzte Dehnübung, die ich machen wollte, ist eine Hüftöffnung. Einen Moment überlege ich, sie ausfallen zu lassen, aber einen echten Yogi hält auch kein zuschauender Punkrocker von seiner Yogapraxis ab. Ich rolle mich auf den Rücken, winkele die Beine an und lasse die Knie nach außen fallen, bis sich nur noch die Fußsohlen berühren.

An Alex’ Gesichtsausdruck merke ich, dass er die Stellung für Absicht hält. Wahrscheinlich war es doch keine so gute Idee, mich mit gespreizten Beinen vor ihm auf den Rücken zu legen. Gerade will ich mich aufrichten, als seine Hand an meinem Knie mich stoppt.

»Hüftöffnungen soll man mindestens drei Minuten halten, besser fünf. Gut zum Lösen von Muskeln, Sehnen, Bändern, Gelenken und emotionalen Blockaden. Warte, ich helfe dir.« Er kniet sich vor mich und legt eine Hand auf jedes Knie, um die Dehnung zu verstärken.

Okay, das ist mir jetzt überhaupt nicht peinlich, behauptet meine innere Stimme und fährt fort: Woher kennt er sich überhaupt mit Yoga-Theorie aus? Atmen, Rebecca, ermahne ich mich selbst. Tief in den Bauch atmen. Vergiss einfach, dass er da ist.

»Nicht erschrecken.« Alex beugt sich vor und lehnt seine Knie gegen meine, was die Dehnung verstärkt. Ich atme in meine Leisten und versuche, sowohl den Schmerz als auch deren Verursacher auszublenden.

»Die Position gefällt mir. Ich kann es kaum erwarten, dass du unter mir liegst und deine Beine um mich schlingst.« Langsam beugt Alex sich vor, bis seine Hände neben meinen Schultern den Boden berühren. Dann senkt er seine Arme, bis er auf mir zu liegen kommt.

»Was ist eigentlich deine Lieblingsstellung?«

»Beim Yoga?« Ich habe plötzlich Schwierigkeiten zu sprechen. Ich habe sogar Schwierigkeiten zu atmen. Kein Wunder, wenn jemand auf meinen Lungenflügeln liegt!

Statt einer Antwort bewegt er sein Becken leicht von links nach rechts. Spätestens jetzt bekomme ich nicht nur keine Luft mehr, sondern kann auch nicht mehr denken.

»Zu schade, dass ich dich nicht küssen darf.«

Instinktiv drehe ich meinen Kopf noch ein Stückchen von ihm weg. Noch nie sind mir drei Minuten so lang vorgekommen. Obwohl meine Hüften sich allmählich entspannen – mein Körper unter Alex wird tatsächlich weich. Ganz im Gegensatz zu einem Teil seiner Anatomie, der sich an meinen Venushügel drückt. Wenn er beim geringsten Anblick einer Frau so reagiert, dann hat der Mann ein ernsthaftes Problem!

»Sag mir, was möchtest du alles mit mir ausprobieren?«, raunt Alex mir ins Ohr. »Bist du gerne oben? Unten? Magst du es von der Seite? Von hinten? Langsam oder schnell? Hart oder sanft? Im Liegen, Sitzen, Stehen …?«

Ich schnappe nach Luft. Jetzt ist wahrscheinlich nicht der richtige Zeitpunkt, ihm zu sagen, dass ich gerade mal mit zwei Männern Sex hatte, und mit beiden ausschließlich in der Missionarsstellung. Weshalb es mich umso mehr gefuchst hat, wie ich Henrik und Suzannah erwischt habe.

»Du errötest ja.« Sanft streicht er mir über die Wange. Um im nächsten Moment völlig unvermittelt aufzuspringen und mich freizugeben. »So, das reicht. Lass uns mal schauen, was Edda Schönes aufgetischt hat.«

Ich folge ihm deutlich langsamer.

Life is not a fu***ing Lovesong

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