Читать книгу Der schottische Lord - Kerstin Teschnigg - Страница 8
Kapitel 5
Оглавление„Hallo James“, sage ich zu unserem Verwalter und bin froh bald zu Hause zu sein. Es war eine unglaublich lange Woche in New York. Ich bin hundemüde und die Zeitverschiebung setzt mir wie immer zu. Die Amerikaner sind zwar gute Kunden, aber es kostet mich jedes Mal unglaubliche Anstrengung. Elendslange Meetings mit anschließenden Abendessen und nächtelangen Barbesuchen. Ich hasse es. Doch wenn es für einen guten Geschäftsabschluss nötig ist, beiße ich die Zähne zusammen. „Danke fürs Abholen“, füge ich noch hinzu.
„Kein Problem. Mach ich doch gerne. Alles gut verlaufen?“, meint er meine Tasche in den Kofferraum stellend. Er ist die Seele des Castles, ohne ihn würde nichts funktionieren. Er weiß einfach alles und kennt jeden Winkel und unlösbare Probleme gibt es für ihn nicht. Ich schätze ihn und seine Arbeit, er ist einfach immer da. Genau wie seine Frau Eliza. Auch wenn ich das nicht immer so zeigen kann, sie sind wie eine Art Familie für mich.
„Ja…Ich bin nur scheißmüde“, schnaufe ich und ziehe mein Handy aus der Sakkotasche. Ich lese die eingegangenen Mails und Nachrichten durch und checke die Anrufe. James erzählt mir währenddessen im Schnelldurchlauf was die vergangene Woche so los war. Von einer Stute die eine Kolik hatte, von den Feldern die heuer viel zu feucht sind, von einer Nichte die zu Besuch ist und dem irren Pferdemörder, der wieder eine Stute erwischt hat, diesmal zwar nicht bei uns, aber ich könnte beim Gedanken an dieses Schwein explodieren.
„Wenn ich dieses Arschloch erwische, dann bring ich ihn eigenhändig um, das kannst du mir glauben. Weißt du was, der kann nur hoffen mir nicht über den Weg zu laufen“, schüttle ich wütend den Kopf. Die Worte verlassen ganz selbstverständlich meinen Mund und nachdem ich sie ausgesprochen habe, fühlt es sich seltsam an. Keiner zweifelt daran wozu ich im Stande bin, ich habe es schließlich schon einmal getan.
„Eliza kommt noch rüber ins Castle und macht dir etwas zu essen warm.“ James geht nicht auf meine Worte ein, aber er nickt und ich weiß, dass er dasselbe wie ich tun würde, auch wenn er kein Mörder wie ich es bin ist.
„Nein, das ist nicht nötig, es ist schon nach neun. Ich hatte vorhin ein Sandwich.“
Er hält den Wagen an und lächelt. „Du weißt doch, sie macht das gerne für dich.“
Ich nicke dankbar. „Ja, aber ich bin einfach nur müde. Sag ihr, ich freue mich aufs Frühstück.“
„Ok. Dann gute Nacht.“ Er schlägt mir fast freundschaftlich auf die Schulter.
„Gute Nacht.“ Ich nehme meine Tasche und schüttle den Kopf. „Wenn es nicht bald aufhört zu regnen, weiß ich nicht wie sich die Felder erholen sollen.“
James nickt nachdenklich. „Es wird bald besser. Dein Vater hat heute gemeint es wird nicht mehr lange regnen.“
Das kostet mich nur einen Lacher. Ich laufe zum Hintereingang der Küche, wo mich die Hunde freudig begrüßen. In der Küche ist schon alles dunkel, ich mache Licht an und lege mein Sakko und die Krawatte ab. Ich atme durch und schenke mir einen großen Schluck Whisky ein. Mein Nacken tut weh. Eigentlich tut mir alles weh. Keine Ahnung ob Kendra schon schläft. Vermutlich noch nicht. Sie wartet bestimmt auf mich, ich war ja die ganze Woche nicht da, darum leere ich mein Glas und lösche das Licht. Gerade als ich nach oben gehen will, fällt mein Blick Richtung Stallungen. Das automatische Licht ist angegangen. Ich gehe zum Fenster und sehe hinaus. Jetzt geht es wieder aus. Ich bin mir nicht sicher weil es so dunkel ist, aber ich glaube die Stalltür ist offen. Scheiße…Ich trete aus der Küche und mahne die Hunde leise zu sein und auf ihren Plätzen zu bleiben. Ich nehme mir mein Jagdgewehr aus dem Schrank in der angrenzenden Waffenkammer. Langsam gehe ich über Weg der zum Stall führt. Alles ist leise. Es regnet leicht. Die Stalltür ist tatsächlich offen. Leise trete ich hinein. Ganz hinten bei den Fohlen steht er. Dieses Arschloch. Ich werde ihm eine Kugel in seinen Scheißschädel jagen. Der Puls in meiner Halsschlagader pumpt, doch meine Hände sind ganz ruhig. Ich gehe so leise wie möglich nach hinten und hoffe die Stuten bleiben ruhig. Jetzt ist er dran. Ein für alle Mal. Ich bleibe ein paar Schritte hinter ihm stehen und richte den Lauf meiner Waffe auf seinen Rücken. Ich schubse ihn sogar ein wenig damit an, damit er weiß worum es geht. „Du nimmst jetzt mal schön langsam deine dreckigen Hände hoch!“, sage ich leise aber so das klar ist, dass ich ihm gleich die Rippen durchpusten werde, wenn er nicht tut was ich sage. Seine Hände gehen schön brav und langsam hoch. Ich drücke den Lauf fester in seinen Rücken. „So und jetzt drehst du dich genauso langsam um, bevor ich dir eine Kugel durch die Rippen jage du Mistkerl!“
Das Arschloch dreht sich zögerlich um, ich hebe meine Waffe an und halte sie vor sein Gesicht.
„Bitte…Ich…Bitte nicht schießen“, stammelt sie. SIE? Scheiße eine Frau?! Ich senke den Lauf der Waffe und ziehe ihr die Kapuze hinunter.
„Sie sind eine Frau?“, schreie ich sie an und packe sie fest am Arm.
Sie nickt und hat eine Scheißangst, das kann ich sehen. Gut so.
„Haben Sie eine Waffe? Wollten Sie diesmal die Fohlen aufschlitzen? Was ist denn los mit Ihnen?“ Das darf doch nicht wahr sein! Ich zerre sie den Gang hinunter als sie jämmerlich zu stammeln beginnt.
„Nein…Ich habe keine Waffe…Moment…Ich glaube das ist ein Missverständnis!“
Ich gehe darauf nicht ein und meine nur, dass sie das gleich der Polizei erzählen kann. Sie versucht sich von mir loszureißen und schüttelt hysterisch den Kopf.
„Nein…Stopp…Ich wollte doch nur sehen ob im Stall alles ok ist, das Tor war offen und mein Onkel hat mir doch erzählt…“
Onkel? Ich halte inne und sehe sie nachdenklich an. „Was? Wer ist ihr Onkel?“
„James. James Skelton.“ Ihre Stimme ist zittrig. „Ich bin seine Nichte und hier auf Besuch. Ich wollte den Pferden nichts antun. Wirklich nicht.“ Sie sieht mich flehend an und ist den Tränen nahe. Ich lasse sie langsam los. Fuck. Ja…er hat sowas erwähnt heute…Seine Nichte…Genau…
„Holly?“, frage ich leise.
Sie nickt aufgelöst, ich glaube sie zittert. Hoffentlich habe ich sie nicht zu fest angepackt.
„Sind Sie Tavis?“ Ihr Blick ist angsterfüllt. Ich reibe mir nickend die Stirn, das ist mir jetzt unangenehm. Der Puls in meiner Halsschlagader beruhigt sich zwar langsam, aber ich muss trotzdem einen Knopf vom Hemd öffnen. Sie sieht so verängstig aus, ich bin total überfordert.
„Ich habe das offene Gatter gesehen, ich dachte Sie sind der Pferdemörder. Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe“, versuche ich mich irgendwie zu entschuldigen. „Was machen Sie denn mitten in der Nacht hier?“
„Ich war spazieren. Wie gesagt die Tür war offen. Ich habe mir Sorgen gemacht. Sonst nichts.“
Ich atme durch. Das hat mir heute noch gefehlt. „Kommen Sie, ich bringe Sie zum Haus zurück“, sage ich und suche ihren Blick, der mir ausweicht.
„Danke. Es geht schon. Gute Nacht.“ Sie läuft hastig aus dem Stall. Toll. Ganz toll. James wird sich was von mir denken.
„Gute Nacht. Und nochmal, es tut mir leid“, rufe ich ihr hinterher. Kopfschüttelnd drehe ich noch eine Runde im Stall und schließe dann alles ab. Holly. Ich kann mich gar nicht mehr richtig an sie erinnern. Früher, als Mädchen war sie öfter hier.
„Weiber…“, seufze ich und gehe zurück ins Haus. „Mitten in der Nacht spazieren gehen…Typisch.“